Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2016 - 4 StR 511/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. Januar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) mit den Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Misshandlung Schutzbefohlener in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde,
b) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Nötigung statt wegen sexueller Nötigung verurteilt ist und
c) im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Misshandlung Schutzbefohlener in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen gefährlicher Körperverletzung, wegen Körperverletzung in zwei Fällen sowie wegen sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat.
- 2
- 1. Das Rechtsmittel ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 11. November 2015 dargelegten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit es sich gegen die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Körperverletzung in zwei Fällen, begangen jeweils zum Nachteil von S. (Taten vom 27. November 2010 und vom 19. Februar 2011), richtet.
- 3
- 2. Der Schuldspruch wegen sexueller Nötigung (weitere Tat vom 27. November 2010) hat dagegen keinen Bestand. Insofern ist der Angeklagte jedoch der Nötigung schuldig. Entsprechend ändert der Senat den Schuldspruch ab.
- 4
- a) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen wollte der Angeklagte die Zeugin S. an diesem Tag unter Anwendung von Gewalt zunächst zum Oral- und anschließend zum vaginalen Geschlechtsverkehr zwingen. Die Zeugin konnte jedoch ein Eindringen in ihren Mund verhindern, indem sie die Lippen zusammenpresste und den Kopf zur Seite drehte. Zum Geschlechtsverkehr kam es nicht, da die Zeugin schrie „Lass das, ich will das nicht“, zu weinen begann und sich zu Boden fallen ließ. Daraufhin gab der An- geklagte sein Vorhaben auf.
- 5
- Die Strafkammer bewertet dieses Geschehen als versuchte Vergewaltigung , von der der Angeklagte jedoch strafbefreiend zurückgetreten ist, sowie als sexuelle Nötigung.
- 6
- b) Letzteres wird jedoch von den Feststellungen nicht getragen.
- 7
- Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, erfordert § 177 Abs. 1 StGB einen unmittelbaren Körperkontakt zwischen dem Täter bzw. Drittem und dem Opfer. Zu diesem kam es nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen indes nur, als der Angeklagte den Kopf der Zeugin in Richtung seines Gliedes drückte, er ihr aus Verärgerung über das Misslingen des Oralverkehrs einen Schlag ins Gesicht versetzte und er ihr Hose und Slip herunterzog, um den Geschlechtsverkehr auszuführen. All dies reicht indes zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 177 Abs. 1 StGB nicht aus, weil diese Handlungen nicht die sexuellen Handlungen waren, sondern lediglich Mittel zu deren Vornahme (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2006 – 4 StR 354/06, NStZ 2007, 217, 218, insbesondere zum Festhalten und Drücken des Kopfes in Richtung Geschlechtsteil, und vom 13. Februar 1997 – 4 StR 648/96, NStZ-RR 1997, 292, insbesondere zum gewaltsamen Entkleiden; ferner SSW-StGB/Wolters, 2. Aufl., § 177 Rn. 7 mwN).
- 8
- c) Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen jedoch, dass der Angeklagte zumindest der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) schuldig ist. Entsprechend ändert der Senat den Schuldspruch auf Antrag des Generalbundesanwalts ab. Da lediglich ein erschwerender Umstand wegfällt, bedarf es hierfür keines Hinweises nach § 265 Abs. 1 StPO (vgl. MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 265 Rn. 9 mwN).
- 9
- 3. Keinen Bestand hat das Urteil, soweit der Angeklagte der Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen wurde.
- 10
- a) Nach den insofern vom Landgericht getroffenen Feststellungen versetzte der Angeklagte den damals höchstens siebenjährigen Zwillingen A. und G. am 13. Juni 2014 nach 16 Uhr vier bzw. drei heftige Schläge mit einem Gummiknüppel auf das entblößte Gesäß, nachdem diese ihm in einem „Verhör“ unter anderem eingestandenhatten, statt – wozu er sie aufgefordert hatte – Hausaufgaben zu machen gespielt und etwas gegessen zu haben.
- 11
- Nach dem Abendessen, gegen 20 Uhr, forderte er die Kinder, um sie seine Macht spüren zu lassen und um zu erreichen, dass sie sich ihm unterordnen , auf, abwechselnd jeweils 20 Liegestütze und 20 Sit-Ups zu machen. Beide Kinder waren körperlich rasch überfordert, begannen zu weinen und gaben schließlich auf. Daraufhin wies der Angeklagte G. , den er hierdurch erniedrigen und schikanieren wollte, an, „auf allen Vieren“ innerhalb von zehn Minuten den Boden des Flurs zu putzen. Nachdem dem Jungen dies in der vorgegebenen Zeit nicht gelungen war, versetzte ihm der Angeklagte einen Fußtritt, wodurch G. mit dem Kopf gegen eine Türzarge prallte.
- 12
- Nachdem die Kinder sich schließlich schlafen gelegt hatten, stürmte der Angeklagte in das Kinderzimmer und forderte sie dazu auf, entsprechend einer Alarmübung beim russischen Militär innerhalb von 45 Sekunden jeweils ihre Schlafanzüge aus- und andere Kleidung anzuziehen. Auch hier waren A. und G. überfordert und begannen aus Angst und Verzweiflung heftig zu weinen. Durch die „Drillmaßnahme“ wollte der Angeklagte die Kinder schikanie- ren und disziplinieren.
