Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. März 2015 - 2 AZR 517/14

ECLI: ECLI:DE:BAG:2015:260315.U.2AZR517.14.0
published on 26/03/2015 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. März 2015 - 2 AZR 517/14
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Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. Dezember 2013 - 16 Sa 1248/12 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. März 2012 - 21 Ca 4130/11 - wird insoweit zurückgewiesen, wie sie sich gegen die Feststellung richtet, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch ihre fristlose Kündigung vom 16. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen.

2

Die Beklagte ist ein IT-Unternehmen. In ihrem Betrieb R besteht ein Betriebsrat. Der 1966 geborene Kläger war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit Dezember 2000 tätig. Er ist Diplom-Informatiker und als schwerbehinderter Mensch anerkannt.

3

Anfang des Jahres 2011 versetzte die Beklagte den Kläger aus ihrer Betriebsstätte F in die Betriebsstätte M. Zugleich übertrug sie ihm die Erstellung eines Handbuchs. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger schon seit längerem keine Arbeitsleistungen mehr für sie erbracht. Grund hierfür waren Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien. Nach seiner Versetzung war der Kläger zunächst wegen Krankheit arbeitsunfähig. Im Anschluss daran war ihm bis Mitte Mai 2011 Erholungsurlaub bewilligt worden. Am 26. April 2011 bat er seinen Vorgesetzten, ihn bis Anfang August 2011 von der Pflicht zur Arbeitsleistung freizustellen. Zur Begründung verwies er auf eine von ihm gegen die Versetzung erhobene Klage. Der Vorgesetzte lehnte eine Freistellung ab und erklärte, er erwarte den Kläger am 16. Mai 2011 an seinem Arbeitsplatz.

4

Gegen den Kläger wurde ein Strafverfahren geführt. Am 28. April 2011 wurde er während der Verhandlung im Gerichtssaal verhaftet. Dabei war eine Rechtsanwältin zugegen, die das Verfahren für die Beklagte beobachtete. Grundlage der Verhaftung war ein Haftbefehl wegen des Verdachts der Erstellung falscher Lohnsteuerbescheinigungen und der unrechtmäßigen Vereinnahmung von Lohnsteuererstattungen.

5

Der Kläger wurde in Untersuchungshaft genommen und in die Justizvollzugsanstalt W (JVA) gebracht. Kontakt zur Beklagten nahm er nicht auf. Er informierte sie weder über den Grund seiner Verhaftung, noch über den Ort seiner Unterbringung. Er blieb bis zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung am 8. November 2011 inhaftiert.

6

Am 30. Mai 2011 beantragte die Beklagte beim Integrationsamt M die Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Diese wurde ihr für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung durch Bescheid vom 10. Juni 2011 unter dem „Vorbehalt“ erteilt, dass „im arbeitsgerichtlichen Verfahren die wirksame Versetzung [des Klägers] an die Betriebsstätte … in M erfolgt … und somit die örtliche Zuständigkeit des Integrationsamtes M iSd. § 87 Abs. 1 SGB IX gegeben [sei].“

7

Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 16. Juni 2011 außerordentlich fristlos. Der Brief ging am 20. Juni 2011 in der JVA ein und hat den Kläger auch tatsächlich erreicht.

8

Mit Schreiben vom 11. Juli 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut außerordentlich fristlos, mit Schreiben vom 28. Juli 2011 zudem hilfsweise ordentlich zum „nächst zulässigen Termin“, den sie mit dem 29. Februar 2012 angab. Das Integrationsamt hatte beiden Kündigungen - diesmal vorbehaltslos - zugestimmt.

9

Der Kläger hat sich mit der vorliegenden Klage fristgerecht gegen die Kündigungen gewandt. Er hat geltend gemacht, für die außerordentliche Kündigung vom 16. Juni 2011 liege ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB nicht vor. Auch fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats und an einer wirksamen Zustimmung des Integrationsamts. Die Kündigungen vom Juli 2011 seien ihm nicht zugegangen.

