Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Aug. 2013 - 5 AZR 581/11
Gericht
Tenor
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1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. April 2011 - 13 Sa 1699/10 - aufgehoben.
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2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt weitere Vergütung.
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Die Klägerin ist beim Beklagten seit 1981 als Lehrerin beschäftigt. Der Beklagte war und ist nicht tarifgebunden. In dem am 30. Oktober 1981 abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag heißt es ua.:
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„§ 2
Der vereinbarte Beschäftigungsumfang beträgt 100 % der üblichen Arbeitszeit. Sie beträgt z.Z. 24 Std. wöchentlich.
…
§ 5
Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung nach Vergütungsgruppe II a des Bundesangestelltentarifs (Fassung Land Hessen).
…
Der BAT findet Anwendung bei Urlaubsregelung, Arbeits- und Rufbereitschaft, Dienstbefreiung unter Fortzahlung der Dienstbezüge, vermögenswirksame Leistungen. Im übrigen findet der BAT keine Anwendung.
…
§ 7
Der Verein leistet kirchlichen Laiendienst an behinderten, gefährdeten und psychisch kranken Mitmenschen gleich welcher Konfession und gleich welcher Staatsangehörigkeit.
Den Vertragsschließenden ist bekannt, daß der Verein seine karitativen, erzieherischen Aktivitäten in den Grenzen seiner finanziellen Möglichkeiten betreibt und daß dem Verein dafür ausschließlich Fremdmittel zur Verfügung stehen, deren Gewährung und Höhe er nicht bestimmen kann.
§ 8
…
Änderungen und Ergänzungen dieses Arbeitsvertrages bedürfen ausnahmslos der Schriftform.
…“
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Die Klägerin ist im „Bildungszentrum H“ mit der dort für vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte üblichen Wochenarbeitszeit von 23 Unterrichtsstunden tätig.
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Mit Wirkung zum 1. April 2004 trat das Land Hessen aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder aus. Bis zu diesem Zeitpunkt vergütete der Beklagte die Klägerin entsprechend den für die Angestellten der Länder geltenden Tarifverträgen.
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Am 13. Juni 2008 vereinbarten das Land Hessen und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di, die Gewerkschaft der Polizei, Landesbezirk Hessen - GdP, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Hessen - GEW und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Bundesvorstand - IG BAU den Tarifvertrag Einkommensverbesserung 2008 (im Folgenden: TV EVerb 2008). Nach getrennten Verhandlungen schloss das Land Hessen einen gleichlautenden Tarifvertrag mit der dbb tarifunion ab.
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Der TV EVerb 2008 sah für Beschäftigte, auf deren Beschäftigungsverhältnis mit dem Land Hessen der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 in der Fassung vom 31. Januar 2003 angewendet wurde, zum 1. April 2008 eine lineare Erhöhung der Grundvergütung, des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage um jeweils 3,0 vH vor. Darüber hinaus regelte der Tarifvertrag für Beschäftigte, die in den Monaten Januar, Februar oder März 2008 Ansprüche auf Bezüge aus einem Beschäftigungsverhältnis zum Land Hessen hatten, eine Einmalzahlung iHv. 3,0 vH. Für einen Teil der Beschäftigten sah der Tarifvertrag eine weitere Einmalzahlung in Höhe von 100,00 Euro vor.
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Am 14. April 2009 vereinbarte das Land Hessen mit den vorgenannten DGB-Einzelgewerkschaften sowie (wiederum nach getrennten Verhandlungen) der dbb tarifunion gleichlautende Tarifverträge „Einkommensverbesserung Hessen 2009/2010“ vom 28. März 2009 (im Folgenden: TV EVerb-H 2009/2010). Der Geltungsbereich erstreckte sich auf Angestellte des Landes Hessen, auf deren Beschäftigungsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 in der Fassung vom 31. Januar 2003 Anwendung fand. In den Tarifverträgen wurde ua. geregelt:
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„§ 2
Lineare Erhöhung
(1)
Zum 1. April 2009 werden jeweils um 3,0 v.H. erhöht
1.
die Grundvergütung, die Gesamtvergütung, die Stundenvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage in der am 1. April 2008 geltenden Fassung des Tarifvertrags Einkommensverbesserung 2008 vom 13. Juni 2008,
…
(2)
Die lineare Erhöhung ab 1. April 2009 ist in den Anlagen 1a bis 7 festgelegt.
