Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2016 - AnwZ (Brfg) 22/15
Gericht
Tenor
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Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des 1. Senats des Sächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 27. Februar 2015 (AGH 3/14 (I)) abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 (C/635/2013) wird aufgehoben.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
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Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine ihm durch die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2014 erteilte missbilligende Belehrung wegen eines Pflichtverstoßes gegen § 11 Abs. 2 BORA. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Der Kläger wurde am 28. März 2012 von Frau G. W. mit der Vertretung in einer erbrechtlichen Angelegenheit mit vier Erben beauftragt. Mit Schreiben vom 21. März 2013 übersandte er Frau W. einen Erbauseinandersetzungsvertrag, nachdem ein erstes, ebenfalls diesen Vertrag enthaltendes Schreiben des Klägers vom 17. Dezember 2012 Frau W. nicht zugegangen war. Frau W. reichte mit Schreiben vom 31. März 2013 vier, ihr vom Kläger übermittelte Vertragsexemplare unterschrieben zurück und bat den Kläger bei der Zusendung der Vertragsexemplare an die beteiligten Parteien um Erwähnung, dass ihr der Vertrag erstmals am 23. März 2013 zugegangen sei. Daraufhin übersandte der Kläger, ohne dieser Bitte nachzukommen, die Vertragsexemplare mit Schreiben vom 5. April 2013 an die Gegenseite mit der Bitte um Rückübersendung dreier gegengezeichneter Ausfertigungen. Frau W. bat den Kläger mit ihm am 9. April 2013 zugegangenem Schreiben vom 8. April 2013 erneut, die Miterben über den Posteingang des Erbauseinandersetzungsvertrags am 23. März 2013 zu unterrichten. Weiterhin sei für sie die dreifache Ausfertigung des Vertrags als Rücksendung nicht verständlich. Sie bitte um Prüfung der Angelegenheiten. Der Kläger antwortete auf dieses Schreiben nicht. Am 21. April 2013 übersandte der neue Verfahrensbevollmächtigte von Frau W. dem Kläger per Telefax ein Kündigungsschreiben vom 18. April 2013 betreffend das Mandatsverhältnis mit Frau W. .
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Mit Schreiben vom 2. September 2013 beschwerte sich Frau W. bei der Beklagten über den Kläger. Nach Anhörung des Klägers belehrte ihn die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 19. März 2014 darüber, dass jede Anfrage eines Mandanten unverzüglich zu beantworten sei, unabhängig davon, ob diese als unwichtig angesehen werde. Sie warf ihm vor, gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen zu haben, indem er auf das Schreiben der Frau W. vom 8. April 2013 nicht geantwortet habe, obwohl diese um Erläuterung der Übersendung der dreifachen Ausfertigung des Vertrags gebeten habe.
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Gegen die ihm am 22. März 2014 zugestellte Belehrung vom 19. März 2014 hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen.
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Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung begehrt der Kläger weiterhin die Aufhebung des Bescheides vom 19. März 2014. Er ist der Auffassung, in dem Mandantenschreiben vom 8. April 2013 sei keine Anfrage gestellt worden, die zu beantworten gewesen sei. Auch die Ausführungen des Anwaltsgerichtshofs zur Unverzüglichkeit der Beantwortung einer Anfrage seien unzutreffend. Insofern sei von einer Mindestfrist von zwei Wochen auszugehen. Er habe sich vom 15.-17. April 2013 einem stationären Krankenhausaufenthalt unterziehen müssen. Daher habe er selbst unter Zugrundelegung der vom Anwaltsgerichtshof errechneten Frist von zehn Tagen nicht rechtzeitig reagieren können. Soweit der Anwaltsgerichtshof darauf abhebe, er, der Kläger, habe ohnehin nicht beabsichtigt, auf das Schreiben vom 8. April 2013 zu reagieren, führe dies zu einer Art "Gesinnungsstrafrecht", das in § 11 Abs. 2 BORA keinen Niederschlag finde.
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Der Anwaltsgerichtshof könne seine Entscheidung nicht auf den Vorwurf stützen, der Kläger habe des Weiteren gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen, weil er seiner Mandantin nicht erläutert habe, warum er ihrer Bitte, die Gegenseite vom verspäteten Zugang des Erbauseinandersetzungsvertrags in Kenntnis zu setzen, nicht nachgekommen sei. Denn dieser Vorwurf sei nicht Gegenstand der in dem angefochtenen Bescheid der Beklagten ausgesprochenen Missbilligung gewesen. Zudem handele es sich auch insoweit um keine Anfrage der Mandantin.
