Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 4 StR 1/19

bei uns veröffentlicht am16.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 1/19
vom
16. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:160719B4STR1.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 16. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 14. September 2018, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
a) die Einziehung des Wertes von Taterträgen über einen Betrag von 56.300 Euro hinaus angeordnet worden ist;
b) die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung für den der Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegenden Betrag unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßigen“ uner- laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sie- ben Fällen sowie wegen „gewerbsmäßigen“ unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung von „Wertersatz“ in Höhe von 67.100 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die unausgeführt gebliebene Verfahrensrüge ist nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise erhoben worden und daher unzulässig. Hingegen hat das Rechtsmittel mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch und der Strafausspruch des angefochtenen Urteils lassen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.
3
Zwar hat sich das Landgericht in den Fällen II.1 bis 4, 7 und 8 der Urteilsgründe auf die Schätzung eines Mindestwirkstoffgehalts des vom Angeklagten gehandelten Marihuanas, durch den jeweils der Grenzwert zur nicht geringen Menge erreicht wurde, beschränkt. So ist es etwa im Fall II.2 der Urteilsgründe , bei dem der Angeklagte drei Kilogramm Marihuana erwarb, das nach dessen eigener Einlassung von sehr guter Qualität war, lediglich von einem Mindestwirkstoffgehalt von 0,25 Prozent und damit einer Mindestwirkstoffmenge von 7,5 Gramm THC ausgegangen. Diese Vorgehensweise wird der Bedeutung des Wirkstoffgehalts eines Betäubungsmittels als bestimmender Strafzumessungsgrund (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2017 – 1 StR 213/17, NStZ-RR 2017, 377; vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339) nicht gerecht. Der Angeklagte ist durch die von der Strafkammer angenommenen unrealistisch niedrigen Mindestwirkstoffgehalte indes nicht beschwert.
4
2. Hingegen hält die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.
5
Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte aus den acht abgeurteilten Betäubungsmittelstraftaten insgesamt 67.100 Euro erlangte. Während für die Fälle II. 1 bis 7 der Urteilsgründe ausreichend festgestellt ist, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel weiterveräußerte und hierdurch Einnahmen von 56.300 Euro erzielte, ergibt sich aus den zu Fall II. 8 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen lediglich, dass der Angeklagte beabsichtigte, die von ihm erworbene Marihuanamenge von 1,8 Kilogramm zu einem Grammpreis von mindestens sechs Euro zu veräußern; dass er das Marihuana tatsächlich veräußerte und hierdurch einen Betrag von 10.800 Euro erlöste, ist nicht festgestellt. In Höhe dieses Betrags kann die Einziehungsentscheidung daher keinen Bestand haben.
6
3. Die Revision hat darüber hinaus auch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht geprüft hat, ob in Höhe des der Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegenden Betrages eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten A. anzuordnen war. Für eine solche Prüfung bestand hier jedoch Veranlassung, weil nach den Feststellungen der frühere Mitangeklagte A. die vom Angeklagten aus den Betäubungsmittelgeschäften erzielten Erlöse verwahrte und verwaltete.
7
4. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer tatrichterlicher Verhandlung und Entscheidung.
Quentin Roggenbuck Bender
Feilcke Bartel

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 4 StR 1/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 4 StR 1/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 4 StR 1/19 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 213/17
vom
20. Juni 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:200617B1STR213.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 20. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 12. Januar 2017 aufgehoben
a) im Schuldspruch, soweit die Angeklagte in Fall 7 der Urteilsgründe wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist,
b) im Strafausspruch,
c) im Maßregelausspruch. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, in zwei Fällen hiervon in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht ge- ringer Menge, und in weiteren vier Fällen hiervon in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie wegen unerlaubten Erwerbs in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie Verfall von Wertersatz in Höhe von 3.000 € angeordnet.
2
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision rügt die Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 5. Mai 2017 unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

II.

