Bundesarbeitsgericht Beschluss, 06. Apr. 2011 - 7 ABR 136/09
Gericht
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 15. September 2009 - 12 TaBV 845/09 - wird zurückgewiesen.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat bei vergütungsrelevanten Umstufungen von Arbeitnehmern innerhalb derselben Entgeltgruppe entsprechend dem bei der Arbeitgeberin geltenden Haustarifvertrag nach § 99 BetrVG mitzubestimmen hat.
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Die Arbeitgeberin ist eine von der Bundesrepublik Deutschland gegründete Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Berlin. Sie beschäftigt ca. 250 Mitarbeiter. Antragsteller ist der bei ihr errichtete Betriebsrat.
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Die Arbeitgeberin wendet auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifgebundenheit einen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossenen Haustarifvertrag an. Dieser am 1. Oktober 2006 in Kraft getretene Tarifvertrag für die Arbeitnehmer der Stiftung Warentest (TV-SW) bestimmt ua.:
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„§ 2 Geltung des Tarifrechts der Bundesrepublik Deutschland
(1) 1Für alle in den Geltungsbereich des § 1 fallenden Arbeitnehmer gelten der TVöD-Bund vom 13. September 2005 sowie die diesen ergänzenden Tarifverträge, die zwischen dem Arbeitgeber Bundesrepublik Deutschland und ver.di abgeschlossen wurden, in der jeweils geltenden Fassung, soweit nicht in den nachfolgenden Vorschriften etwas Abweichendes vereinbart ist. 2Insbesondere gilt auch der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-Bund).
...
§ 5 Eingruppierung der Arbeitnehmer
(1) 1Neu eingestellte Arbeitnehmer sind bis zur Vereinbarung einer neuen Entgeltordnung entsprechend der Regelung in § 17 TVÜ-Bund eingruppiert. … 3Die Eingruppierung erfolgt grundsätzlich gemäß Anlage 4 zum TVÜ-Bund. …
...
(3) Sobald die Tarifparteien die neue Entgeltordnung zum TVöD-Bund verabschiedet haben, gilt diese auch für die Stiftung, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf.
§ 6 Einstufung der Arbeitnehmer
(1) 1Die Einstufung wird grundsätzlich gemäß § 16 TVöD-Bund vorgenommen. 2Darüber hinausgehend erfolgt sie in Stufe 2 bzw. in Stufe 3, wenn eine entsprechend lange, hauptberuflich erworbene, einschlägige und gleichwertige Berufserfahrung nachgewiesen wird. 3Noch längere Berufserfahrung kann im Einzelfall auch für eine Einstufung in Stufe 4 angerechnet werden. 4Einschlägige und gleichwertige Berufserfahrung, die über die für das Erreichen einer Stufe notwendige Dauer hinausgeht, führt in den Stufen 2 und 3 zu einer entsprechenden Verkürzung der Dauer der Stufenlaufzeit. 5Bei einer Entscheidung über die Höherstufung in eine noch höhere Stufe wird sie frühestens nach einem Jahr bei entsprechender Leistung nach § 17 Absatz 2 TVöD-Bund berücksichtigt.
(2) Für die Beurteilung anzuerkennender Berufserfahrung werden ansonsten die Regelungen des TVöD-Bund und die von den zuständigen Bundesministerien dazu ergangenen Hinweise in der jeweils aktuellen Fassung herangezogen, wobei auch auf die Beschränkung auf das unmittelbar vorangegangene Arbeitsverhältnis verzichtet wird.
...“
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Die Regelungen des TVöD vom 13. September 2005 (in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 6 vom 8. Dezember 2010) lauten auszugsweise:
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„§ 15
Tabellenentgelt
(1) 1Die/Der Beschäftigte erhält monatlich ein Tabellenentgelt. 2Die Höhe bestimmt sich nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe.
...
§ 16 (Bund)
Stufen der Entgelttabelle
(1) 1Die Entgeltgruppen 9 bis 15 umfassen fünf Stufen und die Entgeltgruppen 2 bis 8 sechs Stufen. 2Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (Bund) geregelt.
(2) 1Bei Einstellung in eine der Entgeltgruppen 9 bis 15 werden die Beschäftigten zwingend der Stufe 1 zugeordnet. 2Etwas anderes gilt nur, wenn eine mindestens einjährige einschlägige Berufserfahrung aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Bund vorliegt; in diesem Fall erfolgt die Stufenzuordnung unter Anrechnung der Zeiten der einschlägigen Berufserfahrung aus dem vorherigen Arbeitsverhältnis zum Bund.
...
(3) 1Bei Einstellung in eine der Entgeltgruppen 2 bis 8 werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. 2Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. 3Ansonsten wird der/die Beschäftigte bei entsprechender Berufserfahrung von mindestens einem Jahr der Stufe 2 zugeordnet. 4Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
...
