Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2019 - 5 StR 355/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 14. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Entscheidungs- formel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Nach den Feststellungen zu den Taten II.1.a bis II.1.d der Urteilsgründe verkaufte der Angeklagte gegen Ende des Sommers 2017 innerhalb einer Woche zweimal Heroin mit einer Wirkstoffmenge von 0,25 g bzw. 0,15 g gewinnbringend unter anderem an den Abnehmer A. (Taten II.1.a und 1.b). Am 4. und 5. März 2018 verkaufte er an den Abnehmer K. Heroin mit einer Wirkstoffmenge von 0,23 g bzw. 0,31 g (Taten II.1.c und 1.d).
- 3
- Nach seiner vom Landgericht für glaubhaft gehaltenen geständigen Einlassung bezog der Angeklagte seit Aufnahme seines Heroinhandels im April 2017 von seinem Lieferanten alle vier bis fünf Monate 200 bis 300 g Heroin.
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- 2. Die konkurrenzrechtliche Bewertung als Tatmehrheit (§ 53 StGB) hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte seinen Abnehmern innerhalb einer Woche bzw. an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mehrfach Heroin lieferte.
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- a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine einheitliche Tat des Handeltreibens anzunehmen, wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist. Alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb desselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittels richten, sind als eine Tat des Handeltreibens anzusehen, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als un- selbständige Teilakte im Sinne einer Bewertungseinheit auch alle späteren Veräußerungsakte , soweit sie dieselbe Rauschgiftmenge betreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 1981 – 2 StR 618/80, BGHSt 30, 28, 31; Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR 547/17, juris Rn. 12, mwN; Beschluss vom 11. Dezember 2018 – 5 StR 198/18, juris Rn. 5 mwN).
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- b) Hier liegen unter Berücksichtigung der geständigen Einlassung des Angeklagten zu seinem Rauschgiftbezug konkrete Anhaltspunkte vor, dass bei wiederholten Veräußerungen innerhalb der kurzen Zeitspannen das vom Angeklagten an seine Abnehmer gelieferte Rauschgift jeweils aus derselben Einkaufsmenge stammte. Um jegliche Benachteiligung des Angeklagten zu vermeiden , fasst der Senat die beiden binnen einer Woche am Ende des Sommers 2017 und die beiden am 4. und 5. März 2018 durchgeführten Lieferungen des Angeklagten jeweils zu einheitlichen Taten im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammen.
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- 3. Der Senat hat den Schuldspruch deshalb neu gefasst. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
- 8
- 4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der für die Taten II.1.b und II.1.d verhängten Einzelstrafen. Für die zwei einheitlichen Taten verbleibt es bei den hinsichtlich der ersten Lieferung im Sommer 2017 und für die Lieferung vom 4. März 2018 für die Taten II.1.a und II.1.c erkannten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und sechs Monaten. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt vom Wegfall der zwei Einzelstrafen unberührt. Vor dem Hintergrund der für die insgesamt drei weiteren Straftaten verhängten Freiheitsstrafen, unter anderem der Einsatzstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die weggefallenen Freiheitsstrafen die Gesamtfreiheitsstrafe milder bemessen hätte.
Berger Mosbacher
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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.