Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2015 - 3 StR 287/15

published on 01/10/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2015 - 3 StR 287/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 8 7 / 1 5
vom
1. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 1. Oktober 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 8. April 2015 dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Strafbefehl vom 10. Juli 2013 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat lediglich den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sagte der Angeklagte einem unbekannt gebliebenen Hintermann zu, sich um den Transport von etwa einem Kilogramm Haschisch von den Niederlanden nach Deutschland zu kümmern. Ihm war bewusst, dass sein Auftraggeber das eingeführte Marihuana gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Auch nahm er billigend in Kauf, dass die Menge der Betäubungsmittel mehr als ein Kilo betragen würde. Für die Kurierfahrt sollte der Angeklagte 800 € erhalten, von denen er den die Transportkosten übersteigenden Betrag als Gewinn behalten sollte. Da er allerdings das Risiko einer Grenzkontrolle nicht eingehen wollte, entschloss er sich, einen Fahrer mit der Einfuhr der Betäubungsmittel zu betrauen. Bei der Suche nach einem Gehilfen stieß der Angeklagte auf den gesondert Verfolgten K. , der sich bereiterklärte, gegen Zahlung von 500 € - 250 € im Voraus und 250 € bei Ablieferung der Drogen- den Transport durchzuführen. Er begleitete K. zu einer Autovermietung, wo sie für rund 300 €, die der Angeklagte zur Verfügung stellte, ein Fahrzeug anmieteten. Außerdem übergab er K. ein Handy, das in einer SMS die Zieladresse in den Niederlanden und eine unter "H" gespeicherte Kontaktadresse enthielt. Nachdem K. auf diese Weise in den Niederlanden das Rauschmittel besorgt hatte, wurde er beim Grenzübertritt kontrolliert. Dabei konnten rund 3,4 kg Marihuana und 1,1 kg Haschisch mit einem Gesamtgehalt von 549 g THC sichergestellt werden.
3
2. Diese Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, nicht aber den wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
4
Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Beschränkt sich die Beteiligung des Täters am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 221 ff.; Beschluss vom 7. August 2007 - 3 StR 326/07, NStZ 2008, 40; Urteil vom 5. Mai 2011 - 3 StR 445/10, StV 2012, 287, 288; Beschluss vom 22. August 2012 - 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375). Erschöpft sich die Tätigkeit im bloßen Transport von Betäubungsmitteln , besteht in der Regel auch dann keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit , wenn Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben, sodass von einer Beihilfe auszugehen ist. Anderes kann nur gelten, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll (BGH, Beschluss vom 22. August 2012 - 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375 mwN).
5
Nach diesen Maßstäben wird eine täterschaftliche Begehungsweise von den Feststellungen hier nicht belegt. Das Landgericht begründet die Annahme, dass der Angeklagte als Mittäter mit Betäubungsmitteln Handel trieb, im Wesentlichen damit, dass er die Kurierfahrt mit erheblichem Tateinfluss und Eigenverantwortung initiierte und überwachte sowie ein eigenes finanzielles Interesse am Gelingen der Tat hatte. Da sich das eigenständige Handeln des Angeklagten aber auf den Transport der Betäubungsmittel beschränkte, eine Beteiligung an dem eigentlichen Umsatzgeschäft hingegen nicht festgestellt wurde, ist der Tatbeitrag des Angeklagten im Rahmen des Gesamtgeschehens trotz faktischer Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports nur als eine untergeordnete Hilfstätigkeit und deshalb als Beihilfe zu werten.
6
Da weitere Feststellungen in einer neuen Verhandlung nicht zu erwarten sind, hat der Senat den Schuldspruch neu gefasst. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte insoweit nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
7
3. Die Änderung des Schuldspruchs führt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat die Strafe dem für die täterschaftliche Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge maßgeblichen Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG entnommen. Dass der Angeklagte auch täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben habe, hat die Strafkammer nicht straferschwerend berücksichtigt. Der Senat schließt es deshalb aus, dass das Landgericht, hätte es lediglich Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen, zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre.
8
4. Der geringe Teilerfolg rechtfertigt es nicht, die Gebühr zu ermäßigen und der Staatskasse einen Teil der notwendigen Auslagen des Angeklagten aufzuerlegen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.