Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2018 - 4 StR 303/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 18. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner allgemein auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
- 3
- 2. Hingegen hat der Strafausspruch keinen Bestand.
- 4
- Das Landgericht hat bei der Prüfung eines minder schweren Falls der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB zum Nachteil des Angeklagten in Ansatz gebracht, er habe das Tatwerkzeug – ein Hackebeil – bewusst aus seiner Wohnung geholt, um mit diesem bewaffnet die Auseinandersetzung mit dem Geschädigten fortzusetzen. Damit hat die Strafkammer zu seinen Ungunsten einen Umstand – die Begehung der Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs – berücksichtigt, der Merkmal des gesetzlichen Tatbestands der von ihr angenommenen Strafvorschrift nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist; dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB.
- 5
- Zwar ist die Strafkammer letztlich vom Vorliegen eines minder schweren Falls nach § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB ausgegangen, dies aber nur unter zusätzlicher Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler bereits aufgrund der allgemeinen Strafzumessungserwägungen zur Annahme eines minder schweren Falls gekommen wäre; in diesem Fall hätte der vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB noch für eine mögliche Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB zur Verfügung gestanden.
- 6
- Da es sich lediglich um einen Wertungsfehler handelt, können die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die zu den bereits getroffenen nicht in Widerspruch treten dürfen, sind möglich.
- 7
- 3. Die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus weist keinen Rechtsfehler auf.
- 8
- 4. Auch die Einziehungsentscheidung hat im Ergebnis Bestand. Zwar ist das Tatgericht grundsätzlich gehalten, den einzuziehenden Gegenstand in der Entscheidungsformel konkret zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 – 1 StR 474/14, StraFo 2015, 22 mwN), woran es hier fehlt, da das Landgericht lediglich die Einziehung des „Tatwerkzeugs“ angeordnet hat. Vorliegend lässt sich aber den Gründen des angefochtenen Urteils eindeutig entnehmen, dass es sich bei dem Einziehungsgegenstand um das von dem Angeklagten bei der Tat verwendete Hackebeil handelt.
- 9
- 5. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass in Fällen, in denen aufgrund besonderer Umstände – etwa verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB – sowohl eine Strafrahmenverschiebung als auch die Annahme eines minder schweren Falls möglich ist, die Urteilsgründe erkennen lassen müssen, dass sich das Tatgericht zweier unterschiedlicher Strafrahmen bewusst war (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 1987 – 3 StR 341/87, StV 1988, 385; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 50 Rn. 5).
Feilcke Paul
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.