Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2000 - 1 StR 442/00

published on 22/11/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Nov. 2000 - 1 StR 442/00
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 442/00
vom
22. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2000 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Mannheim vom 17. Juli 2000 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zu den Ablehnungsrügen:
1. Das Landgericht hat drei Ablehnungsanträge des Angeklagten als unzulässig
behandelt, weil die dafür vorgebrachten Gründe zur Rechtfertigung
eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet seien (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
Das begegnet hier hinsichtlich der abgelehnten berufsrichterlichen Beisitzerinnen
sowie im Blick auf das zweite und dritte Ablehnungsgesuch gegen den
Vorsitzenden der Strafkammer keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken,
wohl aber, soweit der Vorsitzende der Strafkammer bereits mit Schriftsatz vom
15. Juni 2000 abgelehnt worden war.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß solche
zur Ablehnung herangezogenen Umstände, die aus zwingenden rechtli-
chen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet
sind, zur Unzulässigkeit der Ablehnung führen. Eine völlig ungeeignete Begründung
ist rechtlich wie das Fehlen einer Begründung zu behandeln (vgl.
BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 2, 7; BGH NStZ 1999, 311). Hier liegt auf
der Hand, daß die benannten Ablehnungsgründe die Ablehnung der berufsrichterlichen
Beisitzerinnen nicht zu begründen vermochten. Gleiches gilt für
die gegen den Vorsitzenden mit den beiden Folgeablehnungen geltend gemachten
weiteren Gründe. Namentlich die Auffassung, es bedürfe bei der Angabe
des Betreffs eines Strafverfahrens neben dem Vor- und Zunamen des
Beschuldigten sowie der Benennung eines der in Rede stehenden Delikte der
Hinzufügung der Anrede "Herr" sowie der Berufsbezeichnung, geht fehl; darauf
eine Richterablehnung stützen zu wollen, ist abwegig. Ebensowenig ist die
Mitwirkung an der Entscheidung über die für unzulässig erachteten ersten beiden
Ablehnungsgesuche für sich genommen als Ablehnungsgrund geeignet;
das gilt selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß diese rechtliche
Bewertung hinsichtlich des ersten gegen den Strafkammervorsitzenden gerichteten
Ablehnungsgesuches rechtlich unzutreffend war (vgl. für den Fall einer
unzutreffenden Rechtsauffassung BGH NStZ 1999, 311).
2. Hinsichtlich der gegen den Vorsitzenden der Strafkammer im ersten
Ablehnungsantrag geltend gemachten zahlreichen Umstände, auf die dessen
Ablehnung gestützt wurde, fehlte der Begründung nicht von vornherein die
Eignung zur Ablehnung. Insoweit kann der Fall dem Fehlen einer Begründung
nicht gleicherachtet werden. Die verfahrensleitenden Maßnahmen und die Behandlung
von Anliegen des Verteidigers, auf die das Gesuch im wesentlichen
gestützt war, vermögen unter bestimmten Umständen in ihrer Summe sehr wohl
die Besorgnis der Befangenheit zu begründen; das mag etwa dann gelten,
wenn ein nachvollziehbarer Grund für sie jeweils nicht erkennbar wäre. Es
kommt bei der Bewertung also stets auf die prozedurale Lage an. Das ist dann
aber eine Frage der Begründetheit des Ablehnungsantrages.
Der bezeichnete Rechtsfehler führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils (§ 338 Nr. 3 StPO). Denn das Ablehnungsgesuch war jedenfalls
sachlich nicht begründet. Das hat der Senat nach Beschwerdegrundsätzen
nachzuprüfen (vgl. BGHSt 23, 265 ff.). Diese Prüfung ergibt, daß der
Angeklagte bei verständiger Würdigung des Sachverhalts keinen Grund hatte,
an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden zu
zweifeln. Die Umstände, auf die das erste Ablehnungsgesuch gestützt war, finden
- soweit sie sich als ablehnungsgeeignet erweisen - in der dienstlichen
Ä ußerung des Vorsitzenden vom 16. Juni 2000 ihre Erläuterung und Erklärung.
Auch die vom Vorsitzenden in seinem Schreiben vom 13. Juni 2000 an den
Verteidiger Rechtsanwalt P. geäußerte Besorgnis, dessen Schreiben vom
8. Juni 2000 "könnte geeignet erscheinen, die Annahme zu begründen, daß es
lediglich um eine Verfahrensverzögerung" gehe, lag hier angesichts des Vorlaufs
nicht neben der Sache. Nichts anderes ergibt sich insoweit, wenn die
rechtlich unzutreffende Beurteilung des ersten, gegen den Vorsitzenden gerichteten
Gesuchs als unzulässig mit in Betracht gezogen wird.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswid
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht verwirft die Ablehnung eines Richters als unzulässig, wenn

1.
die Ablehnung verspätet ist,
2.
ein Grund zur Ablehnung oder ein Mittel zur Glaubhaftmachung nicht oder nicht innerhalb der nach § 26 Absatz 1 Satz 2 bestimmten Frist angegeben wird oder
3.
durch die Ablehnung offensichtlich das Verfahren nur verschleppt oder nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen.

(2) Das Gericht entscheidet über die Verwerfung nach Absatz 1, ohne daß der abgelehnte Richter ausscheidet. Im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 bedarf es eines einstimmigen Beschlusses und der Angabe der Umstände, welche den Verwerfungsgrund ergeben. Wird ein beauftragter oder ein ersuchter Richter, ein Richter im vorbereitenden Verfahren oder ein Strafrichter abgelehnt, so entscheidet er selbst darüber, ob die Ablehnung als unzulässig zu verwerfen ist.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.