Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2015 - 2 StR 134/15

published on 02/07/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2015 - 2 StR 134/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 134/15
vom
2. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 2. Juli 2015 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 17. Oktober 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen "schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie in Tateinheit mit Freiheitsberaubung" schuldig gesprochen. Den Angeklagten O. hat es deswegen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; gegen den Angeklagten R. hat es unter Einbeziehung einer Strafe aus einer Vorverurteilung auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren erkannt. Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben jeweils mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht mehr ankommt.
2
1. Der Schuldspruch wegen schweren Raubes hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts vermuteten die Angeklagten , dass der später Geschädigte ein Schlagzeug und Spielekonsolen des An- geklagten O. entwendet hatte; sie beabsichtigten, die entwendeten Sachen von ihm "zurückzuerlangen" (UA S. 24). In der Wohnung des Angeklagten O. versetzte der Angeklagte R. dem Geschädigten ohne Vorankündigung einen Faustschlag ins Gesicht, worauf dieser benommen zu Boden ging. Die Angeklagten traten und schlugen nun auf den Körper und den Kopf des Geschädigten. "Anschließend" durchsuchten ihn die Angeklagten und nahmen dessen Geldbörse, Mobiltelefon, Autoschlüssel und einen Ehering an sich.
4
Sodann befragte der Angeklagte O. den Geschädigten zu den ihm abhandengekommenen Gegenständen. Nachdem dieser eine Wegnahme abgestritten hatte, schlug der Angeklagte R. den immer noch auf dem Boden liegenden Geschädigten mit einem Baseballschläger oder einem abgebrochenen Besenstiel; der Angeklagte O. hielt ihm ein Messer oder eine kleineAxt an den Hals. Der Geschädigte räumte nunmehr den Besitz des Schlagzeugs ein. Die Angeklagten hinderten den Geschädigten schließlich daran, die Wohnung zu verlassen; er musste für längere Zeit auf dem Fußboden liegen bleiben und durfte sich nicht bewegen.
5
b) Diese Feststellungen belegen einen ([besonders] schweren) Raub nicht.
6
Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156, 157; Beschluss vom 21. Oktober 2014 - 4 StR 363/14; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 249 Rn. 6 ff. jeweils mwN).
7
Hier lässt sich den Feststellungen schon nicht entnehmen, dass die Angeklagten den Entschluss zur Wegnahme der Geldbörse, des Mobiltelefons, der Autoschlüssel und des Eherings schon vor der Gewaltanwendung gefasst haben. Eine Äußerung oder sonstige Handlung der Angeklagten vor der Wegnahme , die eine auch nur konkludente Drohung mit weiterer Gewalt nach dem Fassen des Wegnahmeentschlusses beinhaltet, ist ebenfalls nicht festgestellt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 - 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156, 157 mwN).
8
2. Der dargelegte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Schuldspruchs insgesamt. Die Aufhebung erfasst auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 - 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1; Gericke in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12). Die Sache bedarf insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Landgericht in neuer Hauptverhandlung Feststellungen treffen kann, die eine Verurteilung (auch) wegen ([besonders] schweren) Raubes stützen. Fischer Krehl Eschelbach Zeng Bartel
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.