10

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 16. Juni 2011 und 11. Juli 2011, noch durch die ordentliche Kündigung vom 28. Juli 2011 aufgelöst worden ist.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Im Verlauf des Berufungsverfahrens hat sie hilfsweise beantragt,

        

das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2011 gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

12

Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei bereits durch die Kündigung vom 16. Juni 2011 aufgelöst worden. Der Kläger habe seine Pflicht verletzt, ihr nach dem Ende seines Urlaubs den Grund seiner fortwährenden Abwesenheit mitzuteilen. Er sei trotz schriftlicher Abmahnung vom 20. Mai 2011 für lange Zeit gänzlich untätig geblieben. Von der Untersuchungshaft habe sie erst im Anhörungstermin vor dem Integrationsamt am 9. Juni 2011 Kenntnis erlangt. Die Betriebsratsanhörung sei mit Schreiben vom 30. Mai 2011 ordnungsgemäß erfolgt. Die Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung habe vorgelegen. Der in den Bescheid aufgenommene Vorbehalt sei unbeachtlich. Jedenfalls habe das Arbeitsverhältnis aufgrund der fristlosen Kündigung vom 11. Juli 2011, und wenn nicht durch diese, dann aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 28. Juli 2011 sein Ende gefunden. Beide Kündigungsschreiben seien dem Kläger über die Haftanstalt zugeleitet worden. Deren Bedienstete seien als seine Empfangsboten anzusehen. Zumindest sei das Arbeitsverhältnis nach §§ 9, 10 KSchG aufzulösen.

13

Der Kläger hat sich zum Auflösungsantrag nicht erklärt.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die fristlose Kündigung vom 16. Juni 2011 nicht aufgelöst worden. Ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Ob das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 11. Juli 2011 oder die ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist, steht nicht fest. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, zur teilweisen Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils und im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 561, § 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).

16

I. Die Kündigung vom 16. Juni 2011 ist möglicherweise schon nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Mit seiner bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, die Anhörung sei iSd. § 102 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG ordnungsgemäß erfolgt.

17

1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe mit Schriftsatz vom 14. November 2011 unter II. 3.9 und dem als „Anlage B 28“ in Bezug genommenen Schreiben vom 30. Mai 2011 die Anhörung des Betriebsrats zur fraglichen Kündigung dargetan. Das dortige Vorbringen der Beklagten bezieht sich jedoch nicht auf die fristlose Kündigung vom 16. Juni 2011, die auf ein „unentschuldigtes Fehlen“ des Klägers gestützt ist, sondern auf die mit Schreiben vom 28. Juli 2011 erklärte ordentliche Kündigung, die damit begründet wird, der Kläger habe andere Mitarbeiter mit haltlosen Klagen überzogen. Zur Kündigung vom 16. Juni 2011 wiederum hat die Beklagte zwar unter dem Gliederungspunkt II. 2. des Schriftsatzes vorgetragen und für die Anhörung des Betriebsrats - unter II. 2.6 - auf ein als „Anlage B 6“ bezeichnetes Anschreiben vom 30. Mai 2011 verwiesen. Auch dieses Schreiben bezieht sich aber nur auf eine ordentliche Kündigung. Es trägt die Überschrift „Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des [Klägers]“ und in der Begründung heißt es, sie - die Beklagte - beabsichtigte, das Arbeitsverhältnis „unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zu kündigen“. Den folgenden Hinweis auf einen zugleich an das Integrationsamt gerichteten Antrag auf Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens des Klägers musste der Betriebsrat unter diesen Umständen nicht als Anhörung zu eben dieser Kündigung verstehen.

18

2. Nach Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens hat der Arbeitgeber den Betriebsrat insbesondere über die Art der beabsichtigten Kündigung - als ordentliche oder außerordentliche - zu unterrichten (BAG 23. April 2009 - 6 AZR 516/08 - Rn. 13, BAGE 130, 369 [zur Beteiligung des Personalrats nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 NPersVG]; 27. Oktober 2005 - 6 AZR 27/05 - Rn. 36). Das ist hier - soweit ersichtlich - nicht geschehen. Soweit die Beklagte auf entsprechende Rüge des Klägers im Revisionsverfahren behauptet hat, sie habe den Betriebsrat auch zur fristlosen Kündigung angehört, und sich dafür auf die von der Anlage B 6 inhaltlich abweichende Anlage RB 1 berufen hat, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung mehr finden kann.

