Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2016 - L 2 U 371/14

published on 24/02/2016 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2016 - L 2 U 371/14
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Sozialgericht München, S 23 U 566/12, 15/07/2014

Gericht

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Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.07.2014 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin aufgrund der Folgen ihres Arbeits(wege)unfalls vom 02.09.2011 Anspruch auf weitere Heilbehandlung über den 29.12.2011 hinaus und auf Verletztenrente hat.

Die 1961 geborene Klägerin war Angestellte der X GmbH in S.

Am Freitag, dem 02.09.2011, erlitt die Klägerin zwischen 15.00 und 15.15 Uhr auf dem Weg von ihrer Arbeitsstelle nach Hause auf der R-Straße einen Verkehrsunfall. Sie musste an einer Kreuzung wegen entgegenkommenden Verkehrs anhalten, ein von hinten kommender Pkw fuhr auf ihren stehenden Pkw auf.

Am Dienstag, den 06.09.2011, stellte sich die Klägerin beim Durchgangsarzt (D-Arzt) und Chirurgen Dr. H. vor. Dieser stellte im Durchgangsarztbericht vom 06.09.2011 bei fehlenden äußeren Verletzungszeichen einen deutlichen Druckschmerz im Bereich der paravertralen Muskulatur der Halswirbelsäule (HWS), einen Druck- und Klopfschmerz über den Spinae vertebralis der oberen und mittleren HWS sowie eine schmerzhafte Einschränkung der Kopfbeweglichkeit fest, ohne neurologische Auffälligkeiten der oberen Extremitäten. Er diagnostizierte nach Ausschluss von knöchernen Verletzungen im Röntgenbild eine HWS-Distorsion.

Wegen zunehmender Beschwerden veranlasste Dr. H. am 27.09.2011 ein MRT. Das zeigte laut radiologischem Befund eine partielle retrophytär überbaute, breite mediolinkslaterale Prolapsbildung im Segment C 5/6 mit möglicher Irritation der zugehörigen linken Nervenwurzel, ein Wirbelkörperhämangiom (Blutschwämmchen) im 7. Halswirbelkörper (HWK), aber kein Knochenmarködem, keine Gefügestörung bei steilgestellter HWS, keine lokale Myelopathie und keinen Frakturnachweis bei unauffälligen Weichteilverhältnissen.

Arbeitsfähigkeit und das Ende der Behandlung stellte Dr. H. zum 01.10.2011 fest, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 0 v. H..

In einem weiteren Befundbericht vom 28.10.2011 nannte Dr. H. vermehrte Kopfschmerzen der Klägerin seit dem Unfall bzw. Schmerzen vom Nacken in das Hinterhaupt ziehend sowie Wetterfühligkeit bei noch verspannter und druckschmerzhafter HWS-Muskulatur, Druck- und Klopfschmerz über den Spinae vertebralis der unteren und mittleren HWS bei endgradig schmerzhafter, aber freier Bewegung von Kopf und HWS. Am 07.12.2011 war bei anhaltenden Schmerzen im Nackenbereich mit Ziehen zum Hinterhaupt die HWS-Muskulatur noch gering verspannt.

Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 21.12.2011 ein. Anschließend lehnte sie mit Bescheid vom 29.12.2011 einen Anspruch auf weitere Behandlungskosten bzw. einen Anspruch auf Verletztengeld ab 01.10.2011 ab. Nach den Untersuchungen, insbesondere dem MRT vom 27.09.2011, seien Unfallverletzungen zwischenzeitlich folgenlos verheilt. Unfallbedingte Verletzungen an Knochen, Knorpeln, Muskeln, Sehnen, Bändern oder sonstigen Weichteilen lägen nicht vor. Noch bestehende Beschwerden seien mit Sicherheit auf degenerative Veränderungen bzw. Erkrankungen zurückzuführen.

Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 03.01.2012, eingegangen am 04.01.2012, wies die Klägerin insbesondere auf seit dem Unfall bestehende erhebliche Beschwerden bei extrem verhärteten Muskeln an Hals, Kopf und Oberkörper hin. Während sie vor dem Unfall sportlich sehr aktiv gewesen sei, müsse sie nun teilweise schon nach 200 m wieder umdrehen, sei wie komplett ausgeschaltet, spüre jeden Schritt wie einen Hammerschlag auf den Kopf, könne keine Gewichte über 3 kg tragen und habe Schluckbeschwerden in Form von Muskelbeschwerden vorn am Hals. Sie bat um Prüfung, ob Kosten für wöchentliche Feldenkrais-Gymnastik übernommen werden könnten. Mit Schreiben vom 12.02.2012 teilte die Klägerin eine Besserung mit und bot eine Rücknahme des Widerspruchs an, wenn die Beklagte Kosten für Feldenkrais und das kinesiologische Taping übernehmen würde. Auf die vorgelegten Quittungen und Unterlagen wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 10.05.2012 hat die Klägerin auf weiterbestehende Beschwerden hingewiesen; so habe sie nach einer Gehzeit von einer bis eineinhalb Stunden nicht mehr richtig denken können und Nacken- und Kopfschmerzen auch an den Folgetagen gehabt mit Einschränkung der Leistungsfähigkeit.

Mit Bescheid vom 27.04.2012 übernahm die Beklagte 87,60 Euro Fahrtkosten zu Behandlungen.

Die Beklagte zog bildgebende Befunde und ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei und holte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Prof.

Dr. H. vom 19.03.2012 ein. Dieser führte aus, dass im MRT keine Anzeichen für frische Verletzungen an der HWS ersichtlich seien, angesichts fehlender Knochenmarködeme, fehlender Frakturnachweise und bei unauffälligen Weichteilverhältnissen ohne Zeichen für Einblutungen. Der Bandscheibenprolaps im Segment C5/6 sei angesichts der retrophytären Überbauung nicht frisch. Ein tatsächlicher Nachweis für die im Bescheid angenommene Halsweichteilzerrung gehe aus dem MRT nicht hervor; weitergehende Verletzungen bestünden jedenfalls nicht.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2012 als unbegründet zurück.