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Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Anwaltsgerichtshof habe das Schreiben der Mandantin des Klägers vom 8. April 2013 zutreffend als Anfrage im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA gewertet. Die Mandantin habe sowohl eine Erläuterung erwartet, warum der Kläger die Gegenseite um Rücksendung nur von drei unterzeichneten Ausfertigungen gebeten habe, als auch eine Begründung, warum er ihrer Bitte nicht nachgekommen sei, die Gegenseite über die erstmalige Zustellung des Erbauseinandersetzungsvertrags am 23. März 2013 zu informieren.
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Der Anwaltsgerichtshof sei auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger seine Pflicht zur unverzüglichen Beantwortung gemäß § 11 Abs. 2 BORA verletzt habe. Unverzüglich in diesem Sinne sei eine Beantwortung nur, wenn sie innerhalb einer Woche, spätestens innerhalb von zehn Tagen erfolge. Die vom Kläger vorgelegte Bestätigung des J. Krankenhauses B. über eine stationäre Behandlung vom 15.-17. April 2013 führe zu keiner anderen Sichtweise. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger vorgetragen habe, dass er eine Beantwortung der Anfrage seiner Mandantin nicht für erforderlich gehalten habe und die Anfrage nicht beantwortet hätte. Dabei handele es sich nicht um einen hypothetischen, sondern um einen tatsächlich festgestellten Verstoß gegen § 11 Abs. 2 BORA. Dies gelte auch, weil die Pflicht zur Beantwortung der im Rahmen des laufenden Mandats erfolgten Anfrage durch die Mandatskündigung nicht erledigt sei, sondern fortbestehe.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 2, 3 VwGO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.
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I.
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Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 112a Abs. 1, § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 42 VwGO) statthaft. Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO obliegt es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren. Gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 4 BRAO hat er die Erfüllung der den Kammermitgliedern obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben. Stellt der Vorstand einer Rechtsanwaltskammer in Wahrnehmung seiner Aufgaben fest, dass sich ein Rechtsanwalt berufswidrig verhalten hat, so kann er diesen auf die Rechtsauffassung der Kammer hinweisen und über den Inhalt seiner Berufspflichten belehren. Erteilt der Vorstand der Rechtsanwaltskammer einem Kammermitglied eine derartige missbilligende Belehrung, so stellt diese eine hoheitliche Maßnahme dar, die geeignet ist, den Rechtsanwalt in seinen Rechten zu beeinträchtigen; als solche ist sie anfechtbar (BGH, Beschluss vom 25. November 2002 - AnwZ (B) 41/02, BGHZ 153, 61, 62 f.; BGH, Urteile vom 26. Oktober 2015 - AnwZ (Brfg) 25/15, juris Rn. 9; vom 6. Juli 2015 - AnwZ (Brfg) 24/14, juris Rn. 11 und vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, AnwBl. 2012, 769 Rn. 5).
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II.
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Das im Bescheid der Beklagten vom 19. März 2014 beschriebene Verhalten des Klägers verstieß nicht gegen § 11 Abs. 2 BORA.
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1. Nach § 11 Abs. 2 BORA sind Anfragen des Mandanten unverzüglich zu beantworten. In dem angefochtenen Bescheid wirft die Beklagte dem Kläger vor, gegen § 11 Abs. 2 BORA verstoßen zu haben, indem er auf das Schreiben der Frau W. vom 8. April 2013 nicht geantwortet habe, obwohl diese um Erläuterung der Übersendung der dreifachen Ausfertigung des (Erbauseinandersetzungs-)Vertrags gebeten habe. Dieser Vorwurf ist nicht gerechtfertigt:
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a) Allerdings ist der Anwaltsgerichtshof zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Mandantenschreiben vom 8. April 2013 um eine Anfrage im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA handelt. Das darin geäußerte Unverständnis der dreifachen Vertragsausfertigung als Rücksendung und die hiermit verbundene Bitte um Prüfung der Angelegenheit ließen unmissverständlich erkennen, dass die Mandantin des Klägers von ihm nicht nur eine Prüfung, sondern anschließend auch eine Erklärung der Rücksendung von drei Vertragsausfertigungen und mithin eine Antwort erwartete. Eine besondere Satzstellung und die Verwendung eines Fragezeichens sind - entgegen der Auffassung des Klägers - zur Annahme einer "Anfrage" im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA nicht erforderlich. Vielmehr ist es ausreichend, wenn - wie vorliegend - aus der Äußerung des Mandanten deutlich wird, dass dieser eine Antwort des Rechtsanwalts erwartet.