19

II. Auf einen Verstoß gegen § 102 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG kommt es für das Ergebnis nicht an. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die fristlose Kündigung vom 16. Juni 2011 mit wirksamer Zustimmung des Integrationsamts erfolgte, insbesondere ob und ggf. welche Rechtsfolgen mit dem „Vorbehalt“ in dessen Zustimmungsbescheid verbunden waren. Die Kündigung ist jedenfalls deshalb unwirksam, weil es an einem wichtigen Grund fehlt. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts beruht auf einer fehlerhaften Anwendung von § 626 Abs. 1 BGB.

20

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 13; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 15, BAGE 146, 303).

21

2. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkung einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam, wenn schon eine ordentliche Kündigung geeignet war, das Risiko künftiger Störungen zu vermeiden (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 22; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, BAGE 134, 349).

22

3. Diesen Maßstäben wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht.

23

a) Der Kündigungsgrund liegt im Streitfall in einem Verstoß gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten (zu deren Eignung als Kündigungsgrund „an sich“ vgl. BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 19; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 29, BAGE 137, 54). Eine schuldhafte Verletzung der Hauptpflicht zur Arbeitsleistung ist nicht gegeben. An deren Erfüllung war der Kläger aufgrund seiner Inhaftierung objektiv gehindert. Zwar kann auch ein solcher, in der Person des Arbeitnehmers liegender Umstand geeignet sein, eine Kündigung zu rechtfertigen (für die Untersuchungshaft vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 120/12 - Rn. 23 ff.; 20. November 1997 - 2 AZR 805/96 -; für die Strafhaft vgl. BAG 24. März 2011 - 2 AZR 790/09 - Rn. 15; 25. November 2010 - 2 AZR 984/08 - BAGE 136, 213; 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - zu II 3 der Gründe). Dies setzt im Fall einer außerordentlichen Kündigung aber voraus, dass der durch die Untersuchungshaft bedingte Arbeitsausfall es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Termin einer ordentlichen Kündigung fortzusetzen. Dafür fehlt es hier an Anhaltspunkten.

24

b) Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers besteht darin, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Diese Pflicht dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 19 mwN). Aus ihr leitet sich die allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers ab, den Arbeitgeber im Rahmen des Zumutbaren unaufgefordert und rechtzeitig über Umstände zu informieren, die einer Erfüllung der Arbeitspflicht entgegenstehen (ErfK/Preis 15. Aufl. § 611 Rn. 736; allgemein zum Recht der Schuldverhältnisse Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 241 Rn. 7, § 280 Rn. 30). Wird der Arbeitnehmer in Untersuchungshaft genommen, ist er deshalb gehalten, dem Arbeitgeber diesen Umstand unverzüglich anzuzeigen und ihn - im Rahmen des Möglichen - über die voraussichtliche Haftdauer in Kenntnis zu setzen. Aus dem berechtigten Planungsinteresse des Arbeitgebers kann sich zudem die Pflicht des Arbeitnehmers ergeben, über anstehende Haftprüfungstermine Auskunft zu geben.