Mit ihrer am 22.06.2012 beim Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage (Az. S 23 U 328/12) hat die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme weiterer Behandlungskosten geltend gemacht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie erst seit dem Unfall unter erheblichen Schmerzen an Kopf und Nacken, Geräuschphänomenen, Schwellungsgefühl in der Gesichtsregion, Gedächtnisstörungen und Zervicobrachialgien mit Gefühlsstörungen in den Händen leide und schon der zeitliche Zusammenhang für die Unfallkausalität spräche. Sie hat sich insbesondere auf ein kinetisch positionales MRT von Dr. F. vom 13.06.2012 gestützt.

Dr. F. hat zusammenfassend insbesondere einen deutlich links exzentrisch dezentrierten Dens axis in Neutralstellung festgestellt, eine funktionell zunehmende Dezentrierung jeweils zur Gegenseite bei Kippung und Drehung als Ausdruck einer kraniozervikalen Instabilität bei eingeschränkter Kopfgelenksbeweglichkeit, deutlich narbige Strukturveränderungen in den Ligamenta alaria beidseits, densnah betonte Strukturauflockerungen und Bandverplumpungen sowie ein linksseitig narbig verdicktes, rechtsseitig ausgedünntes Ligamentum transversum atlantis, narbig-fibrotische Veränderungen im Bereich der Densspitze mit begleitender Verdickung der hinteren dentalen Kapselstrukturen und eine mittelgradig verschmälerte subarachnoidale Pufferzone. Diese Befundkonstellation sei durchaus vereinbar mit einer posttraumatischen Verletzungsfolge nach Kopf-Hals-Trauma.

Mit Bescheid vom 07.08.2012 lehnte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Verletztenrente ab. Die Zerrung der HWS sei folgenlos ausgeheilt. Nicht als Unfallfolgen anerkannt würden der Bandscheibenvorfall im Segment C 5/6 und das Wirbelkörperhämangiom im Bereich des 7. HWK. Den auf das MRT von Dr. F. gestützten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. H. vom 21.08.2012 mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2012 als unbegründet zurück. Zeitnah zum Unfall seien discoligamentäre Verletzungen im Bereich der HWS ausgeschlossen worden. Die These, dass geringfügige Unfallereignisse zu isolierter Läsion der Ligamenta alaria führen könnten, sei eine Außenseitermeinung, die durch wissenschaftliche Studien eindeutig widerlegt worden sei, wie der Beitrag von Prof. Dr. T. (MedSach 108 2/2012) zeige. Eine HWS-Zerrung ersten Grades heile folgenlos aus und verursache auch unter Berücksichtigung der Verschlimmerung vorbestehender Leiden nur kurze Behandlungsbedürftigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit.

Dagegen hat die Klägerin am 27.09.2012 eine auf Verletztenrente gerichtete weitere Klage beim SG erhoben (Az. S 23 U 566/12).

Das SG hat mit Beschluss vom 18.10.2012 die beiden Verfahren verbunden, bildgebende Befunde und die Akte der Y. Versicherung beigezogen sowie Befundberichte der Neurologin Dr. v. B. vom 13.09.2012 und des Neurologen Dr. B. vom 11.09.2012 eingeholt. Diese haben keine neurologischen Auffälligkeiten (z. B. hinsichtlich Reflexe, Hirnnerven, Sensibilität) feststellen können bei deutlichem Muskelhartspann und Druckschmerz an den lokalen Ansatzpunkten. Sie haben ein chronisches Schmerzsyndrom, einen Z.n. HWS-Distorsion sowie Verdacht auf somatoforme Störung und Panikattacken diagnostiziert. Die Klägerin hat u. a. Beschwerden nach längerem Gehen, Einschränkungen bei sportlicher Betätigung, kognitive Einbußen mit Konzentrationsstörungen, Denkhemmung, plötzliche Blockadegefühle, einen Tunnelblick und Panikattacken geschildert.

Die Beklagte hat sich auf eine beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. H. vom 02.10.2012 und den Aufsatz von Prof. Dr. Thomann „Distorsion der HWS und isolierte Verletzung der Ligamenta alaria“ (MedSach 2012) berufen. Prof. Dr. H. hat insbesondere dargelegt, dass das MRT keine Gefügestörung bei steilgestellter HWS gezeigt habe und sich aus dem MRT von Dr. F. keine andere Beurteilung ergebe.

Die Klägerin hat einen Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. O. vom 06.11.2012 vorgelegt. Dieser hat Anhaltspunkte für neurologische Symptome infolge craniozervikaler Irritation durch Dens axis verneint; ZNS-Symptome wie die geschilderten Denkblockaden seien hier neurologisch nicht strukturell zu erklären. Dagegen sei der Befund vereinbar mit okzipitonuchalen Schmerzen, zervicogenen Kopf- und Nackenschmerzen, eingeschränkter HWS-Beweglichkeit und erhöhtem paravertebralen Muskeltonus sowie mit sekundären psychosomatischen Symptomen wie ängstliches Vermeidungsverhalten und sekundäre Schmerzverstärkung.

