Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2007 - 2 StR 25/07

published on 25/04/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2007 - 2 StR 25/07
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 25/07
vom
25. April 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Betrugs
zu 2.: Beihilfe zur Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. April 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 2006, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe wegen Betrugs zu einer Einzelfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an das Amtsgericht - Schöffengericht - Limburg an der Lahn zurückverwiesen. 3. Auf die im Fall 1 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten S. verhängte Freiheitsstrafe ist die in der Dominikanischen Republik erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 3:1 anzurechnen. 4. Auf die Revision des Angeklagten E. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 5. Im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit- tels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 6. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
1. Hinsichtlich des vom Landgericht gegen den Angeklagten S. als Fall 2 der Urteilsgründe abgeurteilten Sachverhalts bestand, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, das Verfahrenshindernis fehlender gerichtlicher Zuständigkeit, das vom Senat gemäß § 6 StPO von Amts wegen zu berücksichtigen ist (BGHR StPO § 4 Verbindung 9, 12; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2000 - 4 StR 105/00; Senatsbeschluss vom 8. August 2001 - 2 StR 285/01). Der Verbindungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2005 war unwirksam, weil die Verbindung auch die sachliche Zuständigkeit betraf und daher von dem gemeinschaftlichen oberen Gericht hätte vorgenommen werden müssen (§ 4 Abs. 2 StPO). Die Sache ist insoweit daher bei dem Amtsgericht - Schöffengericht - Limburg an der Lahn rechtshängig geblieben , das das Hauptverfahren eröffnet hat; an dieses ist sie in entsprechender Anwendung des § 355 StPO zurückzuverweisen (BGH, Beschluss vom 21. März 2000 - 1 StR 609/99).
2
2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils gegen den Angeklagten S. einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Die vom Landgericht nur in den Urteilsgründen dargelegte, im Übrigen rechtsfehlerfreie Anordnung der Anrechnung von in der Dominikanischen Republik erlittener Auslieferungshaft im Verhältnis 3:1 gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 StGB war zur Klarstellung in die Entscheidungsformel aufzunehmen.
3
3. Auch hinsichtlich des Angeklagten E. hält der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue im Fall 1 der Urteilsgründe im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
4
Die Beweiswürdigung, auf welche das Landgericht seine Annahme gestützt hat, der Angeklagte habe den Haupttäter W. in dessen Entschluss bestärkt , entgegen seiner Vermögensbetreuungspflicht Geldanlagen mit Mitteln der Fa. F. bei dem (angeblichen) Investmentunternehmen des Angeklagten S. vorzunehmen, begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Schlussfolgerungen des Landgerichts sind möglich und nahe liegend; zwingend müssen sie nicht sein.
5
Zum Vorsatz des Angeklagten hat das Landgericht ausdrücklich nur festgestellt , dieser habe es für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, dass der Haupttäter W. seine Vermögensbetreuungspflicht verletze (UA S. 3, 17, 94/95), er habe aber ebenso wie W. "damit (gerechnet), dass das angelegte Kapital wieder zu F. zurückkommen werde" (UA S. 110, 125). Damit ist jedenfalls nur der Vorsatz eines Gefährdungsschadens festgestellt.
6
Soweit die Feststellungen des Landgerichts einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorstellungsbild des Haupttäters W. und des Angeklagten E. als dessen Gehilfen hinsichtlich des der Fa. F. entstandenen Vermögensnachteils vermissen lassen, ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aus dem Zusammenhang der Feststellungen, dass der Vorsatz beider Beteiligten (auch) den Eintritt einer konkreten Vermögensgefährdung umfasste. Anders als in dem dem Senatsurteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05, zur Veröffentlichung in BGHSt 51, 100 bestimmt - zugrunde liegenden Fall lag hier auch, entgegen den missverständlichen Formulierungen des Landgerichts, nicht nur der bedingte Vorsatz eines Gefährdungsschadens vor; vielmehr war nach den Feststellungen ersichtlich direkter Vorsatz gegeben. Dies liegt im Hinblick darauf auf der Hand, dass die beiden geschäftserfahrenen Beteiligten entgegen ausdrücklichen internen Anweisungen der Fa. F. Anlagegeschäfte bei einem ihnen gänzlich unbekannten amerikanischen (angeblichen) Investment-Unternehmen in Höhe von fünf Millionen Euro tätigten und hierbei Renditehoffnungen von 20-40 % für einen Anlagezeitraum von fünf Tagen hegten. Es war daher für den Haupttäter W. ebenso wie für den Angeklagten offensichtlich, dass es sich um eine Hochrisiko-Anlage mit erheblicher, nahe liegender Verlustgefahr handelte. Daher kommt es hier trotz der lückenhaften und unklaren Ausführungen des Landgerichts im Ergebnis auf den vom Senat im Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 499/05 - entschiedenen Rechtssatz nicht an, wonach ein nur bedingter Vorsatz eines Gefährdungsschadens für die Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 StGB nicht ausreicht.
7
4. Dagegen hält der Strafausspruch gegen den Angeklagten E. der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
a) Das Landgericht hat einen Fall des § 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB angenommen, weil ein Vermögensverlust großen Ausmaßes verursacht worden sei (UA S. 125). Hierbei hat es übersehen, dass der Gehilfenvorsatz des Angeklagten sich nach den Feststellungen nur auf einen Gefährdungsschaden bezog (vgl. oben 3). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht eine bloße Gefährdung aber für einen "Verlust" im Sinne von § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB nicht aus (BGHSt 48, 354, 356 ff.; BGH NStZ 2002, 547, vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 263 Rdn. 122 m.w.N.).
9
b) Im Übrigen hat das Landgericht übersehen, dass bei dem Angeklagten das strafbegründende persönliche Merkmal der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB nicht vorlag, so dass § 28 Abs. 1 StGB Anwendung finden muss. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts entfiel hier eine doppelte Strafrahmenmilderung nicht schon deshalb, weil die Gehilfenstellung des Angeklagten allein auf dem Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht beruhte (vgl. BGHSt 26, 53, 55; 41, 1 f.; Tröndle/Fischer aaO § 266 Rdn. 80 m.w.N.). Das Landgericht hat vielmehr ausdrücklich und insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, der Angeklagte habe W. "psychische Beihilfe" durch Bestärkung des Tatentschlusses geleistet (UA S. 123). Für eine der Sache nach mittäterschaftliche Stellung des Angeklagten ergeben sich aus den Feststellungen keine Anhaltspunkte.
10
Über die Strafe für den Angeklagten E. ist daher neu zu entscheiden. Bode Otten Fischer Roggenbuck Appl
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.

(1) Eine Verbindung zusammenhängender oder eine Trennung verbundener Strafsachen kann auch nach Eröffnung des Hauptverfahrens auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten oder von Amts wegen durch gerichtlichen Beschluß angeordnet werden.

(2) Zuständig für den Beschluß ist das Gericht höherer Ordnung, wenn die übrigen Gerichte zu seinem Bezirk gehören. Fehlt ein solches Gericht, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.

Wird ein Urteil aufgehoben, weil das Gericht des vorangehenden Rechtszuges sich mit Unrecht für zuständig erachtet hat, so verweist das Revisionsgericht gleichzeitig die Sache an das zuständige Gericht.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.