(3)
Die Entgelttabelle, Anlage A 1 des zum 1. Januar 2010 in Kraft tretenden TV-H, ist in der Anlage 14 festgelegt.
Zum 1. März 2010 wird das der Anlage A 1 zugrunde gelegte Tabellenentgelt um 1,2 v.H. erhöht. Die Entgelttabelle, Anlage A 2, ist in der Anlage 15 festgelegt.
…
§ 4
Einmalzahlung für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter
(1)
Die unter § 1 Ziffer 1 und 2 fallenden Beschäftigten, die im Monat Juni 2009 für mindestens einen Tag Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis erhalten haben, das am 1. April 2009 bereits bestanden hat, erhalten mit den Bezügen für den Monat Juni 2009 eine Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro.
Teilzeitbeschäftigte erhalten diese Einmalzahlung anteilig in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter am 1. Juni 2009 entspricht.
…“
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Am 25. Mai 2009 schloss der Beklagte mit dem bei ihm gebildeten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Vergütung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Vereins J e.V.“ (im Folgenden: BV Vergütung) und eine „Betriebsvereinbarung zur Zahlung von Zulagen und der jährlichen Zuwendung“ (im Folgenden: BV Zulagen/Zuwendung) ab. Die BV Vergütung legt ein betriebliches Gehaltsgruppenschema, eine Vergütung entsprechend einer Entgelttabelle, eine stufenweise Erhöhung des Gehalts sowie ein Verfahren zur Leistungsbeurteilung fest. In der BV Vergütung heißt es ua.:
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„§ 3 Besitzstandswahrung
(1)
Das neue Vergütungssystem gilt ab dem 01.08.2009 für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach dem 31.07.2009 eingestellt werden.
(2)
Für alle zu diesem Zeitpunkt beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt Besitzstandswahrung. Sie haben das Recht, auf Antrag in das neue Vergütungssystem überzuwechseln.
(3)
Für den Wechsel gilt folgende Überleitungsregel:
Im Falle eines Wechsels erfolgt die Zuordnung zu der Stufe im neuen Vergütungssystem unter Berücksichtigung des § 5 Abs. 2 (einschlägige Berufserfahrung).
Sodann erfolgt die Eingruppierung nach dem Vergütungssystem JJ und der dort zutreffenden Vergütungsgruppe. Ergibt sich eine geringere Vergütung als vor dem Wechsel, erfolgt die Einordnung in diejenige Stufe, die oberhalb der Vergütung der bisherigen Vergütungsgruppe liegt. Die maßgebliche Vergütung für den Vergleich wird dabei entsprechend dem BAT (Grundgehalt, Ortszuschlag, allgemeine Zulage und evtl. mtl. Einmalzahlungen) errechnet (Altvergütung).
(4)
Danach nimmt der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin - unabhängig seiner/ihrer bisherigen Betriebszugehörigkeit sowie der anrechenbaren Beschäftigungsjahre - an den Stufensteigerungen der Eingruppierung nach dem Vergütungssystem JJ entsprechend dem dort geregelten Turnus teil.
(5)
Sofern der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin nicht wechselt, verbleibt es bei der bisherigen Eingruppierung nach BAT sowie der oben bezeichneten Altvergütung. Künftige mögliche Veränderungen werden weiter berücksichtigt.
…“
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Am 1. September 2009 schlossen das Land Hessen und die oben genannten Gewerkschaften gleichlautend, aber getrennt den „Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen“ (im Folgenden: TV-H) und den „Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Landes Hessen in den TV-H und zur Regelung des Übergangsrechts“ (im Folgenden: TVÜ-H) ab. Im TVÜ-H ist ua. geregelt:
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„§ 2
Ersetzung bisheriger Tarifverträge durch den TV-H.
(1)
1Der TV-H ersetzt in Verbindung mit den Vorschriften des 1. bis 5. Abschnitts für den Bereich des Landes die in Anlage 1 TVÜ-H Teil A und Teil B aufgeführten Tarifverträge (einschließlich deren Anlagen) beziehungsweise Tarifvertragsregelungen, soweit im TV-H, in den Vorschriften des 1. bis 5. Abschnitts oder in den Anlagen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. 2Die Ersetzung erfolgt mit Wirkung vom 1. Januar 2010, soweit kein abweichender Termin bestimmt ist.
…
Anlage 1 Teil A, Teil B und Teil C
Teil A
- Ersetzte Tarifverträge -
1.
Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961, zuletzt geändert durch den 78. Tarifvertrag zur Änderung des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 31. Januar 2003.
…
Teil B
- Ersetzte Tarifverträge bzw. Tarifvertragsregelungen -
…
2.
Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich der Länder vom 31. Januar 2003
…
6.
Tarifvertrag über Zulagen an Angestellte (Länder) vom 17. Mai 1982,
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mit Ausnahme der §§ 5, 6, 7 bis 10 in der am 31. März 2004 geltenden Fassung, die bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung fortgelten
…
11.
Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973
…“
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Der Beklagte wendet die vom Land Hessen abgeschlossenen Tarifverträge nicht an. Er erhöhte seit Januar 2008 das Bruttomonatsentgelt der Klägerin und das jeweils im November gezahlte Weihnachtsgeld mehrfach und leistete Einmalzahlungen in unterschiedlicher Höhe.
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Die Klägerin hat geltend gemacht, die Tarifverträge TV EVerb 2008 und TV EVerb-H 2009/2010 fänden jedenfalls in ergänzender Auslegung von § 5 des Arbeitsvertrags Anwendung. Durch die BV Vergütung sei eine Vertragslücke schon deshalb nicht in Wegfall geraten, weil diese ihr lediglich das Recht einräume, in das Vergütungssystem der Betriebsvereinbarung zu wechseln. Die ihr zustehende Vergütung sei entsprechend dem TV EVerb 2008 und dem TV EVerb-H 2009/2010 zu erhöhen gewesen. Gleiches gelte für ihren bereits vor Jahren gegen den Beklagten ausgeurteilten Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgelds in Höhe eines 13. Monatsgehalts. Der Beklagte sei verpflichtet, an sie die sich unter Berücksichtigung seiner Zahlungen ergebenden Differenzbeträge zu leisten.
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Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.109,55 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 682,47 Euro brutto seit dem 1. Januar 2009, aus weiteren 1.702,92 Euro brutto seit dem 1. Januar 2010, aus weiteren 1.586,52 Euro brutto seit dem 1. Januar 2011 und aus weiteren 137,64 Euro brutto seit dem 1. April 2011 zu zahlen.
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Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, mit § 5 des Arbeitsvertrags hätten die Parteien ausschließlich die Vergütung nach einem bundeseinheitlichen Tarifvertrag vereinbart. Demgegenüber seien der TV EVerb 2008 und der TV EVerb-H 2009/2010 auf Arbeitgeberseite von einer anderen Tarifvertragspartei geschlossen worden. Die §§ 7 und 8 des Arbeitsvertrags ließen erkennen, dass die Vertragsparteien zusätzliche finanzielle Belastungen einer ausdrücklichen und schriftlichen Regelung vorbehalten wollten. Eine Regelungslücke bestehe schon aufgrund der BV Vergütung nicht. Deren Vergütungssystem sei betriebsnäher und „passgenauer“. Im Falle der Unanwendbarkeit des BAT hätten die Arbeitsvertragsparteien deren Anwendung vereinbart. Jedenfalls müsse wegen der betriebsüblichen Wochenarbeitszeit die Vergütung gekürzt werden.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung, stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die im Berufungsverfahren erweiterte Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen konnte das Landesarbeitsgericht die Klage mit der von ihm gegebenen Begründung nicht abweisen. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann aber mangels ausreichender Feststellungen in der Sache nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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I. Ob und ggf. in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.
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1. Die Klägerin hat arbeitsvertraglich für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2009 Anspruch auf erhöhte Vergütung entsprechend den Vorgaben des TV EVerb 2008 und des TV EVerb-H 2009/2010. Sie kann deshalb vom Beklagten die Differenzbeträge zwischen den erhaltenen Zahlungen und den ihr nach den genannten Tarifverträgen zustehenden Beträgen verlangen.
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Dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags der Parteien. Bei diesem handelt es sich um einen Formulararbeitsvertrag, dessen Regelungen vom Beklagten als Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 und Abs. 2 BGB) in einer Vielzahl von Arbeitsverträgen gleichlautend verwendet und der Klägerin bei Vertragsabschluss gestellt wurden.
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a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ausgangspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12). Dies gilt auch für Verweisungsklauseln (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283).