Das SG hat ein Gutachten des Orthopäden Dr. G. eingeholt, der nach ambulanter Untersuchung in seinem Gutachten vom 23.02.2013 als Unfallverletzung eine fragliche geringgradige Zerrverletzung der HWS ohne nachweisbare strukturelle traumatische Schädigung gesehen hat. Bereits vor dem Unfall hätten degenerative Veränderungen mit teilweise verknöchertem Bandscheibenvorfall im Segment HWK 5/6 sowie ein anlagebedingtes Wirbelkörperhämangiom im 7. HWK bestanden. Nach dem Unfall habe auch nach Angaben der Klägerin bei Untersuchung ein beschwerdefreies Intervall von einigen Tagen vorgelegen, mit zunächst Ziehen im Nacken und mit Beschwerdezunahme etwa 14 Tage später mit Unwohlsein, Steifigkeit, Schlappheit, Antriebsarmut, Kopfschmerzen und Schwindel. Ausstrahlende Beschwerden in die Extremitäten (z. B. Sensibilitätsstörungen, Schwäche in den Armen) hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Das Erstschadensbild vier Tage nach dem Unfall habe eine unspezifische HWS-Symptomatik gezeigt, ohne neurologische Ausfälle und ohne relevante vegetative Begleitsymptomatik, im Sinne einer leichten Zerrung ohne schwerwiegendere - insbesondere discoligamentäre oder knöcherne - Verletzungen. Auch das MRT vom 27.09.2011 habe keine Hinweise für diskoligamentäre weichteilige Verletzungen gezeigt, sondern nur Hinweise auf vorbestehende Verschleißprozesse. Der Bandscheibenvorfall sei u. a. angesichts der teilweisen Verknöcherung vorbestehend; solche Verknöcherungen könnten sich erst über etliche Monate entwickeln. Die MRT-Aufnahmen vom 13.06.2012 seien gemeinsam mit der Radiologin

Dr. H. ausgewertet worden. Dabei könnten die Veränderungen an den Ligamenta alaria bzw. des Ligamentum transversum nicht als posttraumatisch gewertet werden; hier zeige sich lediglich eine physiologische Kaliberschwankung im Bandverlauf bei unauffälligem atlantooccipitalen Übergang. Die beschriebene leicht asymmetrische Stellung des Dens axis sei durchaus als Normvariante zu werten mit erkennbarem physiologischen Bewegungsspiel in den Funktionsaufnahmen. Eine Verletzung von Ligamenta alaria sei nur bei zusätzlichen knöchernen und ligamentären Verletzungen zu erwarten mit dann ausgeprägter sofortiger Symptomatik. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit könnten nur bis 30.09.2011 angenommen werden. Es handele sich um eine HWS-Distorsion Grad 0-1 nach Schröter, die keine Arbeitsunfähigkeit erwarten lasse. Eine MdE lasse sich bei fehlendem Nachweis struktureller Verletzungszeichen in der durchgeführten bildgebenden Diagnostik und der unspezifischen unfallzeitpunktnahen Befunderhebung nicht ermitteln.

Der von der Klägerin zuerst als Sachverständiger nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) benannte und beauftragte, sie behandelnde Arzt für Naturheilverfahren Dr. A. hat wegen eigener Erkrankung um Entbindung vom Gutachtensauftrag gebeten. Mit Stellungnahme vom 13.08.2013 hat er aber ausgeführt, dass die Beschwerden der Klägerin -Schmerzen und generelle Leistungseinschränkung - wegen des MRT von Dr. F. als Unfallfolge zu würdigen seien. Die im MRT beschriebenen Ligamentverletzungen seien typische Folgen von HWS-Schleudertraumen. Aufgrund dieser Instabilitäten könne es immer wieder zu zentralen nervösen Störungen, medullären Symptomen, Kleinhirnirritation mit Mikrozirkulationsstörungen kommen; in der Literatur würden diverse Symptome damit erklärt wie brennende oder ziehende Okzipitalschmerzen, Geruchsstörungen, Tinnitus und psychische Störungen.

Vorgelegt worden sind ein weiteres kinetisch positionales MRT von Dr. F. vom 08.08.2013, das keinen Befundwandel im Vergleich zum Vorbefund vom 13.06.2012 gezeigt hat, und ein Funktions-CT des craniocervikalen Übergangs des Radiologen

Dr. F. vom 09.12.2013, der eine für HWS-Beschleunigungsverletzungen typische funktionelle Störung der Kopf-Hals-Gelenke genannt hat. Folge eines erhöhten Tonus der links am Atlas ansetzenden Muskulatur sei die Dezentrierung des Atlasrings gegenüber dem Dens nach links; Folge weiterer muskulärer Fehlfunktionen seien eine Hypomobilität in den Atlanto-Ocipital- sowie Atlanto-Axial-Gelenken und eingeschränkte Rotation in den C2/3- und C3/4-Gelenken.

Das SG hat auf Antrag der Klägerin ein Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Prof. Dr. W. gemäß § 109 SGG eingeholt. In seinem Gutachten vom 04.02.2014 hat Prof. Dr. W. eine posttraumatische Instabilität am cranocervicalen Übergang bei cervicalem Syndrom auf den Unfall zurückgeführt. Diese Verletzungsfolgen würden sich einer normalen MRT-Untersuchung entziehen, seien aber im Funktions-CT und in den positionalen Kernspintomographien nachgewiesen. Die klinische Instabilität könne nur von einem erfahrenen manualtherapeutischen Arzt nachgewiesen werden, wie z. B. Dr. T.. Dagegen sei der Bandscheibenvorfall knöchern überbaut und alt; er habe weder vor noch nach dem Unfall zu irgendwelchen Beschwerden geführt. Bei Untersuchung durch Prof. Dr. W. hat die Klägerin nun angegeben, sie habe sofort nach dem Unfall Schmerzen im Bereich von Kopf und Nacken gehabt, sei aber erst am Montag zum Hausarzt gegangen. Die Beschwerden hätten dann zwei Wochen nach dem Unfall zugenommen. Prof. Dr. W. hat unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit für 12 Wochen angenommen, eine auf Dauer bestehende Behandlungsbedürftigkeit und eine MdE in Höhe von 20 v. H.

Die Beklagte hat mit Stellungnahme vom 11.03.2014 eingewandt, dass der Beweis einer strukturellen Verletzung hier nicht im Vollbeweis geführt werden könne, gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. H. vom 05.03.2014. Prof.

Dr. H. hat moniert, dass eine Verletzung im Vollbeweis nachgewiesen sein müsse, eine ligamentäre Instabilität nicht bewiesen und ein cervicocephales Syndrom keine Diagnose sei. Die MdE von 20 v. H. werde nicht begründet; in der zitierten Literatur von Rompe sei kein cervicocephales Syndrom erfasst. Das Gutachten orientiere sich am Rande der Schulmedizin.

