Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2014 - 1 StR 474/14

bei uns veröffentlicht am04.11.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 4 7 4 / 1 4
vom
4. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2014 gemäß
§§ 349 Abs. 2 und 4, 357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Passau vom 3. Juni 2014, auch soweit es den Mitangeklagten E. W. betrifft, im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen seinen Bruder, den nicht revidierenden Mitangeklagten E. W. , hat es wegen dieser Tat eine Jugendstrafe verhängt. Zudem hat das Landgericht die Einziehung von Gegenständen angeordnet.
2
1. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Einziehungsgegenstände nicht ausreichend konkret bezeichnet.
3
a) Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2007 – 1 StR 251/07 [insoweit in NStZ 2007, 713 f. nicht veröffentlicht] und vom 22. Juni 2010 – 4 StR 216/10, StraFo 2010, 424 mwN). Die Bezugnahme auf die Anklageschrift oder ein Asservatenverzeichnis genügt dafür nicht (BGH, Beschlüsse vom 25. August 2009 – 3 StR 291/09, NStZ-RR 2009, 384 [nur LS] und vom 22. Juni 2010 – 4 StR 216/10, StraFo 2010, 424 jeweils mwN).
4
b) Diesen Anforderungen wird die Einziehungsanordnung des angefochtenen Urteils nicht gerecht. Sie erschöpft sich im Tenor in dem Aufführen der im Sicherstellungsverzeichnis der Staatsanwaltschaft Passau verwendeten Kenn- zeichnungen der Gegenstände (etwa „ÜLNr. 1436/13, Ziff. 1“). Es ist jedoch nicht zu erkennen, um welche Gegenstände es sich dabei handelt.
5
c) Der Senat kann – was grundsätzlich möglich wäre (BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2007 – 1 StR 251/07 mwN und vom 22. Juni 2010 – 4 StR 216/10, StraFo 2010, 424) – auch nicht gemäß § 354 Abs. 1 StPO unter Rückgriff auf die Urteilsgründe die gebotene Konkretisierung hinsichtlich der Einziehungsgegenstände selbst vornehmen. Die Gründe beschränken sich insoweit auf die Wiedergabe des Gesetzestextes von § 74 Abs. 1 und 2 StGB (UA S. 45). Um welche Gegenstände es sich konkret gehandelt hat, ist dem nicht zu entnehmen. Es mag sich um die bei den Angeklagten sichergestellten Betäubungsmittel gehandelt haben; das Urteil lässt dies jedoch auch in seinem Gesamtzusammenhang nicht erkennen. Die Anordnung der Einziehung war daher aufzuheben.
6
Eine Aufhebung der dazu getroffenen Feststellungen war nicht veranlasst. Die mangelnde Konkretisierung wirkt sich auf die Feststellung, dass es sich um Gegenstände handelt, die den Angeklagten gehörten oder ihnen zustanden , nicht aus (§ 353 Abs. 2 StPO). Für die Konkretisierung der Einziehungsgegenstände erforderliche weitergehende, dazu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen wird der neue Tatrichter zu treffen haben, an den die Sache im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen wird.
7
d) Die Aufhebung der Einziehungsanordnung war gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten E. W. zu erstrecken (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1966 – 1 StR 592/66, BGHSt 21, 66, 69; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 22). Da es sich nach den Feststellungen um Einziehungsgegenstände beider Angeklagter handelt, betrifft der Rechtsfehler auch den wegen derselben Tat verurteilten Mitangeklagten.
8
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 16. September 2014 unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rothfuß Graf Radtke
Mosbacher Fischer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2014 - 1 StR 474/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2014 - 1 StR 474/14

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu
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(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 251/07
vom
20. Juni 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2007 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und D. V. wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30. November 2006 - auch soweit es den Mitangeklagten Da. B. betrifft - im Ausspruch über die Einziehung von bei den Angeklagten sichergestellten Gegenständen dahin ergänzt und neu gefasst, dass 145,06 g Kokain, 4.603 g Streckmittel, die bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Samsung SGH-E 810, Nokia 2600, Motorola und Sagem, die bei dem Angeklagten D. V. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Motorola E 1000, Panasonic EBGD 87, Nokia 7650 und Sony, die bei dem Angeklagten Da. B. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Nokia 3100, Samsung SGH-X 48, Samsung E 700 IMEI, Nokia 8310, Motorola, Siemens C 60, Samsung SGH-A 800 sowie die bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellte Handgranate, Typ M75, eingezogen werden. 2. Im Übrigen werden die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und D. V. verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen , davon in einem Fall bandenmäßig, sowie wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten D. V. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, davon in zwei Fällen bandenmäßig, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren sowie den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Des Weiteren hat es den Verfall von Wertersatz sowie die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel und Streckmittel“, der „sichergestellten Mobiltelefone der Angeklagten “sowie der sichergestellten Handgranate“ angeordnet.