3
1. Die Feststellungen zu den Fällen 1 – 6 sowie 8 und 9 der Urteilsgründe tragen die Schuldsprüche. Der Schuldspruch der Angeklagten für die im Fall 7 der Urteilsgründe festgestellte Tat hat hingegen keinen Bestand.
4
Das Landgericht hat nur im Fall 8 der Urteilsgründe – gestützt auf ein Sachverständigengutachten – konkrete Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels getroffen. Im Übrigen hat das Landgericht eine Schätzung „unter Berücksichtigung aller Umstände“, insbesondere der Angaben der Ange- klagten zum An- und Verkaufspreis sowie zur Qualität des Methamphetamins („heftige Qualität“), vorgenommen und ist in den Fällen 1 – 7 und 9 der Urteils- gründe jeweils durchgängig von einem Wirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase ausgegangen.
5
Das Tatgericht darf allerdings nur dann den Wirkstoffgehalt – notfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes – unter Berücksichtigung der sicher festge- stellten Umstände (Herkunft, Preis, Handelsstufe, Beurteilung durch die Tatbe- teiligten, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.) durch eine „Schätzung“ fest- legen, soweit konkrete Feststellungen zur Wirkstoffkonzentration nicht getroffen werden können, wenn die Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht (mehr) zur Verfügung stehen (BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339 und vom 6. August 2013 – 3 StR 212/13, StV 2013, 703; Patzak in Körner/ Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 331 ff. mwN).
6
Die Schätzung des Landgerichts ist zudem nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landgericht hat bereits nicht geprüft, ob aus dem konkret festgestellten Wirkstoffgehalt in Fall 8 – unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einkaufspreise – Rückschlüsse auf den Wirkstoffgehalt der jeweiligen Betäubungsmittel in den anderen Fällen möglich waren. Zudem ist nicht nachvollziehbar , aus welchen Gründen das Landgericht bei unterschiedlichen Einkaufspreisen immer denselben Wirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase zugrunde legt.
7
Dieser Rechtsfehler betrifft durchgreifend aber lediglich den Schuldspruch in Fall 7, da insoweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei rechtsfehlerfreier Bestimmung bzw. Schätzung des Wirkstoffgehalts die nicht geringe Menge unterschritten wird. In den Fällen 1 – 4 und 6 der Urteilsgründe kann der Senat angesichts des An- und Verkaufs jeweils größerer Mengen von Betäubungsmitteln und der jeweiligen Preise ausschließen, dass im Einzelfall die Grenze zur nicht geringen Menge unterschritten wurde (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; Urteil vom 24. Februar 1994 – 4 StR 708/93, NJW 1994, 1885; Patzak in Körner/ Patzak/Volkmer aaO, Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 214). In den Fällen 5 und 9 der Urteilsgründe verbleibt es – unabhängig von dem Rechtsfehler – ohnehin je- weils bei dem Schuldspruch wegen unerlaubten Erwerbs in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG.
8
2. Der Strafausspruch hält in den Fällen 1 – 6 sowie 9 der Urteilsgründe sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Wie dargelegt, fehlt es in diesen Fällen an der Feststellung des Wirkstoffgehalts der jeweiligen Betäubungsmittel und damit an der Feststellung eines bestimmenden Strafzumessungsgrundes. Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge des Rauschgifts bestimmt. Für eine sachgerechte schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht kann auf nähere Feststellungen zum Wirkstoffgehalt deshalb regelmäßig nicht verzichtet werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2016 – 1 StR 43/16, NStZ-RR 2016, 247; vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339 und vom 6. August 2013 – 3 StR 212/13, StV 2013, 703, je mwN).
9
3. Aber auch die verhängte Einzelstrafe in Fall 8 der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG entnommen und dabei zunächst ausgeführt, dass eine Anwendung des vertypten Milderungsgrundes des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG ausscheide , weil die Taten, zu denen die Angeklagte Aufklärungshilfe leistete, mit der Tat aus Fall 8 der Urteilsgründe in keinem Zusammenhang stehe. Diese Auffassung trifft insoweit zu, als es um die Aufklärungshilfe bezogen auf den Tatbeteiligten im Fall 1 der Urteilsgründe und die Rauschgiftabnehmer der Angeklagten geht. Nicht erörtert hat die Kammer allerdings, ob eine Aufklärungshilfe nach § 31 Satz 1 Nr. 1 und 2 BtMG auch bezogen auf die Angaben der Angeklagten zu den Rauschgiftgeschäften, die nach den Feststellungen des Landgerichts Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Strafverfolgungsbehörden in U. waren, in Betracht kommt. Insoweit wäre nicht nur eine Aufdeckung von Taten nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG zu erwägen, sondern durch die Sicherstellung der Betäubungsmittel als besonders wirksame Form der Verhinderung geplanter Straftaten auch eine Aufklärungshilfe nach § 31 Satz 1 Nr. 2 BtMG (vgl. auch Senat, Beschluss vom 28. Juni 2005 – 1 StR 187/05, NStZ 2006, 177).
10
Hinsichtlich einer möglichen Aufklärungshilfe bezogen auf den Komplex „Ermittlungsverfahren U. “ hat die Kammer lediglich ausgeführt, dass die An- geklagte die Strafverfolgungsbehörden in U. in der Weise unterstützt habe, dass sie die Behörden auf bis dahin unbekannte Rauschgiftgeschäfte aufmerksam gemacht habe. Durch die Angaben der Angeklagten konnte letztlich eine Menge von 10 kg „Speed“ sichergestellt werden. Ferner hat das Landgericht festgestellt, dass die zuletzt genannten Rauschgiftgeschäfte in U. „in keinem Zusammenhang mit den Taten der Angeklagten“ stehen (UA S. 12).
11