Dr. G. hat in seiner vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2014 dargelegt, dass schon fraglich sei, ob eine solche Aufprallwucht bestanden habe, dass solche Verletzungen der Bänder eintreten könnten. Die Nachbefundung der Aufnahmen mit der erfahrenen Radiologin hätten aber keinerlei Hinweise auf posttraumatische Veränderungen gezeigt, weder im Bereich der Ligamenta alaria noch im Bereich des Ligamentum transversum, bei unauffälligem atlantooccipitalen Übergang und einer Normvariante mit leicht asymmetrischer Position des Dens axis bei klar erkennbarem physiologischen Bewegungsspiel des Dens axis in den verfügbaren Funktionsaufnahmen. Manualtherapeutische Befunde besäßen in Begutachtungen keinerlei aussagekräftige Reliabilität.

Die Klägerin hat einen Arztbrief ihres behandelnden Chirotherapeuten, Akupunkteur und Kinesiologen Dr. G. vom 24.01.2014 und einen Bericht des Orthopäden und Chirotherapeuten Dr. T. vom 17.01.2014 vorgelegt. Dr. G. hat die Beschwerden - Konzentrations- und Denkstörungen, Panikzustände, verstärkte Müdigkeit, Spannungskopfschmerz, allgemeine Muskelverspannung, Stirnkopfschmerz - in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall gesehen, weil sie zuvor nicht vorhanden gewesen seien. Objektive neurologische Befunde hätten nicht vorgelegen, aber rezidivierende zervikale und thorakale Muskelverspannungen und Wirbelsäulen- sowie Rippenblockaden, die Spannungskopfschmerzen und Haltungsunsicherheit auslösen würden.

Dr. T. hat ausgeführt, dass die Beschwerden der Klägerin (u. a. Wortfindungsstörungen, hohe Empfindlichkeit auf Stress, Konzentrationsstörungen etc.) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 02.09.2011 zurückgeführt werden könnten, da vor dem Unfall Beschwerdefreiheit bestanden habe, konkurrierende Erkrankungen nicht bestünden und psychovegetative und kognitive Alterationen mögliche Symptome einer Kopfgelenksstörung seien. Die funktionelle Bewegungsinstabilität mit Strukturunregelmäßigkeiten der Kopfgelenksbänder und Funktionsstörung im funktionellen CT würden eine Bewegungsstörung der HWS belegen.

Prof. Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12.05.2014 an seiner Beurteilung festgehalten. Nachgewiesen seien Instabilität und Bewegungsstörungen im Bereich der Kopfgelenke durch die eigene manualdiagnostische Untersuchung. Eine Harmlosigkeitsgrenze für ein Trauma gebe es weder biomechanisch noch statistisch. Das cervicocephale Syndrom sei durchaus eine Diagnose und umfasse vornehmlich Schmerzen, Degenerationen und posttraumatische Veränderungen der oberen HWS mit Ausstrahlung in den Kopf.

Das SG hat im Urteil vom 15.07.2014 sowohl die Klage auf Verletztenrente als auch die Klage auf weitere Behandlungskosten abgewiesen und ist der Beurteilung von Dr. G. gefolgt. Die Klägerin habe zwar unfallbedingt eine Zerrverletzung der HWS Grad 0-1 nach der Klassifikation von F. Schröter erlitten; diese sei aber spätestens zum 30.09.2011 ausgeheilt gewesen. Strukturelle Läsionen im Bereich der HWS seien klinisch und bildgebend ausgeschlossen worden. Eine unfallbedingte Substanzschädigung könne weder an Knochen, Bändern noch an Bandscheiben im Bereich der HWS begründet werden. Als ausschlaggebend hat das SG das zeitnah zum Unfall gefertigte MRT vom 27.09.2011 gesehen, das keinen Hinweis auf eine knöcherne oder discoligamentäre Verletzung enthalte. Angesichts der leichten HWS-Distorsion Grad 0-1 nach Schröter ohne Nachweis struktureller unfallbedingter Schäden sei die Beschwerdesymptomatik auf wenige Wochen begrenzt. Diese Qualifizierung entspreche auch dem zeitlich verzögerten Auftreten der Beschwerden nach vier Tagen, der fehlenden Ausstrahlung in die Arme und der Zunahme psychovegetativer Beschwerden in den darauffolgenden Wochen. Das Gutachten von Prof. Dr. W. überzeuge nicht. Dieser habe sich weder mit dem Gutachten von Dr. G. auseinandergesetzt noch Stellung zu den gängigen Klassifikationen des Schweregrades von HWS-Distorsionen nach Schröter, Erdmann oder Quebec Task Force (QTF) genommen, die alle nach den hier dokumentierten Erstbefunden höchstens einen Schweregrad I bedingen würden, so dass keine rentenberechtigende MdE bestünde. Auf die Fachliteratur hat das SG hingewiesen. Unklar bleibe nach dem Gutachten von Prof. Dr. W., aus welchem Erstschaden die Instabilität als Unfallfolge abgeleitet werde.

Dr. T., auf den sich Prof. W. stütze, habe selbst dargelegt, dass ein sogenanntes Upright-Kernspintomogramm noch keine Standarduntersuchung sei und die Objektivierung problematisch sei. Zudem gehe Prof. Dr. W. fälschlicherweise davon aus, dass die Beklagte den Nachweis für andere Beschwerdeursachen führen müsse. Die Beweislast für das Vorliegen von Unfallfolgen obliege jedoch der Klägerin, die hieraus Rechte ableiten wolle.

Das SG hat darauf hingewiesen, dass die Feststellung von Unfallfolgen nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu erfolgen habe. Die herrschende Meinung gehe nach wie vor davon aus, dass für dauerhafte Schäden nach HWS-Distorsion im Rahmen eines sogenannten Beschleunigungstraumas auch ein morphologisches Substrat bestehen müsse. Diesem Erkenntnisstand entspreche das Gutachten von Dr. G., nicht aber das Gutachten von Prof. Dr. W.