(4) 1Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
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Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
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Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
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Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
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Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
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Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5 bei den Entgeltgruppen 2 bis 8.
2Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (Bund) geregelt.
(5) 1Die Entgeltgruppe 1 umfasst fünf Stufen. 2Einstellungen erfolgen zwingend in der Stufe 2 (Eingangsstufe). 3Die jeweils nächste Stufe wird nach vier Jahren in der vorangegangenen Stufe erreicht; § 17 Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 17
Allgemeine Regelungen zu den Stufen
(1) Die Beschäftigten erhalten vom Beginn des Monats an, in dem die nächste Stufe erreicht wird, das Tabellenentgelt nach der neuen Stufe.
(2) 1Bei Leistungen der/des Beschäftigten, die erheblich über dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit für das Erreichen der Stufen 4 bis 6 jeweils verkürzt werden. 2Bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, kann die erforderliche Zeit für das Erreichen der Stufen 4 bis 6 jeweils verlängert werden. 3Bei einer Verlängerung der Stufenlaufzeit hat der Arbeitgeber jährlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verlängerung noch vorliegen. 4Für die Beratung von schriftlich begründeten Beschwerden von Beschäftigten gegen eine Verlängerung nach Satz 2 bzw. 3 ist eine betriebliche Kommission zuständig. 5Die Mitglieder der betrieblichen Kommission werden je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Betriebs-/Personalrat benannt; sie müssen dem Betrieb/der Dienststelle angehören. 6Der Arbeitgeber entscheidet auf Vorschlag der Kommission darüber, ob und in welchem Umfang der Beschwerde abgeholfen werden soll.
...
(3) 1Den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 16 (Bund) Abs. 4 Satz 1 … stehen gleich:
a) Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,
b) Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit nach § 22 bis zu 39 Wochen,
c) Zeiten eines bezahlten Urlaubs,
d) Zeiten eines Sonderurlaubs, bei denen der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches bzw. betriebliches Interesse anerkannt hat,
e) Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von weniger als einem Monat im Kalenderjahr,
f) Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.
2Zeiten der Unterbrechung bis zu einer Dauer von jeweils drei Jahren, die nicht von Satz 1 erfasst werden, und Elternzeit bis zu jeweils fünf Jahren sind unschädlich, werden aber nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet. 3Bei einer Unterbrechung von mehr als drei Jahren, bei Elternzeit von mehr als fünf Jahren, erfolgt eine Zuordnung zu der Stufe, die der vor der Unterbrechung erreichten Stufe vorangeht, jedoch nicht niedriger als bei einer Neueinstellung; die Stufenlaufzeit beginnt mit dem Tag der Arbeitsaufnahme. 4Zeiten, in denen Beschäftigte mit einer kürzeren als der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollbeschäftigten beschäftigt waren, werden voll angerechnet.
…“
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Anlässlich der - vom Betriebsrat angeregten - Höherstufungen von zwei Mitarbeiterinnen nach deren einjähriger Beschäftigung kam es zwischen den Betriebsparteien zu Meinungsverschiedenheiten insbesondere über das Verständnis von § 6 Abs. 1 Satz 5 TV-SW.
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Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren die Auffassung vertreten, sein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG erstrecke sich auf jede Veränderung der Einstufung innerhalb einer Entgeltgruppe. Auch die Zuordnung zu einer bestimmten Entgeltstufe einer Entgeltgruppe sei eine mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung.
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Der Betriebsrat hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - zuletzt beantragt
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1.
festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, seine Zustimmung vor Umgruppierungen, die zwar keine Veränderung der Entgeltgruppe entsprechend § 5 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stiftung Warentest vom 12./19. September 2006, wohl aber eine Veränderung der Entgeltstufe gemäß § 6 des Tarifvertrags beinhalten, einzuholen;
hilfsweise
2.
festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihn vor Umgruppierungen, die zwar keine Veränderung der Entgeltgruppe entsprechend § 5 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stiftung Warentest vom 12./19. September 2006, wohl aber eine Veränderung der Entgeltstufe gemäß § 6 des Tarifvertrags - und zwar soweit die Einbeziehung der vorherigen Berufserfahrung von Bedeutung ist - beinhalten, gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen;
3.
festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihn vor Umgruppierungen, die zwar keine Veränderung der Entgeltgruppe entsprechend § 5 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stiftung Warentest vom 12./19. September 2006, wohl aber eine Veränderung der Entgeltstufe gemäß § 6 des Tarifvertrags - und zwar unter Verkürzung der Regelstufenlaufzeit - beinhalten, gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen;
4.
festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihn vor Umgruppierungen, die zwar keine Veränderung der Entgeltgruppe entsprechend § 5 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stiftung Warentest vom 12./19. September 2006, wohl aber eine Veränderung der Entgeltstufe gemäß § 6 des Tarifvertrags - und zwar unter Verlängerung der Regelstufenlaufzeit - beinhalten, gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, nur bei der erstmaligen Einstufung der Arbeitnehmer innerhalb einer Entgeltgruppe bestehe ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Allenfalls hierbei treffe der Arbeitgeber eine der Mitbeurteilung unterliegende Eingruppierungsentscheidung; spätere Höherstufungen innerhalb der Entgeltgruppe erfolgten automatisch. Wortlaut sowie Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen sprächen dafür, dass Höherstufungen keine der Mitbestimmung unterliegenden Umgruppierungen darstellten. Der Tarifvertrag eröffne insoweit keinen Rechtsanwendungsspielraum. Daher sei insbesondere das Aufsteigen in die nächste Entgeltstufe nach Ablauf der regulären Stufenlaufzeit entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 1 TV-SW iVm. § 16 Abs. 4 Satz 1 (Bund) TVöD nicht mitbestimmungspflichtig. Bei der Bewertung der erbrachten Leistungen des Arbeitnehmers zur Verkürzung oder Verlängerung der Stufenlaufzeit iSv. § 6 Abs. 1 Satz 1 TV-SW iVm. § 17 Abs. 2 TVöD fehle es darüber hinaus an einem für das Mitbestimmungsrecht notwendigen kollektiven Bezug.
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Das Arbeitsgericht hat den - erstinstanzlich allein anhängigen - Hauptantrag abgewiesen. Auf die Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht diesem Antrag entsprochen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Abweisung der Hilfsanträge. Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
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B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hauptantrag zu Recht entsprochen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG beschränkt sich nicht auf die erstmalige Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Entgeltgruppe nebst Entgeltstufe nach §§ 5 und 6 TV-SW, sondern besteht auch bei einem Wechsel der Stufe innerhalb derselben Entgeltgruppe. Die Verfahrensrüge der Arbeitgeberin bleibt ohne Erfolg.
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I. Der zulässige Hauptantrag des Betriebsrats ist begründet.
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1. Der Antrag ist zulässig.
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a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, umfasst der Antrag nur die Feststellung eines Beteiligungsrechts des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der ohne eine Änderung der Arbeitsaufgaben erfolgenden Modifikation der Einstufung eines Arbeitnehmers, der bereits einer Entgeltgruppe und einer Stufe nach §§ 5 und 6 TV-SW zugeordnet ist. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Umgruppierungen von Arbeitnehmern aufgrund einer Änderung ihrer Arbeitsaufgaben oder bei ihrer mit einer Änderung der Entgeltgruppe des TV-SW verbundenen (neuen) Zuordnung zu einer Entgeltstufe. Es geht dem Betriebsrat auch nicht um sein Mitbestimmungsrecht bei der erstmaligen Zuordnung der Mitarbeiter zum Vergütungssystem des TV-SW. Bei dieser stellt die Arbeitgeberin ein auf die Entgeltgruppe und die Entgeltstufe bezogenes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht in Abrede. Sie meint lediglich, es fehle an einer mitbestimmungspflichtigen Umgruppierung, wenn sich die Stufe innerhalb der Entgeltgruppe ändert. Nur für diese Konstellationen reklamiert der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Allerdings bezieht sich der Hauptantrag auf alle tariflichen, eine Änderung der Einstufung regelnden Stufenzuordnungstatbestände.
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b) Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Anträge, mit denen ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats festgestellt werden soll, müssen diejenige Maßnahme des Arbeitgebers, für die das Beteiligungsrecht in Anspruch genommen wird, so genau bezeichnen, dass mit der Entscheidung des Gerichts feststeht, für welche Maßnahme ein Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint wird (vgl. zur Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei Maßnahmen des Arbeitgebers oder betrieblichen Vorgängen BAG 11. Juni 2002 - 1 ABR 44/01 - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 101, 277). Dies ist vorliegend der Fall. Es ist hinreichend erkennbar, auf welche Vorgänge sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Falle einer stattgebenden Entscheidung bezieht. Dem Bestimmtheitserfordernis nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO steht ferner nicht entgegen, dass sich der Antrag im Sinne eines Globalantrags auf verschiedene Fallgestaltungen der Änderung der Stufenzuordnung bezieht. Er erfasst alle denkbaren Konstellationen und lässt deshalb nichts unbestimmt. Die Frage, ob das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht in allen vom Antrag erfassten Fallgestaltungen besteht, stellt sich erst bei der Prüfung, ob der Antrag begründet ist (vgl. BAG 7. April 2004 - 7 ABR 35/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 110, 146).