Diese Ausführungen genügen nicht, um die Anwendbarkeit von § 31 Satz 1 Nr. 1 und 2 BtMG auszuschließen. Liegen Angaben eines Angeklagten vor, die möglicherweise Grundlage der Annahme eines Aufklärungserfolges im Sinne der genannten Vorschrift sein können, ist der Tatrichter gehalten, diese in nachvollziehbarer Weise darzulegen, um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Aufklärungserfolg zutreffend angenommen oder abgelehnt wurde (Senat, Beschlüsse vom 23. April 2013 – 1 StR 131/13, NStZ 2013, 665 und vom 28. August 2002 – 1 StR 309/02, NStZ 2003, 162 f. mwN). Dem wird das angefochtene Urteil weder mit der Schilderung des Umfangs der geleisteten Aufklärungshilfe und des Aufklärungserfolgs noch mit dem apodiktischen Hinweis auf einen fehlenden Tatzusammenhang gerecht. Auf welche tatsächlichen Umstände sich das Tatgericht dabei stützt, kann dem Urteil auch in seinem Gesamtzusammenhang nicht entnommen werden. Die bloße Wertung , es bestehe kein Zusammenhang mit den Taten der Angeklagten, genügt zur Ermöglichung der revisionsgerichtlichen Überprüfung ersichtlich nicht (vgl.
Senat, aaO; BGH, Beschluss vom 1. März 2011 – 3 StR 496/10; zum erforderlichen Tatzusammenhang vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2014 – 3 StR 429/13 Rn. 8 ff., StV 2014, 619, mwN), zumal die Kammer im Rahmen der Beweiswürdigung darauf hinweist, dass die Angeklagte im Zusammenhang mit der Aufde- ckung der Taten auch einen „Kontakt vermittelt“ habe (UA S. 19).
12
4. Die Aufhebung der Einzelstrafaussprüche entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage. Das neu verhandelnde Tatgericht wird die bei der Würdigung vertypter Strafmilderungsgründe im Verhältnis zur Annahme minder schwerer Fälle gebotenen Prüfschritte (vgl. dazu Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 930) transparenter sowie – gegebenenfalls auch lediglich für die Strafzumessung im engeren Sinne – Art und Umfang der von der Angeklagten geleisteten Aufklärungshilfe zu dem Tatkomplex „Ermitt- lungsverfahren U. “ eingehender darzustellen haben, als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist.
13
5. Schließlich hält auch die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
14
Die Maßregel nach § 64 StGB erfordert, dass die Gefahr besteht, die Angeklagte werde infolge ihres Hanges in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Die Prognose ist für den Einzelfall zu treffen, wobei der Tatrichter die der Unterbringungsanordnung zugrunde liegenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen hat, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2016 – 1 StR 594/16, Rn. 3, NStZ-RR 2017, 76; vom 12. Oktober 2016 – 4 StR 78/16, Rn. 9, NStZ-RR 2017, 74; vom 15. Januar 2015 – 4 StR 419/14, NStZ 2015, 394, 395 und vom 10. November 2015 – 1 StR 265/15, NStZ-RR 2016, 76 f. mwN).
15
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Die Gefahrenprognose wird nicht in einer für den Senat nachvollziehbaren Weise dargestellt und beweiswürdigend belegt.
16
Das Landgericht folgt dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H. , der eine polyvalente Drogenabhängigkeit von Psychostimulanzien aufgrund eines langjährigen Amphetamin- und Methamphetaminkonsums festgestellt hat, und – insoweit ohne eigene Bewertung – dessen Einschätzung, dass ohne eine längerdauernde Therapie jederzeit mit erneuter Straffälligkeit im Hinblick auf Betäubungsmittelstraftaten und klassische Beschaffungskriminalität zu rechnen sei (UA S. 24 f.).
17
Für die Gefahrprognose einer klassischen Beschaffungskriminalität enthält das Urteil hingegen keinerlei Tatsachengrundlage. Das Landgericht hat keine Straftaten zur Finanzierung des Eigenkonsums festgestellt. Allerdings ist die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt regelmäßig auch dann gerechtfertigt, wenn die Begehung gewichtiger Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz , die über den Erwerb kleiner Rauschgiftmengen hinausgehen , wegen der Drogenabhängigkeit des Angeklagten konkret zu besorgen sind (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2008 – 3 StR 148/08, Rn. 4, NStZ-RR 2008, 234). Das Landgericht setzt sich insoweit jedoch nicht mit den Umständen des Einzelfalls auseinander, die für die Bewertung der Gefahrenprognose von Bedeutung sind, nämlich, dass die Angeklagte bislang lediglich einmal im Jahr 2006 – und damit vor über zehn Jahren – wegen in den Jahren 2004 und 2005 begangener Betäubungsmitteldelikte verurteilt wurde, die Angeklagte nach der Verurteilung wegen dieser Straftaten im Jahr 2007 einen Rückfall erlitten hat, ohne erneut straffällig zu werden, sie mit ihrer Drogenvergangenheit – wie die Aufklärungshilfe und der Abbruch der Kontakte zu ihren Freunden aus der Dro- genszene belegen – gebrochen hat und, dass sie Kontakt zur Suchtfachambulanz hergestellt und dort im Zeitraum vom 15. Februar 2016 bis 20. Dezember 2016 an insgesamt 22 Einzelterminen teilgenommen hat. Hinsichtlich des Kontakts zur Suchtfachambulanz bleibt überdies offen, mit welchem Inhalt und Erfolg die Angeklagte die „Einzeltermine“ wahrgenommen hat.
18
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass nähere Darlegungen zu der Gefahrenprognose zu einer Verneinung der Voraussetzungen des § 64 StGB geführt hätten.
19
6. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben , mit Ausnahme der Feststellungen zu den jeweiligen Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel, der Aufklärungshilfe bezogen auf den Komplex „Ermittlungs- verfahren U. “ und zu der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Die neue Strafkammer wird Feststellungen zu den zuvor genannten Punkten zu treffen haben und kann auch sonst ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Graf Bellay Fischer Bär Hohoff

