Arbeitsgericht Gelsenkirchen Urteil, 13. Sept. 2016 - 5 Ca 491/16
Gericht
Tenor
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 19./20.10.2015 vereinbarten Bedingung mit Ablauf des 31.03.2016 aufgrund der Auflösungsmitteilung vom 23.02.2016 aufgelöst worden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird auf 6.900,00 EUR festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klage richtet sich gegen die Beendigung des Arbeitsvertrages nach der Bedingung des Arbeitsvertrages vom 19.10.2015.
3Die Beklagte betreibt zum Teil mit anderen sozialen Trägern Unterkünfte für Flüchtlinge in H, die Notunterkünfte F-M-Halle und die Schule an der Nstraße sowie die Gemeinschaftsunterkünfte an der Xstraße, Cstraße und Q Straße. Die F-M-Halle betrieb die Beklagte zusammen mit anderen sozialen Trägern im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen seit dem 14.09.2015 als Überlaufeinrichtung bis zum 31.03.2016. Die Unterkunft an der Xstraße betreibt die Beklagte im Wege der Nothilfe ohne vertragliche Grundlage.
4In den Gemeinschaftsunterkünften lebende Flüchtlinge sind medizinisch untersucht und geimpft. In Notunterkünften sind Flüchtlinge ohne vorherige medizinische Untersuchung untergebracht.
5Die 1978 geborene Klägerin brachte 06.06. 2016 ein Kind zur Welt.
6Mit Arbeitsvertrag vom 19./20.10.2015 stellte die Beklagte die Klägerin ab dem 26.10.2016 als Betreuerin zu einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von 2.300,00 EUR ein.
7Nach § 1 S.1 des Arbeitsvertrages wurde die Klägerin für die Dauer der Beauftragung des Arbeitgebers durch die Stadt H im Rahmen der Betreuung der Flüchtlinge in der Einrichtung F-M-Halle eingestellt. § 1 S.2 enthielt den Hinweis, dass das Arbeitsverhältnis bei Beendigung des Auftrages endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
8§ 3 des Arbeitsvertrages bestimmt zu Art und Ort der Tätigkeit:
9„Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin wird als Betreuerin/Vollzeit in der Flüchtlingseinrichtung eingestellt.
10Der Arbeitgeber behält sich unter Wahrung der Interessen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin die Zuweisung eines anderen gleichwertigen Arbeitsgebietes vor. Der Vorbehalt gilt auch für künftig übertragene Arbeitsgebiete.“
11§ 17 des Arbeitsvertrages enthält eine doppelte Schriftformklausel.
12Nach der DRK- Handreichung „Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit 09/2015“ dürfen schwangere Helferinnen nicht in belegten Flüchtlingsunterkünften eingesetzt werden.
13Die Klägerin zeigte der Beklagten das Bestehen der Schwangerschaft zum 06.11.2016 an.
14Die Beklagte setzte die Klägerin in der Schule an der Nstraße und auf den Wunsch der Klägerin in der Email vom 09.11.2016 hin in der Gemeinschaftsunterkunft an der Xstraße ein.
15Unter dem 03.12.2015 sprach die Gynäkologin U ein individuelles Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs.1 MuSchG aus.
16Das Land Nordrhein-Westfalen kündigte den Vertrag zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in der Unterbringungseinrichtung F-M-Halle mit Erklärung vom 19.02.2016 zum 31.03.2016.
17Die Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft der Schule an der Xstraße verlegte die Beklagte ab dem 01.03.2016 in die zwischenzeitlich abgebrannte Traglufthalle nach T.
18Im Internet suchte die Beklagte am 01.03.2016 Betreuer für die Flüchtlingsbetreuung.
19Mit dem als Kündigung überschriebenen Schreiben vom 23.02.2016, der Klägerin zugegangen am 27.02.2016, informierte die Beklagte die Klägerin über die Schließung der F-M-Halle zum 31.03.2016 und das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2016.
20Mit der bei Gericht am 16.02.2016 eingegangenen, der Beklagten am 22.03.2016 zugestellten Klageschrift hat sich die Klägerin zunächst gegen die ergangene Kündigung gewendet. Der Klageschrift war unter anderem der Arbeitsvertrag und das Schreiben vom 23.02.2016 angelegt.