- 13
- Dieses (Gesamt-)Geschehen bewertet das Landgericht als eine Misshandlung von Schutzbefohlenen in der Tatbestandsalternative des rohen Misshandelns in Tateinheit mit (einer) gefährlichen Körperverletzung.
- 14
- b) Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 15
- aa) Das Quälen, das rohe Misshandeln und die böswillige Fürsorgepflichtverletzung sind selbständige Begehungsformen der Misshandlung Schutzbefohlener gemäß § 225 Abs. 1 StGB. Quälen im Sinne dieser Vorschrift bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher ) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Mehrere Körperverletzungshandlungen , die für sich genommen noch nicht den Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB erfüllen, können als ein Quälen zu beurteilen sein, wenn die ständige Wiederholung den gegenüber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht. Rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB liegt dagegen vor, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 633/14, NStZ-RR 2015, 369, 370 f.; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 11/15 jeweils mwN). Anders als das Quälen bezieht sich diese Tatalternative des § 225 Abs. 1 StGB auf ein einzelnes Körperverletzungsgeschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 11/15 mwN).
- 16
- bb) Hiervon ausgehend ist die Bewertung der Strafkammer, das Gesamtgeschehen stelle eine einzige rohe Misshandlung dar, unzutreffend. Vielmehr handelt es sich nach den getroffenen Feststellungen um zeitlich voneinander abgegrenzte Handlungen, die sich auch in ihrer Gesamtheit nicht als ein einziges Körperverletzungsgeschehen darstellen.
- 17
- c) Zwar liegt es nahe, zumindest die Schläge mit dem Gummiknüppel als rohe Misshandlungen zu bewerten. Auch kommt in Betracht, das Gesamtgeschehen als Quälen der Kinder zu bewerten. Eine entsprechende Schuldspruchänderung ist dem Senat jedoch verwehrt, da auch die vom Landgericht vorgenommene Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten durchgreifenden Bedenken begegnet.
- 18
- Denn die Strafkammer kommt nach einer Rückrechnung der beim Angeklagten am 14. Juni 2014 um 10.46 Uhr festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,98 Promille mit stündlichen Abbauwerten von 0,1 Promille und einem Resorptionsdefizit von 10% „im günstigsten Fall für den Zeitpunkt 13. Juni 2014, 20.00 Uhr zu einem BAK-Wert von rund 0,8 Promille“ (UA S. 21). Diese weder im Ansatz noch im Ergebnis nachvollziehbare Berechnung hat das Landgericht – nebenanderen Umständen – der Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten zugrunde gelegt.
- 19
- d) Der Schuldspruch wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ist daher aufzuheben; die Sache ist insofern – auch zur Prüfung der Konkurrenzen bei zwei Tatopfern – an das Landgericht zurückzuverweisen. Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es – mit Ausnahme derjenigen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten – dagegen nicht, zumal bereits die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift dem Angeklagten unter anderem vier (Einzel-)Fälle der Misshandlung von Schutzbefohlenen zur Last gelegt hat. Der Senat kann daher ausschließen, dass der Angeklagte sich gegen die getroffenen Feststellungen als solche anders verteidigt hätte. Beschränkt waren seine Verteidigungsmöglichkeiten vielmehr allein hinsichtlich der rechtlichen – vor allem der konkurrenzrechtlichen – Bewertung der rechtsfehlerfrei festgestellten Tatgeschehen (zur Entbehrlichkeit der Aufhebung der Feststellungen bei bloßen Subsumtionsfehlern auch: BGH, Urteil vom 15. September 1998 – 1 StR 290/98; Beschluss vom 12. Dezember 2012 – 5 StR 506/12; vgl. ferner MeyerGoßner /Schmitt, aaO, § 353 Rn. 15).
- 20
- 4. Schließlich unterliegt der Aufhebung – mit den insofern getroffenen Feststellungen – auch der verbleibende Rechtsfolgenausspruch.
- 21
- Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift, auf die der Senat insofern ebenfalls Bezug nimmt, zutreffend ausgeführt hat, hätte es angesichts des vom Angeklagten in der Hauptverhandlung zum Ausdruck gebrachten Be- dauerns und der (nicht näher mitgeteilten) „gütlichen Einigung“ mit den „Geschädigten“ im Adhäsionsverfahren der Prüfung von § 46a StGB bedurft.
- 22
- Ferner unterliegen – wie der Generalbundesanwalt ebenfalls dargelegt hat – die Ausführungen des Landgerichts zur Ablehnung eines Hangs im Sinn des § 64 StGB durchgreifenden Bedenken (vgl. hierzu etwa BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015 – 1 StR 415/15 mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
- 1.
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht, - 2.
seinem Hausstand angehört, - 3.
von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder - 4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr
- 1.
des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder - 2.
einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
- 1.
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht, - 2.
seinem Hausstand angehört, - 3.
von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder - 4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr
- 1.
des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder - 2.
einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
Hat der Täter
- 1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder - 2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.