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 43/16
vom
12. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:120516B1STR43.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Mai 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 21. August 2015, soweit es sie betrifft , aufgehoben
a) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen B I, B II, B III, B VII und B VIII der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen,
c) im Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: Den Angeklagten U. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen und wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren, denAngeklagten Z. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten M. (unter Freispruch im Übrigen und unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Strafe) wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren. Bei dem Angeklagten U. hat die Strafkammer zudem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und einen Vorwegvollzug von zwei Jahren Freiheitsstrafe angeordnet. Die Angeklagten erzielen jeweils mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen bleiben ihre Revisionen aus den Gründen der jeweiligen Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Feststellungen tragen die Schuldsprüche. Zwar hat das Landgericht nur in den Fällen B IV und B IX der Urteilsgründe konkrete Feststellungen zu der Menge des Wirkstoffgehalts der jeweiligen Betäubungsmittel getroffen. Dieser Rechtsfehler betrifft aber nicht die jeweiligen Schuldsprüche, denn angesichts des An- und anschließenden Verkaufs jeweils ganz erheblicher Mengen von Betäubungsmitteln in den Fällen B I, B III, B VII und B VIII (ein bis vier Kilogramm Amphetamin, ein Kilogramm Heroin) ist auszuschließen, dass im Einzelfall die Grenze zur nicht geringen Menge unterschritten wurde (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 – 4 StR 708/93, NJW 1994, 1885; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl. 2016, Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 214).
3
Der Schuldspruch wird auch im Fall B II von den Feststellungen getragen , denn der vereinbarte Ankauf bezog sich mit 300 g Heroin jedenfalls nach der Vorstellung der hieran beteiligten Angeklagten auf durchschnittliche Betäubungsmittel und damit eine nicht geringe Menge. Ob die Qualität des schließlich gelieferten Rauschgifts von der vereinbarten Qualität nach unten abweicht, ist für den Schuldspruch des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1999 – 3 StR 22/99, NJW 1999, 2683, 2684 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252).
4
2. Die Strafzumessung hält in den Fällen B I, B II, B III, B VII und B VIII der Urteilsgründe sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Wie dargelegt fehlt es in diesen Fällen an der Feststellung des Wirkstoffgehalts der jeweiligen Betäubungsmittel und damit an der Feststellung eines bestimmenden Strafzumessungsgrundes. Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge des Rauschgifts bestimmt. Für eine sachgerechte schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht kann auf nähere Feststellungen zum Wirkstoffgehalt deshalb regelmäßig nicht verzichtet werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339 und vom 6. August 2013 – 3 StR 212/13, StV 2013, 703, je mwN). Stehen die Betäubungsmittel nicht für eine Untersuchung der Wirkstoffkonzentration zur Verfügung, ist diese – notfalls unter Anwendung des Zwei- felssatzes – unter Berücksichtigung der sicher festgestellten Umstände (Herkunft , Preis, Handelsstufe, Beurteilung durch die Tatbeteiligten, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.) durch eine „Schätzung“ festzulegen (BGH aaO; Körner/Patzak/Volkmer aaO, Vor §§ 29 ff. BtMG Rn. 331 ff. mwN).
5
Eine derartige Festlegung ist auch nicht in den Fällen entbehrlich, in denen die Strafkammer jeweils zu Gunsten der Angeklagten davon ausgegangen ist, dass Monate später aufgefundene Betäubungsmittel mit konkret ermittelten Wirkstoffgehalten nicht ausschließbar aus vorher festgestellten Taten stammen (Fälle B III und B VIII). Denn damit hat die Strafkammer von ihrem bisherigen Ausgangspunkt aus ersichtlich nur nach dem Zweifelsgrundsatz einen Schluss zu Gunsten der Angeklagten ziehen, nicht aber zu deren Lasten die Wirkstoffkonzentration bestimmen wollen.
6
Die in den Fällen B I, B II, B III, B VII und B VIII der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen können deshalb nicht bestehen bleiben. Dies zieht die Aufhebung der jeweils verhängten Gesamtfreiheitsstrafen nach sich.
7
3. Die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe bei dem Angeklagten U. entzieht der für sich gesehen rechtsfehlerfreien Bestimmung des Vorwegvollzuges eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafe nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB die Grundlage. Die neue Strafkammer wird hierüber neu zu entscheiden haben.
8
4. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Die neue Strafkammer wird Feststellungen zu den jeweiligen Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel zu treffen haben und kann auch sonst ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Raum Radtke Mosbacher Fischer Bär

