Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2017 - 4 StR 468/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 22. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) soweit der Angeklagte im Fall II. 1 verurteilt ist;
b) hinsichtlich der im Fall II. 2 verhängten Einzelstrafe und im Gesamtstrafenausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall „unter Mitführung eines sonstigen Gegenstandes, der nach seiner Art zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist“ (zur Tenorierung in diesen Fällen vgl. BGH, Urteil vom 28. August 1996 – 3 StR 135/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Urteilsformel 1) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Fall II. 1 der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben , weil die Beweiswürdigung einen durchgreifenden Rechtsfehler aufweist.
- 3
- a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen verkaufte der Angeklagte in der Zeit zwischen dem 1. Februar 2016 und dem 31. August 2016 unter anderem in der B. straße in P. in Kleinmengen Marihuana an die Zeugen P. und S. . Das Rauschgift entstammte einem Vorrat, den der Angeklagte und seine Mittäter in einer Wohnung in dem Anwesen B. straße unterhielten. Dort konnten am 31. August 2016 noch insgesamt 1016,98 Gramm Marihuana (127,83 Gramm Tetrahydrocannabinol) aufgefunden werden. Im Badezimmer der Wohnung war neben Verpackungsmaterial griffbereit ein Springmesser abgelegt.
- 4
- b) Die diesen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung ist unter mehreren Gesichtspunkten lückenhaft, soweit das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auf ein Wiedererkennen durch den Zeugen P. bei einer „in der mündlichen Verhandlungerneut vorgelegten Lichtbildvorlage“ (UA 10) gestützt hat. Zum einen ergeben die Urteilsgründe nicht, ob diese Lichtbildvorlage vorschriftsmäßig erfolgt ist (vgl. RiStBV Nr. 18). Eine entsprechende Darstellung wäre hier aber erforderlich gewesen, da der Zeuge den Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung nicht sicher zu iden- tifizieren vermochte und die Lichtbildvorlage für den Beweiswert der Aussage dieses Zeugen deshalb von entscheidender Bedeutung war (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1996 – 4 StR 6/96, NStZ 1996, 350, 351; Miebach, NStZ-RR 2014, 233, 236 mwN). Zum anderen setzt sich die Strafkammer nicht mit dem eingeschränkten Beweiswert eines wiederholten Wiedererkennens in der Hauptverhandlung auseinander (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 2016 – 2 StR 480/16, StraFo 2017, 111; vom 30. März 2016 – 4 StR 102/16, NStZ-RR 2016, 223 [Ls]; Urteile vom 14. April 2011 – 4 StR 501/10, NStZ 2011, 648, 650; vom 19. November 1997 – 2 StR 470/97, NStZ 1998, 266, 267; vom 28. Juni 1961 – 2 StR 194/61, BGHSt 16, 204, 205 f.). Da sich das Landgericht die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten aus einer Gesamtschau des Beweisergebnisses gebildet hat, vermag der Senat ein Beruhen des Urteils auf diesen Rechtsfehlern nicht auszuschließen.
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- 2. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 1 der Urteilsgründe zieht auch die Aufhebung der im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe nach sich. Denn die Strafkammer hat dem Angeklagten bei deren Bestimmung maßgeblich angelastet, nach der Sicherstellung der Betäubungsmittel im Fall II. 1 der Urteilsgründe und der Festnahme seiner Mittäter mit einer noch größeren Betäubungsmittelmenge Handel getrieben zu haben. Dies und die umfassende Aufhebung im Fall II. 1 der Urteilsgründe haben die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.
- 6
- 3. Der neue Tatrichter wird bei der Darstellung der Ergebnisse der Auswertung von DNA-Spuren die insoweit geltenden Anforderungen der Rechtsprechung zu berücksichtigen haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Juni 2016 – 2 StR 572/16, Rn. 12; vom 30. März 2016 – 4 StR 102/16, Rn. 12 mwN). Soll- te wiederum § 30a Abs. 3 BtMG zur Anwendung kommen, wird die Sperrwir- kung von § 29a Abs. 1 BtMG zu beachten sein (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 StR 536/14, Rn. 5; Beschluss vom 14. August 2013 – 2 StR 144/13, NStZ-RR 2014, 180).
Bender Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.