Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 16/15

published on 25/02/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 16/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR16/15
vom
25. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. Februar 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 15. September 2014 dahin abgeändert , dass er der Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen unerlaubter Einfuhr und unerlaubten Handeltreibens, jeweils von bzw. mit einer nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision. Diese hat zum Schuldspruch teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 28. Januar 2015 dargelegten Gründen keinen Erfolg. Ergänzend zu den dortigen Ausführungen bemerkt der Senat:
3
Maßgeblich für die Ablehnung eines Beweisantrags oder eines Beweisermittlungsantrags sind jedenfalls bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art nur die im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts bekannten Umstände (vgl. Niemöller in Festschrift Hamm, 2008, S. 538 ff. mwN). Da dem Landgericht die ladungsfähige Anschrift des in dem „Beweisantrag“ benannten Zeugen, dessen Anschrift das Gericht ermitteln sollte, aber trotz der bis dahin unter- nommenen Bemühungen nicht bekannt war, durfte es den „Beweisantrag“ ab- lehnen und hat dies mit rechtlich nicht zu beanstandender Begründung getan. Macht der Revisionsführer daraufhin – wie hier – geltend, dass die Bemühungen des Tatrichters zur Ermittlung der ladungsfähigen Anschrift des Zeugen unzureichend waren, muss er vortragen, welche Handlungen der Strafkammer er vermisst und dass diese ein bestimmtes, für den Revisionsführer positives Ergebnis erbracht hätten (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 620/09, NStZ 2010, 403, 404). Daran fehlt es hier. Zwar ist die von der Revision vorgelegte, nähere Angaben zu der polizeilichen Vertrauensperson verweigernde „Sperrerklärung“ erst nach Erlass des angefochtenen Urteils beim Landgericht eingegangen; auch sie belegt aber, dass die Behörden, denen die Identität und die ladungsfähige Anschrift der Vertrauensperson bekannt waren, zu deren Preisgabe nicht bereit waren. Welche anderweitigen Möglichkeiten das Landgericht noch hatte, um die Anschrift des Zeugen zu ermitteln, legt die Revision nicht in der erforderlichen konkreten Weise dar.
4
Die sich ebenfalls auf die Vernehmung der polizeilichen Vertrauensperson beziehende Rüge der Verletzung des § 250 StPO ist schon deshalb er- folglos, weil nicht der Unmittelbarkeitsgrundsatz, sondern allenfalls die Aufklärungspflicht die Erhebung des sachnäheren Beweises gebietet (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2003 – 3 StR 92/03, NStZ 2004, 50; Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 250 Rn. 15 mwN). Eine zulässige Aufklärungsrüge hat die Revision jedoch auch insofern nicht erhoben.
5
2. Die Sachrüge hat dagegen teilweise Erfolg. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte nicht Täter, sondern Gehilfe der Einfuhr und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
6
a) Der Tatbestand der Einfuhr erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport des Betäubungsmittels über die Grenze. Mittäter einer Einfuhr im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB kann ein Beteiligter deshalb auch dann sein, wenn das Rauschgift von einer anderen Person in das Inland verbracht wird. Voraussetzung dafür ist nach den auch hier geltenden Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts aber ein die Tatbegehung objektiv fördernder Beitrag, der sich als ein Teil der Tätigkeit aller darstellt und der die Handlungen der anderen als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheinen lässt. Ob dies gegeben ist, hat der Tatrichter auf der Grundlage einer umfassenden wertenden Betrachtung festzustellen ; von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt bei allen diesen Merkmalen ist der Einfuhrvorgang selbst (zum Ganzen BGH, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 3 StR 137/14 mwN).
7
Entsprechendes gilt für das Handeltreiben. Auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft lediglich vermittelt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 2012 – 3 StR 274/12, StraFo 2012, 423) oder auf ähnliche Weise fördert, wird daher mittäterschaftliches Handeltreiben vor allem dann in Betracht kommen, wenn er gerade für das Handeltreiben erhebliche Tätigkeiten entfaltet, etwa am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (BGH, Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 123/14 mwN).