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 517/11
vom
7. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 7. Dezember 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten A. und R. gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 12. Juli 2011 wird das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, 1. hinsichtlich des Angeklagten A.

a) soweit der Angeklagte im Fall II. 5. der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen worden ist,
b) im Ausspruch über die in den Fällen II. 1.b, II. 4. und II. 7. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, 2. hinsichtlich des Angeklagten R.

a) soweit der Angeklagte im Fall II. 5. der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen worden ist,
b) im Ausspruch über die im Fall II. 4. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, 3. hinsichtlich des Angeklagten P.

a) im Ausspruch über die in den Fällen II. 1. b und II. 7. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen ,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, 4. hinsichtlich des Angeklagten S.

a) soweit der Angeklagte im Fall II. 5. der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen worden ist,
b) im Ausspruch über die im Fall II. 4. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. II. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten A. und R. werden verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten A. und R. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (A. ), unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (P. ), Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (R. ) sowie unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (S. ) zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und drei Monaten (A. ), zwei Jahren und sechs Monaten (P. ), zwei Jahren (R. ) sowie zwei Jahren und neun Monaten (S. ) verurteilt. Außerdem hat es die Angeklagten A. und S. von weiteren Tatvorwürfen freigesprochen. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten A. und R. Revision eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Der Angeklagte A. hat sein Rechtsmittel wirksam auf die Verurteilungen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II. 5. und II. 7. der Urteilsgründe, sämtliche Einzelstrafen und die Gesamtstrafe beschränkt. Die Rechtsmittel haben in dem ausgeurteilten Umfang Erfolg und führen nach § 357 Satz 1 StPO zu einer Erstreckung der Aufhebung auf die nicht revidierenden Mitangeklagten S. und P. . Im Übrigen waren sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte A. dem Angeklagten P. 300 bis 500 Gramm Amphetamine „mittlerer Qualität“ für 300 Euro. Das Rauschgift wurde weder von dem Angeklagten P. noch von anderen Abnehmern beanstandet (Fall II.1. b der Urteilsgründe). Vier Tage nach diesem Vorfall fuhr der Angeklagte A. in Absprache mit dem Angeklagten S. nach Venlo und kaufte dort für 1.000 Euro von einem Rauschgifthändler na- mens „Ar. “ ein Kilogramm Amphetamin „zumindest durchschnittlicher Qualität“. Das Rauschgift verbrachte er anschließend über die niederländisch-deutsche Grenze auf das Bundesgebiet und übergab es dem Angeklagten S. , der zuvor auch das Kaufgeld zur Verfügung gestellt hatte. Der Angeklagte R. war für den Angeklagten S. sowohl bei dem der Bereitstellung des Kaufgeldes dienenden Treffen mit dem Angeklagten A. , als auch bei der Übernahme des Rauschgiftes als Fahrer tätig. Die Angeklagten A. und R. erhielten für ihre Dienste von dem Angeklagten S. 500 (A. ) bzw. 200 (R. ) Euro (Fall II. 4. der Urteilsgründe). In einem weiteren Fall fuhren die Angeklagten A. und S. gemeinsam zu dem Rauschgift- händler „Ar. “ nach Venlo. Dabei benutzten sie verschiedene Fahrzeuge. Der Angeklagte S. wurde von dem Angeklagten R. begleitet, der dafür den PKW seiner Freundin zur Verfügung gestellt hatte. In Venlo kaufte der Angeklagte S. von „Ar. “ für 3.500 Euro „drei Kilogramm Amphetamine“, die anschließend von dem Angeklagten A. in dessen Pkw über die niederländisch -deutsche Grenze auf das Bundesgebiet verbracht wurden. Während der Fahrt wurde der Angeklagte A. von den Angeklagten S. und R. von deren PKW aus überwacht. Der Angeklagte A. erhielt für seine Fahrdienste einen Kurierlohn. Der Abnehmer des Angeklagten S. verlangte nach der Übernahme der Betäubungsmittel die Lieferung einwandfreier Ware oder die Rückgabe des Kaufgeldes. Das Landgericht hat angenommen, dass es sich um „Amphetamin von schlechter Qualität“, nicht jedoch um einen „Ersatzstoff“ gehandelt hat (Fall II. 5. der Urteilsgründe). Schließlich fuhr der Angeklagte A. nochmals in die Niederlande und kaufte dort im Auftrag des Angeklagten P. 1.050 Gramm Marihuana zu einem Preis von 4.000 Euro. Das Kaufgeld hatte der Angeklagte P. zur Verfügung gestellt, der das gesamte Marihuana gewinnbringend verkaufen und dem Angeklagten A. einen Kurierlohn zahlen wollte. Nachdem der Angeklagte A. das Rauschgift im Kofferraum seines PKW über die niederländisch-deutsche Grenze auf das Bundesgebiet verbracht hatte, wurde er festgenommen. Das sichergestellte Marihuana war „von zumin- dest durchschnittlicher Qualität“ (Fall II. 7. der Urteilsgründe).

