Amtsgericht Lüdinghausen Urteil, 17. Sept. 2014 - 12 C 37/14
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger XXXXX EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem XXXX zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom XXXXXX.
3An diesem Tag fuhr der LKW mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXX, dessen Halter die Beklagte ist, auf das klägerische Fahrzeug auf und verursachte einen Totalschaden. Die vollständige Einstandspflicht der Beklagten für das Unfallereignis ist zwischen den Parteien unstreitig. Fahrzeugschäden wurden vorgerichtlich vollständig reguliert. Noch am Unfalltag wurde ein Schadensgutachten in Auftrag gegeben. In dem Gutachten vom 10.05.2013 wurde die Wiederbeschaffungsdauer auf 8 Werktage veranschlagt. Der Beklagte mietete für die Zeit vom XXXXX bis zum XXXXX ein Ersatzfahrzeug bei der XXXXXX an. Für den Mietwagen wurde ihm ein Betrag von XXXXX berechnet.
4Der Kläger ist schwer gehbehindert und Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit der Stufe G80. Er ist Witwer und führt alleine seinen Haushalt im eigenen Haus, er ist ehrenamtlich in der örtlichen Kommunalpolitik engagiert und deshalb mehrmals täglich auf die Nutzung eines PKW für Kurzstrecken innerhalb des Gemeindegebietes angewiesen. Am Wohnort des Klägers ist kein Taxi-Unternehmen ansässig.
5Die Beklagte lehnte eine Übernahme der Mietwagenkosten ab.
6Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Schadensersatzpflicht auch zur Übernahme der Mietwagenkosten verpflichtet sei. Es sei ihm nicht zuzumuten, statt der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges auf ein Taxi zurückzugreifen.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an ihn XXXXX EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem XXXXX zu zahlen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie ist der Ansicht, dass es dem Kläger zuzumuten gewesen sei, sich eines Taxis zu bedienen. Er habe sein Mietfahrzeug weniger als 20 Kilometer am Tag genutzt.
12Entscheidungsgründe:
13Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
14Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der entstandenen Mietwagenkosten aus §§ 7, 17 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 VVG, 249 BGB.
15Grundsätzlich kann der Geschädigte, der wegen des schädigenden Ereignisses eine Sache nicht nutzen kann, die ihm entstehenden Kosten für die Anmietung einer gleichwertigen Sache von dem Schädiger ersetzt verlangen (Palandt BGB § 249 Rdnr. 31). Mietwagenkosten sind dabei nur insoweit zu ersetzen, als dies tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, welcher ohne die Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind daher nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. BGHZ 61, 346, 349 f.). Der Geschädigte ist dabei unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen.
16Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hat. Zwar kann unter Umständen ein nur geringer Fahrbedarf des Geschädigten die Anmietung eines Mietwagens unzweckmäßig und deshalb gem. § 249 BGB nicht erforderlich erscheinen lassen. Die Grenze für einen solchen geringen Fahrbedarf wird im Allgemeinen bei einer Tageskilometerleistung von 20 Kilometern gesehen. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine starre Grenze. Denn es kann im Einzelfall durchaus allein die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges rechtfertigen, ohne dass es auf die gefahrene Kilometerleistung ankommt (AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2013, Az: 25 C 593/13). Vorliegend hat der Kläger dem Beklagten unbestritten im Einzelnen dargelegt, dass er auf die ständige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist. Der Kläger ist schwerbehindert und auch für kurze Strecken auf die Nutzung eines PKWs angewiesen. Hinzu kommt, dass er im ländlichen Raum in XXXX lebt. Die Nutzung von Taxis führt - da ein Taxiunternehmen vor Ort nicht existiert - für die einzelnen Fahrten zu langen Anreisezeiten. Der Kläger hat vorgetragen, dass er wegen seiner Tätigkeit in der Kommunalpolitik und aufgrund der Tatsache, dass er als Witwer seinen Haushalt allein führt, mehrmals täglich für kurze Fahrten auf seinen PKW angewiesen ist. Dem ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Es ist dem Kläger aus Sicht des Gerichtes nicht zuzumuten, für einzelne kurze Fahrten jeweils ein Taxi anzumieten und lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Er ist nicht verpflichtet, zugunsten des Schädigers seine Lebensumstände einzuschränken, sodass er ein weiteres schadensgleiches Opfer erbringen muss (vgl. AG Düsseldorf, a.a.O.).
17Die Höhe der zu ersetzenden Mietwagenkosten ist zwischen den Parteien unstreitig.
18Die Entscheidung zu den Zinsen folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 709 S. 1, S. 2 ZPO.
20Der Gegenstandswert wird auf XXXXX EUR festgesetzt.
21Rechtsbehelfsbelehrung:
22Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
23a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
24b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
25Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Münster, Am Stadtgraben 10, 48143 Münster, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
26Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Münster zu begründen.
27Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Münster durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
28Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
29XXXXXX |
|
Lüdinghausen, 17.09.2014AmtsgerichtXXXXXXRichterin |
Rechtsanwalt
moreResultsText
Annotations
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.