8
b) Daran gemessen rechtfertigen die Feststellungen des Landgerichts die Annahme jeweils einer Beihilfe des Angeklagten zur Einfuhr und zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
9
Denn er vermittelte dem Mitangeklagten A. Ki. lediglich die polizeiliche Vertrauensperson, die A. Ki. anschließend mit dem verdeckten Ermittler als Interessenten und schließlich Ankäufer des Kokains und Marihuanas bekannt machte. Ferner war er zwar bei den Treffen zwischen diesen teilweise anwesend, einen eigenen Einfluss auf die angefragten Mengen und deren Preise hatte er aber nicht; vielmehr beteiligte er sich an diesen Gesprächen nicht (UAS. 16, 21) bzw. wurden diese „unter vier Augen“ zwischen A. Ki. und dem verdeckten Ermittler geführt (UA S. 19). Für seine Mitwirkung erhoffte er sich eine Provision, jedoch war deren Höhe unbestimmt (UA S. 15); eine Gewinnbeteiligung sollte er nicht erhalten (UA S. 40). Auch seine Rolle bei der Übergabe der Betäubungsmittel beschränkte sich auf deren weisungsgemäße Aushändigung auf einem Parkplatz, während A. Ki. und der verdeckte Ermittler in unmittelbarer Nähe warteten (UA S. 23). Vor diesem Hintergrund war der Angeklagte K. nicht Mittäter, sondern lediglich Ge- hilfe des Handeltreibens (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. August 2012 – 3 StR 274/12; vom 27. März 2014 – 4 StR 20/14). Entsprechendes gilt für sei- ne Beteiligung an der Einfuhr der Drogen.
10
c) Der Senat schließt angesichts der sorgfältigen und ersichtlich umfassenden Beweisaufnahme aus, dass nach einer Aufhebung und Zurückverweisung weitere, einen Schuldspruch wegen täterschaftlicher Einfuhr und Handeltreibens tragende Feststellungen getroffen werden können. Er stellt daher selbst den Schuldspruch um. Eines Hinweises hierauf bedurfte es nicht, da sich der Angeklagte gegen den Vorwurf der Beihilfe zur Einfuhr und zum Handeltreiben nicht anders als geschehen hätte verteidigen können; er war hinsichtlich des äußeren Tatgeschehens ohnehin überwiegend geständig (UA S. 26).
11
d) Der Senat kann angesichts der Besonderheiten des Falles ebenfalls ausschließen, dass der Tatrichter im Falle einer Verurteilung wegen Beihilfe statt wegen Täterschaft bei der Einfuhr und dem Handeltreiben eine geringere Strafe verhängt hätte als geschehen. Denn für das Landgericht waren sowohl bei der Strafrahmenbestimmung als auch der konkreten Strafzumessung die „untergeordnete Rolle“ des Angeklagten K. und dessen „Anstoß zur Tatbegehung“ durch die Kontaktvermittlung (mit-)bestimmend dafür, trotz der Mengen und der Wirkstoffgehalte (1.997 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von über 80 % sowie 4.984 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mehr als 16 %) die angesichts der Beteiligungshandlungen des Angeklagten K. maßvolle Strafe von drei Jahren und sechs Monaten zu verhängen.
12
3. Eine Kostenteilung wegen des Teilerfolges des Rechtsmittels des Angeklagten ist nicht geboten (§ 473 Abs. 1 und Abs. 4 StPO; vgl. auch MeyerGoßner /Schmitt, aaO, § 473 Rn. 25a mwN).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Beruht der Beweis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, so ist diese in der Hauptverhandlung zu vernehmen. Die Vernehmung darf nicht durch Verlesung des über eine frühere Vernehmung aufgenommenen Protokolls oder einer Erklärung ersetzt werden.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.