Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - 7 B 14.24

bei uns veröffentlicht am14.05.2014

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. April 2013 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 29. Juni 2011 sowie des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2011 verpflichtet, die Kosten der Beförderung des Klägers zum „Kleinen privaten Lehrinstitut D...“ in München im Schuljahr 2011/2012 (Jahrgangsstufe 5 des staatlich anerkannten privaten Gymnasiums) zu übernehmen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der seit Geburt gehörlose Kläger (Träger von Cochlea-Implantaten; Grad der Behinderung: 100), wohnhaft in L., begehrt für das Schuljahr 2011/2012 vom Beklagten die Kostenfreiheit des Schulwegs für ein von ihm in der Jahrgangsstufe 5 besuchtes staatlich anerkanntes privates Gymnasium in M. („Kleines privates Lehrinstitut D.“).

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. Juni 2011 die von den Eltern des Klägers beantragte Übernahme der Beförderungskosten ab, weil es sich bei dem vom Kläger besuchten Gymnasium in M. nicht um die nächstgelegene Schule der gewählten Schulart handele. Das Gymnasium in M. biete dem Kläger zwar aufgrund der besonderen Förderung hörgeschädigter Kinder, der räumlichen und sachlichen Ausstattung sowie der pädagogischen Erfahrung der Lehrkräfte bessere Voraussetzungen für seine schulische Ausbildung als andere nähergelegene Gymnasien. Gleichwohl komme eine Übernahme der Beförderungskosten nach den Bestimmungen des Schülerbeförderungsrechts auch im Ermessenswege nicht in Betracht. Die durch die Körperbehinderung des Klägers verursachten Mehrkosten für seine schulische Ausbildung seien nicht vom Beklagten als Aufgabenträger des Schülerbeförderungsrechts, sondern durch den für die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff. SGB XII) zuständigen Aufgabenträger (den Beigeladenen) zu übernehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Bescheids verwiesen. Den Widerspruch gegen den Bescheid wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2011 als unbegründet zurück.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die auf Aufhebung der genannten Bescheide und Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Beförderungskosten für das Schuljahr 2011/2012 gerichtete Klage mit Urteil vom 16. April 2013 abgewiesen. Das vom Kläger besuchte Gymnasium sei weder das nächstgelegene Gymnasium noch weise es eine pädagogische oder weltanschauliche Eigenheit auf. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit der vom Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung wendet sich der Beigeladene gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht sehe zu Unrecht andere Gymnasien als nächstgelegene Schulen an, obwohl diese aus organisatorischen, baulichen und pädagogischen Gründen die schulische Ausbildung des Klägers nicht sicherstellen könnten. Das vom Kläger besuchte Gymnasium sei hingegen auf die Bedürfnisse behinderter Schüler ausgerichtet. Es weise damit eine besondere pädagogische Eigenheit auf.

Der Beigeladene beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. April 2013 sowie des Bescheids vom 29. Juni 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2011 zu verpflichten, die Kosten der Beförderung des Klägers zum Gymnasium in M. im Schuljahr 2011/2012 zu übernehmen.

Der Kläger schließt sich den Rechtsausführungen des Beigeladenen ohne eigene Antragstellung an.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Für den Aufgabenträger des Schülerbeförderungsrechts seien „klare“ Rechtsverhältnisse erforderlich. Die Frage, welche Schule ein behinderter Schüler besuchen solle, sei im Einzelfall zweckmäßigerweise vom Aufgabenträger der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zu prüfen.