2
Der Angeklagte V. erhebt eine Verfahrensrüge. Zudem wenden sich beide Angeklagte mit der Sachrüge gegen das Urteil. Die Rechtsmittel haben im Wesentlichen keinen Erfolg.
3
I. Der Angeklagte V. macht in den Fällen II. 5 (Fall 3, 5. Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006) und II. 7 (Fall 4, 2. Unterfall der Anklage) der Urteilsgründe ein Beweisverwertungsverbot geltend. Das Landgericht habe Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem unzulässigen Einsatz eines „vermeintlich Verdeckten Ermittlers“ zu seinen Lasten verwertet.
4
Die Rüge bleibt erfolglos. Nach den Urteilsgründen hat das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten V. in diesen beiden Fällen - ebenso wie in den anderen, in denen der Angeklagte V. verurteilt wurde - nicht auf Erkenntnisse des von den deutschen Behörden eingesetzten , verdeckt ermittelnden Beamten eines ausländischen Polizeidienstes gestützt. Vielmehr hat es seine Überzeugungsbildung in beiden Fällen in erster Linie auf die Angaben des Zeugen Vu. sowie im Fall II. 7 zusätzlich auf die des observierenden Zeugen L. gestützt (UA S. 49 f. und S. 54 ff.). Soweit in die Beweiswürdigung im Fall II. 7 des Urteils SMS und Wortprotokolle von Telefonüberwachungsmaßnahmen eingeführt wurden, handelt es sich ausschließlich um solche, an denen der von den deutschen Behörden eingesetzte ausländische „Verdeckte Ermittler“ nicht beteiligt war. Die Taten, an denen der in Deutschland eingesetzte ausländische Polizeibeamte beteiligt war und die Gegenstand der Hauptverhandlung waren, betrafen Fälle 5, 3. Unterfall und 7, 1. und 2. Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006, mithin die Fälle II. 12, 14 und 15 der Urteilsgründe, in denen der Anklagte V. nicht verurteilt wurde. Den in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnissen im Zusammenhang mit dem von den deutschen Behörden eingesetzten ausländischen Polizeibeamten kam somit für die Verurteilung des Angeklagten V. - anders als für die des nicht revidierenden Da. B. - keine Bedeutung zu.
5
Unabhängig davon hätte kein Beweisverwertungsverbot vorgelegen. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass die Staatsanwaltschaft beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Konstanz die Zustimmung zum Einsatz von bis zu drei Verdeckten Ermittlern, unter denen auch bis zu zwei ausländische Polizeibeamte sein durften, eingeholt hat. Ohne Rechtsfehler hat es das Landgericht in seinem Beschluss vom 15. Oktober 2006 dahingestellt sein lassen, ob ein ausländischer Polizeibeamter überhaupt als Verdeckter Ermittler nach § 110a StPO eingesetzt werden konnte. Verdeckte Ermittler sind gemäß § 110a Abs. 2 StPO nur Beamte im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG (vgl. Schäfer in Löwe/ Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 110a Rdn. 12; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 110a Rdn. 3). Dies verlangen nicht nur die besondere Ermittlungstätigkeit und die damit einhergehende Gefährdung, sondern auch die erforderliche straffe Führung sowie die wirksame, auch disziplinarrechtliche Dienstaufsicht über den Verdeckten Ermittler (vgl. BTDrucks. 12/989 S. 42). Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, die Polizeibeamte einer ausländischen Behörde ausdrücklich Beamten im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG gleichstellt, richtet sich deren verdeckter Einsatz nicht nach den Vorschriften der §§ 110a ff. StPO (vgl. Nack in KK 5. Aufl. § 110a Rdn. 5). Die hier erteilte richterliche Zustimmung zum Einsatz als „Verdeckter Ermittler“ war somit nicht erforderlich. Verdeckt ermittelnde Beamte des ausländischen Polizeidienstes sind deshalb zu behandeln wie von der Polizei eingesetzte Vertrauenspersonen. Wurde für ihren Einsatz dennoch eine richterliche Zustimmung - wie vorliegend - eingeholt, so kann die Verwertbarkeit der Angaben der Vertrauensperson oder sonstiger daraus resultierender Beweismittel nicht durch einen möglichen Fehler des Zustimmungsbeschlusses des Ermittlungsrichters beeinträchtigt sein.