Gegen das am 11.08.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.09.2014 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Auf die Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 24.10.2014, vom 07.11.2014, vom 28.01.2015 und vom 04.03.2015 sowie das Schreiben der Beklagten vom 28.11.2014 wird verwiesen.

Im Wesentlichen hat der Klägerbevollmächtigte vorgetragen, dass im normalen MRT die Ligamente der Kopfgelenksebene nicht abgebildet würden und insoweit die funktionellen Aufnahmen von Dr. F. und Dr. F. entscheidend seien. Prof. Dr. W. sei zu folgen. Beklagte und SG würden sich ausschließlich auf die Meinung der Schulmedizin stützen und sich nicht mit der davon abweichenden Meinung von immerhin vier Fachärzten auseinandersetzen. Die Manualtherapie sei keine Außenseitermethode. Zu Unrecht habe das SG Prof. Dr. W. eine Beweislastumkehr zugeschrieben. Die Reparaturkosten am Fahrzeug von insgesamt 6.840,75 Euro sprächen gegen die Annahme nur kleinerer Blechschäden bzw. einer unwesentlichen Geschwindigkeitsänderung beim Unfall durch Dr. G.. Die Klägerin habe sich auch nach dem 30.09.2011 medizinisch wegen Unfallfolgen behandeln lassen. Die MdE betrage wenigstens 20 v. H. auf Dauer. Auf die beigefügten Rechnungen zu Heilbehandlungskosten wird verwiesen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen eingewandt, dass der Erstschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein müsse und der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv vom Sachverständigen festgestellt werden müsse (BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R), auf Basis des neuesten Erkenntnisstandes der medizinischen Wissenschaft (BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R). Nach aktuellem Stand der medizinischen Wissenschaft könne eine HWS-Zerrung aber nicht zur isolierten Läsion der Ligamenta alaria führen. Isolierte discoligamentäre Läsionen seien extrem selten und hier nicht nachgewiesen angesichts der Erstbefunde ohne Hinweise für neurologische Ausfälle und angesichts des MRT vom 27.09.2011. Hier liege allenfalls eine Zerrung der HWS mit Schweregrad 1 vor, was unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit längstens etwa einen Monat und keine MdE in rentenberechtigender Höhe bedinge. Hier habe die Beklagte Behandlungsbedürftigkeit von fast vier Monaten akzeptiert. Das Gutachten von Dr. G. sei schlüssig und stehe im Einklang mit der medizinischen Wissenschaft. Dr. F. vertrete eine Außenseitermeinung. Sofern er eine Vereinbarkeit mit einer posttraumatischen Verletzungsfolge annehme, sei damit der Vollbeweis einer strukturellen Läsion nicht erbracht. Außerdem sei mehr als acht Monate nach dem Unfall keine exakte zeitliche Zuordnung mehr möglich. Zu den Behandlungskosten hat die Beklagte ausgeführt, dass diese außerhalb des anerkannten Behandlungszeitraums entstanden seien, dass es für die Erstattung alternativer Behandlungsmethoden keine Rechtsgrundlage gebe, dass für Medikamente und Hilfsmittel ärztliche Verordnungen erforderlich seien und dass die Erstattung bei Privatrechnungen nur in Höhe der Sätze nach UV-GOÄ erfolge. Generell ausgeschlossen seien das Seminar Feldenkrais-Methode, Wärmestofftiere, Bion-Pads sowie diverse Nahrungsergänzungsmittel, Heilpraktiker und die Bioresonanztherapie.

In der mündlichen Verhandlung am 24.02.2016 hat die Klägerin nochmals den Unfallhergang geschildert und die Gutachten sind mit den Beteiligten erörtert worden. Die Klägerin hat klargestellt, dass ärztliche Verordnungen hinsichtlich „Thermacare“ und dem Feldenkrais-Seminar nicht vorgelegen hatten.

Der Klägerbevollmächtigte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.07.2014 aufzuheben, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2012 zu verurteilen, weitere Behandlungskosten aus dem Arbeitsunfall vom 02.09.2011 entsprechend der im Berufungsverfahren vorgelegten Belege zu erstatten, und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2012 zu verurteilen, der Klägerin nach dem Arbeitsunfall vom 02.09.2011 eine Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 20 v. H. zu gewähren.

Der Beklagtenvertreter beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und auf die Akte des LSG Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe

A) Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung erweist sich als unbegründet. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 02.09.2011 noch auf weitere Heilbehandlung von Unfallfolgen über den 29.12.2011 hinaus.

1. Die form- und fristgerecht erhobenen Klagen in Form der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG sind unbegründet, soweit die Beklagte im Bescheid vom 07.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2012 einen Anspruch der Klägerin auf Verletztenrente abgelehnt hat.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Mindern die Folgen des Versicherungsfalles die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H., besteht für den Versicherungsfall gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundersätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 3

Satz 2 SGB VII wird bei einer MdE Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht.

Aus dem von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall der Klägerin vom 02.09.2011 resultieren aber über die 26. Woche hinaus nach Überzeugung des Senats keine Unfallfolgen, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) begründen.

Gesundheitsstörungen, die wesentlich durch das Unfallereignis (mit-) verursacht worden sind, sind als Gesundheitserstschäden Tatbestandsvoraussetzung eines Arbeitsunfalls nach § 8 Abs. 1 SGB VII. Unfallfolgen wiederum sind Gesundheitsstörungen, die wesentlich durch diese unfallbedingten Gesundheitserstschäden verursacht worden sind.

Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr. 12), die auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht. Danach ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf. neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung muss eine Wirkursache (ggf. neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens und der Gesundheitserstschaden muss (ggf. neben anderen Wirkursachen) für die Unfallfolgen sein (vgl. hierzu BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - Juris RdNr. 56). Als rechtserheblich werden aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben.

