Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 4 StR 1/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 16. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) die Einziehung des Wertes von Taterträgen über einen Betrag von 56.300 Euro hinaus angeordnet worden ist;
b) die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung für den der Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegenden Betrag unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßigen“ uner- laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sie- ben Fällen sowie wegen „gewerbsmäßigen“ unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung von „Wertersatz“ in Höhe von 67.100 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die unausgeführt gebliebene Verfahrensrüge ist nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise erhoben worden und daher unzulässig. Hingegen hat das Rechtsmittel mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Schuldspruch und der Strafausspruch des angefochtenen Urteils lassen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.
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- Zwar hat sich das Landgericht in den Fällen II.1 bis 4, 7 und 8 der Urteilsgründe auf die Schätzung eines Mindestwirkstoffgehalts des vom Angeklagten gehandelten Marihuanas, durch den jeweils der Grenzwert zur nicht geringen Menge erreicht wurde, beschränkt. So ist es etwa im Fall II.2 der Urteilsgründe , bei dem der Angeklagte drei Kilogramm Marihuana erwarb, das nach dessen eigener Einlassung von sehr guter Qualität war, lediglich von einem Mindestwirkstoffgehalt von 0,25 Prozent und damit einer Mindestwirkstoffmenge von 7,5 Gramm THC ausgegangen. Diese Vorgehensweise wird der Bedeutung des Wirkstoffgehalts eines Betäubungsmittels als bestimmender Strafzumessungsgrund (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2017 – 1 StR 213/17, NStZ-RR 2017, 377; vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339) nicht gerecht. Der Angeklagte ist durch die von der Strafkammer angenommenen unrealistisch niedrigen Mindestwirkstoffgehalte indes nicht beschwert.
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- 2. Hingegen hält die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.
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- Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte aus den acht abgeurteilten Betäubungsmittelstraftaten insgesamt 67.100 Euro erlangte. Während für die Fälle II. 1 bis 7 der Urteilsgründe ausreichend festgestellt ist, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel weiterveräußerte und hierdurch Einnahmen von 56.300 Euro erzielte, ergibt sich aus den zu Fall II. 8 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen lediglich, dass der Angeklagte beabsichtigte, die von ihm erworbene Marihuanamenge von 1,8 Kilogramm zu einem Grammpreis von mindestens sechs Euro zu veräußern; dass er das Marihuana tatsächlich veräußerte und hierdurch einen Betrag von 10.800 Euro erlöste, ist nicht festgestellt. In Höhe dieses Betrags kann die Einziehungsentscheidung daher keinen Bestand haben.
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- 3. Die Revision hat darüber hinaus auch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht geprüft hat, ob in Höhe des der Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegenden Betrages eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten A. anzuordnen war. Für eine solche Prüfung bestand hier jedoch Veranlassung, weil nach den Feststellungen der frühere Mitangeklagte A. die vom Angeklagten aus den Betäubungsmittelgeschäften erzielten Erlöse verwahrte und verwaltete.
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- 4. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer tatrichterlicher Verhandlung und Entscheidung.
Feilcke Bartel
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.