6
II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge der beiden Angeklagten hat weder im Schuldspruch noch im Strafausspruch einen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
7
III. Der Senat vermag dem Antrag des Generalbundesanwalts nicht zu folgen, im Wege der Berichtigung des Tenors einen höheren Verfall von Wertersatz anzuordnen, weil sich aus den Urteilsgründen möglicherweise ein Rechenfehler ergibt. Es muss bei der aus dem Urteilstenor ersichtlichen und verkündeten Höhe verbleiben (vgl. BGH, Beschl. vom 17. Dezember 1999 - 1 StR 630/99). http://127.0.0.1:50001/Xaver/start.xav?SID=&startbk=heymanns_bgh_ed_bghst&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-26-258'%5D&anchor=el [Link] http://127.0.0.1:50001/Xaver/start.xav?SID=&startbk=heymanns_bgh_ed_bghst&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-26-266'%5D&anchor=el - 6 -
8
IV. Über die Einziehung der im Tenor des angefochtenen Urteils nicht ausreichend bezeichneten Gegenstände hatte der Senat - wie im Einzelnen aus dem Tenor ersichtlich - neu zu entscheiden. Sind Gegenstände einzuziehen, ist es grundsätzlich tunlich, die Gegenstände in der Urteilsformel oder, sofern es sich um eine Vielzahl von Gegenständen handelt, jedenfalls in einer Anlage hierzu (vgl. BGHSt 9, 88, 90) so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung geschaffen ist. Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu auch die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss. Diesen Anforderungen wird die Kennzeichnung der einzuziehenden Gegenstände in der Urteilsformel nicht vollständig gerecht. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das Urteil deshalb im Ausspruch über die Einziehung aufzuheben, brauchte der Senat jedoch nicht zu folgen. Der Senat kann gemäß § 354 Abs. 1 StPO die Entscheidung selbst treffen, wenn die Urteilsgründe die erforderlichen Angaben enthalten (vgl. BGHSt 26, 258, 266; BGH, Beschl. vom 5. Dezember 1991 - 1 StR 719/91; BGH, Beschl. vom 13. Februar 2004 - 3 StR 501/03; BGH, Beschl. vom 28. November 2006 - 4 StR 404/06; BGH, Beschl. vom 25. April 2007 - 2 StR 86/07). Soweit die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeordnet worden ist, die das Landgericht zutreffend auf § 33 Abs. 2 BtMG gestützt hat, enthalten die Urteilsgründe die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über deren Art und Menge, so dass der Senat die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände insoweit nachholen kann. Gleiches gilt für die nach den insoweit getroffenen Feststellungen ebenfalls rechtlich nicht zu beanstandende Einziehung der bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellten Handgranate gemäß § 24 Abs. 1 Kriegswaffenkontrollgesetz.
9
Auch in Bezug auf die Anordnung der Einziehung der "sichergestellten Streckmittel und der zu den Taten benutzten sichergestellten Mobiltelefone der Angeklagten“ enthalten die Urteilsgründe unter Berücksichtigung der Verzeichnisse der Beweisstücke noch die erforderlichen Angaben, damit der Senat selbst Klarheit über den Umfang der Einziehung schaffen kann. Hinsichtlich der Streckmittel konnte die Einziehung unabhängig von der Eigentümerstellung erfolgen , da die konkrete Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB.
10
Die Einziehungsentscheidung war gemäß § 357 StPO auch auf den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. zu erstrecken. Nack Wahl Boetticher Kolz Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 216/10
vom
22. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Juni 2010 gemäß §§ 206a, 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 4. Dezember 2009
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, insoweit wird das Verfahren eingestellt; die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen insofern der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 Fällen und der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln schuldig ist,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, die Einziehung , den Verfall von Wertersatz und den erweiterten Verfall mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kos- ten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 37 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren in fünf Fällen, dabei in vier Fällen gewerbsmäßig handelnd, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einziehung von sichergestellten Betäubungsmitteln und "Betäubungsmittelutensilien" sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 3.290 € und den erweiterten Verfall von 5.605 € angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Verfahren ist in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe einzustellen , da es insofern an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt.
3
a) Wegen der Fälle 1 bis 36 der Urteilsgründe hatte die Staatsanwaltschaft am 28. Mai 2009 Anklage erhoben, die das Landgericht mit Beschluss vom 8. Juli 2009 unverändert zum Hauptverfahren zugelassen hat; zugleich hat es beschlossen, die Hauptverhandlung mit der Vorsitzenden und - neben den Schöffen - nur einer Beisitzerin durchzuführen. In der daraufhin begonnenen Hauptverhandlung beschloss die Strafkammer am 6. Oktober 2009, die am 23. September 2009 ferner erhobene Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen , mit der dem Angeklagten die später als Fälle 37 bis 44 abgeurteilten Taten zur Last gelegt wurden.
4
b) Diese Verfahrensweise war fehlerhaft. Bezüglich der dem Angeklagten in der Anklage vom 23. September 2009 zur Last gelegten Taten fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Denn die große Strafkammer hat über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen entschieden, sondern in der gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG reduzierten Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Damit besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis , das zur Aufhebung des Urteils in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe und zur Einstellung des Verfahrens führt (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 13. Juni 2008 - 2 StR 142/08, NStZ 2009, 52, und - auch zur Kostenentscheidung - Urteil vom 21. Januar 2010 - 4 StR 518/09 jeweils m.w.N.).