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c) Der Betriebsrat hat ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO. Die Arbeitgeberin stellt das Mitbestimmungsrecht, dessen sich der Betriebsrat berühmt, in Abrede. Das Bestehen, der Inhalt oder der Umfang eines Mitbestimmungsrechts können im Beschlussverfahren losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen wird, häufiger im Betrieb auftritt und sich auch künftig jederzeit wiederholen kann (vgl. BAG 28. Mai 2002 - 1 ABR 35/01 - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 101, 232). Hiervon kann im vorliegenden Verfahren ausgegangen werden.
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2. Der Antrag ist begründet. Der Betriebsrat ist bei einer geänderten Einstufung der Arbeitnehmer innerhalb derselben Entgeltgruppe zu beteiligen. Es handelt sich in jedem denkbaren Fall um eine Umgruppierung, bei der der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen hat.
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a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Ein- oder Umgruppierung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen. Eingruppierung ist die - erstmalige oder erneute - Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Umgruppierung ist jede Änderung dieser Einreihung (BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 15/09 - Rn. 23).
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aa) Eine Vergütungsordnung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives und - jedenfalls bei Geltung nur eines betrieblichen Vergütungssystems - mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem für den Arbeitgeber geltenden oder auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 16 mwN, EBE/BAG 2011, 84). Für eine Vergütungsordnung ist regelmäßig charakteristisch, dass sie die einzelnen, von den Arbeitnehmern geschuldeten Tätigkeiten in verschiedene Kategorien einteilt und dabei eine Bewertung vornimmt, die sich in der Höhe des Arbeitsentgelts äußert. Nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts kann es für die Frage, ob eine mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung vorliegt, nicht darauf ankommen, wie die einzelnen Stufen oder Kategorien des Vergütungsschemas bezeichnet sind. Nicht nur die Zuordnung zu ausdrücklich so bezeichneten Entgelt-, Vergütungs-, Lohn- oder Gehalts„gruppen“ kann eine Ein- oder Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG darstellen, sondern auch etwa die Feststellung, dass ein Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine bestimmte Leistung erfüllt, die nach dem Entgeltschema zu einer höheren Einreihung führt oder wegen der höheren Bewertung seiner Tätigkeit zu zahlen ist(vgl. BAG 2. April 1996 - 1 ABR 50/95 - zu B II 1 a der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 137).
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bb) Eine Eingruppierung iSd. § 99 Abs 1 BetrVG besteht in der - erstmaligen oder erneuten - Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten Gruppe der Vergütungsordnung nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien. Sie ist keine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung (BAG 11. November 2008 - 1 ABR 68/07 - Rn. 23, BAGE 128, 265). Die der Mitbeurteilung des Betriebsrats unterfallende Rechtsanwendung des Arbeitgebers setzt keinen Gestaltungs- oder Ermessensspielraum voraus. Sie wird andererseits aber durch einen dem Arbeitgeber von den Urhebern der Vergütungsordnung eingeräumten Beurteilungsspielraum auch nicht ausgeschlossen.
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cc) Umgruppierung ist jede Änderung der Einreihung in eine Vergütungsordnung. Sie kann auf der Feststellung beruhen, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht oder nicht mehr den Merkmalen der Vergütungsgruppe entspricht, nach der er bisher eingruppiert ist, sondern denen einer anderen (BAG 10. Dezember 2002 - 1 ABR 27/01 - zu B III 3 b cc (1) der Gründe mwN, BAGE 104, 187). Sie hat zB zu erfolgen, wenn dem Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit zugewiesen wird, die den Merkmalen einer anderen Vergütungsgruppe unterfällt, oder wenn sich bei gleich bleibender Tätigkeit des Arbeitnehmers die Vergütungsordnung ändert (zu Letzterem: BAG 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - Rn. 21 mwN, EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 16). Gleiches gilt, wenn sich zwar nicht die für die Einreihung des Arbeitnehmers maßgeblichen abstrakten Kriterien ändern, wohl aber die ihrer Beurteilung zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände. Knüpfen etwa die Vorgaben einer Vergütungsordnung - auch - an persönliche Qualifikationsmerkmale des Arbeitnehmers an, liegt eine Umgruppierung vor, wenn der Arbeitnehmer bei gleich bleibender Tätigkeit erst mit Erfüllung der persönlichen Qualifikationsmerkmale der entsprechenden Gruppe in der Vergütungsordnung zugeordnet ist.