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b) Gemäß § 5 des Arbeitsvertrags erhält die Klägerin „Vergütung nach Vergütungsgruppe II a des Bundesangestelltentarifs (Fassung Land Hessen)“. Die Auslegung dieser Verweisungsklausel ergibt, dass die durch den TV EVerb 2008 und TV EVerb-H 2009/2010 getroffenen Vergütungsregelungen nachzuvollziehen sind.
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aa) Allerdings führt der Wortlaut der Verweisungsklausel allein zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die verwendete Klausel weist Unklarheiten auf. Sie nimmt auf die „Vergütungsgruppe II a des Bundesangestelltentarifs (Fassung Land Hessen)“ Bezug. Doch existierte eine gesonderte Fassung des BAT für das Land Hessen nicht. Das Land Hessen war zum damaligen Zeitpunkt Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Der Bundes-Angestelltentarifvertrag wurde auf Arbeitgeberseite durch die Bundesrepublik Deutschland, die Tarifgemeinschaft deutscher Länder und die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund hätte es nahe gelegen, in der vertraglichen Klausel auf die von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder abgeschlossenen Tarifverträge Bezug zu nehmen. Wollte man allein auf den Wortlaut der Klausel abstellen, enthielte der Arbeitsvertrag eine Bezugnahme auf eine nicht existente „Fassung Land Hessen“ des BAT.
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bb) Die Auslegung des Wortlauts der Klausel unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck arbeitsvertraglicher Bezugnahmen auf tarifliche Regelungswerke ergibt jedoch mit der notwendigen Eindeutigkeit, dass sich die Parteien auf die jeweiligen tariflichen Regelungen der Vergütung für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen - abstellend auf die Vergütungsstruktur im Anwendungsbereich des BAT - einigten.
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(1) Nach der st. Rspr. des BAG ist die pauschale Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf tarifliche Vergütungsbestimmungen ohne Nennung fester Beträge und ohne Angabe einer konkret nach Datum festgelegten Fassung des in Bezug genommenen Tarifvertrags regelmäßig dynamisch zu verstehen (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 844/09 - Rn. 16; 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 13), es sei denn, eindeutige Hinweise sprechen für eine statische Bezugnahme (BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 65/11 - Rn. 25). Hiervon ausgehend haben die Parteien mit § 5 des Arbeitsvertrags die Vergütung zeitlich dynamisch, orientiert an den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen gestaltet, denn an Hinweisen auf eine statische Bezugnahme fehlt es.
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(2) Die Parteien haben sich mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen anvertraut. Sinn und Zweck der Vereinbarung einer unternehmensfremden tariflichen Vergütungsregelung für den öffentlichen Dienst ist es zunächst, eine am öffentlichen Dienst orientierte Vergütungsstruktur zu schaffen, um eine Gleichstellung der Angestellten des Arbeitgebers mit denen des öffentlichen Dienstes zu erreichen. Zugleich weist eine solche Klausel auf das Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen, dasjenige Vergütungssystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26; 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 22). Die Klausel ist deshalb als Verweisung auf die sich im Rahmen des Vergütungssystems des BAT vollziehende Tarifentwicklung zu verstehen, die für die tarifgebundenen Angestellten des Landes Hessen maßgeblich ist. Die Formulierung „Bundesangestelltentarif (Fassung Land Hessen)“ ist als ein Synonym für das tarifliche Bezugsystem (vgl. BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 - Rn. 22, 23) gebraucht worden, das für die Angestellten des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen in seiner jeweiligen Fassung Anwendung findet.
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(3) § 5 des Arbeitsvertrags kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Vergütung statisch festgeschrieben wurde. Für die Annahme, die Arbeitsvertragsparteien hätten die weitere Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst nicht nachvollziehen und damit eine im Ergebnis „eingefrorene“ Regelung in Bezug nehmen wollen, bedarf es weiterer und nachhaltiger Gesichtspunkte (BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 - Rn. 25, 26; 10. November 2010 - 5 AZR 844/09 - Rn. 23). An diesen fehlt es. Die Klausel spricht vielmehr dafür, dass die Arbeitsvertragsparteien davon ausgegangen sind, jedenfalls grundsätzlich würden in dem in Bezug genommenen Bereich auch weiterhin Tarifverträge abgeschlossen und die Arbeitsbedingungen von den Tarifvertragsparteien der Entwicklung angepasst werden.
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(4) § 5 des Arbeitsvertrags kann nicht als Bezugnahme auf die ohne Beteiligung des Landes Hessen vereinbarten Tarifverträge TVöD oder TV-L ausgelegt werden, die die Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Ländern ablösten.