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b) Dem Kläger ist jedoch nicht vorzuwerfen, die Anfrage seiner Mandantin vom 8. April 2013 nicht unverzüglich im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA beantwortet zu haben.
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Die Anfrage eines Mandanten wird unverzüglich beantwortet, wenn die Antwort ohne schuldhaftes Zögern erfolgt (§ 11 Abs. 2 BORA in Verbindung mit § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), d.h. nach Ablauf einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist (Zuck in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 43 BRAO/§ 11 BORA Rn. 18, 34; Schwärzer in Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl., § 11 BORA Rn. 5, 8; vgl. zu § 121 BGB: BGH, Beschluss vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 121 Rn. 3).
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aa) Vorliegend ist der Zeitraum vom 9. April 2013 (Dienstag; Zugang des Mandantenschreibens vom 8. April 2013) bis zum 21. April 2013 (Sonntag; Zugang der Mandatskündigung) zu betrachten.
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Jedenfalls aufgrund der konkreten Umstände des vorliegenden Falls hatte sich die an den Kläger zur dreifachen Vertragsausfertigung gestellte Anfrage der Mandantin mit der Beendigung des Mandats am 21. April 2013 erledigt (zur Frage, ob § 11 Abs. 2 BORA auch für nach Mandatsbeendigung erfolgende Anfragen von Mandanten gilt, vgl. Zuck aaO Rn. 32; Römermann/Günther in BeckOKBORA, § 11 Rn. 15 [01.01.2015]). Die Mandantin hatte bereits einen anderen Rechtsanwalt mandatiert und dürfte, nachdem der andere Rechtsanwalt nicht seinerseits die Anfrage aufgriff, vom Kläger keine Auskunft mehr erwartet haben, zumal die Erbsache - ausweislich ihres an die Beklagte gerichteten Schreibens vom 2. September 2013 - nach dem Anwaltswechsel innerhalb von drei bis vier Tagen abgeschlossen wurde.
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Ein hypothetisches Verhalten des Klägers in Gestalt einer von ihm von Anfang an beabsichtigten Nichtbeantwortung der Mandantenanfrage hat außer Betracht zu bleiben. Denn nur ein tatsächlich erfolgter objektiver Verstoß gegen die Pflicht aus § 11 Abs. 2 BORA, nicht hingegen ein lediglich subjektiv beabsichtigter, indes bis zur Erledigung der Pflicht mangels Zeitablaufs nicht begangener Verstoß vermag eine missbilligende Belehrung zu begründen.
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bb) Die Anfrage vom 8. April 2013 betreffend die Rücksendung von drei Vertragsausfertigungen war - entgegen der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs - nicht von besonderer Eilbedürftigkeit und Bedeutung. Zwar war, wie aus dem Schreiben vom 8. April 2013 erkennbar wird, die Information der anderen Erben über den erst späten Posteingang des Erbauseinandersetzungsvertrags bei der Mandantin des Klägers für letztere wichtig. Dies gilt indes nicht für die anlässlich des vorgenannten Anliegens eher beiläufig erfolgende Äußerung der Mandantin, "weiterhin" sei die dreifache Vertragsausfertigung als Rücksendung nicht verständlich. Der Kläger durfte diese Anfrage dahin verstehen, dass ihre Beantwortung nicht umgehend erwartet wurde.
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cc) Ob, wie die Beklagte meint, eine im Zeitraum vom 9.-21. April 2013 nicht erfolgte Antwort auf die Anfrage eines Mandanten als schuldhaft verzögert im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA in Verbindung mit § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen ist, kann offen bleiben. Denn eine nicht unverzüglich erfolgte Antwort ist vorliegend jedenfalls angesichts des Krankenhausaufenthalts des Klägers vom 15.-17. April 2013 zu verneinen. Der Kläger hat mit der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung die Ablichtung eines Schreibens des J. Krankenhauses B. vom 17. April 2013 vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass er sich dort vom 15.-17. April 2013 in stationärer Behandlung befand. Sein insoweit neuer Vortrag ist gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 128 Satz 2 VwGO zu berücksichtigen und dem Berufungsverfahren zugrunde zu legen.