Welche Ursache wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (vgl. BSG vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr. 12). Außerdem gründet die Beurteilung auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand über Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (vgl. BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris RdNr. 17). Gesichtspunkte für die Beurteilung sind neben der versicherten Ursache als solcher, einschließlich Art und Ausmaß der Einwirkung, u. a. die konkurrierende Ursache (nach Art und Ausmaß), der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte (vgl. BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris RdNr. 16).

Für die Beurteilung eines Wirkungszusammenhangs reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus; vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens als Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung zugrunde zu legen (vgl. BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - Juris RdNr. 61). Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fachbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche „herrschende Meinung“ nicht feststellen, so darf der Richter nicht als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären (vgl. BSG ebenda). Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc. kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (vgl. BSG ebenda unter Abgrenzung zum Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris RdNr. 18).

Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich, Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und andere wissenschaftliche Veröffentlichungen (vgl. hierzu BSG vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - Juris RdNr. 68). Grundlegende und fundierte Zweifel seitens der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler können einem wissenschaftlichem Erkenntnisstand den Boden entziehen; einzelne Gegenstimmen sind dazu aber nicht geeignet (vgl. hierzu auch BSG vom 23.04.2015 - B 2 U 10/14 R - Juris RdNr. 22).

Soweit der Klägerbevollmächtigte moniert hat, die Beurteilung von SG und Beklagter stütze sich ausschließlich auf die Meinung der „Schulmedizin“, ist folglich ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich die Beurteilung der Ursachenzusammenhänge nach der BSG-Rechtsprechung auf die herrschende wissenschaftliche Lehrmeinung zu den Ursachenzusammenhängen stützen muss und damit auf die Ansicht der Mehrheit der im Fachbereich veröffentlichen Wissenschaftler (vgl. hierzu bereits das Urteil des Senats vom 08.02.2012 - L 2 U 80/10 - Juris RdNr. 66).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes ist zu beachten, dass das Vorliegen eines Gesundheits(erst)schadens bzw. eines Gesundheitsfolgeschadens (Unfallfolgen) im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen muss, während für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserst- bzw. -folgeschaden die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit genügt (vgl. BSG vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris RdNr. 16).

Der Senat schließt sich der Einschätzung des SG an, dass das Unfallereignis am 02.09.2011 bei der Klägerin lediglich eine leichte HWS-Zerrung Grad 0-1 nach Schröter bzw. Grad 1 nach Erdmann oder Quebec Tasc Force verursacht hat. Der Senat nimmt auf die entsprechenden Ausführungen im SG-Urteil Bezug, die auf das Gutachten von Dr. G. unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Literatur wie Schönberger/Mehrtens/Valentin, „Arbeitsunfall und Berufskrankheit“ 8. Auflage Bl. 465 ff. sowie den Aufsatz von Thomann (MedSach 2012) gestützt sind.

Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Weitergehende Gesundheitserstschäden über eine leichte Zerrung der HWS-Muskulatur bzw. eine solche HWS-Distorsion Grad 1 hinaus sind nach den vorliegenden Unterlagen und Gutachten nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Weder sind Bandverletzungen im Bereich der Ligamenta alaria bzw. des Ligamentum transversum im Vollbeweis nachgewiesen noch eine krankheitswertige Asymmetrie des Dens axis bzw. eine Gefügestörung.

Dr. G. hat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass weder Erstschadensbild noch Beschwerdeverlauf noch bildgebende Befunde einschließlich des von Dr. F. gefertigten MRT vom 13.06.2012 - allein oder in der Gesamtschau - entsprechende Gesundheitsstörungen belegen.

So hat das Erstschadensbild am 06.09.2011 - vier Tage nach dem Unfall - laut Dr. G. eine unspezifische HWS-Symptomatik gezeigt, keine neurologischen Ausfälle und keine relevante vegetative Begleitsymptomatik, im Sinne einer leichten Zerrung ohne schwerwiegendere - insbesondere discoligamentäre oder knöcherne - Verletzungen. Ausstrahlende Beschwerden in die Extremitäten wie Sensibilitätsstörungen, Schwäche in den Armen oder Ähnliches haben, wie Dr. G. unter Auswertung der vorliegenden Befunde schlüssig dargelegt hat, zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Diese Einschätzung stimmt im Übrigen auch mit derjenigen der von der Klägerin aufgesuchten Neurologen Dr. v. B., Dr. B. und Dr. O. überein.

Auch das MRT vom 27.09.2011 hat - wie schon vom Radiologen im Befund ausgeführt - keine Hinweise für knöcherne, diskoligamentäre oder weichteilige Verletzungen, Einblutungen, Knochenmarködeme oder Gefügestörungen gezeigt. In der Beurteilung, dass das Wirbelkörperhämangiom im 7. Halswirbelkörper und der Bandscheibenvorfall im Segment C5/6 angesichts der bereits erfolgten knöchernen Überbauung keine Folgen des Unfalls vom 02.09.2011 sind, stimmen die Sachverständigen im Übrigen nachvollziehbar überein.