21In dem Gütetermin vom 14.04.2016 hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass die schriftliche Erklärung vom 23.02.2016 eine Mitteilung zum Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses darstelle. Die zu dem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretene Klägerin hat darauf erklärt, sich mit der Klageschrift auch gegen die Bedeutung der Erklärung vom 23.02.2016 als auslaufende Befristungsmitteilung zu wenden und den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Bedingung des Arbeitsvertrages gestellt.
22Dazu ist die Klägerin der Ansicht, dass der Bedingungsregelung des Arbeitsvertrages den Zweck der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht hinreichend bestimmt zu entnehmen sei.
23Die Zweckbestimmung sei für den Beschäftigungswegfall nicht kausal. Da sie nur in den Einrichtungen an der Nstaße und der Xstraße eingesetzt worden sei, könne die Zweckbestimmung in ihrem Fall auch nicht zu einem Beschäftigungswegfall führen. Damit sei zwischen den Parteien ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen.
24Die Beklagte hätte von ihrem Rechtsstandpunkt eines eindeutig geregelten Einsatzortes aus den Einsatzort jederzeit durch Abschluss einer Änderungsvereinbarung oder Ausspruch einer Änderungskündigung ändern können. Indem die Beklagte die Klägerin nicht dem geregelten Zweck des Vertrages entsprechend in den Unterkünften an der Nstraße und der Xstraße einsetzte, habe die Beklagte zu erkennen gegeben, an der Zweckbestimmung des Vertrages nicht festhalten zu wollen.
25Die Klägerin beantragt,
26festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der in dem Arbeitsvertrag vom 19./20.10.2015 vereinbarten Bedingung mit Ablauf des 31.03.2016 aufgrund der Auflösungsmitteilung vom 23.02.2016 aufgelöst worden sei.
27Die Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Dazu ist die Beklagte der Ansicht, wirksam in § 1 S.2 des Arbeitsvertrages vom 19.10.2015 eine zulässige Bedingung als Projektbedingung i.S. des § 14 Abs.1 S.2 Nr.1 TzBfG vereinbart zu haben. Aufgrund der Beendigungsmitteilung vom 23.02.2016 i.S. des § 15 Abs.2 TzBfG ende das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2016.
30Der Sachgrund ergäbe sich aus der Bestimmung des § 1 S.1 des Arbeitsvertrages, der Betreuung der Flüchtlinge in der F-M-Halle als zeitlich befristetem Projekt. Diese Bedingung sei als zulässige Prognose eines begrenzten, projektbezogenen Beschäftigungsbedarfs zu verstehen. Die Prognose der Beklagten ergäbe demzufolge, dass für die Beschäftigung der Klägerin über das vereinbarte Vertragsende hinaus mit hinreichender Sicherheit kein Bedarf mehr bestehe. Das Nichtbestehen anderweitiger Einsatzmöglichkeiten beispielsweise in anderen Projekten sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
31Dementsprechend sei das Direktionsrecht nach dem Wortlaut des § 3 Abs.1 des Arbeitsvertrages ausschließlich einrichtungsbezogen – „der Flüchtlingseinrichtung“ - geregelt.
32Dazu behauptet die Beklagte, dass sie der Klägerin bereits in ihrem Vorstellungsgespräch mitgeteilt habe, dass es sich nur um eine Einstellung bezüglich eines vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs handele. Sämtliche Mitarbeiter hätten nur unterkunftsbezogene Arbeitsverträge erhalten. Dies habe der Mitteilung der Stadt H und des Landes Nordrhein-Westfalen entsprochen, dass der Arbeitskräftebedarf nur zeitlich begrenzt sei.
33Die Stellenanzeigen im Internet seien „digitale Leichen“. Die Stellenanzeigen seien nicht mehr aktiv gewesen. Ein Beschäftigungsbedarf habe zu dem Zeitpunkt nicht mehr bestanden. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt der Beendigungsmitteilung weder neue Mitarbeiter als Betreuer gesucht noch eingestellt. Die Gemeinschaftsunterkunft an der Cstraße sei zum 31.03.2016 und die an der Xstraße sei zum 09.05.2016 geschlossen worden.