II.


3
1. Die Verurteilung der Angeklagten A. , S. und R. im Fall II. 5. der Urteilsgründe wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (A. und S. ) sowie Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (R. ) hat keinen Bestand , weil das Landgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass es sich bei der von dem Angeklagten A. über die niederländisch-deutsche Grenze auf das Bundesgebiet verbrachten Substanz um eine Amphetaminzubereitung gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage III BtMG gehandelt hat und deshalb der objektive Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verwirklicht ist.
4
Grundsätzlich ist der Tatrichter bei seiner Beweiswürdigung frei (§ 261 StPO); von ihm gezogene Schlussfolgerungen müssen nur möglich, nicht aber zwingend sein. Getroffene Feststellungen sind erst dann rechtsfehlerhaft, wenn sie sich von einer festen Tatsachengrundlage sehr entfernen, dass sie letztlich bloße Vermutungen sind (BGH, Urteil vom 31. Juli 1996 – 1 StR 247/96, NStZRR 1997, 42, 43) und deshalb keine objektiv hohe Wahrscheinlichkeit mehr für ihre Richtigkeit besteht (BGH, Urteil vom 19. Januar 1999 – 1 StR 171/98, NJW 1999, 1562, 1564). So liegt es hier.
5
Die von dem Angeklagten A. als Amphetamin angekaufte Substanz wurde von dem Abnehmer des Angeklagten S. beanstandet und dabei eine vollständige Neulieferung oder eine Rückzahlung des gesamten Kaufpreises verlangt. Danach liegt es nicht völlig fern, dass es sich bei der tatgegenständlichen Substanz nicht nur um ein Gemisch mit einem niedrigen Amphetaminbase -Anteil, sondern um ein Falsifikat gehandelt hat. Tatsachen oder Erfahrungssätze , die gleichwohl eine objektiv hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Amphetaminzubereitung begründen könnten, vermochte das Landgericht nicht festzustellen. Der Umstand, dass die Einlassungen der Angeklagten keinen Anhaltspunkt für die Annahme eines Falsifikats ergeben haben, ist ohne Aussagekraft, weil den Urteilsgründen nicht entnommen werden kann, dass von den beteiligten Angeklagten eine Qualitätsprüfung vorgenommen worden ist. Auch die Tatsache, dass der Lieferant „Ar. “ seine Ware beim Verkauf als Amphetamin bezeichnet hat, sagt nichts Durchgreifendes über deren Beschaffenheit aus.
6
Die Aufhebung betrifft aufgrund des untrennbaren Zusammenhanges auch die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (A. und S. ) bzw. Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (R. ). Hinsichtlich des nicht revidierenden Angeklagten S. folgt sie jeweils aus § 357 Satz 1 StPO, weil er von dem aufgezeigten Rechtsfehler in gleicher Weise betroffen ist, wie die Angeklagten A. und R. .

