Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2009 - 5 StR 243/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in dreizehn Fällen und versuchten Diebstahls (Fälle II.1 bis II.14) unter Auflösung einer durch Urteil des Landgerichts Dresden vom 13. Juni 2006 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe und Einbeziehung der dort gebildeten Einzelfreiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt , ferner wegen neun weiterer Diebstähle und eines versuchten Diebstahls (Fälle II.15 bis II.24) zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Schuldspruch und die 24 Einzelstrafaussprüche (zwischen zehn Monaten und einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe) begegnen – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat – keinen sachlichrechtlichen Bedenken. Auch die erhobenen Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:
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- a) Die gegen eine nur selektive Auswahl von Daten aus dem eingesetzten Global Positioning System (GPS) gerichtete Verfahrensrüge scheitert nach den Grundsätzen von BGHSt 49, 317, 327 f.; BVerfGE 63, 45, 69 ff. an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. indes zur Sache BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – 3 StR 89/09).
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- b) Soweit die Revision die fehlerhafte Behandlung zweier Beweisanträge als tatsächlich bedeutungslos beanstandet (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO), sind diese Rügen mangels Vortrags der rügebegründenden Tatsachen aus dem sachlich zugehörigen Akteninhalt, ohne dessen Kenntnis die Beanstandungen weitgehend unverständlich bleiben, unzulässig.
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- 2. Die Gesamtstrafenaussprüche haben hingegen keinen Bestand. Es ist zu besorgen, dass das Landgericht das hohe Gesamtstrafübel nicht zureichend bedacht hat.
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- Die Strafkammer hat zu Recht dem Urteil des Landgerichts Dresden vom 13. Juni 2006 Zäsurwirkung zuerkannt und so zwei Gesamtfreiheitsstrafen gebildet. Nötigt aber die Zäsurwirkung einer einzubeziehenden Verurteilung zur Bildung mehrerer Gesamtstrafen, muss das Gericht einen sich daraus möglicherweise für den Angeklagten ergebenden Nachteil infolge eines zu hohen Gesamtstrafübels ausgleichen (vgl. BGHSt 41, 310, 311; 43, 216, 217; BGH NStZ-RR 2008, 234).
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- Diesem rechtlichen Maßstab werden die Strafzumessungserwägungen im angefochtenen Urteil nicht vollständig gerecht. Zwar hat das Landgericht die nachteilige Wirkung des Gesamtstrafübels in den Blick genommen. Von einem Ausgleich dessen hat es indes abgesehen, weil die einbezogenen Einzelfreiheitsstrafen (vier, fünf und acht Monate) „keineswegs geringfügig“ waren und der Angeklagte seine Diebstahlshandlungen in den Fällen II.15 bis II.24 nur wenige Wochen nach der zäsurbedingenden Verurteilung fortgesetzt habe (UA S. 42).
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- Diese – im Ansatz zutreffenden – Erörterungen greifen hier zu kurz. Insbesondere auch mit Rücksicht auf einen drohenden Widerruf der Aussetzung einer beträchtlichen Reststrafe war die vom Landgericht vorgenommene Gesamtstrafenbildung noch näher zu erörtern. Die Strafkammer hat nicht erkennen lassen, dass sie sich des danach drohenden, insgesamt fast neun Jahre dauernden Freiheitsentzugs als hier bestimmenden Umstands bewusst gewesen ist. Zudem hat sie eine beträchtliche Erhöhung der jeweiligen Einsatzstrafen (jeweils ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe) bei vergleichsweise eher geringen Einzel- und Gesamtschäden (insgesamt kaum mehr als 20.000 Euro) vorgenommen. Zwei Besonderheiten kommen hinzu:
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- Die zur Bildung von zwei Gesamtstrafen nötigende Zäsur ist durch eine ganz ungewöhnliche Dauer eines Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Dresden von etwa zweieinhalb Jahren zwischen der amtsgerichtlichen Verurteilung vom 24. Januar 2005 und dem Berufungsurteil hervorgerufen worden. Bei gewöhnlicher Verfahrensdauer hätte das Berufungsverfahren vor dem hier abgeurteilten ersten Einbruch (Fall II.1, 30. Dezember 2006) abgeschlossen sein müssen. Diese Besonderheit bedurfte der Erörterung und Berücksichtigung bei der Bemessung der Gesamtstrafen.
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- Nichts anderes gilt für den markanten Unterschied zwischen der massiven Bestrafung des Angeklagten und der überaus milden Sanktion gegen seinen an sämtlichen Taten beteiligten Mittäter, auf dessen Geständnis die Strafkammer die Überführung des Angeklagten gestützt und den es zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt hat. Eine derart signifikante Diskrepanz der Sanktionen ist jedenfalls erörterungsbedürftig.
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- 3. Da der Strafausspruch allein aufgrund von Begründungs- und Wertungsfehlern keinen Bestand hat, bedurfte es der Aufhebung der zugrunde liegenden Feststellungen nicht. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, weitergehende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.