Unter Auswertung der MRT-Aufnahmen vom 13.06.2012 gemeinsam mit der Radiologin Dr. H. hat Dr. G. lediglich physiologische Kaliberschwankungen im Bandverlauf, aber keine Hinweise für posttraumatische bzw. unfallbedingte Verletzungen an den Ligamenta alaria bzw. des Ligamentum transversum feststellen können, bei unauffälligem atlantooccipitalen Übergang und einer im Normbereich liegenden leichten asymmetrischen Stellung des Dens axis mit erkennbarem physiologischen Bewegungsspiel in den Funktionsaufnahmen. Überzeugend hat Dr. G. ausgeführt, dass die Verletzung eines Ligamentum alaria nur bei zusätzlichen knöchernen und ligamentären Verletzungen zu erwarten ist, mit dann ausgeprägter sofortiger Symptomatik, während bei der Klägerin auch nach ihren eigenen Angaben bei Untersuchung durch Dr. G. ein beschwerdefreies Intervall von einigen Tagen vorgelegen hat. Während dann laut Klägerin zunächst ein Ziehen im Nacken aufgetreten war, haben die Beschwerden etwa vierzehn Tage nach dem Unfall zugenommen, mit Unwohlsein, Steifigkeit, Schlappheit, Antriebsarmut, Kopfschmerzen und Schwindel. Der Crescendoverlauf mit Zunahme der Beschwerden ca. zwei Wochen nach dem Unfall, den auch Prof. Dr. W. beschreibt und der sich in den zeitnahen Berichten von Dr. H. u. a. vom 27.09.2011 wiederfindet, spricht aber gegen den Unfall als wesentliche Teilursache der Beschwerden. Eine progrediente Beschwerdesymptomatik mit Crescendo-Charakter ist innerhalb der ersten 48 Stunden möglich, danach spricht sie gegen eine organische Verursachung (vgl. SMV Bl. 463; auch Lang u. a., Leitlinie zur Begutachtung der Halswirbelsäulendistorsion, 2008, a. a. O.; vgl. zum symptomfreien Intervall von max. 48 Stunden für Schweregrad 1 nach Erdmann auch Tegenthoff u. a., Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Beschleunigungstrauma der HWS, Stand 2012, veröffentlicht unter www.a...org).

Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass eine bloße Vereinbarkeit der Befundkonstellation mit einer „posttraumatischen“ Verletzungsfolge nach Kopf-Hals-Trauma - so die Aussage von Dr. F. im Befund zum funktionellen MRT vom 13.06.2012 - als Nachweis für Bandzerreißungen nicht ausreicht.

Dass nach derzeit herrschender wissenschaftlicher Lehrmeinung funktionelle bildgebende Befunde keine wesentlichen Erkenntnisse bei einem Beschleunigungstrauma der HWS erbringen, ergibt sich auch aus der aktuellen Leitlinie der DGN (Tegenthoff u. a. a. a. O.), wonach im Rahmen der Diagnostik solche funktionellen bildgebenden Befunde (z. B. funktionelles MRT) ausdrücklich nicht empfohlen werden. Ferner wird in dieser Leitlinie dargelegt, dass früher Verletzungen der Ligamenta alaria überbewertet worden sind.

Vor diesem Hintergrund überzeugen die Ausführungen von Prof. Dr. W. den Senat nicht, der aus den funktionellen bildgebenden Befunden Bänderverletzungen mit daraus resultierender anhaltender Instabilität ableitet. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Beschwerden wie ausgeprägte Muskelverspannungen, Druckschmerzen und (verspannungsbedingte) Bewegungseinschränkungen (Hypomobilität) keineswegs nur bei HWS-Schleudertraumata auftreten, sondern ebenso bei degenerativen HWS-Beschwerden auftreten können und bei der Klägerin auch nach Prof. Dr. W. - altersentsprechende - degenerative Veränderungen der HWS vorliegen mit Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose sowie ein alter Bandscheibenvorfall im Bereich C 5/6. Soweit daher Dr. F. im Befund seines Funktions-CT vom 09.12.2013 auf eine Dezentrierung des Atlasrings nach links als Folge eines erhöhten Muskeltonus der links am Atlas ansetzenden Muskulatur und mäßiggradige Hypomobilitäten der HWS hinweist, lassen sich daraus keine Rückschlüsse auf die Ursache dieser mit Bewegungseinschränkungen einhergehenden Muskelverspannungen ziehen. Ebensowenig legt Dr. G. dar, warum rezidivierende zervikale und thorakale Muskelverspannungen und Wirbelsäulen- sowie Rippenblockaden auf das Jahre zurückliegende Unfallereignis als wesentliche Teilursache zurückzuführen sein sollen. Dass das sogenannte „cervicocephale Syndrom“ lediglich eine unspezifische Umschreibung für Beschwerden im Bereich von HWS und Kopf darstellt, aber keine Diagnose, die Rückschlüsse auf die Genese zulässt, räumt Prof. Dr. W. letztlich selbst ein, wenn er in seiner ergänzenden Stellungnahme ausführt, dass dieses Syndrom vornehmlich Schmerzen, Degenerationen (!) und posttraumatische Veränderungen der oberen HWS mit Ausstrahlung in den Kopf erfasst.

Die Begründung eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfall vom 02.09.2011 und den breit gefächerten Beschwerden der Klägerin - von Muskelverspannungen bis hin zu Wortfindungsstörungen - in den Ausführungen von Prof. Dr. W., Dr. A.,

Dr. G. und Dr. T. erschöpft sich im Wesentlichen in der Feststellung, dass die Beschwerden zeitlich nach dem Unfall aufgetreten sind, dass ein gewisser Prozentsatz von Menschen aus nach wie vor letztlich ungeklärten Gründen zeitlich nach HWS-Distorsionen chronische Beschwerden entwickelt und auf die Beschaffenheit von Bändern und Gelenken der Klägerin, die sich allerdings - wie dargelegt - im Normbereich befinden und auf Basis der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung nicht als Ursache für anhaltende Beschwerden anzuerkennen sind. Dabei setzen sich Prof. Dr. W., Dr. A., Dr. G. oder Dr. T. insbesondere nicht mit der Crescendo-Problematik der Beschwerden auseinander. Soweit der Arzt für Naturheilverfahren

Dr. A. auf zentrale nervöse Störungen oder Symptome mit Kleinhirnirritation aufgrund von Instabilitäten hinweist, ist festzuhalten, dass von Fachärzten nie entsprechende neurologische Auffälligkeiten festgestellt worden sind.

Damit sind zur Überzeugung des Senats über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus keine wesentlichen Unfallfolgen mehr nachgewiesen. Die über diesen Zeitpunkt hinaus bestehenden Beschwerden lassen sich in Übereinstimmung mit Dr. G. und Prof. Dr. H. nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 02.09.2011 bzw. die leichte Zerrung im Bereich der HWS als wesentliche Teilursache zurückführen.