5
2. Zu den Einziehungs- und Verfallanordnungen hat der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 6. Mai 2010 ausgeführt: "1. Die Einziehungsanordnung, die lediglich auf zwei Sicherstellungsprotokolle verweist, bezeichnet die einzuziehenden Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien nicht genau genug. Bei einer Einziehungsanordnung müssen die einzuziehenden Gegenstände so genau bezeichnet sein, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis genügt nicht (BGH, Beschluss vom 25. August 2009, 3 StR 291/09 m.w.N.). Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu insbesondere die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts (Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1999, 4 StR 391/99). Diesen Anforderungen wird die Einziehungsanordnung des Urteils nicht gerecht. Da sich die Anordnung auch mit Hilfe der Urteilsgründe nicht so genau konkretisieren lässt, dass sie vom Senat ergänzt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2007, 1 StR 251/07), ist sie aufzuheben. 2. In der Wohnung des Angeklagten wurde Bargeld in Höhe von 8.895,- Euro sichergestellt (UA S. 6), welches nach Ansicht der Kammer aus Drogengeschäften stammt (UA S. 32). Allerdings erschließt sich nicht, wieso ein Teilbetrag in Höhe von 3.290,- Euro "aus den Betäubungsmittelgeschäften" stammen soll und der andere Teilbetrag in Höhe von 5.605,- Euro aus anderen nicht abgeurteilten Drogengeschäften, so dass insoweit der erweiterte Verfall nach § 73d StGB i.V.m. § 33 Abs. 1 BtMG anzuordnen war. Abgesehen davon, dass bei einer Zuordnung des sichergestellten Geldes zu den abgeurteilten Geschäften die Einziehung [richtig: Verfall] nach § 73 StGB zu erfolgen hat - wieso die Kammer einen Wertersatzverfall nach § 73a StGB angenommen hat, ist nicht nachvollziehbar - erfordert der Vorrang des § 73 StGB gegenüber der subsidiären Vorschrift des § 73d StGB, dass vor einer Anwendung des § 73d unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008, 4 StR 386/08 m. zahlr. w.N.). Dem werden die lediglich pauschalen Ausführungen der Kammer (UA S. 32) nicht gerecht, sie ermöglichen dem Revisionsgericht nicht die Prüfung , ob das Gericht die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB richtig angewendet hat".
6
Dem schließt sich der Senat an. Zudem kann die Anordnung des Verfalls von Wertersatz schon infolge der Teileinstellung keinen Bestand haben.
7
3. Vorsorglich bemerkt der Senat, dass die auf § 353 Abs. 2 StPO beruhende Aufhebung der den Verfallentscheidungen zuzuordnenden Feststellungen nicht die sogenannten doppelrelevanten Tatsachen erfasst, die auch den Schuld- oder Strafausspruch tragen (z. B. die Feststellungen zu den Einkaufsund Verkaufspreisen; vgl. näher Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. Einl. 187; § 353 Rdn. 20); insoweit sind nur ergänzende Feststellungen zulässig, die den bindend gewordenen nicht widersprechen dürfen. Ernemann Solin-Stojanović Cierniak Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 291/09
vom
25. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 25. August
2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 2. März 2009 im Ausspruch über die Einziehung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, eine Verfallsentscheidung getroffen und die Einziehung der "sichergestellten Betäubungsmittel, Streckmittel, Betäubungsmittelutensilien und der in der Anklageschrift unter VI aufgeführten sonstigen Gegenstände" angeordnet. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich zum Ausspruch über die Einziehung Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Einziehungsanordnung kann nicht bestehen bleiben; denn die Strafkammer hat die Einziehungsgegenstände nicht ausreichend konkret bezeichnet. Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht. Dies kann bei umfangreichem Material in einer besonderen Anlage zum Urteilstenor erfolgen. Die Bezugnahme auf die Anklageschrift oder ein Asservatenverzeichnis genügt jedoch nicht (vgl. BGHR StGB § 74 Abs. 1 Urteilsformel 1; BGH NJW 1994, 1421, 1423; Beschl. vom 28. November 2006 - 4 StR 404/06; StraFo 2008, 302; vgl. auch Fischer, StGB 52. Aufl. § 74 Rdn. 21 m. w. N.). Der Senat kann hier die Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände nicht in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachholen, weil die erforderlichen Angaben jedenfalls nicht vollständig in den Urteilsgründen enthalten sind. Im Übrigen erscheint es bei einem Teil der in der Anlage VI zur Anklageschrift aufgeführten Gegenstände zweifelhaft, ob die sachlichrechtlichen Einziehungsvoraussetzungen vorliegen. Der Senat hebt deshalb die Einziehungsentscheidung insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht die Möglichkeit zu geben, über die Einziehung einheitlich in der gebotenen Form unter Beachtung der materiellen Voraussetzungen neu zu entscheiden.