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(a) Allgemein ist davon auszugehen, dass nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien, die ihre materiellen Arbeitsbedingungen dynamisch an einem Tarifvertrag orientieren, denjenigen Tarifverträgen folgen wollen, die von den Tarifvertragsparteien des ursprünglich in Bezug genommen Tarifvertrags abgeschlossen werden. Die übereinstimmende Orientierung von Arbeitsvertragsparteien an der Entwicklung eines Tarifvertrags oder Tarifwerks ist insbesondere, wenn sie nicht tarifgebunden sind, zumindest auch geprägt von dem Vertrauen in die konkreten Tarifvertragsparteien, so dass den von diesen abgeschlossenen (Folge-)Tarifverträgen im Zweifel eine größere Arbeitsvertragsnähe zuzumessen ist. Kommen hierfür mehrere Tarifvertragsparteien in Betracht, weil im Arbeitsvertrag auf parallel abgeschlossene, inhaltsgleiche Tarifverträge Bezug genommen wurde oder weil es sich bei dem in Bezug genommenen Tarifvertrag um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag handelte, der von den bis dahin gemeinsam abschließenden Tarifvertragsparteien jeweils unterschiedlichen Folgeregelungen unterworfen wird, soll im Zweifel der Folgetarifvertrag angewandt werden, der von denjenigen Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden ist, denen die Arbeitsvertragsparteien aus beiderseitiger Sicht am nächsten standen (BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 - Rn. 33).
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(b) Dies sind vorliegend die für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen maßgeblichen Tarifvertragsparteien. Dem steht nicht entgegen, dass das Land Hessen am Abschluss der ursprünglich in Bezug genommenen Tarifverträge nur vermittelt durch die Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder beteiligt war, denn die Parteien haben, wie sich aus dem Klammerzusatz „Fassung Land Hessen“ ergibt, ausdrücklich auf die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst des Landes Hessen und nicht auf eine hiervon abweichende Tarifentwicklung im Bereich des Bundes oder anderer Bundesländer abgestellt.
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(5) Aufgrund dieses Auslegungsergebnisses bleibt für eine Anwendung der zwischen dem Beklagten und dem Betriebsrat abgeschlossenen BV Vergütung und BV Zulagen/Zuwendung anstelle der tariflichen Regelungen des TV EVerb 2008 und des TV EVerb-H 2009/2010 kein Raum, weil die vertragliche Regelung bis zur Ablösung des Tarifsystems des BAT durch den TV-H am 1. Januar 2010 nicht lückenhaft war.
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(6) Dem gefundenen Auslegungsergebnis steht nicht der in § 7 des Arbeitsvertrags enthaltene Hinweis auf die Finanzierung des Beklagten aus Fremdmitteln entgegen, denn die Parteien stellten in Kenntnis und trotz dieses Umstands mit § 5 des Arbeitsvertrags auf das unternehmensfremde Tarifsystem für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen ab.
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(7) Da sich die Anwendung der genannten Tarifverträge bereits aus § 5 des Arbeitsvertrags ergibt, bedurfte es auch keiner ergänzenden schriftlichen Vereinbarung iSv. § 8 Arbeitsvertrag.
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c) Offenbleiben kann, ob § 5 des Arbeitsvertrags als Bezugnahme auf die vom Land Hessen mit den Mitgliedsgewerkschaften des DGB oder auf die mit der dbb tarifunion abgeschlossenen Tarifverträge TV EVerb 2008 und TV EVerb 2009/2010 auszulegen ist und, ob es sich bei den vom Land Hessen mit den Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Tarifverträgen um Einheitstarifverträge oder um mehrgliedrige Tarifverträge im engeren Sinne(zur Terminologie: BAG 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 - zu III 4 a und b der Gründe; 8. November 2006 - 4 AZR 590/05 - Rn. 22, BAGE 120, 84) handelt.
