Vertragsrecht: „Schnäppchenpreis“ bei einer eBay-Auktion ist nicht unwirksam

published on 29/01/2015 15:40
Vertragsrecht: „Schnäppchenpreis“ bei einer eBay-Auktion ist nicht unwirksam
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Ein im Wege einer Internetauktion abgeschlossener Kaufvertrag ist auch dann wirksam, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Kaufsache besteht.
Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer eBay-Auktion. Dort hatte der Beklagte seinen Gebrauchtwagen zum Kauf angeboten. Dabei hatte er ein Mindestgebot von 1 EUR festgesetzt. Der Kläger bot kurz nach dem Beginn der eBay-Auktion 1 EUR für den Pkw und setzte eine Preisobergrenze von 555,55 EUR. Einige Stunden später brach der Beklagte die eBay-Auktion ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit seinem Anfangsgebot Höchstbietender. Per E-Mail teilte der Beklagte dem Kläger mit, er habe außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden, der ihm 4.200 EUR zahlen würde.

Der Kläger verlangt Schadenersatz. Er hält den Kaufvertrag zu 1 EUR für wirksam. Er macht geltend, der Pkw habe einen Wert von 5.250 EUR. Das Landgericht hat ihm Schadenersatz in Höhe von 5.249 EUR zugesprochen.

Die Richter am BGH bestätigten nun diese Entscheidung. Der Kaufvertrag sei nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Bei einer Internetauktion rechtfertige ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters. Es mache gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem „Schnäppchenpreis“ zu erwerben. Umgekehrt habe der Veräußerer die Chance, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen. Besondere Umstände, aus denen auf eine verwerfliche Gesinnung des Klägers geschlossen werden könnte, hat das Gericht nicht festgestellt.

Auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte dem Kläger nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten könne, sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass das Fahrzeug letztlich zu einem Preis von 1 EUR verkauft worden ist, beruhe auf den freien Entscheidungen des Beklagten. Dieser sei das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen. Außerdem habe er dann durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt, dass sich das Risiko verwirkliche.


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

BGH, Urteil vom 12.11.2014, (Az.: VIII ZR 42/14).


Zur Wirksamkeit eines im Wege der Internetauktion abgeschlossenen Kaufvertrages, bei dem ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.


Tatbestand:

Der Beklagte stellte am Abend des 24. Mai 2012 einen gebrauchten VW Passat für zehn Tage zur Internetauktion bei eBay mit einem Startpreis von 1 € ein. Der Kläger nahm das Angebot wenige Minuten später an, wobei er ein Maximalgebot von 555,55 € festlegte. Nach rund sieben Stunden brach der Beklagte die Auktion ab. Zu dieser Zeit war der Kläger der einzige Bieter. Auf dessen Nachfrage teilte der Beklagte mit, dass er einen Käufer außerhalb der Auktion gefunden habe.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 5.249 € mit der Behauptung in Anspruch, dass das Fahrzeug 5.250 € wert gewesen sei. Die Klage hat vor dem Landgericht dem Grunde nach Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.


Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt: Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen, wegen dessen Nichterfüllung der Beklagte Schadensersatz zu leisten habe. Die vom Beklagten erklärte Anfechtung greife nicht durch, weil kein Irrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB vorgelegen habe. Der Kaufvertrag sei mangels verwerflicher Gesinnung des Klägers auch nicht sittenwidrig. Die beiderseitige Chance auf ein "Schnäppchen" sei gerade typisch für eBay-Versteigerungen.

Auch ein Rechtsmissbrauch sei entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz , wonach ein "Schnäppchen" nur ein solches sei, welches innerhalb einer realistischen Preisspanne liege, nicht gegeben. Der Käufer mache lediglich von einer Kaufmöglichkeit Gebrauch, die ihm der Verkäufer selbst eröffnet habe. Außerhalb der Verkaufsplattform eBay kämen Verträge mit einem derartigen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zwar niemals zustande. Durch die Nutzung von eBay werde ein solches Missverhältnis aber in Kauf genommen. Da der Verkäufer auch einen Mindestpreis eingeben könne, sei er gegenüber dem Käufer nicht schutzbedürftig.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zuerkannt.