34Ein eventueller Beschäftigungsbedarf sei auch für die Beurteilung der Beendigung des Arbeitsvertrages zum, 31.03.2016 unerheblich, da die Klägerin ausschließlich für die Eirichtung der F-M-Halle eingestellt worden sei, so die Ansicht der Beklagten.
35Zu dem Verständnis der Erklärung vom 23.02.2016 als bloße Beendigungsmitteilung behauptet die Beklagte, dass allen ursprünglich in der F-M-Halle tätigen Mitarbeiter eine Beendigungsmitteilung zuzüglich Kündigung erhalten hätten.
36Die Einwendung der Klägerin, dass die Beklagte durch den Einsatz der Klägerin in der Einrichtung an der Xstraße die Bedingung des Arbeitsvertrages als gegenstandslos betrachte, sei rechtsmissbräuchlich i.S. des § 242 BGB. Der Einsatz der Klägerin an der Xstraße sei ausschließlich objektiv zum Schutz der Klägerin und subjektiv auf deren Wunsch hin erfolgt.
37Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
38E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
39Die Klage ist mit dem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Bedingung zulässig und begründet.
40I.
41Die Klage ist zulässig.
42Sie enthält nach der Antragstellung in dem Gütetermin vom 14.04.2016 und dem Kammertermin vom 19.07.2016 einen hinreichend bestimmten Klageantrag, §§ 253 Abs.2 Nr.2 ZPO, 46 Abs.2 S.1 Nr.1 ArbGG.
43Nachdem die ursprünglich eingereichte Antragsschrift keinen hinreichend bestimmten Antrag enthielt, konnte der Mangel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung behoben werden. Erst nach entsprechendem Hinweis und unterlassener Mängelbeseitigung hätte die Klage als unzulässig abgewiesen werden dürfen (Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 253 Rn.20).
44II.
45Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Feststellung zu, dass die Bedingung aus dem Arbeitsvertrag vom 19./20.10.2016 das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schließung der F-M-Halle als Notunterkunft für Flüchtlinge nicht zum 31.03.2016 auflöst. Die Bedingung in § 1 S.2 des Arbeitsvertrages ist unwirksam.
46II.1.
47Die auflösende Bedingung des § 1 S.2 des Arbeitsvertrag vom 19./20.10.2016 gilt nicht nach § 17 S. 2 TzBfG i. V. m. § 7 S. 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam und eingetreten. Die Klägerin hat mit Einreichung der Antragsschrift am 16.03.2016 form- und fristgerecht Klage gegen die Wirksamkeit und den Eintritt der auflösenden Bedingung des § 1 S.2 des Arbeitsvertrages erhoben.
48II.1.a)
49Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung seines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht endet, § 17 S.1 TzBfG.
50Die dreiwöchige Klagefrist des § 17 S. 1 TzBfG ist auch bei der Geltendmachung der Unwirksamkeit bzw. des Nichteintritts einer auflösenden Bedingung nach §§ 17, 21 TzBfG einzuhalten. Die Frist beginnt bei einem auflösend bedingten Arbeitsvertrag frühestens mit dem in der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers angegebenen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Urteil des BAG v. 04.11.2015, AZ. 7 AZR 851/13, juris Rn. 27; KR-Lipke, TzBfG, § 21 Rn.14).
51Ein Arbeitsvertrag ist auflösend bedingt, wenn der Eintritt eines objektiven Ereignisses das Arbeitsverhältnis beenden soll, der Eintritt des künftigen Ereignisses aber ungewiss ist (Urteil des BAG v. 29.06.2011, AZ. 7 AZR 6/10, NZA 2011, S.1346, juris Rn.15; KR-Lipke, TzBfG, § 21 Rn.1a).