Sost-Scheible Pfister Hubert Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 216/10
vom
22. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Juni 2010 gemäß §§ 206a, 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 4. Dezember 2009
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, insoweit wird das Verfahren eingestellt; die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen insofern der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 Fällen und der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln schuldig ist,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, die Einziehung , den Verfall von Wertersatz und den erweiterten Verfall mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kos- ten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 37 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren in fünf Fällen, dabei in vier Fällen gewerbsmäßig handelnd, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einziehung von sichergestellten Betäubungsmitteln und "Betäubungsmittelutensilien" sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 3.290 € und den erweiterten Verfall von 5.605 € angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Verfahren ist in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe einzustellen , da es insofern an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt.
3
a) Wegen der Fälle 1 bis 36 der Urteilsgründe hatte die Staatsanwaltschaft am 28. Mai 2009 Anklage erhoben, die das Landgericht mit Beschluss vom 8. Juli 2009 unverändert zum Hauptverfahren zugelassen hat; zugleich hat es beschlossen, die Hauptverhandlung mit der Vorsitzenden und - neben den Schöffen - nur einer Beisitzerin durchzuführen. In der daraufhin begonnenen Hauptverhandlung beschloss die Strafkammer am 6. Oktober 2009, die am 23. September 2009 ferner erhobene Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen , mit der dem Angeklagten die später als Fälle 37 bis 44 abgeurteilten Taten zur Last gelegt wurden.
4
b) Diese Verfahrensweise war fehlerhaft. Bezüglich der dem Angeklagten in der Anklage vom 23. September 2009 zur Last gelegten Taten fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Denn die große Strafkammer hat über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen entschieden, sondern in der gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG reduzierten Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Damit besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis , das zur Aufhebung des Urteils in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe und zur Einstellung des Verfahrens führt (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 13. Juni 2008 - 2 StR 142/08, NStZ 2009, 52, und - auch zur Kostenentscheidung - Urteil vom 21. Januar 2010 - 4 StR 518/09 jeweils m.w.N.).
5
2. Zu den Einziehungs- und Verfallanordnungen hat der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 6. Mai 2010 ausgeführt: "1. Die Einziehungsanordnung, die lediglich auf zwei Sicherstellungsprotokolle verweist, bezeichnet die einzuziehenden Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien nicht genau genug. Bei einer Einziehungsanordnung müssen die einzuziehenden Gegenstände so genau bezeichnet sein, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis genügt nicht (BGH, Beschluss vom 25. August 2009, 3 StR 291/09 m.w.N.). Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu insbesondere die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts (Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1999, 4 StR 391/99). Diesen Anforderungen wird die Einziehungsanordnung des Urteils nicht gerecht. Da sich die Anordnung auch mit Hilfe der Urteilsgründe nicht so genau konkretisieren lässt, dass sie vom Senat ergänzt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2007, 1 StR 251/07), ist sie aufzuheben. 2. In der Wohnung des Angeklagten wurde Bargeld in Höhe von 8.895,- Euro sichergestellt (UA S. 6), welches nach Ansicht der Kammer aus Drogengeschäften stammt (UA S. 32). Allerdings erschließt sich nicht, wieso ein Teilbetrag in Höhe von 3.290,- Euro "aus den Betäubungsmittelgeschäften" stammen soll und der andere Teilbetrag in Höhe von 5.605,- Euro aus anderen nicht abgeurteilten Drogengeschäften, so dass insoweit der erweiterte Verfall nach § 73d StGB i.V.m. § 33 Abs. 1 BtMG anzuordnen war. Abgesehen davon, dass bei einer Zuordnung des sichergestellten Geldes zu den abgeurteilten Geschäften die Einziehung [richtig: Verfall] nach § 73 StGB zu erfolgen hat - wieso die Kammer einen Wertersatzverfall nach § 73a StGB angenommen hat, ist nicht nachvollziehbar - erfordert der Vorrang des § 73 StGB gegenüber der subsidiären Vorschrift des § 73d StGB, dass vor einer Anwendung des § 73d unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008, 4 StR 386/08 m. zahlr. w.N.). Dem werden die lediglich pauschalen Ausführungen der Kammer (UA S. 32) nicht gerecht, sie ermöglichen dem Revisionsgericht nicht die Prüfung , ob das Gericht die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB richtig angewendet hat".
6
Dem schließt sich der Senat an. Zudem kann die Anordnung des Verfalls von Wertersatz schon infolge der Teileinstellung keinen Bestand haben.