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über das Fahrzeug zustande gekommen ist. Insbesondere hat es rechtsfehlerfrei und insoweit von der Revision nicht angegriffen festgestellt, dass der Beklagte die Internetauktion ohne berechtigten Grund vorzeitig abgebrochen hat und nicht zur Anfechtung seines Angebots wegen Irrtums nach §§ 119 ff. BGB berechtigt war.

Entgegen der Auffassung der Revision scheitert der Schadensersatzanspruch nicht daran, dass der mit dem Beklagten geschlossene Kaufvertrag als wucherähnliches Rechtsgeschäft wegen Sittenwidrigkeit nichtig wäre. Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot eines Bieters und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es bedarf vielmehr zusätzlicher - zu einem etwaigen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hinzutretender - Umstände, aus denen bei einem Vertragsschluss im Rahmen einer Internetauktion auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters geschlossen werden kann.

Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Zu Unrecht meint die Revision, die Begrenzung des Gebots auf 555,55 € mache deutlich, dass der Kläger nicht bereit gewesen sei, einen auch nur annähernd dem Marktpreis entsprechenden Preis zu bieten. Wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, erschließt sich nicht, weshalb ein Gebot unterhalb des Markpreises sittlich zu missbilligen sein soll. Gibt der Bieter ein Maximalgebot ab, ist er nicht gehalten, dieses am mutmaßlichen Marktwert auszurichten. Wie der Senat bereits entschieden hat, macht es gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umkehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen.

Der Beklagte kann dem Kläger, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, auch nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles und muss auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Einen solchen Fall hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.

Die von der Revision angeführte Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz , der Käufer sei nicht schutzwürdig, weil er von dem nicht zu erwartenden vorzeitigen Abbruch der Auktion profitieren wolle und nicht damit rechnen könne, den Kaufgegenstand bei Fortgang der Auktion tatsächlich zu dem geringen Gebot zu erwerben, ist im Schrifttum zu Recht auf Ablehnung gestoßen. Auch die Rechtsprechung der Instanzgerichte hat in ähnlichen Fallgestaltungen keine unzulässige Rechtsausübung durch den Käufer angenommen. Denn es ist der Verkäufer, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung eines Mindestpreises eingegangen ist. Zudem hat der Beklagte in der hier gegebenen Fallgestaltung durch seinen freien Entschluss zum nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt, dass sich das Risiko verwirklicht.
 
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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

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published on 12/11/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 42/14 Verkündet am: 12. November 2014 Ring Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG
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Im Zuge des "VW-Skandals" oder auch "Dieselskandals" wurde offenbar, dass der Volkswagen-Konzern jahrelang Dieselfahrzeuge mithilfe einer Software so veränderte, dass sie die Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand einhalten, auf der Straße jedoch erheblich mehr Schadstoffe ausstoßen. Etwa elf Millionen Fahrzeuge weltweit sind von der Manipulation betroffen. Seit Januar 2016 werden in Deutschland die betroffenen Autos in die Werkstätten zurückgerufen. Betroffen sind jedoch schon längst nicht mehr nur Fahrzeuge der Marke "Volkswagen".
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 42/14 Verkündet am:
12. November 2014
Ring
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Wirksamkeit eines im Wege der Internetauktion ("eBay") abgeschlossenen Kaufvertrages
, bei dem ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
besteht (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. März 2012 - VIII ZR 244/10, NJW
2012, 2723).
BGH, Urteil vom 12. November 2014 - VIII ZR 42/14 - OLG Jena
LG Mühlhausen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin
Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 15. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte stellte am Abend des 24. Mai 2012 einen gebrauchten VW Passat für zehn Tage zur Internetauktion bei eBay mit einem Startpreis von 1 € ein. Der Kläger nahm das Angebot wenige Minuten später an, wobei er ein Ma- ximalgebot von 555,55 € festlegte. Nach rund sieben Stunden brach der Be- klagte die Auktion ab. Zu dieser Zeit war der Kläger der einzige Bieter. Auf dessen Nachfrage teilte der Beklagte mit, dass er einen Käufer außerhalb der Auktion gefunden habe.
2
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 5.249 € mit der Behauptung in Anspruch, dass das Fahrzeug 5.250 € wert ge- wesen sei. Die Klage hat vor dem Landgericht dem Grunde nach Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
3
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht (Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 15. Januar 2014 - 7 U 399/13, juris) hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung , im Wesentlichen ausgeführt: Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen, wegen dessen Nichterfüllung der Beklagte Schadensersatz zu leisten habe. Die vom Beklagten erklärte Anfechtung greife nicht durch, weil kein Irrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB vorgelegen habe. Der Kaufvertrag sei mangels verwerflicher Gesinnung des Klägers auch nicht sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB). Die beiderseitige Chance auf ein "Schnäppchen" sei gerade typisch für eBay-Versteigerungen.
6
Auch ein Rechtsmissbrauch sei entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz (MMR 2009, 630), wonach ein "Schnäppchen" nur ein solches sei, welches innerhalb einer realistischen Preisspanne liege, nicht gegeben. Der Käufer mache lediglich von einer Kaufmöglichkeit Gebrauch, die ihm der Verkäufer selbst eröffnet habe. Außerhalb der Verkaufsplattform eBay kämen Verträge mit einem derartigen Missverhältnis zwischen Leistung und Ge- genleistung zwar niemals zustande. Durch die Nutzung von eBay werde ein solches Missverhältnis aber in Kauf genommen. Da der Verkäufer auch einen Mindestpreis eingeben könne, sei er gegenüber dem Käufer nicht schutzbedürftig.