25

c) Unschädlich ist, dass die Mitteilungspflicht nicht eigens vertraglich oder gesetzlich bestimmt ist. Informations- und Anzeigepflichten können Arbeitnehmer auch ohne entsprechende Regelungen treffen (zur Pflicht, die Beendigung einer Schwangerschaft anzuzeigen, vgl. BAG 18. Januar 2000 - 9 AZR 932/98 - Rn. 30, BAGE 93, 179; zur Anzeigepflicht bei drohenden Schäden für den Arbeitgeber vgl. BAG 28. August 2008 - 2 AZR 15/07 - Rn. 21; 1. Juni 1995 - 6 AZR 912/94 - Rn. 35, BAGE 80, 144). Soweit das Gesetz den Arbeitnehmer in § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitzuteilen, hat der Gesetzgeber eine sich aus dem Arbeitsvertrag iVm. § 241 Abs. 2 BGB ohnehin ergebende Informationspflicht nur näher konkretisiert und spezialgesetzlich ausgestaltet(zur entsprechenden Funktion spezifischer arbeitsvertraglicher Ordnungsvorschriften vgl. BAG 15. Januar 1986 - 7 AZR 128/83 - Rn. 16).

26

d) Ein Verstoß gegen vertragliche Mitteilungspflichten ist allerdings nicht ohne weiteres geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Eine fristlose Kündigung kommt regelmäßig erst dann in Betracht, wenn das Gewicht der Pflichtverletzung durch besondere Umstände erheblich verstärkt wird (vgl. BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08 - Rn. 19; für die Verletzung der Anzeigepflichten bei Krankheit vgl. BAG 15. Januar 1986 - 7 AZR 128/83 - zu 2 b der Gründe; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 426; ErfK/Müller-Glöge 15. Aufl. § 626 BGB Rn. 121; ErfK/Reinhard 15. Aufl. § 5 EFZG Rn. 18; Lepke NZA 1995, 1084, 1090). Diese können etwa darin liegen, dass der Arbeitnehmer seine Pflichten beharrlich verletzt oder durch sein Verhalten anderweitig deutlich macht, dass er auch in Zukunft nicht bereit sein werde, ihnen nachzukommen (KR/Fischermeier aaO).

27

e) Danach ist bereits fraglich, ob ein wichtiger Grund „an sich“ vorliegt. Zwar hat der Kläger seine Anzeigepflicht verletzt. Die bisherigen Feststellungen tragen aber nicht das Ergebnis, sein Pflichtenverstoß wiege besonders schwer.

28

aa) Nach dem festgestellten Sachverhalt hatte es der Kläger im Kündigungszeitpunkt schon mehrere Wochen lang unterlassen, die Beklagte über seine Arbeitsverhinderung und deren Ursache zu unterrichten. Gründe, die geeignet wären, sein Verhalten zu entschuldigen, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat nicht behauptet, es sei ihm aus tatsächlichen Gründen unmöglich gewesen, Kontakt zur Beklagten aufzunehmen.

29

bb) Eine Unterrichtung der Beklagten über die Untersuchungshaft war nicht deshalb entbehrlich, weil zwischen den Parteien Streit über die Wirksamkeit der Versetzung des Klägers aus der Betriebsstätte F in die Betriebsstätte M bestand. Das gilt auch dann, wenn die Versetzung nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt gewesen sein sollte. Dieser Umstand führt weder zum Wegfall der aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Nebenpflichten (vgl. BAG 18. Januar 2000 - 9 AZR 932/98 - zu I 4 b aa (2) der Gründe, BAGE 93, 179), noch mindert er den Grad des Verschuldens. Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe sein Vorbringen zur Unwirksamkeit der Versetzung übergangen, ist deshalb - ihre Zulässigkeit unterstellt - unbegründet. Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn eine Entscheidung den Vortrag einer Partei aus Gründen des materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lässt(BVerfG 19. April 1993 - 1 BvR 744/91 - zu 2 a cc der Gründe).

30

cc) Die Mitteilungspflicht des Klägers entfiel auch nicht deshalb, weil der Beklagten seine Verhaftung als solche bekannt war. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte sie keine Kenntnis von dem Grund der Festnahme. Insbesondere war der Beklagten nicht positiv bekannt, dass der Kläger in Untersuchungshaft genommen worden war. Die Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Verfahrensrügen sind nicht erhoben.