Die Landesanwaltschaft Bayern führt als Vertreter des öffentlichen Interesses in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst im Berufungsverfahren aus, auf eine nächstgelegene Schule dürfe nur dann verwiesen werden, wenn diese Schule vom Schüler tatsächlich auch besucht werden könne. Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf könnten grundsätzlich gemeinsam an allen Schularten unterrichtet werden. Hierbei kämen individuelle Fördermaßnahmen durch Mobile sonderpädagogische Dienste oder Maßnahmen des Nachteilsausgleichs in Betracht. Soweit an öffentliche Gymnasien auf Antrag jedoch das Schulprofil „Inklusion“ (Art. 30b Abs. 3 BayEUG) vergeben werde, sei dies schülerbeförderungsrechtlich als pädagogische Eigenheit im Sinn des § 2 Abs. 3 der Schülerbeförderungsverordnung (SchBefV) anzuerkennen. Im Fall des vom Kläger besuchten privaten Gymnasiums könne von der tatsächlichen Existenz eines solchen Schulprofils aufgrund der pädagogischen, organisatorischen und sächlichen Gegebenheiten der Schule ausgegangen werden. Dieses besondere pädagogische Konzept habe bereits im Schuljahr 2011/2012 vorgelegen. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 SchBefV seien damit erfüllt. Die Berufung des Beigeladenen sei begründet.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Beigeladenen hat Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Kostenfreiheit des Schulwegs (Übernahme der Beförderungskosten) zu dem von ihm im Schuljahr 2011/2012 in der Jahrgangsstufe 5 besuchten staatlich anerkannten privaten Gymnasium in M. („Kleines privates Lehrinstitut D.“). Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. April 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 2011 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 11. Oktober 2011 sind infolgedessen aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, die streitgegenständlichen Beförderungskosten zu übernehmen.

1. Der Beklagte ist nach Maßgabe des Schülerbeförderungsrechts grundsätzlich nur verpflichtet, die notwendige Beförderung der Schüler auf dem Schulweg zur nächstgelegenen Schule sicherzustellen. Er soll die Beförderung zu einer anderen als der nächstgelegenen Schule jedoch dann übernehmen, wenn der Schüler diese Schule wegen ihrer pädagogischen oder weltanschaulichen Eigenheit besucht. Dies ist vorliegend der Fall.

a) Die Verordnung über die Schülerbeförderung (Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. September 1994 (GVBl S. 953, BayRS 2230-5-1-1-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. August 2012 (GVBl S. 443), regelt die näheren Voraussetzungen für die notwendige Beförderung der Schüler auf dem Schulweg nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (Schulwegkostenfreiheitsgesetz – SchKfrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 452, BayRS 2230-5-1-K], zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Juli 2012 (GVBl S. 344). Die notwendige Beförderung der Schüler auf dem Schulweg ist kraft Gesetzes (unter anderem) bei öffentlichen und staatlich anerkannten privaten Gymnasien bis einschließlich Jahrgangsstufe 10 Aufgabe der kreisfreien Stadt oder des Landkreises des gewöhnlichen Aufenthalts des Schülers (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG).

Die Beförderungspflicht besteht zum Pflicht- und Wahlpflichtunterricht der nächstgelegenen Schule (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SchBefV). Nächstgelegene Schule ist – nach der Definition des Verordnungsgebers – die Pflichtschule (Art. 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen [BayEUG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.5.2000 [GVBl S. 414, BayRS 2230-1-1-K], zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.7.2013 [GVBl S. 465]), die Schule, der der Schüler zugewiesen ist oder diejenige Schule der gewählten Schulart, Ausbildungs- und Fachrichtung, die mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreichbar ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SchBefV). Der Senat hat bereits entschieden, dass sich die Bestimmung einer Schule als nächstgelegen allein nach den in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SchBefV festgelegten Kriterien richtet (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.2013 – 7 B 12.2441 – BayVBl 2013, 439).

b) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass in der Nähe des Wohnorts des Klägers Schulen der gewählten Schulart, Ausbildungs- und Fachrichtung (Gymnasium mit sprachlicher sowie naturwissenschaftlich-technologischer Ausbildungsrichtung und Englisch als erster Fremdsprache) mit einem deutlich geringeren Beförderungsaufwand erreichbar sind. Das vom Kläger besuchte Gymnasium in M. ist danach nicht die nächstgelegene Schule. Der Einwand des Beigeladenen, die näher gelegenen Schulen könnten nach eigenen Angaben aus organisatorischen, baulichen und pädagogischen Gründen die schulische Ausbildung des Klägers nicht sicherstellen, führt vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Denn die nächstgelegene Schule kann sich dem Aufnahmewunsch eines Schülers mit sozialpädagogischem Förderbedarf nicht lediglich unter Hinweis auf bisher fehlende organisatorische, bauliche oder pädagogische Vorkehrungen zur Unterrichtung des Schülers entziehen.