2. Auch die auf Erstattung weiterer Heilbehandlungskosten gerichtete Klage erweist sich als unbegründet.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Heilbehandlung von Folgen eines Versicherungsfalls (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, hierzu BSGvom 20.03.2007 - B 2 U 38/05 R - Juris RdNr.15). Dabei bestimmt der Unfallversicherungsträger nach § 26 Abs. 5 Satz 1 SGB VII Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 21/10 R - Juris RdNr. 16 m. w. N.: BSG vom 22.03.2011 - B 2 U 12/10 R - Juris RdNr. 20 f.). Die Leistungen sind nach § 26 Abs. 4 Satz 2 SGB VII als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und als „Naturalleistung“ zu gewähren, sofern nicht Ausnahmen im SGB VII oder SGB IX ausdrücklich vorgesehen sind (vgl. BSG vom 20.03.2007 - B 2 U 38/05 R - Juris RdNr. 13). Eine Kostenerstattung wie hier für selbst beschaffte Leistungen zur Heilbehandlung findet allein unter den Voraussetzungen von § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) statt, der angesichts der Regelungslücke hinsichtlich der Kostenerstattung entsprechend anwendbar ist (vgl. BSG ebenda).

Die Beklagte hat aber weder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht noch hat sie eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt, so dass der Klägerin dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.

Wie bereits dargelegt hat die Klägerin aufgrund des Unfalls vom 02.09.2011 nur eine leichtgradige HWS-Zerrung maximal Grad 1 nach Schröter erlitten, ohne Begleitverletzungen im Bereich Knochen, Bändern oder Weichteilen. Vor diesem Hintergrund hat

Dr. G. eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin nur bis 30.09.2011 festgestellt. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Heilbehandlung von Unfallfolgen über die bereits bis 29.12.2011 bewilligten Ansprüche hinaus und infolgedessen auch keinen Erstattungsanspruch von Heilbehandlungskosten. Beschwerden, die über diesen Zeitraum hinaus bestehen, lassen sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall bzw. die HWS-Distorsion als wesentliche Teilursache zurückführen. Die abweichende Einschätzung von Prof. Dr. W. beruht auf der unzutreffenden Annahme weiterer Unfallfolgen und überzeugt daher auch insoweit nicht.

Ferner besteht schon mangels ärztlicher Verordnung kein Anspruch auf Kostenerstattung für die bis 29.12.2011 verwendeten Thermacare Wärmeauflagen bzw. Wärmeumschläge oder das Seminar Feldenkrais-Methode. Dabei kann der Senat offenlassen, ob Thermacare Wärmeauflagen bzw. Wärmeumschläge, bei denen Wärme durch Oxidation bestimmter Substanzen mit Luftsauerstoff nach Entnahme aus der Verpackung erzeugt wird, Arznei- oder Verbandsmittel i. S.v. § 29 SGB VII sind, und ob ein Seminar zur Feldenkrais-Methode, das vorrangig der verbesserten Selbstwahrnehmung und Körpererfahrung unter Anleitung eines Lehrers dient, die Voraussetzungen für ein Heilmittel i. S.v. § 30 SGB VII erfüllt. Denn nach §§ 29, 30 SGB VII setzt ein Anspruch eine ärztliche Verordnung voraus, die hier fehlt.

B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

C) Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 23/04/2015 00:00

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Annotations

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget nach § 29 des Neunten Buches erbracht; dies gilt im Rahmen des Anspruchs auf Heilbehandlung nur für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

(2) Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig

1.
den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern,
2.
den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern,
3.
Hilfen zur Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sowie zur Führung eines möglichst selbständigen Lebens unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens bereitzustellen,
4.
ergänzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe zu erbringen,
5.
Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu erbringen.

(3) Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor Rentenleistungen.

(4) Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie werden als Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keine Abweichungen vorsehen.

(5) Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei prüfen sie auch, welche Leistungen geeignet und zumutbar sind, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Arznei- und Verbandmittel sind alle ärztlich verordneten, zur ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung erforderlichen Mittel. Ist das Ziel der Heilbehandlung mit Arznei- und Verbandmitteln zu erreichen, für die Festbeträge im Sinne des § 35 oder § 35a des Fünften Buches festgesetzt sind, trägt der Unfallversicherungsträger die Kosten bis zur Höhe dieser Beträge. Verordnet der Arzt in diesen Fällen ein Arznei- oder Verbandmittel, dessen Preis den Festbetrag überschreitet, hat der Arzt die Versicherten auf die sich aus seiner Verordnung ergebende Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(2) Die Rabattregelungen der §§ 130 und 130a des Fünften Buches gelten entsprechend. Die Erstattungsbeträge nach § 130b des Fünften Buches gelten auch für die Abrechnung mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung.

Heilmittel sind alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen. Hierzu gehören insbesondere Maßnahmen der physikalischen Therapie sowie der Sprach- und Beschäftigungstherapie.

(1) Arznei- und Verbandmittel sind alle ärztlich verordneten, zur ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung erforderlichen Mittel. Ist das Ziel der Heilbehandlung mit Arznei- und Verbandmitteln zu erreichen, für die Festbeträge im Sinne des § 35 oder § 35a des Fünften Buches festgesetzt sind, trägt der Unfallversicherungsträger die Kosten bis zur Höhe dieser Beträge. Verordnet der Arzt in diesen Fällen ein Arznei- oder Verbandmittel, dessen Preis den Festbetrag überschreitet, hat der Arzt die Versicherten auf die sich aus seiner Verordnung ergebende Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(2) Die Rabattregelungen der §§ 130 und 130a des Fünften Buches gelten entsprechend. Die Erstattungsbeträge nach § 130b des Fünften Buches gelten auch für die Abrechnung mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung.

Heilmittel sind alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen. Hierzu gehören insbesondere Maßnahmen der physikalischen Therapie sowie der Sprach- und Beschäftigungstherapie.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.