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Die Beantwortung der vorgenannten Fragen ist für die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht entscheidungserheblich, weil sich unabhängig davon, welchen Tarifvertrag man zugrunde legt, Zahlungsansprüche in gleicher Höhe ergeben. Die TV EVerb 2008 und TV EVerb-H 2009/2010 wurden vom Land Hessen mit den DGB Gewerkschaften und der dbb tarifunion nach getrennten Verhandlungen abgeschlossen. Es handelt sich jedenfalls insoweit um parallele, voneinander unabhängige Tarifverträge. Die Tarifverträge sind allerdings gleichlautend, so dass trotz der Existenz mehrerer Tarifverträge nebeneinander die Vergütung der Angestellten des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen einheitlich geregelt wurde. Jeder dieser Tarifverträge ist auf die einmalige Einkommensverbesserung und nicht eine eigenständige Weiterentwicklung gerichtet. Die mögliche Fortentwicklung eines Tarifvertrags ist für die kraft Bezugnahme anzuwendende Entgelttabelle unerheblich. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die partielle Bezugnahme auf den BAT und den diesen ergänzenden Tarifverträge aufgrund des Fehlens einer Kollisionsregel noch hinreichend transparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB war(zur Transparenz arbeitsvertraglicher Verweisungsklauseln: BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 30 - 32). Auf eine mögliche Unwirksamkeit der Klausel könnte sich der Beklagte nicht berufen. Die Folgen der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel sind allein vom Verwender zu tragen (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - Rn. 16; 28. Juni 2006 - 10 AZR 407/05 - Rn. 15).
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2. Für den Zeitraum ab 1. Januar 2010 ist die Klage unschlüssig. Für diese Zeit steht der Klägerin keine Vergütung auf der Grundlage der bisherigen tariflichen Regelungen mehr zu. Der TV-H löste die bis dahin für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen tariflichen Regelungen ab. Allenfalls kämen Ansprüche auf der Grundlage des am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen TV-H in Betracht.
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a) Der am 1. Januar 2010 in Kraft getretene TV-H ersetzte gemäß § 2 Abs. 1 TVÜ-H mit Wirkung zum 1. Januar 2010 die in der Anlage 1 Teil A und Teil B TVÜ-H genannten Tarifverträge. Hierzu gehören gemäß Anlage 1 Teil A Nr. 1 TVÜ-H der BAT und gemäß Anlage 1 Teil B Nr. 2, 6, 11 TVÜ-H der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT, der Tarifvertrag über Zulagen an Angestellte (Länder) und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte. Der TV EVerb-H 2009/2010 nahm diese Entwicklung vorweg, indem er in § 2 Abs. 3 TV EVerb-H 2009/2010 lediglich auf den TV-H Bezug nahm und die in den Anlagen A1 und A2 zum TV-H festgelegten Entgelttabellen für die Beschäftigten des Landes Hessen ab 1. Januar 2010 bzw. ab 1. März 2010 mit den Anlagen 14 und 15 zum TV EVerb-H 2009/2010 zum Gegenstand der tariflichen Regelung machte. Die Regelungen des TV EVerb-H 2009/2010 für die Zeit ab 1. Januar 2010 stellten auf die Vergütungsstruktur des TV-H ab und basierten auf dieser.
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Für die Vergütungshöhe der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen sind damit seit 1. Januar 2010 nicht mehr die sich aus den Regelungen des Vergütungstarifvertrags Nr. 35 zum BAT, des Tarifvertrags Zulagen sowie des Tarifvertrags Zuwendungen iVm. den TV EVerb-H 2009/2010 ergebenen Beträge maßgeblich, sondern die Bestimmungen des TV-H, insbesondere die Entgelttabellen der Anlage A1 und A2 zum TV-H. Im Land Hessen wurden die für das Vergütungssystem des BAT maßgeblichen Tarifverträge durch den TV-H abgelöst.
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b) Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel in § 5 des Arbeitsvertrags trägt auch bei der unter I 1 der Gründe dargestellten Auslegung keine Erstreckung auf den TV-H. Im Gegensatz zum TV EVerb 2008 und zum TV EVerb-H 2009/2010, soweit letzterer die Vergütung bis zum 31. Dezember 2009 regelt, wurde im TV-H die für den Anwendungsbereich des BAT maßgebliche Vergütungsstruktur nicht beibehalten. Deshalb wird der TV-H nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst. Ein Zusatz, dass die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen.
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c) Dass sich die Vergütung der Klägerin nach den Bestimmungen des TV-H richtet, ergibt jedoch eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.
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aa) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden.
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Die im Arbeitsvertrag der Parteien enthaltene zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf die Vergütungsstruktur des BAT ist durch die Ablösung dieses tariflichen Regelungswerks zu einer statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 16). Ein „Einfrieren“ der Vergütung auf den Zeitpunkt der Ablösung der bisher für die Vergütung maßgeblichen tariflichen Regelungen entsprach nicht dem Willen der Parteien. Der Vertrag ist nachträglich lückenhaft geworden, weil die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf der Dynamik der tariflichen Vergütungsregelungen aufbaute.