aa) Der Gesetzgeber hat in Umsetzung des in Deutschland am 26. März 2009 in Kraft getretenen Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 (UN-Behindertenrechts-konvention; BGBl II 2008 S. 1419) mit Wirkung ab 1. August 2011 den inklusiven Unterricht als Aufgabe aller Schulen normiert (Art. 2 Abs. 2 BayEUG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 20.7.2011; GVBl S. 313). Die Neuregelungen haben insbesondere zum Gegenstand, dass Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam in Schulen aller Schularten unterrichtet werden können (Art. 30a Abs. 3 Satz 1 BayEUG), dass die inklusive Schule ein Ziel der Schulentwicklung aller Schulen ist (Art. 30b Abs. 1 BayEUG), dass die allgemeinen Schulen bei ihrer Aufgabe, Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu unterrichten, von den Förderschulen unterstützt werden (Art. 30a Abs. 3 Satz 2 BayEUG), dass einzelne Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der allgemeinen Schule unter Beachtung ihres Förderbedarfs unterrichtet und durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste unterstützt werden (Art. 30b Abs. 2 BayEUG) und die Aufnahme von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Sehen, Hören sowie körperliche und motorische Entwicklung in die allgemeine Schule zwar der Zustimmung des Schulaufwandsträgers bedarf, diese Zustimmung jedoch nur bei erheblichen Mehraufwendungen verweigert werden kann (Art. 30a Abs. 4 BayEUG). Der Gesetzgeber führt zur Begründung seiner Neuregelungen unter anderem aus:

„Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention ist es, die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen zu fördern und ihre Diskriminierung in der Gesellschaft zu unterbinden. Sie verpflichtet Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen. Dabei ist die Umsetzung der Konvention als gesamtgesellschaftliches, komplexes Vorhaben längerfristig und schrittweise angelegt. Die Umsetzung betrifft auch den Bereich schulischer Bildung. So verpflichtet die UN-Behindertenrechtskonvention zu einem inklusiven schulischen System, das gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern ermöglicht und dafür die notwendige Unterstützung leistet. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, den Zugang zum Unterricht in Grundschulen und weiterführenden Schulen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, sicherzustellen“ (vgl. LT-Drs. 16/8100 S. 1).

„In Bayern wurde mit der Reform des BayEUG im Jahr 2003 der Zugang zur allgemeinen Schule für die meisten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf rechtlich ermöglicht und bereits verschiedene Formen des gemeinsamen Unterrichts von Kindern und Jugendlichen mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf entwickelt. … Die Unterstützung von einzelnen Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen erfolgt durch Lehrkräfte für Sonderpädagogik oder auch Heilpädagogen im Wege des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes …“(vgl. LT-Drs. 16/8100 S. 3).

„Das Ziel eines inklusiven Schulsystems soll durch die Weiterentwicklung der Schulen zu inklusiven Schulen nach und nach erreicht werden. Neu ist der grundsätzlich gleichberechtigte Zugang zur allgemeinen Schule vor Ort. … Ausnahmen können nur noch aus Gründen des Kindeswohls oder aufgrund erheblicher Aufwendungen für den Schulaufwandsträger bestehen. Neu ist zudem, dass sich Schulen mit Zustimmung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde und des Schulaufwandsträgers das Schulprofil „Inklusion“ geben können. Bei den Schulen mit dem Schulprofil „Inklusion“ sind nicht nur einzelne Klassen, in denen Schülerinnen und Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden, sondern die ganze Schule im Blick, die auf der Grundlage eines gemeinsamen Bildungs- und Erziehungskonzepts in Unterricht und Schulleben individuelle Förderung und gemeinsames Lernen für alle Schülerinnen und Schüler eigenverantwortlich umsetzt ...“ (vgl. LT-Drs. 16/8100 S. 3).