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dd) Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen reicht nicht weiter als die Notwendigkeit zur Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber. Soweit die Urheber der Vergütungsordnung selbst die betreffende Stelle, den Arbeitsplatz oder die Tätigkeit mit bindender Wirkung in ihr abstraktes Vergütungsschema eingereiht, also bewertet, haben, ist kein Raum für eine - erneute - Beurteilung des Arbeitsplatzes und eine damit korrespondierende Mitbeurteilung des Betriebsrats (BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 15/09 - Rn. 24 mwN). Dass sich die Beurteilung des Arbeitgebers und demzufolge die Mitbeurteilung des Betriebsrats wegen konkretisierter Vorgaben in der Vergütungsordnung reduziert, bedeutet aber nicht, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG gänzlich entfällt. Eine Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist stets Normenvollzug. Dieser erübrigt sich nicht deshalb, weil die Norm mitbestimmungsfreie konkrete Vorgaben enthält. Eine vom Arbeitgeber vorzunehmende und vom Betriebsrat mitzubeurteilende Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG entfiele allenfalls dann, wenn die Normgeber selbst - die Zulässigkeit einer solchen Regelung unterstellt - die Zuordnung konkreter Arbeitnehmer zu einer bestimmten Vergütungs- oder Entgeltgruppe vornähmen(BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 18 mwN, EBE/BAG 2011, 84).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist die Arbeitgeberin verpflichtet, den Betriebsrat bei der Änderung der Stufenzuordnungen innerhalb einer Entgeltgruppe nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen.
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aa) Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Unternehmen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Sie ist nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden und wendet den TV-SW in ihrem Betrieb als kollektive Vergütungsordnung an. Die Eingruppierungs- und Einstufungsregelungen nach §§ 5 und 6 TV-SW verweisen überwiegend auf die entsprechenden Bestimmungen nach dem TVöD(Bund) und dem TVÜ-Bund. Eine solche Bezugnahme in einem Tarifvertrag auf ein anderes Tarifwerk ist grundsätzlich zulässig. Die den Tarifvertragsparteien durch Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumte Rechtsetzungsbefugnis umfasst die Möglichkeit, auf jeweils geltende andere tarifliche Vorschriften zu verweisen, sofern - wie im vorliegenden Fall - deren Geltungsbereich mit dem Geltungsbereich der verweisenden Tarifnorm in einem engen sachlichen Zusammenhang steht und die Verweisung hinreichend bestimmt ist(vgl. BAG 8. März 1995 - 10 AZR 27/95 - zu II 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Verweisungstarifvertrag Nr. 5 = EzA TVG § 1 Nr. 40; 9. Juli 1980 - 4 AZR 564/78 - BAGE 34, 42).
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bb) Die Änderung der Einstufung der Arbeitnehmer innerhalb einer Entgeltgruppe ist eine mitbestimmungspflichtige Umgruppierung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
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(1) Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass die Stufenzuordnung des Arbeitnehmers dessen Stellung im betrieblichen Entgeltgefüge maßgeblich beeinflusst. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 TV-SW iVm. § 15 Abs. 1 TVöD bestimmt sich die Höhe des dem Beschäftigten zustehenden Tabellenentgelts nach seiner Entgeltgruppe und der für ihn geltenden Stufe. Beide Faktoren sind für die Einreihung des Arbeitnehmers in die Vergütungsordnung relevant und damit Bestandteile der einheitlichen Ein- oder Umgruppierung (vgl. [zur Stufenzuordnung als Schritt der Rechtsanwendung bei der Überleitung der Beschäftigten nach §§ 6 und 7 TVÜ-VKA in die Entgelttabelle des TVöD] BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 56, BAGE 130, 286). Zwar unterscheiden die Begriffe im Haustarifvertrag zwischen entgeltgruppenbezogener Eingruppierung (§ 5 TV-SW) und stufenbezogener Einstufung (§ 6 TV-SW). Der tarifrechtliche und der mitbestimmungsrechtliche Ein- und Umgruppierungsbegriff sind aber nicht zwingend deckungsgleich (vgl. [zur Mitbestimmung des Personalrats bei Eingruppierungen nach § 16 Abs. 2 TV-L entsprechend der personalvertretungsrechtlichen Regelungen in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz] BVerwG 27. August 2008 - 6 P 11.07 und 6 P 3.6 P 3.08 - jeweils Rn. 20, BVerwGE 131, 383 und EzTöD 200 TV-L § 16 Stufenzuordnung Nr. 4). Entscheidend ist vielmehr, dass die Stellung des Beschäftigten im Entgeltschema durch seine Zuordnung einerseits zu einer Entgeltgruppe und andererseits zu einer Stufe definiert ist. Es macht für die nach § 99 Abs. 1 BetrVG vorzunehmende Zuordnung keinen Unterschied, ob die Tarifvertragsparteien zehn Entgeltgruppen oder eine Entgeltgruppe mit zehn Untergruppen festlegen, die jeweils Auswirkungen auf die Vergütungshöhe haben. Genauso wie die Stufenzuordnung des Arbeitnehmers bei seiner erstmaligen Einreihung in das Entgeltschema eine der Mitbeurteilung des Betriebsrats unterliegende, normenvollziehende Eingruppierung ist, ist die Änderung der Einstufung eine rechtsanwendende Änderung seiner Einreihung in die Vergütungsordnung und damit eine Umgruppierung.