7
3. Vorsorglich bemerkt der Senat, dass die auf § 353 Abs. 2 StPO beruhende Aufhebung der den Verfallentscheidungen zuzuordnenden Feststellungen nicht die sogenannten doppelrelevanten Tatsachen erfasst, die auch den Schuld- oder Strafausspruch tragen (z. B. die Feststellungen zu den Einkaufsund Verkaufspreisen; vgl. näher Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. Einl. 187; § 353 Rdn. 20); insoweit sind nur ergänzende Feststellungen zulässig, die den bindend gewordenen nicht widersprechen dürfen. Ernemann Solin-Stojanović Cierniak Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 251/07
vom
20. Juni 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2007 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und D. V. wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30. November 2006 - auch soweit es den Mitangeklagten Da. B. betrifft - im Ausspruch über die Einziehung von bei den Angeklagten sichergestellten Gegenständen dahin ergänzt und neu gefasst, dass 145,06 g Kokain, 4.603 g Streckmittel, die bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Samsung SGH-E 810, Nokia 2600, Motorola und Sagem, die bei dem Angeklagten D. V. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Motorola E 1000, Panasonic EBGD 87, Nokia 7650 und Sony, die bei dem Angeklagten Da. B. sichergestellten Mobiltelefone der Marken Nokia 3100, Samsung SGH-X 48, Samsung E 700 IMEI, Nokia 8310, Motorola, Siemens C 60, Samsung SGH-A 800 sowie die bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellte Handgranate, Typ M75, eingezogen werden. 2. Im Übrigen werden die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und D. V. verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen , davon in einem Fall bandenmäßig, sowie wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten D. V. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, davon in zwei Fällen bandenmäßig, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren sowie den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Des Weiteren hat es den Verfall von Wertersatz sowie die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel und Streckmittel“, der „sichergestellten Mobiltelefone der Angeklagten “sowie der sichergestellten Handgranate“ angeordnet.
2
Der Angeklagte V. erhebt eine Verfahrensrüge. Zudem wenden sich beide Angeklagte mit der Sachrüge gegen das Urteil. Die Rechtsmittel haben im Wesentlichen keinen Erfolg.
3
I. Der Angeklagte V. macht in den Fällen II. 5 (Fall 3, 5. Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006) und II. 7 (Fall 4, 2. Unterfall der Anklage) der Urteilsgründe ein Beweisverwertungsverbot geltend. Das Landgericht habe Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem unzulässigen Einsatz eines „vermeintlich Verdeckten Ermittlers“ zu seinen Lasten verwertet.
4
Die Rüge bleibt erfolglos. Nach den Urteilsgründen hat das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten V. in diesen beiden Fällen - ebenso wie in den anderen, in denen der Angeklagte V. verurteilt wurde - nicht auf Erkenntnisse des von den deutschen Behörden eingesetzten , verdeckt ermittelnden Beamten eines ausländischen Polizeidienstes gestützt. Vielmehr hat es seine Überzeugungsbildung in beiden Fällen in erster Linie auf die Angaben des Zeugen Vu. sowie im Fall II. 7 zusätzlich auf die des observierenden Zeugen L. gestützt (UA S. 49 f. und S. 54 ff.). Soweit in die Beweiswürdigung im Fall II. 7 des Urteils SMS und Wortprotokolle von Telefonüberwachungsmaßnahmen eingeführt wurden, handelt es sich ausschließlich um solche, an denen der von den deutschen Behörden eingesetzte ausländische „Verdeckte Ermittler“ nicht beteiligt war. Die Taten, an denen der in Deutschland eingesetzte ausländische Polizeibeamte beteiligt war und die Gegenstand der Hauptverhandlung waren, betrafen Fälle 5, 3. Unterfall und 7, 1. und 2. Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006, mithin die Fälle II. 12, 14 und 15 der Urteilsgründe, in denen der Anklagte V. nicht verurteilt wurde. Den in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnissen im Zusammenhang mit dem von den deutschen Behörden eingesetzten ausländischen Polizeibeamten kam somit für die Verurteilung des Angeklagten V. - anders als für die des nicht revidierenden Da. B. - keine Bedeutung zu.
5
Unabhängig davon hätte kein Beweisverwertungsverbot vorgelegen. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass die Staatsanwaltschaft beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Konstanz die Zustimmung zum Einsatz von bis zu drei Verdeckten Ermittlern, unter denen auch bis zu zwei ausländische Polizeibeamte sein durften, eingeholt hat. Ohne Rechtsfehler hat es das Landgericht in seinem Beschluss vom 15. Oktober 2006 dahingestellt sein lassen, ob ein ausländischer Polizeibeamter überhaupt als Verdeckter Ermittler nach § 110a StPO eingesetzt werden konnte. Verdeckte Ermittler sind gemäß § 110a Abs. 2 StPO nur Beamte im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG (vgl. Schäfer in Löwe/ Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 110a Rdn. 12; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 110a Rdn. 3). Dies verlangen nicht nur die besondere Ermittlungstätigkeit und die damit einhergehende Gefährdung, sondern auch die erforderliche straffe Führung sowie die wirksame, auch disziplinarrechtliche Dienstaufsicht über den Verdeckten Ermittler (vgl. BTDrucks. 12/989 S. 42). Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, die Polizeibeamte einer ausländischen Behörde ausdrücklich Beamten im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG gleichstellt, richtet sich deren verdeckter Einsatz nicht nach den Vorschriften der §§ 110a ff. StPO (vgl. Nack in KK 5. Aufl. § 110a Rdn. 5). Die hier erteilte richterliche Zustimmung zum Einsatz als „Verdeckter Ermittler“ war somit nicht erforderlich. Verdeckt ermittelnde Beamte des ausländischen Polizeidienstes sind deshalb zu behandeln wie von der Polizei eingesetzte Vertrauenspersonen. Wurde für ihren Einsatz dennoch eine richterliche Zustimmung - wie vorliegend - eingeholt, so kann die Verwertbarkeit der Angaben der Vertrauensperson oder sonstiger daraus resultierender Beweismittel nicht durch einen möglichen Fehler des Zustimmungsbeschlusses des Ermittlungsrichters beeinträchtigt sein.