31

dd) Das Landesarbeitsgericht hat die Vertragspflichtverletzung als besonders schwerwiegend angesehen. Dafür hat es angeführt, der Kläger habe über mehrere Wochen hinweg seine Inhaftierung vorsätzlich nicht angezeigt. Zudem habe er seinen Aufenthaltsort vor der Beklagten geheim halten und diese davon abhalten wollen, arbeitsrechtliche Schritte gegen ihn einzuleiten. Diese Würdigung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Sie wird von den tatsächlichen Feststellungen nicht getragen.

32

(1) Die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens mag für den Kläger erkennbar gewesen sein. Daraus folgt aber nicht, dass er seine Anzeigepflicht vorsätzlich und beharrlich verletzt hätte. Sein Verhalten kann ebenso gut auf Nachlässigkeit beruht haben (zu dieser Abgrenzung vgl. BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 15, BAGE 137, 164; 17. Juni 1992 - 2 AZR 568/91 - zu II 2 a der Gründe).

33

(2) Das Gewicht eines Verstoßes gegen vertragliche Anzeigepflichten kann dadurch verstärkt werden, dass der Arbeitnehmer sie über lange Zeit hinweg und für jeden Fehltag neu missachtet. Im Streitfall kann aber nicht außer Betracht bleiben, dass es sich um einen einheitlichen Vorgang handelt. Im Übrigen hätte die Beklagte auch durch eine zeitgerechte Information nicht wesentlich mehr Planungssicherheit gewonnen. Die Untersuchungshaft ist in aller Regel mit erheblichen Unwägbarkeiten bezüglich des „Ob“ und „Wann“ ihrer Aufhebung und damit der möglichen Rückkehr des Arbeitnehmers in den Betrieb verbunden.

34

(3) Etwas anderes ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass der Kläger es der Beklagten durch sein Verhalten erschwert hat, seinen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen.

35

(a) § 241 Abs. 2 BGB begründet keine generelle Pflicht des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber ggf. - zumal unaufgefordert - darüber zu informieren, in welche Haftanstalt er verbracht worden ist. Aus § 32 Abs. 1 BDSG folgt nichts anderes. Die Vorschrift sieht nicht etwa originäre Anzeigepflichten des Beschäftigten vor. Zwar sind Arbeitnehmer nach entsprechender Aufforderung gehalten, dem Arbeitgeber diejenigen Daten zur Verfügung zu stellen, die dieser benötigt, um seine Pflichten zu erfüllen und mögliche Rechte ihnen gegenüber wahrzunehmen. Was seine Erreichbarkeit betrifft, so genügt der Arbeitnehmer dem aber regelmäßig dadurch, dass er eine Zustellanschrift - etwa seine Wohnanschrift - benennt, an die rechtsgeschäftliche Erklärungen übermittelt werden können. Das gilt auch während der Zeit einer Untersuchungshaft. Der Arbeitnehmer muss einen unter seiner Wohnanschrift bewirkten Zugang auch in dieser Zeit gegen sich gelten lassen (vgl. BAG 2. März 1989 - 2 AZR 275/88 - zu II 3 a cc der Gründe).

36

(b) Weitergehende Pflichten können entstehen, wenn der Arbeitnehmer während einer Inhaftierung seine bisherige Wohnung aufgibt oder ein für ihn eingerichtetes Postfach kündigt (vgl. LAG Schleswig-Holstein 19. März 2014 - 6 Sa 297/13 -; zur Mitteilungspflicht bei Wohnungswechsel KR/Friedrich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 117). Ein solcher Sachverhalt ist hier für die Zeit vor der Kündigung vom 16. Juni 2011 weder festgestellt, noch vorgetragen.

37

(c) Für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Verhalten des Klägers sei darauf angelegt gewesen, seinen Aufenthaltsort zu verschleiern, fehlt es im Berufungsurteil an einer Begründung. Es sind auch keine objektiven Tatsachen festgestellt, die für eine solche Absicht sprächen.