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(2) Das Landesarbeitsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass das Mitbestimmungsrecht bei jeder Änderung der Stufenzuordnung innerhalb der Entgeltgruppe besteht.
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(a) Nach § 2 Abs. 1, § 6 TV-SW iVm. §§ 16 (Bund), 17 TVöD kommen als Fallgestaltungen für eine Änderung der Stufenzuordnungen in der Entgeltgruppe in Betracht:
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die zeitabhängige Höherstufung nach den gewöhnlichen Stufenlaufzeiten in Abhängigkeit von der Dauer einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe (§ 16 Abs. 4 Satz 1 (Bund) [mit den hierzu im Anhang zu § 16 Bund geregelten Abweichungen], § 17 Abs. 3 TVöD) bzw. bei der Entgeltgruppe 1 nach vier Jahren in der vorangegangenen Stufe (§ 16 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 1 (Bund) TVöD),
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die von der Dauer einschlägiger und gleichwertiger Berufserfahrung abhängige Verkürzung der Stufenlaufzeit (§ 6 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 TV-SW) und
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die leistungsabhängige Verkürzung oder Verlängerung der gewöhnlichen Stufenlaufzeiten (§ 17 Abs. 2 TVöD).
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(b) Das Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG greift bei sämtlichen Fallgestaltungen.
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(aa) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin hat der Betriebsrat bei der „automatischen“ Höherstufung kraft Ablaufs der regulären Stufenlaufzeit (§ 6 TV-SW iVm. § 16 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 3 Halbs. 1 (Bund), § 17 Abs. 3 TVöD) nach § 99 Abs. 1 BetrVG ein Recht zur Mitbeurteilung der Rechtslage. Mit ihrem Argument, ein Einreihungs„vorgang“ finde nicht statt, weil sich die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer anderen Stufe in der Entgeltgruppe nicht durch einen „Akt“, sondern unmittelbar nach Zeitablauf aus dem Tarifvertrag ergebe, verkennt die Arbeitgeberin, dass die ein- oder umgruppierungsrelevante Einreihung immer nur strikte Rechtsanwendung ist. Der Arbeitnehmer „ist“ einer Stufe zugeordnet und in diesem Sinne eingereiht; er „wird“ es nicht. Die Arbeitgeberin äußert auch bei einer Höherstufung innerhalb der Entgeltgruppe ihre Ansicht der „richtigen“ Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer - nunmehr anderen - Stufe. Fehleinschätzungen werden hier selten sein. Ebenso selten wird daher eine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats in Betracht kommen. Gleichwohl bedarf die Beurteilung, ob Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe zurückgelegt sind, einer gedanklichen Subsumtion im Sinne eines Lebenssachverhalts unter eine abstrakte Norm. Darin liegt die der Mitbeurteilung des Betriebsrats unterliegende Rechtsanwendung des Arbeitgebers.
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(bb) Auch bei einer Höherstufung aufgrund der Stufenlaufzeitverkürzung wegen besonderer Berufserfahrung iSv. § 6 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 TV-SW hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Anders als die Arbeitgeberin meint, kommt es weder auf das Bestehen eines Beurteilungs- oder Wertungsspielraums noch auf das inhaltlich zutreffende Verständnis der Tarifbestimmungen an. Die Arbeitgeberin wendet Recht an, indem sie beurteilt, ob der Arbeitnehmer - sei es nach § 6 Abs. 1 Satz 4 TV-SW, sei es nach § 6 Abs. 1 Satz 5 TV-SW - ab in einem bestimmten Zeitpunkt einer höheren Stufe in der Entgeltgruppe zugeordnet ist. Diese Rechtsanwendung als Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter die Einstufungsvorschriften des § 6 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 TV-SW hat der Betriebsrat iSe. Richtigkeitskontrolle mitzubeurteilen.
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(cc) Schließlich unterliegt auch die Stufenänderung aufgrund der Verkürzung oder Verlängerung der Stufenlaufzeiten nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 6 TV-SW iVm. § 17 Abs. 2 TVöD der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG.
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(aaa) Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin sprechen die Regelungen über die paritätisch besetzte betriebliche Kommission nach § 17 Abs. 2 Satz 4 bis Satz 6 TVöD nicht von vornherein gegen die Annahme des Mitbestimmungstatbestands. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält Mindestbestimmungen über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Die Tarifvertragsparteien können diese nicht wirksam ausschließen, sofern nicht das Betriebsverfassungsgesetz selbst eine solche Möglichkeit - etwa nach Maßgabe des § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG - vorsieht. Eine tarifliche Regelung, welche die Mitbestimmung des Betriebsrats ausschlösse, wäre daher - jedenfalls dann, wenn die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag die Einreihung der einzelnen Arbeitnehmer nicht selbst konkret vornähmen - unwirksam (BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 34/09 - Rn. 28 mwN, EBE/BAG 2011, 84). Im Sinne einer geltungserhaltenden Interpretation sind die Bestimmungen des § 17 Abs. 2 Satz 4 bis Satz 6 TVöD deshalb ausschließlich dahingehend zu verstehen, dass sie ein neben der gesetzlichen Mitbestimmung bestehendes Beschwerdeverfahren bei einer Verlängerung der Stufenlaufzeit regeln.