bb) Der Beklagte hat im Berufungsverfahren auf die vor Inkrafttreten des genannten Änderungsgesetzes zum BayEUG eingeholte Stellungnahme des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes für Schwerhörige (MSD) vom 3. April 2011 hingewiesen, aus der sich ergibt, dass in Bayern nur an der Oberstufe eines Gymnasiums in München ein Förderschwerpunkt für Hörgeschädigte existiert. Der MSD sieht zwar bestimmte „Bedingungen“ für einen inklusiven Unterricht von Hörgeschädigten als „günstig“ an (optimale Raumakustik; kleine Klassenstärken; Lehrkräfte, die sich methodisch-didaktisch auf Schüler mit Behinderungen einstellen können), weist gleichzeitig jedoch darauf hin, dass auch nicht vorhersehbare subjektive Voraussetzungen den Erfolg einer inklusiven Beschulung beeinflussen können. In Oberbayern würden gegenwärtig etwa 100 hörgeschädigte Schüler vorwiegend an öffentlichen Gymnasien unterrichtet und könnten diese auch bis zum Abitur (erfolgreich) besuchen. Unter den Schülern befänden sich auch Träger von Cochlea-Implantaten. Der MSD macht in seiner Stellungnahme Vorschläge für eine Verbesserung der Aufnahmebedingungen an den wohnortnahen öffentlichen Gymnasien des Klägers (akustische Optimierung eines Klassenzimmers; Verringerung der Klassengröße, die durch zusätzliche Lehrerwochenstunden ermöglicht werden könne; Unterstützung der Schulen durch den MSD). Danach ist auch an diesen Gymnasien eine Unterrichtung des Klägers – unter Berücksichtigung der nach Maßgabe des BayEUG nunmehr vorgesehenen Unterstützungsmöglichkeiten – tatsächlich nicht ausgeschlossen. Der Senat sieht indes keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung, weil sich für den Kläger die Kostenfreiheit seines Schulwegs zum Gymnasium in M. eindeutig aus der Bestimmung des § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV ergibt.

c) Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV soll die Beförderung zu einer anderen als der nächstgelegenen Schule übernommen werden, wenn die Schüler diese Schule wegen ihrer pädagogischen oder weltanschaulichen Eigenheiten besuchen, insbesondere eine Tagesheimschule, eine Schule mit gebundenem oder offenem Ganztagsangebot, eine nicht-koedukative Schule oder eine Bekenntnisschule. Das Schulprofil „Inklusion“ (Art. 30b Abs. 3 BayEUG) stellt für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine pädagogische Eigenheit der Schule im Sinn dieser Bestimmung dar. Das „Kleine private Lehrinstitut D.“ weist aufgrund seiner pädagogischen, organisatorischen und sächlichen Gegebenheiten nach der fachlichen Beurteilung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde ein pädagogisches Konzept auf, welches diesem Schulprofil entspricht.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV, dessen Regelbeispiele nicht abschließend sind, eng auszulegen (vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 19.2.2013 – 7 B 12.2441 – BayVBl 2013, 439). Die Vorschrift will nur Schulen mit einem besonderen pädagogischen oder weltanschaulichen Konzept erfassen, das dem Unterricht in allen Klassen einen eigenständigen, an anderen Schulen auch nicht ansatzweise vorhandenen Charakter gibt und das die Schule damit – ohne eine eigenständige Ausbildungs- und Fachrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SchBefV zu begründen – deutlich von anderen vergleichbaren Schulen unterscheidet (BayVGH, U.v. 10.1.1996 – 7 B 94.1847 – VGH n.F. 49, 12/16). Diese Voraussetzung ist für Schüler mit entsprechendem Förderbedarf in Bezug auf Schulen, die das Schulprofil „Inklusion“ aufweisen, erfüllt.