52Zweck des § 6 KSchG i.V.m. § 17 S.2 TzBfG ist es, möglichst schnell für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu sorgen und zugleich den häufig rechtsunkundigen Arbeitnehmer vor unnötigem Verlust seines Bestandsschutzes aus formalen Gründen schützen. Will ein Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Befristungsablauf geltend machen, hat er durch rechtzeitige Anrufung des Arbeitsgerichts seinen Willen zum Ausdruck zu bringen, dass er sich gegen den Befristungsablauf wendet. Die Antragsschrift muss enthalten, gegen wen der Arbeitnehmer sich wendet, wo der Arbeitnehmer tätig war und, dass er den Befristungsablauf als nicht berechtigt anerkennt (Urteile des BAG v. 24.06.2015, AZ. 7 AZR 541/13, NZA 2015, S.1511, juris Rn.28, 29, 40; v. 18.07.2013, AZ. 6 AZR 420/12, NZA 2014, S.109, juris Rn. 19).
53II.1.b)
54Die Regelung des § 1 S.2 des Arbeitsvertrages stellt demnach eine auflösende Bedingung dar. Nach den von der Beklagten gestellten arbeitsvertraglichen Bedingungen soll nach § 1 S.2 des Arbeitsvertrages das Arbeitsverhältnis enden, wenn die Beauftragung der Beklagten mit der Betreuung der Flüchtlinge in der F-M-Halle beendet ist. Ob und wann der Auftrag endet ist ungewiss.
55Nach der Beendigungsmitteilung vom 23.02.2016, der Klägerin zugegangen am 27.02.2016 sollte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2016 enden.
56Mit der bei Gericht am 16.03.2016 eingegangenen, der Beklagten am 23.03.2016 zugestellten Klageschrift mit dem Inhalt der Auslegung und der Antragstellung in dem Gütetermin vom 14.04.2016 und in dem Kammertermin vom 19.07.2016 hat die Klägerin form- und fristgerecht innerhalb der 3-Wochenfrist des § 17 S. 1 TzBfG die Bedingungskontrollklage erhoben.
57Mit der Antragsschrift wendet sich die zu dem Zeitpunkt nicht anwaltlich vertretene Klägerin gegen das als Kündigung überschriebene Schreiben der Beklagten vom 23.02.2016 und macht geltend, dass der Grund der in dem Arbeitsvertrag angegebenen Befristung ihres Erachtens nichtig sei und weiterer Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten bestehe. Aufgrund der Klageschrift, deren Anlagen, Arbeitsvertrag und Beendigungsmitteilung vom 23.02.2016 war auch zu erkennen, dass die Klägerin als Betreuerin in den Einrichtungen Nstraße und Xstraße eingesetzt war und sich die Beklagte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Bedingungseintritt beruft.
58Durch die Einreichung der Klageschrift ist die Beklagte i.S. der §§ 4 S.1, 7 KSchG, 17 S.1 TzBfG hinreichend geschützt. Sie konnte aus der Klageschrift erkennen, dass sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Beendigungsmitteilung vom 23.02.2016 und die Bedingung des Arbeitsvertrages vom 19./20.10.2016 in § 1 S.2 zur Wehr setzten wollte.
59II.2.
60Die Bedingung des Arbeitsvertrages vom 19.10./20.10.2016 ist nicht durch einen Sachgrund nach § 14 Abs.1 S.2 TzBfG in entsprechender Anwendung gerechtfertigt.
61II.2.a)
62Nach § 14 Abs.1 S. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages nur zulässig, wenn sich durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Nach S. 2 des § 14 Abs.1 TzBfG liegt ein sachlicher Grund insbesondere vor, wenn die Befristung durch in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe oder einen vorübergehenden Beschäftigungsbedarf gerechtfertigt ist.
63Auflösende Bedingung eines Arbeitsvertrages müssen durch einen Sachgrund nach § 14 Abs.1 S. 2 TzBfG gerechtfertigt sein. Die Aufzählung der Sachgründe in dieser Vorschrift ist nur beispielhaft. Andere in der Rechtsprechung bisher anerkannte Gründe für Befristungen und auflösende Bedingungen sollen nicht ausgeschlossen werden (Urteil des BAG v. 10.12.2014 AZ 7 AZR 1002/12, juris Rn. 25, NZA-RR 2016 S. 83; KR-Lipke, TzBfG, § 21 Rn. 9, 17).