6
II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge der beiden Angeklagten hat weder im Schuldspruch noch im Strafausspruch einen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
7
III. Der Senat vermag dem Antrag des Generalbundesanwalts nicht zu folgen, im Wege der Berichtigung des Tenors einen höheren Verfall von Wertersatz anzuordnen, weil sich aus den Urteilsgründen möglicherweise ein Rechenfehler ergibt. Es muss bei der aus dem Urteilstenor ersichtlichen und verkündeten Höhe verbleiben (vgl. BGH, Beschl. vom 17. Dezember 1999 - 1 StR 630/99). http://127.0.0.1:50001/Xaver/start.xav?SID=&startbk=heymanns_bgh_ed_bghst&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-26-258'%5D&anchor=el [Link] http://127.0.0.1:50001/Xaver/start.xav?SID=&startbk=heymanns_bgh_ed_bghst&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-26-266'%5D&anchor=el - 6 -
8
IV. Über die Einziehung der im Tenor des angefochtenen Urteils nicht ausreichend bezeichneten Gegenstände hatte der Senat - wie im Einzelnen aus dem Tenor ersichtlich - neu zu entscheiden. Sind Gegenstände einzuziehen, ist es grundsätzlich tunlich, die Gegenstände in der Urteilsformel oder, sofern es sich um eine Vielzahl von Gegenständen handelt, jedenfalls in einer Anlage hierzu (vgl. BGHSt 9, 88, 90) so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung geschaffen ist. Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu auch die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss. Diesen Anforderungen wird die Kennzeichnung der einzuziehenden Gegenstände in der Urteilsformel nicht vollständig gerecht. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das Urteil deshalb im Ausspruch über die Einziehung aufzuheben, brauchte der Senat jedoch nicht zu folgen. Der Senat kann gemäß § 354 Abs. 1 StPO die Entscheidung selbst treffen, wenn die Urteilsgründe die erforderlichen Angaben enthalten (vgl. BGHSt 26, 258, 266; BGH, Beschl. vom 5. Dezember 1991 - 1 StR 719/91; BGH, Beschl. vom 13. Februar 2004 - 3 StR 501/03; BGH, Beschl. vom 28. November 2006 - 4 StR 404/06; BGH, Beschl. vom 25. April 2007 - 2 StR 86/07). Soweit die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeordnet worden ist, die das Landgericht zutreffend auf § 33 Abs. 2 BtMG gestützt hat, enthalten die Urteilsgründe die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über deren Art und Menge, so dass der Senat die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände insoweit nachholen kann. Gleiches gilt für die nach den insoweit getroffenen Feststellungen ebenfalls rechtlich nicht zu beanstandende Einziehung der bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellten Handgranate gemäß § 24 Abs. 1 Kriegswaffenkontrollgesetz.
9
Auch in Bezug auf die Anordnung der Einziehung der "sichergestellten Streckmittel und der zu den Taten benutzten sichergestellten Mobiltelefone der Angeklagten“ enthalten die Urteilsgründe unter Berücksichtigung der Verzeichnisse der Beweisstücke noch die erforderlichen Angaben, damit der Senat selbst Klarheit über den Umfang der Einziehung schaffen kann. Hinsichtlich der Streckmittel konnte die Einziehung unabhängig von der Eigentümerstellung erfolgen , da die konkrete Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB.
10
Die Einziehungsentscheidung war gemäß § 357 StPO auch auf den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. zu erstrecken. Nack Wahl Boetticher Kolz Graf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 216/10
vom
22. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Juni 2010 gemäß §§ 206a, 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 4. Dezember 2009
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, insoweit wird das Verfahren eingestellt; die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen insofern der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 34 Fällen und der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln schuldig ist,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, die Einziehung , den Verfall von Wertersatz und den erweiterten Verfall mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kos- ten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 37 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren in fünf Fällen, dabei in vier Fällen gewerbsmäßig handelnd, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einziehung von sichergestellten Betäubungsmitteln und "Betäubungsmittelutensilien" sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe von 3.290 € und den erweiterten Verfall von 5.605 € angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Verfahren ist in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe einzustellen , da es insofern an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt.
