Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2003 - I ZB 13/03

published on 17/07/2003 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2003 - I ZB 13/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 13/03
vom
17. Juli 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juli 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 8. Zivilsenat, vom 16. Januar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.012,87 festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin hatte gegen die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner Zahlungs- und Feststellungsklage erhoben; die Beklagten waren durch denselben Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 antragsgemäß verurteilt und wei- ter u.a. ausgesprochen, daß sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trage. Die Klage gegen die Beklagte zu 2 hat es abgewiesen und weiter ausgesprochen, daß deren außergerichtlichen Kosten die Klägerin trage.
Im Kostenfestsetzungsbeschluß hat das Landgericht die von der Klägerin der Beklagten zu 2 zu erstattenden Kosten auf 3.962 DM festgesetzt. Dabei hat es die außergerichtlichen Kosten in der Höhe zugrunde gelegt, die bei der Beklagten zu 2 angefallen wären, wenn sie einen eigenen Prozeßbevollmächtigten beauftragt hätte.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihre Auffassung weiter, an außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 sei nur der Betrag anzusetzen, den diese tatsächlich und notwendigerweise aufgebracht habe. Die Beklagte zu 2 beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Bei der gegebenen Sachlage könne der obsiegende Streitgenosse gegenüber der Klägerin in vollem Umfang diejenigen Kosten geltend machen, die er seinen Prozeßbevollmächtigten zu zahlen hätte, wenn diese allein für ihn tätig geworden wären. Das beruhe auf der Erwägung, daß die von den Streitgenossen durch die Bestellung gemeinsamer Prozeßbevollmächtigter erzielte Kostenersparnis billigerweise ihnen und nicht dem Prozeßgegner zugute kommen müsse. Für die Klägerin bedeute dies keine unangemessene Härte, denn sie habe im Ergebnis keine höheren Kosten zu erstatten, als wenn die Beklagten - was sie nicht hätte verhindern können -
jeweils eigene Prozeßbevollmächtigte beauftragt hätten. Eine Bereicherung der Beklagten zu 2 werde nicht bewirkt, wohl aber eine Entlastung der Beklagten zu 1. Das erscheine gerechtfertigt und auch prozeßökonomisch; es erspare, im Kostenfestsetzungsverfahren noch nach der tatsächlichen Kostentragung zu forschen und den Gründen dafür nachzugehen.
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Als notwendige Kosten, die einer Partei erwachsen sind und auf deren Erstattung sie nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO Anspruch hat, können bei Streitgenossen mit nur einem gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten grundsätzlich nur die tatsächlich angefallenen, der wertmäßigen Beteiligung entsprechenden Kosten des gemeinsamen Anwalts festgesetzt werden.
1. Die im Streitfall zu entscheidende Rechtsfrage ist umstritten. Das Beschwerdegericht hat seine, von ihm in ständiger Rechtsprechung vertretene Meinung (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1991, 108) auch auf eine zeitlich weit zurückliegende Entscheidung des beschließenden Senats (BGH, Beschl. v. 12.2.1954 - I ZR 106/51, JurBüro 1969, 941 m. abl. Anm. von Schneider; vgl. auch OLG Bamberg JurBüro 1988, 1182 und 1689; OLG Oldenburg JurBüro 1988, 484) gestützt. An dieser Auffassung hält der Senat, wie er bereits auf eine Anfrage des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs erklärt hat, nicht mehr fest (Beschl. v. 30.4.2003 - VIII ZB 100/02).
2. Ausgehend von der Kostengrundentscheidung, die bei in unterschiedlichem Umfang obsiegenden und unterliegenden Streitgenossen nach ständiger Praxis von der Baumbachschen Formel bestimmt wird, darf ein Unterlaufen dieser Grundentscheidung dadurch, daß der obsiegende Streitgenosse die vollen Kosten bei seinem Gegner liquidiert, nicht Platz greifen. Die Bestimmung des
§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO geht von der Notwendigkeit der erstattungsfähigen Kosten aus, so daß es darauf ankommt, ob der Streitgenosse auf Dauer in seinem Vermögen belastet wird. Dieses Verständnis der Vorschrift vermeidet auch das unbillige Ergebnis, daß ein Streitgenosse entgegen der Kostengrundentscheidung die vollen Anwaltskosten der Streitgenossen tragen muß. Der Senat tritt demnach der in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und dem Schrifttum weit überwiegend vertretenen Auffassung bei, daß für den obsiegenden Streitgenossen nur die ihm tatsächlich erwachsenen Anwaltskosten erstattungsfähig sind.
Im übrigen ist das Kostenrecht von dem Grundsatz beherrscht, daß keinesfalls höhere Kosten festgesetzt werden dürfen, als dem Berechtigten tatsächlich entstanden sind (BVerfGE 62, 189, 192 f.). Diesem Grundsatz würde es widersprechen, wenn die Beklagte zu 2 den Ersatz von Kosten erhielte, die sie ihrem Prozeßbevollmächtigten gar nicht schuldet. Dem steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 2 einen vollen Ersatzanspruch hätte, wenn sie - was die Klägerin auch nicht hätte verhindern können - einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellt hätte. Notwendige Kosten im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO können nur aufgewendete Kosten, nicht aber Kosten sein, die eine Partei hätte aufwenden können (BGH, Beschl. v. 30.4.2003 - VIII ZB 100/02).
IV. Danach war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sa- che zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.