38

f) Die fristlose Kündigung ist selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn die Pflichtverletzung des Klägers in Anbetracht der Dauer seiner Unterlassung mit dem Landesarbeitsgericht schwerer gewichtet wird. Zwar hat dieses bei der dann gebotenen Interessenabwägung einen gewissen Beurteilungsspielraum. Seine Würdigung wird in der Revisionsinstanz lediglich daraufhin überprüft, ob bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Verfahrensgrundsätze verletzt und ob alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände berücksichtigt worden sind (BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 249/13 - Rn. 35; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 16). Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung aber nicht stand.

39

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagten sei die Einhaltung der Kündigungsfrist deshalb unzumutbar gewesen, weil sie mit weiteren Verletzungen der Anzeigepflicht habe rechnen müssen. Diese Würdigung ist rechtsfehlerhaft. Sie stützt sich auf die Annahme, der Kläger habe seine Mitteilungspflicht vorsätzlich verletzt und beabsichtigt, seinen Aufenthaltsort zu verschleiern. Für beides fehlt es, wie gezeigt, an einer ausreichenden Tatsachenbasis. Auch wäre selbst im anderen Falle nicht dargetan, weshalb nicht zumindest eine ordentliche Kündigung als Reaktion ausgereicht hätte.

40

bb) Unabhängig davon hat das Landesarbeitsgericht zwar erwähnt, dass das Verhalten des Klägers keine Ablaufstörungen im Betrieb zur Folge hatte. Seine Ausführungen lassen aber nicht erkennen, welche Bedeutung es diesem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung beigemessen hat.

41

4. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der der Kündigung zugrunde liegende Sachverhalt und alle abwägungsrelevanten Gesichtspunkte sind durch das Landesarbeitsgericht festgestellt. Zugunsten der Beklagten kann dabei unterstellt werden, dass dem Kläger vor Erhalt der Kündigung eine Abmahnung wegen „unentschuldigten Fehlens“ zugegangen ist. Schon das Arbeitsgericht hat angenommen, auch unter dieser Prämisse sei es der Beklagten nicht unzumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Diese Würdigung ist zutreffend.

42

a) Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger der irrigen Annahme unterlegen war, er sei - weil die Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei seiner Inhaftierung anwesend war - zu weiteren Mitteilungen nicht verpflichtet. Selbst wenn der Irrtum vermeidbar war, so ist er doch für die Interessenabwägung nicht bedeutungslos (vgl. dazu BAG 20. November 2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 34 mwN). Zudem konnte die Beklagte wegen der ihr bekannten Festnahme des Klägers zumindest vermuten, dass er aufgrund ihrer außerstande wäre, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Auch dies mindert das Gewicht der Pflichtverletzung.

43

b) Sein Lebensalter und die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit sprachen bei der Interessenabwägung zugunsten des Klägers. Es ist nicht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch frühere Pflichtverletzungen belastet gewesen wäre. Sonstige Umstände, die es der Beklagten unzumutbar gemacht hätten, das Arbeitsverhältnis zumindest für die Dauer der Kündigungsfrist fortzusetzen, sind nicht erkennbar.

44

III. Mit Blick auf die weiteren in die Revision gelangten Streitgegenstände ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Die Sache ist in diesem Umfang an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

45

1. Der Senat kann nicht beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 11. Juli 2011 aufgelöst worden ist. Das Landesarbeitsgericht hat sich - aus seiner Sicht konsequent - nicht mit der Frage befasst, ob die Erklärung dem Kläger zugegangen und ggf. wirksam ist. Das wird es nachzuholen haben.

46

2. Dies bedingt die Zurückverweisung auch insoweit, wie sich die Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 28. Juli 2011 richtet. Über sie ist nur zu entscheiden, wenn das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 11. Juli 2011 aufgelöst worden ist. Die Zurückverweisung erfasst außerdem den auf die ordentliche Kündigung bezogenen, hilfsweise gestellten Auflösungsantrag der Beklagten.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Alex    

        

    Wolf    

                 
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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)2016/679besteht ergänzend zu der in Artikel 13 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahme dann nicht, wenn die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung

1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU)2016/679vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,
2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen,
4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder
5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.

(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.

(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.