Nach Maßgabe des Art. 30b Abs. 3 BayEUG können Schulen mit Zustimmung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde und der beteiligten Schulaufwandsträger das Schulprofil „Inklusion“ entwickeln. Eine Schule mit dem Schulprofil „Inklusion“ setzt auf der Grundlage eines gemeinsamen Bildungs- und Erziehungskonzepts in Unterricht und Schulleben individuelle Förderung für alle Schüler (mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf) um (Art. 30b Abs. 3 Satz 1 und 2 BayEUG). Die Schule mit dem Schulprofil „Inklusion“ nimmt die ganze Schule und nicht nur einzelne Klassen in den Fokus und macht sich die selbstverständliche Einbeziehung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf grundsätzlich in allen Förderschwerpunkten im Rahmen der Schulentwicklung zur Aufgabe. Sie trägt den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgrund ihres Schulprofils in Unterricht und Schulleben in besonderem Maße Rechnung (vgl. LT-Drs. 16/8100 S. 13). Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, das sowohl Normgeber für die Schülerbeförderungsverordnung als gleichzeitig auch zuständige Schulaufsichtsbehörde für Gymnasien ist (Art. 114 Abs. 1 Nr. 1 BayEUG), hat im Berufungsverfahren ausdrücklich bestätigt, dass Schulen, die das Schulprofil „Inklusion“ erfüllen, eine pädagogische Eigenheit im Sinn des Schülerbeförderungsrechts (§ 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV) aufweisen. Hierfür spricht im Übrigen auch, dass die Erziehungsberechtigten zur Erfüllung der Schulpflicht ihr Kind wahlweise an der Sprengelschule, einer Schule mit dem Schulprofil „Inklusion“ oder an der Förderschule anmelden können (Art. 41 Abs. 4 Satz 1 BayEUG). Das Staatsministerium hat weiter ausdrücklich bestätigt, dass das „Kleine private Lehrinstitut D.“, an dem Schüler mit unterschiedlichem sonderpädagogischem Förderbedarf neben nicht behinderten Schülern unterrichtet werden, auf der Grundlage eines gemeinsamen Bildungs- und Erziehungskonzepts in Unterricht und Schulleben, seiner besonderen räumlichen Situation sowie technischen und personellen Ausstattung die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, die an das (für öffentliche Schulen geltende) Schulprofil „Inklusion“ gestellt werden. Der Senat hat keinen Anlass, diese fachliche Beurteilung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde, die dem staatlich anerkannten privaten Gymnasium in M. die nach dem Schülerbeförderungsrecht geforderte pädagogische Eigenheit zuerkennt, in Zweifel zu ziehen.

bb) § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV ist eine Sollvorschrift, nach der die Kosten der Beförderung zu einer anderen als der nächstgelegenen Schule vom Aufgabenträger regelmäßig zu übernehmen sind, wenn der Schüler – wie vorliegend der Kläger – diese Schule wegen ihrer pädagogischen Eigenheit besucht. Eine Ausnahme von der hierdurch intendierten Kostenübernahme kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, dass sein Interesse der grundsätzlichen Klärung der Frage gilt, ob in Fällen der vorliegenden Art der Aufgabenträger des Schülerbeförderungsrechts oder der Aufgabenträger der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zur Übernahme der Beförderungskosten verpflichtet ist. Kommt das Gericht – wie vorliegend – zu dem Ergebnis, dass das „Kleine private Lehrinstitut D.“ eine pädagogische Eigenheit im Sinn des § 2 Abs. 3 Satz 1 SchBefV aufweist, hat der Beklagte bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu erkennen gegeben, „automatisch“ eine Pflicht zur Übernahme der Beförderungskosten anzuerkennen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren, weil dessen Rechtsmittel erfolgreich ist (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 11.000,- Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - 7 B 14.24

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.