Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2012 - 5 StR 545/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist zum Schuldspruch unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO. Zum Rechtsfolgenausspruch hat sie Erfolg.
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- 1. Das Absehen von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist nicht tragfähig begründet. Das Landgericht hat aufgrund der Polytoxikomanie des Angeklagten zwar einen Hang im Sinne des § 64 StGB bejaht, jedoch einen symptomatischen Zusammenhang zwischen der Tat und diesem Hang mit der Begründung verneint, dass der Verkauf von Betäubungsmitteln „hier ausschließlich der Finanzierung des Lebensbedarfs“ des Angeklagten diente (UA S. 21); ein Beschaffungsdelikt wird verneint. Dass der Betäubungsmittelhandel, den der Angeklagte nach Überzeugung der Strafkammer „bereits über einen längeren Zeitraum und in einem erheblichem Umfang“ betrieb, für ihn „sehr gewinnbringend“ war und er „somit bei der Begehung der konkreten Tathandlung ausschließlich aus Gewinnsucht“ handelte (UA S. 21, 22), steht in Widerspruch zu den von der Strafkammer unwiderlegt hingenommenen Angaben des Angeklagten, sein Krankenversicherungsverhältnis sei wegen Beitragsrückständen beendet worden und er habe Mietschulden in Höhe von 1.700 €. Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte über legale Einkünfte verfügte, die ihm die Finanzierung seines Drogenkonsums ermöglicht hätten. Im Übrigen erscheint es naheliegend, dass bereits der tägliche Konsum von Haschisch und Crystal zu einer Einbindung des Angeklagten in Erwerbsvorgänge geführt hat, welche die Aufnahme und Aufrechterhaltung seiner auf eben diese Drogen bezogenen Handelstätigkeit begünstigt hat.
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- 2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch bei Verhängung einer Maßregel nach § 64 StGB geringer ausgefallen wäre. Außerdem wird das neue Tatgericht, das zur Frage der Voraussetzungen des § 64 StGB den Sachverständigen wieder hinzuziehen muss (§ 246a StPO), diesen erneut auch zu den Voraussetzungen des § 21 StGB zu befragen haben. Zur Frage mangelnder Beschwer durch die Nichtanordnung einer Maßregel nach § 64 StGB verweist der Senat auf seinen Beschluss vom gestrigen Tag (5 StR 548/12).
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- Zur Strafhöhe weist der Senat ferner darauf hin, dass der bislang der im angefochtenen Urteil strafschärfend berücksichtigte Umstand, die Durchsuchungsbeamten seien beim Auffinden und Transport des Sprengstoffes einer „erheblichen Lebensgefahr“ ausgesetzt gewesen, konkreter belegt wer- den sollte.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.
(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.