Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2016 - 2 StR 31/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu 1. und 3. auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 29. Oktober 2015 im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen- 1
- bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 52 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Nach Aufhebung dieses Urteils im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen durch Urteil des Senats vom 8. Juli 2015 – 2 StR 139/15 – hat das Landgericht den Angeklagten nunmehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge.
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- Der neue Ausspruch des Landgerichts über die Einzelstrafen ist rechtsfehlerfrei. Jedoch begegnet die Entscheidung über die Gesamtfreiheitsstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat keine Feststellungen zu den Tatzeitpunkten und
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- dem Vollstreckungsstand der letzten beiden Vorverurteilungen getroffen. Soweit diese Vorstrafen zur Zeit des angefochtenen Urteils noch nicht vollstreckt waren , kam möglicherweise eine Gesamtstrafenbildung oder eine Entscheidung nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB in Betracht; dies kann der Senat im Hinblick auf die mitgeteilten Urteilsdaten jedenfalls nicht ausschließen. Waren die Strafen dagegen bereits vollstreckt, so wäre vom Tatgericht die Frage eines etwaigen Härteausgleichs zu erörtern gewesen, insbesondere wenn die Geldstrafen als Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt wurden (vgl. Senat, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 StR 325/14; Beschluss vom 11. Februar 2016 - 2 StR 397/15). Die Strafkammer hat eine solche Prüfung unterlassen. Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Vornahme eines Härteausgleichs eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt worden wäre. Der Härteausgleich ist - gegebenenfalls - in die Bemessung der Ge4 samtfreiheitsstrafe einzustellen und nicht bei der Festsetzung der Einzelfreiheitsstrafen zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1982 - 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102, 103; Beschluss vom 27. Mai 2009 - 5 StR 187/09; Bußmann in Matt/Renzikowski, StGB 2013, § 55 Rn. 28; SSW/Eschelbach, StGB, 2. Aufl., § 55 Rn. 20; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 55 Rn. 22a; LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 32), weshalb die Einzelstrafen bestehen bleiben kön- nen (im Einzelfall anders BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2015 - 4 StR 423/15). Da die getroffenen Feststellungen von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind, können sie bestehen bleiben. Die neu zu treffende Entscheidung über den Strafausspruch kann
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- – entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts – nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren gemäß § 460, § 462 StPO überlassen werden, weil die möglicherweise erforderliche Entscheidung über einen Härteausgleich nicht in den Regelungsbereich dieser Vorschriften fällt; sie ist dem Urteil des Tatgerichts nach Durchführung einer Hauptverhandlung vorbehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 3 StR 337/13; Beschluss vom 17. September 2014 - 2 StR 325/14). Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.
(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).
(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.
(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.