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bb) Die nachträglich entstandene Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass sich die Parteien den Vergütungsregelungen des TV-H unterworfen hätten.
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(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt anstelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 18; 12. Dezember 2012 - 4 AZR 65/11 - Rn. 33). Die ergänzende Vertragsauslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab und nicht nur am Willen und Interesse der konkret beteiligten Personen. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn die ergänzende Vertragsauslegung schließt eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend. Das gilt auch, wenn sich eine Lücke erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat. Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in einer Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht“ werden (BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 65/11 - Rn. 33 mwN).
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(2) Ausgehend von diesem Maßstab hätten die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Ablösung des in Bezug genommenen tariflichen Regelungswerks das diesem nachfolgende tarifliche Regelungswerk für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen vereinbart, also den TV-H und dessen begleitende Übergangsregelungen.
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(a) Die Ablösung der bisher geltenden Tarifwerke durch den TV-H wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche Änderung der im Arbeitsvertrag benannten Tarifverträge. Mit dem Nachvollziehen der Tarifentwicklung auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen, deren Regelungsmacht sich die Parteien durch die Bezugnahmeklausel in § 5 des Arbeitsvertrags anvertrauten, die für ihren Tarifbereich maßgebliche Vergütungsstruktur des BAT reformiert und ihr einen neuen Inhalt gegeben hätten(BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 20). In diesem Zusammenhang ist es ohne ausschlaggebende Bedeutung, ob es sich bei dieser Tarifreform um eine Tarifsukzession oder um einen Tarifwechsel handelte. Maßgebend ist ausschließlich der nach Auslegung gewonnene Inhalt der einzelvertraglichen Verweisungsklausel (BAG 27. Januar 2010 - 4 AZR 591/08 - Rn. 36).
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(b) Einer ergänzenden Auslegung der Vergütungsvereinbarung in diesem Sinne steht nicht entgegen, dass die Parteien in § 2 des Arbeitsvertrags die einem Beschäftigungsumfang von 100 % entsprechende Arbeitszeit unabhängig vom BAT regelten, indem sie auf die „übliche Arbeitszeit“ abstellten. Damit hat die Klägerin weiterhin Anspruch auf Vergütung einer Vollzeitkraft.
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(c) Entgegen der Ansicht des Beklagten kann nicht angenommen werden, dass die Vertragsparteien die entstandene Regelungslücke durch Anwendung der BV Vergütung und der BV Zulagen/Zuwendung geschlossen hätten.
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(aa) Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie der Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Das kann ausdrücklich oder konkludent geschehen und ist nicht nur bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich, sondern auch bei einzelvertraglichen Abreden. Eine solche konkludente Abrede ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Mit der Verwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen macht der Arbeitgeber deutlich, dass im Betrieb einheitliche Arbeitsbedingungen gelten sollen. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen stünde dem entgegen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber ausdrücklich Arbeitsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer im Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 59, 60).
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(bb) Letzteres ist hier der Fall. Die Parteien haben in § 5 des Arbeitsvertrags mit der Vereinbarung einer Vergütung nach „Vergütungsgruppe II a des Bundesangestelltentarifs (Fassung Land Hessen)“ unternehmensfremde tarifliche Regelungen in Bezug genommen. Mit dem Zweck dieser dynamischen Bezugnahme auf Vergütungsregelungen des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen, eine Gleichstellung mit den in diesem Bereich beschäftigten Angestellten zu erreichen, wäre eine Anwendung der allein für den Bereich des Beklagten maßgeblichen betrieblichen Regelungen nicht vereinbar.
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d) Im Rahmen der hier vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung kann, anders als im Fall einer aufgespaltenen Tarifsukzession (vgl. hierzu: BAG 18. April 2012 - 4 AZR 392/10 - Rn. 24), dahingestellt bleiben, ob die Parteien, wenn sie die Lückenhaftigkeit der vertraglichen Regelung bei Abschluss des Arbeitsvertrags bedacht hätten, auf die vom Land Hessen mit den DGB-Mitgliedsgewerkschaften oder die mit der dbb tarifunion vereinbarten Tarifverträge Bezug genommen hätten. Die Tarifverträge sind gleichlautend, so dass trotz der Existenz mehrerer Tarifwerke nebeneinander die Vergütung der Angestellten des öffentlichen Dienstes des Landes Hessen, an der sich die Parteien orientieren wollten, einheitlich geregelt wurde. Für die Höhe der Zahlungsansprüche der Klägerin ist es deshalb nicht entscheidungserheblich, welches Tarifwerk zugrunde gelegt wird. Käme es künftig darauf an, müsste dies mittels weiterer ergänzender Vertragsauslegung geklärt werden.