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(bbb) Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 TVöD kann der öffentliche Arbeitgeber bei erheblich überdurchschnittlicher Leistung des Beschäftigten die erforderliche Zeit für das Erreichen bestimmter Stufen verkürzen und bei erheblich unterdurchschnittlicher Leistung verlängern. Der Arbeitgeber trifft insoweit eine gestaltende Ermessensentscheidung. Soweit er sein Ermessen ausübt, indem er die Zeit für das Erreichen bestimmter Stufen verkürzt oder verlängert, unterliegt seine Entscheidung nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Eine mitzubeurteilende Rechtsanwendung findet jedoch zum einen insoweit statt, als der Arbeitgeber bei § 2 Abs. 1 Satz 1 TV-SW iVm. § 17 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 TVöD zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen für seine gestaltende Befugnis überhaupt vorliegen. Zum anderen ist auch die aufgrund der Laufzeitverlängerung oder -verkürzung vorgenommene Stufenzuordnung Rechtsanwendung. Die Tarifvertragsparteien des TVöD, auf den der TV-SW verweist, haben den ausfüllungsbedürftigen Gestaltungsspielraum davon abhängig gemacht, dass der Beschäftigte erheblich über oder unter dem Durchschnitt liegende Leistungen aufweist, und andererseits auf das Erreichen der Stufen 4 bis 6 beschränkt. Bei beiden Tatbestandsmerkmalen wertet die Arbeitgeberin iSe. Rechtsanwendung, bevor sie ggf. die auf die Verkürzung oder Verlängerung der Stufenlaufzeit gerichtete gestaltende Entscheidung trifft. Der Mitbeurteilung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterfällt danach die Beurteilung des Arbeitgebers, ob der Arbeitnehmer erheblich über- oder unterdurchschnittliche Leistungen iSv. § 17 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 TVöD erbracht hat. Die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er eine über- oder unterdurchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers zum Anlass einer Verkürzung oder Verlängerung der Stufenlaufzeit nimmt, ist dagegen nicht mitbestimmungspflichtig nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Insoweit handelt es sich nicht um Rechtsanwendung, sondern um Rechtsgestaltung. Für die Mitbeurteilung der über- oder unterdurchschnittlichen Leistung des Arbeitnehmers fehlt es entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht an einem kollektiven Bezug. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen betrifft stets einzelne Arbeitnehmer (vgl. BAG 17. November 2010 - 7 ABR 123/09 - Rn. 30, NZA 2011, 531). Der kollektive Bezug liegt bei diesem Mitbestimmungsrecht in der Subsumtion der konkreten Umstände unter die generellen Merkmale einer Vergütungsordnung. Er entfällt daher nicht, wenn maßgebliches Eingruppierungskriterium die individuelle Leistung ist.
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(c) Die Annahme eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG - auch - bei dem Erreichen der nächsten Stufe nach Ende der regulären Stufenlaufzeit(§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 6 TV-SW iVm. § 16 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 3 Halbs. 1 (Bund), § 17 Abs. 3 TVöD) sowie bei der Verkürzung oder Verlängerung der Stufenlaufzeiten (§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 6 TV-SW iVm. § 17 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 TVöD) kollidiert nicht mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, das bei den vergleichbaren Stufenzuordnungsregelungen nach dem TV-L eine Mitbestimmung des Personalrats bei Ein-, Rück- und Höhergruppierungen nach dem Personalvertretungsgesetz für das Land Baden-Württemberg - PersVG BW - verneint hat (BVerwG 13. Oktober 2009 - 6 P 15.08 - Rn. 37 und 40 bis 44, EzTöD 200 TV-L § 16 Stufenzuordnung Nr. 5 [vgl. aber auch BVerwG 27. August 2008 - 6 P 11.07 - Rn. 32 aE und 33, BVerwGE 131, 383]). Die im Streitfall zu entscheidende Rechtsfrage betrifft das Verständnis von § 99 BetrVG. Das Bundesverwaltungsgericht hat dagegen Rechtsfragen zur Mitbestimmung des Personalrats bei Ein-, Höher- und Umgruppierungen nach dem PersVG BW beantwortet. Die personalvertretungsrechtliche und die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung sind nicht gleichzusetzen (vgl. ausf. BAG 27. Juli 1993 - 1 ABR 11/93 - zu B IV der Gründe, BAGE 74, 10). Das ergibt sich bereits aus dem unterschiedlichen Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen des § 99 BetrVG und der § 76 Abs. 1 Nr. 1, § 79 Abs. 3 Nr. 15 Buchst. c iVm. § 69 Abs. 1 PersVG BW aF. Eine Divergenz, die die Anrufung des Gemeinsamen Senats nach §§ 2, 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes(RsprEinhG) erforderlich machte, liegt nicht vor.
