Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Aug. 2013 - 10 AZR 497/12
Gericht
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 18. April 2012 - 6 Sa 397/11 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 11. August 2011 - 2 Ca 1451/10 - abgeändert:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 450,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2010 zu zahlen.
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3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über eine Jubiläumszuwendung.
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Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Er trat am 1. August 1970 in die Dienste des Landes Schleswig-Holstein und war nach seiner Ausbildung bis zum 29. Februar 1980 bei der Landesbezirkskasse Schleswig-Flensburg tätig. Mit Wirkung zum 1. März 1980 wurde er in die Verwaltung des Landeskrankenhauses (später Fachklinik für Psychologie und Neurologie) Schleswig versetzt. Nach einer dort erstellten Berechnung ist für die Jubiläumsdienstzeit auf den 1. August 1970 abzustellen.
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Im Zuge einer geplanten Ausgliederung aus dem Landesbereich gründete das Land Schleswig-Holstein die Fachklinik Schleswig als Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR). Diese betrieb sodann die Fachklinik für Psychologie und Neurologie. Sie schloss mit ihrem Gesamtpersonalrat am 27. September 2004 eine Dienstvereinbarung, die in § 2 Nr. 3 folgende Regelung enthält:
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„Alle bei der AöR erworbenen und dort als erworben anerkannten Rechte der Mitarbeiterinnen werden auch weiterhin bei der umgewandelten GmbH und insbesondere auch nach dem Gesellschafterwechsel von dem Übernehmer als bei der umgewandelten GmbH erworben anerkannt. Dienst- sowie Beschäftigungszeiten werden nach den entsprechenden tariflichen Bestimmungen angerechnet.
Soweit grundsätzliche Festlegungen und Richtungsentscheidungen für die künftigen Strukturen und Organisationsprinzipien des Betriebes festgelegt werden, garantiert der oder die Gesellschafter die bisher abgeschlossenen Regelungen sowie diese Dienstvereinbarung.
Anmerkung: Dieser Satz wird später in den Kaufvertrag an die passende Stelle verschoben.“
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Die Fachklinik Schleswig AöR wurde nach Maßgabe des Gesetzes zur Umwandlung der Fachklinik Schleswig und der psychatrium GRUPPE vom 24. September 2004 (Fachkliniken-Umwandlungsgesetz - FklUmwG) im Wege des Formwechsels in die Fachklinik Schleswig gGmbH umgewandelt, die zum 1. November 2005 von einem Unternehmen der Damp Gruppe erworben und in SCHLEI-Klinikum Schleswig FKSL GmbH umbenannt wurde.
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Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag Damp (MTV Damp) vom 2. März 2010 Anwendung. Nach § 17 MTV Damp erhalten die Arbeitnehmer als Jubiläumszuwendung bei Vollendung einer Beschäftigungszeit(§ 8 MTV Damp) von 40 Jahren 450,00 Euro brutto.
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§ 8 MTV Damp bestimmt:
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„1.
Beschäftigungszeit ist die in der Damp Gruppe zurückgelegte Zeit. Beschäftigungszeiten in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der Damp Gruppe werden dabei vollständig berücksichtigt.
…“
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe am 1. August 2010 sein 40-jähriges Dienstjubiläum erreicht, weil sämtliche Beschäftigungszeiten bei Rechtsvorgängern der Beklagten, ua. beim Land Schleswig-Holstein, nach § 8 MTV Damp vollständig anzurechnen seien.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 450,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2010 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, zu berücksichtigen sei nur die in der Fachklinik zurückgelegte Beschäftigungszeit.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Der Kläger hat nach § 17 MTV Damp Anspruch auf die geltend gemachte Jubiläumszuwendung. Er hat am 1. August 2010 eine Beschäftigungszeit von 40 Jahren vollendet, weil die vor dem 1. März 1980 bei der Landesbezirkskasse des Landes Schleswig-Holstein zurückgelegte Beschäftigungszeit zu berücksichtigen ist. Nach § 8 MTV Damp sind alle Beschäftigungszeiten der Berechnung zugrunde zu legen, die in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis vor Übernahme durch ein Unternehmen der Damp Gruppe zurückgelegt worden sind.
