Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2017 - 5 StR 535/16

published on 26/01/2017 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2017 - 5 StR 535/16
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 535/16
vom
26. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
ECLI:DE:BGH:2017:260117B5STR535.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 26. Januar 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 17. Juni 2016 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern durch ihre Revision entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu der Verfahrensrüge, die Hauptverhandlung sei an zwei Verhandlungstagen entgegen § 226 Abs. 1 StPO ohne Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durchgeführt worden (§ 338 Nr. 5 StPO): Der Stellungnahme der Geschäftsleiterin des Landgerichts ist mit genügender Klarheit eine Betrauung der Justizangestellten H. mit den Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Sinne des § 153 Abs. 5 Satz 1 GVG zu entnehmen. Eine solche kann wirksam auch formlos erfolgen, insbesondere mündlich ausgesprochen werden. Denn bei § 9 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnungsvorschriften Niedersachsen, wonach die Entscheidung über den Einsatz von Angestellten schriftlich zu treffen ist, handelt es sich lediglich um eine der Rechtsklarheit dienende Ordnungsvorschrift (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – 3 StR 489/14, NStZ 2015, 473, 474 mwN).
Hier war die Justizangestellte H. seit ihrem Wechsel zum Landgericht Göttingen im Juni 2014 in einer Serviceeinheit für Strafsachen eingesetzt worden. Zuvor war ihr bei ihrem Dienstantritt von der Geschäftsleiterin in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt worden, dass zu ihrem Aufgabengebiet auch die Protokollführung in Hauptverhandlungen gehöre. Dementsprechend wurde die Justizangestellte H. , die zuvor schon an einem Amtsgericht als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Protokoll in Strafsachen geführt hatte und deren Befähigung und Kompetenz auf diesem Aufgabengebiet für die Geschäftsleiterin keinem Zweifel unterlagen, nachfolgend in die Besonderheiten der Protokollführung in Strafverfahren beim Landgericht eingeführt. Da die Justizangestellte H. mit ihrer durch die Geschäftsleiterin erfolgten mündlichen Übertragung des Sachgebiets der Protokollführung insoweit bereits mit den Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle betraut worden war, bedurfte die Wirksamkeit dieses Willensaktes der Gerichtsverwaltung keiner weiteren schriftförmlichen Erklärung oder Bekräftigung mehr. Für die wirksame Übertragung der Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle spielte es deshalb keine Rolle, ob – wie die Geschäftsleiterin des Landgerichts meinte – eine schriftliche Verfügung aus dem Jahre 2007, mit der die Justizangestellte H. ursprünglich beim Sozialgericht Hildesheim für Sitzungen der dortigen Kammern zur Protokollführerin bestellt und insoweit mit den Aufgaben einer Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle betraut worden war, in förmlicher Hinsicht auch für die ordentliche Gerichtsbarkeit fortgelten würde. Die nachträg- lich mit Schreiben der Geschäftsleiterin vom 6. Oktober 2016 „vorsorglich (…) noch einmal ausdrücklich“ erklärte Übertragung der Aufgaben einer Urkunds- beamtin der Geschäftsstelle hatte mithin nur deklaratorische Bedeutung.
Mutzbauer Sander Schneider Berger Mosbacher
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

(1) Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. (2) Der Strafrichter kann in der Hauptverhandlung von der Hinzuzie

(1) Bei jedem Gericht und jeder Staatsanwaltschaft wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die mit der erforderlichen Zahl von Urkundsbeamten besetzt wird. (2) Mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann betraut werden, wer ein
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid

(1) Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. (2) Der Strafrichter kann in der Hauptverhandlung von der Hinzuzie

(1) Bei jedem Gericht und jeder Staatsanwaltschaft wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die mit der erforderlichen Zahl von Urkundsbeamten besetzt wird. (2) Mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann betraut werden, wer ein
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published on 10/12/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 S t R 4 8 9 / 1 4 vom 10. Dezember 2014 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.

(2) Der Strafrichter kann in der Hauptverhandlung von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle absehen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Bei jedem Gericht und jeder Staatsanwaltschaft wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die mit der erforderlichen Zahl von Urkundsbeamten besetzt wird.

(2) Mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann betraut werden, wer einen Vorbereitungsdienst von zwei Jahren abgeleistet und die Prüfung für den mittleren Justizdienst oder für den mittleren Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden hat. Sechs Monate des Vorbereitungsdienstes sollen auf einen Fachlehrgang entfallen.

(3) Mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann auch betraut werden,

1.
wer die Rechtspflegerprüfung oder die Prüfung für den gehobenen Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden hat,
2.
wer nach den Vorschriften über den Laufbahnwechsel die Befähigung für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes erhalten hat,
3.
wer als anderer Bewerber nach den landesrechtlichen Vorschriften in die Laufbahn des mittleren Justizdienstes übernommen worden ist.

(4) Die näheren Vorschriften zur Ausführung der Absätze 1 bis 3 erlassen der Bund und die Länder für ihren Bereich. Sie können auch bestimmen, ob und inwieweit Zeiten einer dem Ausbildungsziel förderlichen sonstigen Ausbildung oder Tätigkeit auf den Vorbereitungsdienst angerechnet werden können.

(5) Der Bund und die Länder können ferner bestimmen, daß mit Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auch betraut werden kann, wer auf dem Sachgebiet, das ihm übertragen werden soll, einen Wissens- und Leistungsstand aufweist, der dem durch die Ausbildung nach Absatz 2 vermittelten Stand gleichwertig ist. In den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dürfen solche Personen weiterhin mit den Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle betraut werden, die bis zum 25. April 2006 gemäß Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe q Abs. 1 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S. 889, 922) mit diesen Aufgaben betraut worden sind.