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II. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.
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Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellung dazu getroffen, auf welcher Grundlage sich ein Ortszuschlag der Stufe 3 ergeben soll. Nach dem tatsächlichen Vortrag der Parteien könnte sich allenfalls ein Ortszuschlag der Stufe 1 zuzüglich der Differenz zwischen der Stufe 2 und der Stufe 3 für den Zeitraum bis 31. Dezember 2009 ergeben.
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Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung eines erhöhten Weihnachtsgelds für die Jahre 2008 bis 2010 nicht schlüssig begründet. Auf welcher Rechtsgrundlage sich dieser Anspruch ergeben soll, hat die Klägerin nicht dargelegt. Allein der Vortrag, ein Anspruch auf Zahlung in Höhe eines 13. Monatsgehalts sei vor Jahren ausgeurteilt worden, reicht ohne nähere Angabe zum Streitgegenstand und Inhalt der Entscheidung nicht aus. Auch wenn unter dem Begriff Vergütung iSd. § 5 des Arbeitsvertrags alle finanziellen Leistungen zu verstehen sind, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht(vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR 844/09 - Rn. 17), ergibt sich hieraus der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht. Weder der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte, noch der TV-H sehen eine Zuwendung in Höhe von 100 % des regelmäßigen Bruttomonatsverdienstes vor. Selbst wenn der Beklagte in der Vergangenheit das Weihnachtsgeld den Erhöhungen des regelmäßig gezahlten Monatsentgelts angepasst haben sollte, hätte es für die Annahme eines Anspruchs aus betrieblicher Übung der Darlegung besonderer Anhaltspunkte dafür bedurft, dass aus der Sicht der Belegschaft der Beklagte auch künftig eine entsprechende Anpassung vornehmen wolle (vgl. BAG 19. Oktober 2011 - 5 AZR 359/10 - Rn. 15 mwN). Solche Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht vorgetragen.
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Der Klägerin ist Gelegenheit zu geben, ihren Sachvortrag unter Berücksichtigung der Anwendbarkeit des TV-H ab 1. Januar 2010 zu ergänzen. Der Senat ist insoweit gehindert, die Klage als unschlüssig abzuweisen, weil der Klägerin kein rechtlicher Hinweis auf die Anwendbarkeit des TV-H erteilt wurde und es an tatsächlichen Feststellungen zur Entgeltstufe der Klägerin und damit der Anspruchshöhe fehlt.
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Der Senat ist auch deshalb an einer abschließenden Entscheidung gehindert, weil der Tatbestand des Berufungsurteils hinsichtlich der im Berufungsverfahren erfolgten Klageerweiterung so lückenhaft ist, dass eine abschließende Überprüfung der Revisionsangriffe nicht möglich ist. Es liegt ein Mangel im Tatbestand vor, der auch ohne Verfahrensrüge von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl. BAG 19. Juni 2007 - 2 AZR 599/06 - Rn. 14; Musielak/Ball ZPO 10. Aufl. § 559 Rn. 18 mwN). Dem Urteil des Landesarbeitsgerichts kann entgegen § 69 Abs. 3 Satz 1 ArbGG nicht entnommen werden, welchen Streitstoff dieses der Entscheidung zugrunde gelegt hat. Das Urteil enthält keine auch nur gedrängte Darstellung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien (vgl. zu diesem notwendigen Inhalt: BAG 24. März 2011 - 2 AZR 170/10 - Rn. 11, 12). Der Sach- und Streitstand ergibt sich auch nicht aus den Entscheidungsgründen, denn diese befassen sich nicht mit der Klageerweiterung. Mangels einer Bezugnahme auf die in 2. Instanz gewechselten Schriftsätze im Urteil und im Sitzungsprotokoll, das keine weiteren tatsächlichen Feststellungen enthält, ist der Senat gemäß § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO gehindert, den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien, soweit sich dieser auf die mit der Klageerweiterung geltend gemachten Forderungen bezieht, zu berücksichtigen.
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Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
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die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
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mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.