Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2017 - 1 StR 627/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Mai 2017 beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Der Senat hat auf die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 8. Juli 2016 die Ausgangsentscheidung mit Beschluss vom 23. Februar 2017 in Teilen des Schuldspruchs sowie im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die weitergehende Revision des Verurteilten verworfen. Dagegen wendet sich der Verurteil- te mit seinen als „Gegenvorstellung/Gegendarstellung“ bezeichneten Schreiben vom 11. April 2017 und vom 17. April 2017.
- 2
- 2. Die Gegenvorstellung ist als Rechtsbehelf gegen Revisionsentscheidungen gemäß § 349 Abs. 2 StPO nicht statthaft, weil diese grundsätzlich weder aufgehoben noch abgeändert oder ergänzt werden können (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. April 2014 – 2 StR 391/13 und vom 25. Juni2013 – 1 StR 137/13).
- 3
- 3. Die Gegenvorstellung erweist sich jedoch als Anhörungsrüge nach § 356a StPO. Sie ist jedenfalls unbegründet. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
- 4
- Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht ge- hört worden ist, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Der Senat hat seine Entscheidung ausführlich begründet und die entscheidungserheblichen Punkte angesprochen. Einer weitergehenden Begründung des Beschlusses bedurfte es nicht.
- 5
- Der Vortrag des Verurteilten zur Begründung seiner Anhörungsrüge erschöpft sich letztlich in einer Wiederholung und Vertiefung des Revisionsvorbringens. Die Anhörungsrüge dient nicht dazu, das Revisionsgericht zu veranlassen , das Revisionsvorbringen nochmals zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2014 – 1 StR 114/14 mwN).
- 6
- Im Kern enthalten die (neuerlichen) Ausführungen des Angeklagten den Vorwurf, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann er aber im Rahmen des § 356a StPO nicht gehört werden (vgl. Senatsbeschluss aaO).
- 7
- 4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 22. Juli 2016 – 1 StR 579/15 und vom 22. Mai 2015 – 1 StR 121/15).
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Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2017 - 1 StR 627/16 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Eine Gegenvorstellung gegen einen nach § 349 Abs. 2 und 4 StPO ergangenen Beschluss ist als solche nicht statthaft. Ein derartiger Beschluss kann grundsätzlich weder aufgehoben noch abgeändert oder ergänzt werden. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß § 356a StPO wird nicht behauptet. Fischer Appl Krehl Ott Zeng
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 16. April 2013 durch Urteil vom 8. Oktober 2014 verworfen und auf die Revision der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil teilweise aufgehoben und insoweit die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 2
- Mit Schriftsatz vom 3. November 2014 seines Verteidigers hat der Verurteilte hiergegen die Anhörungsrüge erhoben. Nach seiner Auffassung habe der Senat sein Vorbringen "unvollständig verarbeitet" und sieht darin eine Verletzung seines Rechts auf Gehör.
- 3
- Der zulässige Rechtsbehelf ist unbegründet; es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) vor.
- 4
- Der Senat hat in seinem Urteil vom 8. Oktober 2014 weder Verfahrensstoff noch Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte zuvor nicht gehört worden ist. Auch wurde zu berücksichtigendes Vorbringen nicht übergangen noch in sonstiger Weise der Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör verletzt. Dass der Senat die Rechtsansicht der Verteidigung des Verurteilten zwar zur Kenntnis genommen hat, ihr aber im Ergebnis nicht gefolgt ist, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Sämtlicher schriftlicher und mündlicher Vortrag des Verurteilten wurde bei der Entscheidungsfindung des Senats berücksichtigt. Es ist schon grundsätzlich davon auszugehen , dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2006 - 1 StR 240/06 mwN).
- 5
- Der Senat hat seine Entscheidung ausführlich begründet und die entscheidungserheblichen Punkte angesprochen. Einer weitergehenden Begründung des Urteils bedurfte es nicht.
- 6
- Der Vortrag des Verurteilten zur Begründung seiner Anhörungsrügen erschöpft sich letztlich in einer Wiederholung und Vertiefung des Revisionsvorbringens. Die Anhörungsrüge dient, wenn - wie hier - (zumal im Rahmen einer Revisionshauptverhandlung) rechtliches Gehör gewährt worden ist, nicht dazu, das Revisionsgericht zu veranlassen, das Revisionsvorbringen nochmals zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 - 4 StR 422/11 mwN).
