Amtsgericht Bochum Urteil, 28. Mai 2015 - 40 C 21/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
3Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten wegen des unerlaubten Anbietens des Computerspiels „P“ über den Internetanschluss des Beklagten in einem Filesharing-Netzwerk. Die von der Klägerin beauftragte Fa. M ermittelte, dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten am 04.05.2011 und 05.05.2011 begangen wurde.
4Mit Schreiben vom 30.06.2011 wurde der Beklagte durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgemahnt und zugleich dazu aufgefordert, eine klaglos stellende Unterlassungserklärung abzugeben.
5Die Klägerin behauptet, die ausschließlichen Nutzungsrechte für die Verbreitung des streitgegenständlichen Computerspiels zu haben. Die Rechtsverletzung sei von dem Beklagten begangen worden. Sie ist der Ansicht, ihr stünden ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 368,00 EUR sowie ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 300,00 EUR zu.
6Die Klägerin beantragt,
71. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 368,00 EUR nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2011 zu zahlen,
82. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 300,00 EUR nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 12. Juli 2011 zu zahlen.
9Der Beklage beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Der Beklagte behauptet, der Internetanschluss sei zum damaligen Zeitpunkt zusammen mit der Ehefrau des Beklagten genutzt worden. Der Internetanschluss, ein Wlan-Anschluss, sei WPA2 gesichert gewesen. Der Router sei passwortverschlüsselt gewesen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 23.04.2015., Bl. 165 d. A., verwiesen.
13Entscheidungsgründe
14Die zulässige Klage ist unbegründet.
15Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch und auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gemäß §§ 97, 97 a UrhG.
16Die Klägerin hat nicht beweisen können, dass der Beklagte Täter der behaupteten Urheberrechtsverletzung ist.
17Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2014, 2360) ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Dabei trifft den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, die weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers führt, den Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt vielmehr seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggfls. welche andere Personen selbständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen.
18Vorliegend ist der Beklagte der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast in ausreichendem Maße nachgekommen. Er hat vorgetragen, dass neben ihm auch seine Ehefrau Zugriff auf den häuslichen Internetanschluss hatte. Diese hätte danach die Rechtsverletzung auch begehen können. Zwar hat der BGH in seiner oben genannten Entscheidung (NJW 2014, 2360) weiter ausgeführt, dass der Anschlussinhaber im Umfang seiner Darlegungslast im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet ist. Diese Nachforschungspflicht bezieht sich aber nur darauf, ob und ggfls. welche anderen Personen Zugang hatten. Der Anschlussinhaber ist hingegen nicht verpflichtet, im Familienkreis Nachforschungen anzustellen und der Klägerin quasi einen Täter zu präsentieren. Der Anschlussinhaber genügt vielmehr seiner prozessualen Wahrheitspflicht und Erklärungslast, wenn er die anderen Personen benennt und damit die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs aufzeigt. Es ist dann wieder Sache der Klägerin die für eine Haftung der Beklagten als Täterin einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.
19Bei der sekundären Darlegungslast der Beklagten handelt es sich nicht um eine Beweiserleichterung aufgrund eines Erfahrungssatzes, sondern um einen Fall des substantiierten Streitens nach § 138 Abs. 2 ZPO. Ein Fall der sekundären Darlegungslast liegt dann vor, wenn es einer Partei, die ihm Gegensatz zu der außerhalb des Geschehens stehenden Gegenpartei die wesentlichen Tatsachen kennt, zumutbar ist, den Prozessgegner Informationen zu verschaffen, die diesem seinerseits erst eine prozessordnungsgemäße Darlegung ermöglichen (Zimmermann, MMR 2014, 368). Weitere Umstände, die für eine Täterschaft des Beklagten sprechen, hat die Klägerin vorliegend jedoch nicht dargelegt und unter Beweis gestellt. Soweit die Klägerin behauptet hat, dass die Ehefrau des Beklagten die streitgegenständliche Verletzungshandlung nicht begangen habe und dieses unter Zeugenbeweis der Ehefrau des Beklagten gestellt hat, handelt es sich nicht um einen geeigneten Beweisantritt. Denn die Klägerin trägt die Beweislast, dass der Beklagte Täter ist. Es genügt nicht, auszuschließen, dass die von dem Beklagten benannten Dritten nicht Täter sind.
20Der Beklagte haftet auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung. Eine Störerhaftung setzt voraus, dass der Beklagte in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen hat. Eine Störerhaftung kommt also nur in Betracht, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen dem Beitrag des Beklagten und der eingetretenen Rechtsverletzung feststeht. Vorliegend ist aber vollkommen offen, wer letztlich die Rechtsverletzung begangen hat und ob in diesem Zusammenhang ein Fehlverhalten der Beklagten für die Rechtsverletzung ursächlich gewesen ist.
21Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
22Der Streitwert wird bis zum 09.12.2014 auf 386,00 EUR und ab dem 10.12.2014 auf 668,00 EUR festgesetzt.
23Rechtsbehelfsbelehrung:
24A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
25a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
26b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
27Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bochum, Westring 8, 44787 Bochum, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
28Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.
29Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
30Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
31B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Bochum, Viktoriastr. 14, 44787 Bochum, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
32Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.