Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2017 - 4 StR 73/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Ergänzend bemerkt der Senat:
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung bei der Bestimmung des Maßes des Erziehungsbedarfs berücksichtigt. Bei den hier angeordneten Auflagen (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 JGG) und Weisungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 JGG) ist die Anwendung der Vollstreckungslösung (BGH – GS –, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124) nicht geeignet, die mit Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln verfolgten erzieherischen Zwecke zu erreichen und damit dem Erziehungsgedanken Rechnung zu tragen (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – III-3 RVs 102/11, StRR 2012, 110, zum Jugendarrest; vgl. hingegen zur Jugendstrafe BGH, Beschlüsse vom 27. November 2008 – 5 StR 495/08, NStZ 2010, 94, und vom 28. September 2010 – 5 StR 330/10, NStZ 2011, 524, 525).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke
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Annotations
(1) Der Richter kann dem Jugendlichen auferlegen,
- 1.
nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, - 2.
sich persönlich bei dem Verletzten zu entschuldigen, - 3.
Arbeitsleistungen zu erbringen oder - 4.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen.
(2) Der Richter soll die Zahlung eines Geldbetrages nur anordnen, wenn
- 1.
der Jugendliche eine leichte Verfehlung begangen hat und anzunehmen ist, daß er den Geldbetrag aus Mitteln zahlt, über die er selbständig verfügen darf, oder - 2.
dem Jugendlichen der Gewinn, den er aus der Tat erlangt, oder das Entgelt, das er für sie erhalten hat, entzogen werden soll.
(3) Der Richter kann nachträglich Auflagen ändern oder von ihrer Erfüllung ganz oder zum Teil befreien, wenn dies aus Gründen der Erziehung geboten ist. Bei schuldhafter Nichterfüllung von Auflagen gilt § 11 Abs. 3 entsprechend. Ist Jugendarrest vollstreckt worden, so kann der Richter die Auflagen ganz oder zum Teil für erledigt erklären.
(1) Weisungen sind Gebote und Verbote, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Der Richter kann dem Jugendlichen insbesondere auferlegen,
- 1.
Weisungen zu befolgen, die sich auf den Aufenthaltsort beziehen, - 2.
bei einer Familie oder in einem Heim zu wohnen, - 3.
eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen, - 4.
Arbeitsleistungen zu erbringen, - 5.
sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person (Betreuungshelfer) zu unterstellen, - 6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen, - 7.
sich zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), - 8.
den Verkehr mit bestimmten Personen oder den Besuch von Gast- oder Vergnügungsstätten zu unterlassen oder - 9.
an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen.
(2) Der Richter kann dem Jugendlichen auch mit Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters auferlegen, sich einer heilerzieherischen Behandlung durch einen Sachverständigen oder einer Entziehungskur zu unterziehen. Hat der Jugendliche das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so soll dies nur mit seinem Einverständnis geschehen.