Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2002 - 3 StR 151/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die von dem Verteidiger unterzeichnete Revisionsbegründung lautet: "In der Strafsache ... begründen wir die Revision ... wie folgt: Es wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Der Angeklagte ist der Auffassung, daß der festgestellte Sachverhalt nicht geeignet und ausreichend ist, seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen. Wir fügen die von ihm zur Vorlage bei Gericht verfaßte eigene Stellungnahme bei, deren Inhalt wir zur Begründung der Revision wie folgt zusammenfassen: ...". Es folgen fünf Absätze, zumeist in indirekter Rede, in denen der Angeklagte ("Er führt dies auf die Tatsache zurück, daß ...") zu den die Unterbringung begründenden Sachverhalten Stellung nimmt. Die Revision ist gemäß § 349 Abs. 1 StPO unzulässig, weil sie nicht den Formerfordernissen des § 345 Abs. 2 StPO entspricht. Danach muß eine Revisionsbegründung in einer von einem Verteidiger unterzeichneten Schrift erfol-gen, die er grundsätzlich selbst zu verfassen, zumindest an ihr gestaltend mitzuwirken hat. Dabei darf kein Zweifel bestehen, daû der Rechtsanwalt die volle Verantwortung für den Inhalt der Schrift übernommen hat (vgl. BGHSt 25, 272 ff.; BGHR StPO § 345 II Begründungsschrift 6; Kuckein in KK 4. Aufl. § 345 StPO Rdn. 15, 16). Solche Zweifel ergeben sich hier aus der Fassung der Revisionsbegründung. Die sich an den Satz "Es wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt" anschlieûenden Formulierungen "Der Angeklagte ist der Auffassung ..." und "Wir fügen die von ihm ... verfaûte eigene Stellungnahme bei, deren Inhalt wir zur Begründung der Revision wie folgt zusammenfassen ..." belegen, daû der Verteidiger lediglich die vom Angeklagten stammenden Beanstandungen vorlegt und zusammenfaût, ohne selbst dafür die Verantwortung zu übernehmen. Diese Wortwahl in Verbindung mit der Wiedergabe der vom Angeklagten stammenden Ausführungen in indirekter Rede deutet aber auf eine Distanzierung des Verteidigers hin, zumal dieser dem Revisionsbegründungsschriftsatz keine eigenen Begründungselemente hinzugefügt hat. Anders als in BGHSt 25, 272, 274 ff. kann hier nach Sachlage auch der vorangestellten allgemeinen Sachrüge keine eigenständige Bedeutung zugemessen werden. Da der Angeklagte freigesprochen worden war und lediglich durch die angeordnete Unterbringung beschwert sein kann, der Verteidiger sich jedoch bereits von dem einleitenden Satz des Angeklagten, daû die Voraussetzungen einer Unterbringung nicht vorlägen, distanziert, verbleibt kein Raum mehr für eine darüber hinausgehende Sachrüge. Der Satz "Es wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt" kann deshalb nur als zusammenfassender
Einleitungssatz der vom Angeklagten stammenden Begründung, nicht aber als eigenständige, von der Revisionsbegründung des Angeklagten unabhängige Rechtsmittelbegründung des Verteidigers verstanden werden. Insgesamt bestehen deshalb durchgreifende Zweifel daran, daû der Verteidiger die volle Verantwortung für den Inhalt der Begründung übernommen hat; die Revisionsbegründungsschrift ist deshalb trotz Unterzeichnung durch den Verteidiger unwirksam. Der Senat hat im Zuge der Befassung mit dem Inhalt der Revisionsbegründung auch deren sachliche Berechtigung geprüft. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts ist er der Auffassung, daû - die Zulässigkeit des Rechtsmittels unterstellt - die Revision als unbegründet zu verwerfen gewesen wäre. VRiBGH Prof. Dr. Tolksdorf Miebach Winkler ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Miebach Pfister Becker
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.