7
2. Die in den FälIen II. 1. b, II. 4. und II. 7. der Urteilsgründe gegen die jeweils beteiligten Angeklagten verhängten Einzelstrafen sind aufzuheben, weil das Landgericht keine konkreten Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der umgesetzten Betäubungsmittel getroffen hat und im Fall II. 7. mit der erfolgten Sicherstellung ein bestimmender Strafzumessungsgrund außer Betracht geblieben ist. Bei dem Angeklagten A. fehlt es zudem an hinreichenden Feststellungen zu der von ihm geleisteten Aufklärungshilfe.
8
a) Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge bestimmt (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 – 4 StR 390/11, Tz. 5; Beschluss vom 9. November 2010 – 4 StR 521/10, NStZ-RR 2011, 90; Beschluss vom 29. Juni 2000 – 4 StR 202/00, StV 2000, 613; Urteil vom 24. Februar 1994 – 4StR 708/93, NJW 1994, 1885, 1886). Hierzu bedarf es deshalb konkreter Feststellungen. Dabei ist es in der Regel erforderlich, den Wirkstoffgehalt in Gewichtsprozenten anzugeben oder als Gewichtsmenge zu bezeichnen. Beschreibungen wie gute, mittlere, durchschnittliche oder schlechte Qualität sind nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sich den Urteilsgründen oder allgemeinem Erfahrungswissen ein Bezugsrahmen entnehmen lässt, der die Ableitung eines bestimmten Mindestwirkstoffanteils zweifelsfrei ermöglicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 – 2 StR 167/08, NStZ-RR 2008, 319; Beschluss vom 27. April 2004 – 3 StR 116/04, StV 2004, 602, 603; Weber, BtMG 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 822). Stehen die tatgegenständlichen Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung, muss das Tatgericht unter Berücksichtigung der anderen ausreichend sicher festgestellten Umstände (Herkunft , Preis, Handelsstufe, Beurteilung durch die Tatbeteiligten, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.) die Wirkstoffkonzentration – notfalls unter Anwen- dung des Zweifelssatzes – durch eine Schätzung festlegen (BGH, Beschluss vom 21. April 2005 – 3 StR 112/05, NStZ 2006, 173, 174; Körner/Patzak, BtMG 7. Aufl., § 29a Rn. 195).
9
Die Feststellung, dass die Amphetaminzubereitung im Fall II. 1. b der Urteilsgründe von „mittlerer Qualität“ und im Fall II. 4. der Urteilsgründe von „durchschnittlicher Qualität“ gewesen sei, lässt nicht erkennen, von welcher Wirkstoffmenge das Landgericht ausgegangen ist. Einen Bezugsrahmen, der eine hinreichende Konkretisierung ermöglichen könnte, hat es nicht aufgezeigt. Er ergibt sich auch nicht aus allgemeinem Erfahrungswissen. Amphetaminzubereitungen können auf jeder Handelsstufe durch die Beimengung von Zusatzstoffen leicht in ihrer Zusammensetzung verändert werden. Sie sind daher im illegalen Betäubungsmittelhandel mit Wirkstoffkonzentrationen zwischen weniger als 5 und bis zu 80 % erhältlich (vgl. Körner/Patzak, BtMG 7. Aufl., § 29a Rn. 226; Weber, BtMG 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 822). Auf der letzten Handelsstufe werden infolge mehrfacher Streckung häufig nur noch Zubereitungen mit einer geringen Wirkstoffkonzentration umgesetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2004 – 3 StR 116/04, StV 2004, 602, 603). Von den in den Jahren 1999 bis 2004 bei den Landeskriminalämtern, Zolltechnischen Prüf- und Lehranstalten und dem Bundeskriminalamt begutachteten Proben wiesen zwischen 62 und 64 % einen Wirkstoffanteil von weniger als 10 % auf (vgl. Weber, BtMG 3. Aufl., Anhang H Tab. 1.1 – Amphetamin). Soweit das Landgericht mit den offenkundig bedeutungsgleich verwendeten Bezeichnungen „mittlere Qualität“ und „durchschnittliche Qualität“ eine Wirkstoffkonzentration entsprechend der signifikanten Häufung von Wirkstoffkonzentrationen im Bereich von 10% gemeint haben sollte , wäre nicht erklärlich, warum bei dem Angeklagten A. auch im Fall II. 1. b der Urteilsgründe (Rohmenge 300 bis 500 Gramm) die Annahme eines minder schweren Falles mit der Begründung verneint werden konnte, dass eine „deutlich nicht geringfügige Menge“ vorgelegen habe (UA 26).
10