- 7
- Im Kern enthalten die (neuerlichen) Ausführungen des Angeklagten den Vorwurf, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann er aber im Rahmen des § 356a StPO nicht gehört werden (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 9. November 2006 - 1 StR 360/06 mwN).
- 8
- Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 1 StR 82/14).
Radtke Mosbacher
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2016 beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Weiden in der Oberpfalz mit Beschluss vom 7. April 2016 als unbegründet verworfen. Mit Schreiben vom 28. Juni 2016 erhebt ein Verteidiger des Verurteilten die Anhörungsrüge, hilfsweise den „statthaften Rechtsbehelf“. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.
- 2
- 2. Die Anhörungsrüge erweist sich bereits als unzulässig. Dem Vorbringen zur Anhörungsrüge ist nicht zu entnehmen, wann der Verurteilte von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. In Fällen, in denen sich – wie hier – die Einhaltung der Frist des § 356a Satz 2 StPO nicht schon aus dem aus den Akten ersichtlichen Verfahrensgang ergibt, gehört die Mitteilung des nach § 356a Satz 2 StPO für den Fristbeginn maßgeblichen Zeitpunkts der Kenntniserlangung von den tatsächlichen Umständen, aus denen sich die Gehörsverletzung ergeben soll, und dessen Glaubhaftmachung (§ 356a Satz 3 StPO) zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsbehelfs (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. September 2015 – 4 StR 85/15 und vom 29. September 2009 – 1 StR 628/08, StV 2010, 297). Allerdings ergibt sich aus einem früheren Schreiben des Verurteilten, dass er die Entscheidung des Senats bereits am 9. Mai 2016 erhalten hat. Damit ist belegt, dass die Anhörungsrüge verspätet ist.
- 3
- 3. Sie hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg. Der Senat hat bei seiner Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden ist, noch hat er bei der Entscheidung zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen oder dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs in sonstiger Weise verletzt.
- 4
- 4. Eine Umdeutung in einen anderweitigen, statthaften und zulässigen Rechtsbehelf kam nicht in Betracht.
- 5
- 5. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (BGH, Senatsbeschluss vom 22. Mai 2015 – 1 StR 121/15).
Mosbacher Bär
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat die Revision der Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. November 2014 mit Beschluss vom 14. April 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Mit Schreiben vom 8. Mai 2015, das beim Senat am 11. Mai 2015 eingegangen ist und dem eine Vielzahl von Anlagen beigefügt war, hat die Verurteilte hiergegen „Beschwerde“ eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und möchte, da sie sich selbst als Opfer fühlt, mit dem Rechtsbehelf „Gerechtigkeit wiederherstellen“.
- 2
- Eine Beschwerde gegen eine Revisionsverwerfung ist gesetzlich nicht vorgesehen und wäre daher nicht statthaft. Aus dem Schreiben geht jedoch hervor, dass die Beschwerdeführerin der Ansicht ist, der Senat habe Tatsachen , die für die Revisionsentscheidung von Bedeutung waren, nicht berücksichtigt und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Sie begehrt ersichtlich, das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurückzuversetzen, die vor dem Erlass des Verwerfungsbeschlusses bestand. Das Schreiben ist daher als Anhörungsrüge (§ 356a StPO) auszulegen (§ 300 StPO).
- 3
- Die Anhörungsrüge ist jedoch nicht zulässig erhoben, weil entgegen § 356a Satz 2 und 3 StPO nicht dargelegt und glaubhaft gemacht wird, wann die Beschwerdeführerin von der von ihr geltend gemachten Verletzung rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat.
- 4
- Auch in der Sache könnte die Anhörungsrüge keinen Erfolg haben. Der Senat hat weder zum Nachteil der Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen diese nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen der Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
- 5
- Aus dem Umstand, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht ausführlich begründet hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs geschlossen werden. § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses vor (vgl. dazu BVerfG NJW 2006, 136 und StraFo 2007, 463).
- 6
- Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 – 1 StR 81/13).
Radtke Fischer