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I. Bereits der Wortlaut der Vorschrift spricht für ein solches Normverständnis. § 8 Nr. 1 Satz 1 MTV Damp definiert zwar grundsätzlich Beschäftigungszeit als „die in der Damp Gruppe zurückgelegte Zeit“. Nach der Anrechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Satz 2 MTV Damp werden aber Beschäftigungszeiten „in den Rechtsvorgängern von Unternehmen der Damp Gruppe vollständig berücksichtigt“. Fernliegend ist danach, dass nur Beschäftigungszeiten bei einem unmittelbaren Rechtsvorgänger zu berücksichtigen sind. „Rechtsvorgänger“ werden im Plural genannt, zudem legt die „vollständige Berücksichtigung“ den Schluss auf eine umfassende Anrechnung von Beschäftigungszeiten nahe. Dem Wortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass nur in übernommenen Einrichtungen zurückgelegte Beschäftigungszeiten berücksichtigungsfähig sein sollen. Wäre dies beabsichtigt gewesen, hätte es nahegelegen, als Bezugsobjekt auf Einrichtungen oder Betriebe, nicht aber auf „Rechtsvorgänger“ und damit auf juristische Personen abzustellen. Daran ändert auch die Formulierung „in den Rechtsvorgängern“ nichts.
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II. Der tarifliche Gesamtzusammenhang ist unergiebig, Sinn und Zweck einer Jubiläumszuwendung sprechen aber entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts für eine vollständige Berücksichtigung der beim Land Schleswig-Holstein zurückgelegten Beschäftigungszeit. Mit einer Jubiläumsgabe soll „Betriebstreue“ honoriert und das Interesse der Arbeitnehmer an längerer Betriebszugehörigkeit gefördert werden (vgl. BAG 26. September 2007 - 10 AZR 657/06 - Rn. 19). „Betriebstreu“ in diesem Sinne ist ein Arbeitnehmer unabhängig davon, an welchem Ort er für seinen Arbeitgeber arbeitet; er bleibt es auch, wenn er kraft Direktionsrecht oder einvernehmlich versetzt wird. Die §§ 8, 17 MTV Damp stellen auf Konzern- und Unternehmenszugehörigkeit ab, auf den Betriebsbegriff nach dem BetrVG oder dem KSchG kommt es nicht an. Sieht eine Anrechnungsvorschrift die „vollständige Berücksichtigung“ von Beschäftigungszeiten bei Rechtsvorgängern vor, so spricht dies nach Sinn und Zweck einer Jubiläumszuwendung gegen eine nur teilweise Anrechnung von Beschäftigungszeiten.
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III. Dies bestätigt die Tarifgeschichte. Die Damp Holding AG bzw. ihre Tochterunternehmen haben gerichtsbekannt mehrere zuvor in kommunaler oder in Landesträgerschaft geführte Einrichtungen übernommen, in denen Tarifwerke des öffentlichen Dienstes zur Anwendung kamen. Alle Tarifwerke des öffentlichen Dienstes sehen die Zahlung einer Zuwendung nach Ablauf von 40 Beschäftigungsjahren vor. Zur Sicherung ua. dieser Ansprüche wurde in der Fachklinik Schleswig AöR vor Umwandlung in die gGmbH durch Dienstvereinbarung festgelegt, dass Dienst- und Beschäftigungszeiten angerechnet werden und künftige Gesellschafter diesen Besitzstand garantieren. Diese Klausel ist nach nicht bestrittenem Vortrag des Klägers Bestandteil des Kaufvertrags geworden. Es ist naheliegend, dass dieser Verpflichtung entsprechend in § 8 MTV Damp die vollständige und nicht nur die teilweise Anrechnung von Beschäftigungszeiten bestimmt werden sollte.
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IV. Die Zinsentscheidung folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB, die Kostenentscheidung aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Mikosch
Schmitz-Scholemann
Mestwerdt
Schürmann
R. Bicknase
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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.