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II. Die von der Arbeitgeberin erhobene Rüge einer Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht begründet. Die Arbeitgeberin verkennt den Bedeutungsgehalt der Feststellungen in der angegriffenen Entscheidung unter II.B.2.1.1. der Gründe, indem sie annimmt, das Landesarbeitsgericht sei allein wegen der - nicht in das Verfahren eingeführten - Tatsache der Finanzierung der Stiftung Warentest und deren Prüfung durch die Stifterin und den Bundesrechnungshof zur Annahme des Mitbestimmungsrechts im tenorierten Umfang gekommen. Die entsprechenden Ausführungen des Beschwerdegerichts zielen auf die Rechtsetzungsbefugnis der (Haus-)Tarifvertragsparteien und damit auf die rechtliche Beurteilung, ob der im Betrieb der Arbeitgeberin angewandte - auf den TVöD (Bund) verweisendende - TV-SW überhaupt eine wirksame Vergütungsordnung darstellt. Hierzu hat die Arbeitgeberin zu keinem Zeitpunkt eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten.
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Linsenmaier
Gallner
Schmidt
Für den durch Ablauf der Amtszeit
an der Unterschrift gehinderten
ehrenamtlichen Richter Güner.
LinsenmaierM. Zwisler
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(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.
(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.
(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- 1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, - 2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, - 3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, - 4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, - 5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder - 6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.
(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden. Durch Betriebsvereinbarung kann eine ständige Einigungsstelle errichtet werden.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Seiten einigen müssen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, so bestellt ihn das Arbeitsgericht. Dieses entscheidet auch, wenn kein Einverständnis über die Zahl der Beisitzer erzielt wird.
(3) Die Einigungsstelle hat unverzüglich tätig zu werden. Sie fasst ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, so nimmt der Vorsitzende nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil. Die Beschlüsse der Einigungsstelle sind schriftlich niederzulegen und vom Vorsitzenden zu unterschreiben oder in elektronischer Form niederzulegen und vom Vorsitzenden mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen sowie Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
(4) Durch Betriebsvereinbarung können weitere Einzelheiten des Verfahrens vor der Einigungsstelle geregelt werden.
(5) In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig. Benennt eine Seite keine Mitglieder oder bleiben die von einer Seite genannten Mitglieder trotz rechtzeitiger Einladung der Sitzung fern, so entscheiden der Vorsitzende und die erschienenen Mitglieder nach Maßgabe des Absatzes 3 allein. Die Einigungsstelle fasst ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen. Die Überschreitung der Grenzen des Ermessens kann durch den Arbeitgeber oder den Betriebsrat nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zuleitung des Beschlusses an gerechnet, beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.
(6) Im übrigen wird die Einigungsstelle nur tätig, wenn beide Seiten es beantragen oder mit ihrem Tätigwerden einverstanden sind. In diesen Fällen ersetzt ihr Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nur, wenn beide Seiten sich dem Spruch im voraus unterworfen oder ihn nachträglich angenommen haben.
(7) Soweit nach anderen Vorschriften der Rechtsweg gegeben ist, wird er durch den Spruch der Einigungsstelle nicht ausgeschlossen.
(8) Durch Tarifvertrag kann bestimmt werden, dass an die Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle tritt.
(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.
(1) Der Gemeinsame Senat entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will.
(2) Sind nach den Gerichtsverfassungs- oder Verfahrensgesetzen der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate eines obersten Gerichtshofs anzurufen, so entscheidet der Gemeinsame Senat erst, wenn der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen wollen.
(1) Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat wird durch einen Vorlegungsbeschluß eingeleitet. In diesem ist die Entscheidung des obersten Gerichtshofs, von der der vorlegende Senat abweichen will, zu bezeichnen. Der Beschluß ist zu begründen und den am Verfahren Beteiligen zuzustellen.
(2) Die Senate, die Großen Senate oder die Vereinigten Großen Senate der obersten Gerichtshöfe holen die Entscheidung des Gemeinsamen Senats unmittelbar ein. Gleichzeitig ist das Verfahren vor dem vorlegenden Senat auszusetzen.
(3) Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat im Sinne der Absätze 1 und 2 ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf die zu begründende Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält. § 4 gilt entsprechend.