64Grundsätzlich kann ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitsleistung eine auflösende Bedingung analog § 14 Abs.1 S.2 Nr.1 TzBfG begründen (vgl. Urteil des BAG v. 28.11.1990, AZ.7 AZR 467/89, juris Rn.25, 26). Der vorübergehende Mehrbedarf kann sich beispielsweise aus einer wiederkehrend auszuführenden Daueraufgabe ebenso ergebenen wie aus einer vorübergehend übernommenen Sonderaufgabe.
65Die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung setzt die auf greifbare Tatsachen gestützte Prognose des Arbeitgebers voraus, dass mit Bedingungseintritt der Arbeitskräftebedarf in dem Betrieb nicht mehr besteht (Urteil des LAG Köln v. 07.04.2005, AZ. 5 Sa 1468/04, juris Rn.6).
66Ein ungewisser, vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung ist dann nicht geeignet, eine wirksame auflösende Bedingung zu begründen, wenn dessen Grund dem wirtschaftlich-finanziellen Bereich entstammt. Mit der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung darf das allgemeine Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers nicht funktionswidrig auf den Arbeitnehmer verlagert werden. Der Bedingungseintritt darf nicht von einer Mitwirkung des Arbeitgebers abhängig sein oder in seinem Belieben stehen (KR-Lipke, TzBfG, § 21 Rn.20, 21 a).
67Die Stilllegung einer Arbeitsstätte oder eines Betriebsteils kann nicht als zulässige auflösende Bedingung vereinbart werden, wenn dem Arbeitnehmer dadurch die in einem Kündigungsschutzprozess zu prüfende soziale Auswahl abgeschnitten würde (APS-Backhaus, TzBfG § 21 Rn.17, § 14 Rn.302; Urteil des LAG Köln v. 07.04.2005, AZ. 5 Sa 1468/04, juris Rn.7), auch wenn es auf die Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Normen im einzelnen nicht mehr bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Bedingung oder Befristung ankommt (Urteil des BAG vom 20.02.2008, AZ. 7 AZR 950/06, juris Rn.18) . So stellt auch der Auftragsverlust eines Reinigungsauftrages keine zulässige auflösende Bedingung dar, wenn bei Vereinbarung einer allgemeinen Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer auch in anderen Objekten des Arbeitgebers eingesetzt werden kann (Urteil des LAG Köln v. 07.04.2005, AZ. 5 Sa 1468/04, juris Rn.7).
68Deshalb kommt es bei einem vorübergehenden Mehrbedarf nicht auf den Wegfall einer Teilaufgabe sondern darauf an, dass insgesamt kein Bedarf an der Beschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb besteht (Urteil des BAG v. 20.02.2008, AZ. 7 AZR 950/06, juris Rn.12; des LAG Berlin-Brandenburg v. 02.09.2009, AZ. 15 Sa 825/09, juris Rn.72).
69II.2.b)
70Die Art der Gestaltung des Arbeitsvertrages vom 19./20.10.2015, der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung eines Auftragswegfalls ohne Berücksichtigung der grundsätzlich betriebsweit durchzuführenden sozialen Auswahl, führt zu einer funktionswidrigen Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten, unabhängig davon, dass die Einrichtung von Notunterkünften zur Betreuung von Flüchtlingen menschlich und politisch ein äußerst vorrangig zu verfolgendes Ziel darstellt.
71Die tatsächliche Ausgestaltung des Arbeitsvertrages verringert den Schutz des Arbeitnehmers durch das Einschränken der grundsätzlich betriebsweit durchzuführenden Sozialauswahl im Fall einer betriebsbedingten Kündigung wegen Auftragswegfalls zu Lasten der im Rahmen des wegfallenden Auftrags eingesetzten Arbeitnehmer, obwohl sich die Beklagte entsprechend der tatsächlichen Handhabung das allgemeine Direktionsrecht arbeitsvertraglich vorbehalten hat.
72Nach den Grundsätzen der Auslegung von vertraglichen Willenserklärungen aus dem objektiven Empfängerhorizont, Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, §§ 133, 157 BGB, ist ausgehend vom Wortlaut der objektive Bedeutungsgehalt der arbeitsvertraglichen Klausel zu ermitteln. Ebenso sind bei der Auslegung der von den Parteien verfolgte Regelungszweck, ihre Interessenlage und die Begleitumstände der Erklärungen zu berücksichtigen. Die tatsächliche Handhabung kann Rückschlüsse auf den Inhalt der Willenserklärungen ermöglichen (Urteile des BAG v. 10.12.2014, AZ. 10 AZR 63/14, NZA 2015, S.483, juris Rn.21; v. 13.06.2012, AZ. 10 AZR 313/11, NZA-RR 2012, S.133, juris Rn.25).
