Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2014 - 1 StR 114/14
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 16. April 2013 durch Urteil vom 8. Oktober 2014 verworfen und auf die Revision der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil teilweise aufgehoben und insoweit die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- 2
- Mit Schriftsatz vom 3. November 2014 seines Verteidigers hat der Verurteilte hiergegen die Anhörungsrüge erhoben. Nach seiner Auffassung habe der Senat sein Vorbringen "unvollständig verarbeitet" und sieht darin eine Verletzung seines Rechts auf Gehör.
- 3
- Der zulässige Rechtsbehelf ist unbegründet; es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) vor.
- 4
- Der Senat hat in seinem Urteil vom 8. Oktober 2014 weder Verfahrensstoff noch Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Verurteilte zuvor nicht gehört worden ist. Auch wurde zu berücksichtigendes Vorbringen nicht übergangen noch in sonstiger Weise der Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör verletzt. Dass der Senat die Rechtsansicht der Verteidigung des Verurteilten zwar zur Kenntnis genommen hat, ihr aber im Ergebnis nicht gefolgt ist, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Sämtlicher schriftlicher und mündlicher Vortrag des Verurteilten wurde bei der Entscheidungsfindung des Senats berücksichtigt. Es ist schon grundsätzlich davon auszugehen , dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2006 - 1 StR 240/06 mwN).
- 5
- Der Senat hat seine Entscheidung ausführlich begründet und die entscheidungserheblichen Punkte angesprochen. Einer weitergehenden Begründung des Urteils bedurfte es nicht.
- 6
- Der Vortrag des Verurteilten zur Begründung seiner Anhörungsrügen erschöpft sich letztlich in einer Wiederholung und Vertiefung des Revisionsvorbringens. Die Anhörungsrüge dient, wenn - wie hier - (zumal im Rahmen einer Revisionshauptverhandlung) rechtliches Gehör gewährt worden ist, nicht dazu, das Revisionsgericht zu veranlassen, das Revisionsvorbringen nochmals zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 - 4 StR 422/11 mwN).
- 7
- Im Kern enthalten die (neuerlichen) Ausführungen des Angeklagten den Vorwurf, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann er aber im Rahmen des § 356a StPO nicht gehört werden (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 9. November 2006 - 1 StR 360/06 mwN).
- 8
- Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2014 - 1 StR 82/14).
Radtke Mosbacher
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Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2014 - 1 StR 114/14 zitiert oder wird zitiert von 15 Urteil(en).
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- 1. Das Landgericht hat den Angeklagten durch Urteil vom 5. Januar 2011 wegen Körperverletzung und wegen eines Vergehens des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit einem Vergehen des Besitzes eines verbotenen Gegenstandes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und eine Signalpistole nebst Munition sowie ein Würgeholz eingezogen. Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
- 2
- 2. Der zulässige, insbesondere rechtzeitig gestellte Antrag nach § 356a StPO ist unbegründet, da der Senat bei seiner Entscheidung über die Revision des Angeklagten weder Tatsachen noch Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen hat.
- 3
- Der Senat hat bei seiner Entscheidung das Revisionsvorbringen des Angeklagten unter Einschluss der Gegenerklärungen auf den ausführlich begründeten Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts in vollem Umfang gewürdigt , jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Dass dies nicht zu jedem einzel- nen Punkt des Revisionsvorbringens näher begründet wurde, liegt in der Natur des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 StPO und gibt daher keinen Hinweis auf die Nichtbeachtung des Sachvortrags des Revisionsführers (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2007 – 2 BvR 496/07, StraFo 2007, 463). Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidungen besteht nicht (BVerfG aaO). Der Vortrag des Verurteilten zur Begründung seiner Anhörungsrüge erschöpft sich letztlich in einer Wiederholung und Vertiefung des Revisionsvorbringens, zu dem der Generalbundesanwalt eingehend Stellung genommen hat. Die Anhörungsrüge dient, wenn – wie hier – rechtliches Gehör gewährt worden ist, nicht dazu, das Revisionsgericht zu veranlassen, das Revisionsvorbringen und die mit der Revision angegriffene Entscheidung nochmals zu überprüfen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 6. November 2006 – 1 StR 50/06, NStZ-RR 2007, 57).
- 4
- Das nunmehr beim Senat eingegangene Gesuch, das allein auf die Namhaftmachung der an diesem Beschluss beteiligten Richter gerichtet ist, gibt keinen Anlass, mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge zuzuwarten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2007 – 2 BvR 746/07; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2002 – 2 StR 530/06, wistra 2007, 319).
Franke Quentin
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Für eine Entscheidung gemäß § 33a bzw. § 356a StPO ist kein Raum. Der Senat hat bei seiner auf den eingehend begründeten Antrag des Generalbundesanwalts ergangenen Entscheidung weder Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Angeklagte zuvor nicht gehört worden war noch sonst dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Juli 2013 mit Beschluss vom 25. März 2014 als unbegründet verworfen. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 7. April 2014 hat der Verurteilte sich gegen diese Entscheidung gewandt. Das Schreiben ist inhaltlich als Gehörsrüge nach § 356a StPO zu werten.
- 2
- Es kann dahinstehen, ob der Rechtsbehelf im Hinblick darauf unzulässig ist, dass der Zeitpunkt der Kenntniserlangung im Sinne des § 356a Satz 2 StPO nicht mitgeteilt und glaubhaft gemacht (§ 356a Satz 3 StPO) wurde, so dass die Einhaltung der Wochenfrist nicht ohne Weiteres nachprüfbar ist.
- 3
- Der Rechtsbehelf ist jedenfalls unbegründet; es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) vor. Der Senat hat weder zum Nachteil des Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen dieser nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise dessen Ausspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
- 4
- Der Senat hat bei seiner Entscheidung das Revisionsvorbringen des Verurteilten in vollem Umfang bedacht und gewürdigt, es aber nicht für durchgreifend erachtet.
- 5
- Aus dem Umstand, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht ausführlich begründet hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden. § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses vor.
- 6
- Bei diesem Verfahrensgang ergeben sich die für die Zurückweisung des Rechtsmittels maßgeblichen Gründe mit ausreichender Klarheit aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und dem Inhalt der Antragsschrift des Generalbundesanwalts (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 521/13 mwN).
- 7
- Eine weitere Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BVerfG NJW 2006, 136; StraFo 2007, 463).
- 8
- Das gilt auch dann, wenn in der Gegenerklärung die Sachrüge weiter ausgeführt worden ist (BGH NStZ-RR 05, 14; BGH NStZ 03, 103). Auch eine Mitteilung des Gerichts, warum es die nachgeschobene Beanstandung für unbegründet erachtet, ist nicht erforderlich (BGH NStZ 09, 52; NStZ-RR 08, 385; 09, 119).
- 9
- Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 5. Juni 2013 - 1 StR 81/13 mwN).
Cirener Mosbacher