3
a) Wegen der Fälle 1 bis 36 der Urteilsgründe hatte die Staatsanwaltschaft am 28. Mai 2009 Anklage erhoben, die das Landgericht mit Beschluss vom 8. Juli 2009 unverändert zum Hauptverfahren zugelassen hat; zugleich hat es beschlossen, die Hauptverhandlung mit der Vorsitzenden und - neben den Schöffen - nur einer Beisitzerin durchzuführen. In der daraufhin begonnenen Hauptverhandlung beschloss die Strafkammer am 6. Oktober 2009, die am 23. September 2009 ferner erhobene Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen , mit der dem Angeklagten die später als Fälle 37 bis 44 abgeurteilten Taten zur Last gelegt wurden.
4
b) Diese Verfahrensweise war fehlerhaft. Bezüglich der dem Angeklagten in der Anklage vom 23. September 2009 zur Last gelegten Taten fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses. Denn die große Strafkammer hat über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen entschieden, sondern in der gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG reduzierten Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Damit besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis , das zur Aufhebung des Urteils in den Fällen 37 bis 44 der Urteilsgründe und zur Einstellung des Verfahrens führt (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 13. Juni 2008 - 2 StR 142/08, NStZ 2009, 52, und - auch zur Kostenentscheidung - Urteil vom 21. Januar 2010 - 4 StR 518/09 jeweils m.w.N.).
5
2. Zu den Einziehungs- und Verfallanordnungen hat der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 6. Mai 2010 ausgeführt: "1. Die Einziehungsanordnung, die lediglich auf zwei Sicherstellungsprotokolle verweist, bezeichnet die einzuziehenden Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien nicht genau genug. Bei einer Einziehungsanordnung müssen die einzuziehenden Gegenstände so genau bezeichnet sein, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; die Bezugnahme auf ein Asservatenverzeichnis genügt nicht (BGH, Beschluss vom 25. August 2009, 3 StR 291/09 m.w.N.). Bei der Einziehung von Betäubungsmitteln gehört dazu insbesondere die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts (Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1999, 4 StR 391/99). Diesen Anforderungen wird die Einziehungsanordnung des Urteils nicht gerecht. Da sich die Anordnung auch mit Hilfe der Urteilsgründe nicht so genau konkretisieren lässt, dass sie vom Senat ergänzt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2007, 1 StR 251/07), ist sie aufzuheben. 2. In der Wohnung des Angeklagten wurde Bargeld in Höhe von 8.895,- Euro sichergestellt (UA S. 6), welches nach Ansicht der Kammer aus Drogengeschäften stammt (UA S. 32). Allerdings erschließt sich nicht, wieso ein Teilbetrag in Höhe von 3.290,- Euro "aus den Betäubungsmittelgeschäften" stammen soll und der andere Teilbetrag in Höhe von 5.605,- Euro aus anderen nicht abgeurteilten Drogengeschäften, so dass insoweit der erweiterte Verfall nach § 73d StGB i.V.m. § 33 Abs. 1 BtMG anzuordnen war. Abgesehen davon, dass bei einer Zuordnung des sichergestellten Geldes zu den abgeurteilten Geschäften die Einziehung [richtig: Verfall] nach § 73 StGB zu erfolgen hat - wieso die Kammer einen Wertersatzverfall nach § 73a StGB angenommen hat, ist nicht nachvollziehbar - erfordert der Vorrang des § 73 StGB gegenüber der subsidiären Vorschrift des § 73d StGB, dass vor einer Anwendung des § 73d unter Ausschöpfung der zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB erfüllt sind (Senat, Urteil vom 11. Dezember 2008, 4 StR 386/08 m. zahlr. w.N.). Dem werden die lediglich pauschalen Ausführungen der Kammer (UA S. 32) nicht gerecht, sie ermöglichen dem Revisionsgericht nicht die Prüfung , ob das Gericht die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB richtig angewendet hat".
6
Dem schließt sich der Senat an. Zudem kann die Anordnung des Verfalls von Wertersatz schon infolge der Teileinstellung keinen Bestand haben.
7
3. Vorsorglich bemerkt der Senat, dass die auf § 353 Abs. 2 StPO beruhende Aufhebung der den Verfallentscheidungen zuzuordnenden Feststellungen nicht die sogenannten doppelrelevanten Tatsachen erfasst, die auch den Schuld- oder Strafausspruch tragen (z. B. die Feststellungen zu den Einkaufsund Verkaufspreisen; vgl. näher Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. Einl. 187; § 353 Rdn. 20); insoweit sind nur ergänzende Feststellungen zulässig, die den bindend gewordenen nicht widersprechen dürfen. Ernemann Solin-Stojanović Cierniak Mutzbauer Bender

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.