73Mit der Vereinbarung einer allgemeinen Direktionsrechtsklausel in § 3 Abs.2 des Arbeitsvertrages vom 19./20.10.2015 behält sich die Beklagte trotz der Nennung des Arbeitsorts in § 1 S.1 die Zuweisung eines anderen Arbeitsortes vor. Die bloße Nennung des Arbeitsortes im Arbeitsvertrag führt nicht zu einer Einschränkung des Direktionsrechts (Urteile des BAG v.13.04.2010, AZ. 9 AZR 36/09, juris Rn.27; des Hess. LAG v. 24.06.2014, AZ. 8 Sa 1216/13, juris Rn.48).
74Der Wortlaut der §§ 1, 3 des Arbeitsvertrages sieht dementsprechend keinen Ausschluss der Zuweisung einer anderen Arbeitsstätte bzw. eines anderen Arbeitsortes vor.
75Die tatsächliche, interessengerechte Handhabung des Direktionsrechts von der Beklagten spricht für den Vorbehalt des allmeinen Direktionsrechts nach § 106 S.1 GewO. Die Klägerin war ausschließlich in der Notunterkunft in der Nstraße und der Gemeinschaftsunterkunft an der Xstraße eingesetzt. In der F-M-Halle wurde die Klägerin von der Beklagten von Beginn des Arbeitsverhältnisses an nicht eingesetzt.
76Darüber hinaus hat die Beklagte keine Tatsachen dargelegt, nach denen die Prognose statthaft wäre, dass mit Eintritt der Bedingung, Beendigung des Auftrags für die F-M-Halle, der Arbeitskräftebedarf nach einer bestimmten Zahl von Arbeitnehmern auch für die Notunterkunft Nstraße weggefallen wäre.
77III.
78Die Kosten des Rechtsstreit trägt nach §§ 91 Abs.1 ZPO, 46 Abs.2 S. 1 ArbGG die Beklagte als unterlegene Partei.
79Der im Urteil nach § 61 Abs.1 ArbGG festzusetzende Streitwert entspricht eines Vierteljahreseinkommen nach § 42 Abs.2 S. 1 GKG.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist vor der Entbindung), soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt. Sie kann die Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Für die Berechnung der Schutzfrist vor der Entbindung ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis oder dem Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ergibt. Entbindet eine Frau nicht am voraussichtlichen Tag, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend.
(2) Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist nach der Entbindung). Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen
- 1.
bei Frühgeburten, - 2.
bei Mehrlingsgeburten und, - 3.
wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird.
(3) Die Ausbildungsstelle darf eine Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 bereits in der Schutzfrist nach der Entbindung im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen, wenn die Frau dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
(4) Der Arbeitgeber darf eine Frau nach dem Tod ihres Kindes bereits nach Ablauf der ersten zwei Wochen nach der Entbindung beschäftigen, wenn
Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, - 2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, - 3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, - 4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt, - 5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt, - 6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen, - 7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder - 8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.
(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
(1) Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.
(2) Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag endet mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung.
(3) Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.
(4) Ein befristetes Arbeitsverhältnis unterliegt nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.
(5) Ist das Arbeitsverhältnis für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen, so kann es von dem Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.
(6) Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.
Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.
Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.
Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.
Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.
Hat ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klagewege geltend gemacht, dass eine rechtswirksame Kündigung nicht vorliege, so kann er sich in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen. Das Arbeitsgericht soll ihn hierauf hinweisen.
Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.
(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
- 1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, - 2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, - 3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, - 4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt, - 5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt, - 6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen, - 7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder - 8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.
(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
Wird der Arbeitsvertrag unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, gelten § 4 Absatz 2, § 5, § 14 Absatz 1 und 4, § 15 Absatz 2, 4 und 6 sowie die §§ 16 bis 20 entsprechend.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.
(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.
(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.