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Angesichts der durch den Krankenhausaufenthalt bedingten Abwesenheit des Klägers ergibt sich im Hinblick auf seine Pflicht nach § 11 Abs. 2 BORA Folgendes:
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Die Beantwortung der - nicht besonders eilbedürftigen - Anfrage vom 8. April 2013 hatte, um das Erfordernis der Unverzüglichkeit im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA zu wahren, noch nicht bis zum Beginn des Krankenhausaufenthalts des Klägers am 15. April 2013, d.h. innerhalb von vier Tagen nach Eingang der Anfrage am 9. April 2013 bis Sonntag, den 14. April 2013, zu erfolgen.
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Ein schuldhaftes Zögern kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger nach Rückkehr aus dem Krankenhaus und Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 18. April 2013 (Donnerstag) nicht an diesem Tag und den folgenden zwei Tagen bis zum Zugang der Kündigung des Mandatsverhältnisses am Sonntag, dem 21. April 2013, die Anfrage seiner Mandantin beantwortet hat. Vielmehr wäre in Anbetracht des zu diesem Zeitpunkt seit dem Zugang der Anfrage verstrichenen Zeitraums von insgesamt sieben Tagen (unter Abzug der Dauer des Krankenhausaufenthalts), seiner Unterbrechung durch den Krankenhausaufenthalt und der fehlenden besonderen Eilbedürftigkeit der Anfrage zumindest eine Beantwortung am ersten Werktag der Folgewoche, d.h. am 22. April 2013, noch unverzüglich im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA gewesen. Ab diesem Tag war indes - wie ausgeführt - eine Beantwortung der Anfrage angesichts der zwischenzeitlich erfolgten Beendigung des Mandats und der Neumandatierung eines anderen Rechtsanwalts nicht mehr erforderlich.
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2. Soweit der Anwaltsgerichtshof dem Kläger vorwirft, er habe gegenüber seiner Mandantin auch nicht erläutert, warum er ihrer Bitte nicht entsprochen habe, die Gegenseite darauf hinzuweisen, dass ihr der Erbauseinandersetzungsvertrag erstmals per Post am 23. März 2013 zugegangen sei, ist bereits fraglich, ob es sich bei der Bitte der Mandantin überhaupt um eine Anfrage im Sinne von § 11 Abs. 2 BORA handelte und nicht um eine schlichte Handlungsanweisung. Der vorgenannte Vorwurf ist darüber hinaus nicht Gegenstand der missbilligenden Belehrung der Beklagten vom 19. März 2014. Er durfte daher vom Anwaltsgerichtshof im Rahmen der Prüfung der Begründetheit der missbilligenden Belehrung nicht herangezogen werden. Denn durch einen andernfalls erfolgenden Austausch der Begründung des angefochtenen Bescheids durch das Gericht erhielte der - an einen bestimmten Sachverhalt anknüpfende - Bescheid einen anderen Regelungsgehalt und würde in seinem Wesen verändert (vgl. zum unzulässigen Nachschieben von Gründen durch die (belehrende) Rechtsanwaltskammer: Senat, Urteil vom 23. April 2012 - AnwZ (Brfg) 35/11, AnwBl. 2012, 769 Rn. 16 f. mwN). Die mit einem nicht zutreffenden Verhaltensvorwurf begründete missbilligende Belehrung würde mit einem gänzlich neuen Verhaltensvorwurf aufrechterhalten. Ein solches Nachschieben von Gründen ist bereits nicht zulässig, wenn es seitens der Rechtsanwaltskammer erfolgt (Senat, Urteil vom 23. April 2012 aaO). Es ist erst recht nicht zulässig, wenn es im Anfechtungsprozess seitens des Gerichts vorgenommen wird (zu den Grenzen der "selbständigen Rechtsanwendung durch das Gericht" vgl. Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO Stand Mai 1997, § 113 Rn. 21, Fn. 112 mwN; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 113 Rn. 60).