Auch die in Fall II. 7. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des sichergestellten Marihuanas („zumindest durchschnittliche Qualität“) sind unzureichend. Der Tetrahydrocannabinol-Anteil von Marihuana hat sich – insbesondere aufgrund neuer Zuchttechniken – in der jüngeren Vergangenheit ständig erhöht (vgl. Patzak/Goldhausen NStZ 2011, 76, 77 und NStZ 2007, 195, 196) und unterliegt lokalen Schwankungen. Dies macht auch hier eine konkrete Angabe des Wirkstoffgehalts unerlässlich (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 – 2 StR 167/08, NStZ-RR 2008, 319; Weber, BtMG 3. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 836). Weitere rechtliche Bedenken gegen die Vorgehensweise des Landgerichts ergeben sich zudem aus der Tatsache, dass eine exakte Feststellung des Wirkstoffanteils durch ein entsprechendes Gutachten ohne Weiteres möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1996 – 3 StR 233/96, NStZ 1996, 498, 499).
11
Der Senat vermag mit Rücksicht auf die festgestellten Rohmengen und die weiteren Umstände auszuschließen, dass der aufgezeigte Rechtsfehler den Schuldspruch gefährdet (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 1996 – 3 StR 233/96, NStZ 1996, 498, 499).
12
b) Der Strafausspruch im Fall II. 7. der Urteilsgründe leidet auch deshalb an einem durchgreifenden Rechtsfehler, weil das Landgericht weder bei der Erörterung eines minderschweren Falls gemäß § 30 Abs. 2 BtMG, noch bei der konkreten Strafbemessung berücksichtigt hat, dass das Marihuana vor der Durchführung des geplanten Umsatzes sichergestellt werden konnte. Zwar hat der Tatrichter nach § 267 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 StPO nur die bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte mitzuteilen (BGH, Urteil vom 7. November 2007 – 1 StR 164/07, NStZ-RR 2008, 343), doch ist mit der Sicherstellung ein Strafmilderungsgrund unerwähnt geblieben, dessen Berücksichtigung sich aufdrängen musste (BGH, Beschluss vom 19. Januar 1990 – 2 StR 588/89, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 10).
13
c) Schließlich begegnet der Strafausspruch bei dem Angeklagten A. in allen Fällen auch deshalb rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht nur lückenhafte Feststellungen zu der von ihm geleisteten Aufklärungshilfe getroffen hat und das Revisionsgericht deshalb nicht überprüfen kann, ob eine Erörterung der Milderungsmöglichkeit des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG rechtsfehlerfrei unterblieben ist.
14
Das Landgericht hat dem Angeklagten A. bei der Strafzumessung zugutegehalten, dass er „frühzeitig“ und umfassend geständig war. Ob ohne seine Angaben ein Tatnachweis möglich gewesen wäre, hält es für „ungewiss“. Auch wurden die deckungsgleichen Geständnisse der Mitangeklagten „mög- licherweise“ erst infolge des Geständnisses des AngeklagtenA. abgege- ben. Dies legt die Annahme nahe, dass der Angeklagte A. durch seine Angaben die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass gegen die Mitangeklagten mit Erfolg ein Strafverfahren geführt werden konnte. Danach wäre die Milderungsmöglichkeit des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG jedenfalls dann zu erörtern gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – 3 StR 171/09, NStZ-RR 2009, 320, 321; Urteil vom 17. Juni 1997 – 1 StR 187/97, NStZ-RR 1998, 25), wenn sich der Angeklagte noch vor dem nach § 31 Satz 2 BtMG iVm. §46b Abs. 3 StGB maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. dazu Körner/Patzak, BtMG 7. Aufl. § 31 Rn. 27) geständig gezeigt hat. Konkrete Feststellungen hierzu lassen sich den Urteilsgründen jedoch nicht entnehmen.

15
d) Die Aufhebung des Strafausspruches bei den nicht revidierenden Angeklagten P. (Fällen II. 1. b und II. 7. der Urteilsgründe) und S. (Fall II. 4. der Urteilsgründe) beruht auf § 357 Satz 1 StPO. Durch die Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 5. der Urteilsgründe und der Einzelstrafen haben bei allen Angeklagten die Gesamtstrafenaussprüche ihre Grundlage verloren.
Ernemann Roggenbuck Franke
Bender Quentin

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.