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.
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Limperg Bünger Remmert
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Braeuer Merk
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Annotations
Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Der Anwaltsgerichtshof entscheidet im ersten Rechtszug über alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nach diesem Gesetz, nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Satzung einer Rechtsanwaltskammer oder der Bundesrechtsanwaltskammer, soweit nicht die Streitigkeiten anwaltsgerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (verwaltungsrechtliche Anwaltssachen).
(2) Der Bundesgerichtshof entscheidet über das Rechtsmittel
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der Berufung gegen Urteile des Anwaltsgerichtshofes, - 2.
der Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes.
(3) Der Bundesgerichtshof entscheidet in erster und letzter Instanz
- 1.
über Klagen, die Entscheidungen betreffen, die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder die Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof getroffen hat oder für die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder die Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof zuständig ist, - 2.
über die Nichtigkeit von Wahlen und Beschlüssen der Bundesrechtsanwaltskammer und der Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof.
(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.
(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.
(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Der Vorstand hat die ihm durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Ihm obliegen auch die der Rechtsanwaltskammer in diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse. Er hat die Belange der Kammer zu wahren und zu fördern.
(2) Dem Vorstand obliegt insbesondere,
- 1.
die Mitglieder der Kammer in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren; - 2.
auf Antrag bei Streitigkeiten unter den Mitgliedern der Kammer zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten; - 3.
auf Antrag bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern der Kammer und ihren Auftraggebern zu vermitteln; dies umfasst die Befugnis, Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten; - 4.
die Erfüllung der den Mitgliedern der Kammer obliegenden Pflichten zu überwachen und das Recht der Rüge zu handhaben; - 5.
Rechtsanwälte für die Ernennung zu Mitgliedern des Anwaltsgerichts und des Anwaltsgerichtshofes vorzuschlagen; - 6.
Vorschläge gemäß §§ 107 und 166 der Bundesrechtsanwaltskammer vorzulegen; - 7.
der Kammerversammlung über die Verwaltung des Vermögens jährlich Rechnung zu legen; - 8.
Gutachten zu erstatten, die eine Landesjustizverwaltung, ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde des Landes anfordert; - 9.
bei der Ausbildung und Prüfung der Studierenden und der Referendare mitzuwirken, insbesondere qualifizierte Arbeitsgemeinschaftsleiter und die anwaltlichen Mitglieder der juristischen Prüfungsausschüsse vorzuschlagen.
(3) In Beschwerdeverfahren setzt der Vorstand die Person, die die Beschwerde erhoben hatte von seiner Entscheidung in Kenntnis. Die Mitteilung erfolgt nach Abschluss des Verfahrens einschließlich des Einspruchsverfahrens und ist mit einer kurzen Darstellung der wesentlichen Gründe für die Entscheidung zu versehen. § 76 Absatz 1 bleibt unberührt. Die Mitteilung ist nicht anfechtbar.
(4) Der Vorstand kann die in Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Nr. 1 bis 3 und Absatz 3 bezeichneten Aufgaben einzelnen Mitgliedern des Vorstandes übertragen.
(5) Beantragt bei Streitigkeiten zwischen einem Mitglied der Rechtsanwaltskammer und seinem Auftraggeber der Auftraggeber ein Vermittlungsverfahren, so wird dieses eingeleitet, ohne dass es der Zustimmung des Mitglieds bedarf. Ein Schlichtungsvorschlag ist nur verbindlich, wenn er von beiden Seiten angenommen wird.
(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.
(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass der Anwaltsgerichtshof an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.
Das Oberverwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.
(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren enthält, gelten die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Der Anwaltsgerichtshof steht einem Oberverwaltungsgericht gleich; § 112e bleibt unberührt.
(2) Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter sowie die §§ 35, 36 und 47 der Verwaltungsgerichtsordnung sind nicht anzuwenden. Die Fristen des § 116 Abs. 2 und des § 117 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung betragen jeweils fünf Wochen.
(3) Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage endet abweichend von § 80b der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 des Gerichtskostengesetzes. Er wird von Amts wegen festgesetzt.
(2) In Verfahren, die Klagen auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder deren Rücknahme oder Widerruf betreffen, ist ein Streitwert von 50 000 Euro anzunehmen. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
(3) Die Festsetzung ist unanfechtbar; § 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.