II.

7
Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zuerkannt.
8
1. a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über das Fahrzeug zustande gekommen ist. Insbesondere hat es rechtsfehlerfrei und insoweit von der Revision nicht angegriffen festgestellt, dass der Beklagte die Internetauktion ohne berechtigten Grund vorzeitig abgebrochen hat und nicht zur Anfechtung seines Angebots wegen Irrtums nach §§ 119 ff. BGB berechtigt war.
9
b) Entgegen der Auffassung der Revision scheitert der Schadensersatzanspruch nicht daran, dass der mit dem Beklagten geschlossene Kaufvertrag als wucherähnliches Rechtsgeschäft wegen Sittenwidrigkeit nichtig wäre (§ 138 Abs. 1 BGB). Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot eines Bieters und dem (angenommenen) Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es bedarf vielmehr zusätzlicher - zu einem etwaigen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hinzutretender - Umstände, aus denen bei einem Vertragsschluss im Rahmen einer Internetauktion auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters geschlossen werden kann (Senatsurteil vom 28. März 2012 - VIII ZR 244/10, NJW 2012, 2723 Rn. 20 f.).
10
Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Zu Unrecht meint die Revision, die Begrenzung des Gebots auf 555,55 € mache deutlich, dass der Kläger nicht bereit gewesen sei, einen auch nur annähernd dem Marktpreis entsprechenden Preis zu bieten. Wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht, erschließt sich nicht, weshalb ein (Höchst-)Gebot unterhalb des Markpreises sittlich zu missbilligen sein soll. Gibt der Bieter ein Maximalgebot ab, ist er nicht gehalten, dieses am mutmaßlichen Marktwert auszurichten. Wie der Senat bereits entschieden hat, macht es gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umkehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, durch den Mechanismus des Überbietens einen für ihn vorteilhaften Preis zu erzielen (Senatsurteil vom 28. März 2012 - VIII ZR 244/10, aaO).
11
2. Der Beklagte kann dem Kläger, wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, auch nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) entgegenhalten. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles und muss auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben (BGH, Urteile vom 27. April 1977 - IV ZR 143/76, BGHZ 68, 299, 304; vom 7. Januar 1971 - II ZR 23/70, BGHZ 55, 274, 279 f.). Einen solchen Fall hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
12
Die von der Revision angeführte Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz (Hinweisbeschluss vom 3. Juni 2009 - 5 U 429/09, MMR 2009, 630;
ebenso bereits die Vorinstanz: LG Koblenz, NJW 2010, 159, 160 f.; siehe auch

AG Dieburg, Urteil vom 4. Juli 2011 - 20 C 65/11, juris Rn. 28 ff.), der Käufer sei
nicht schutzwürdig, weil er von dem nicht zu erwartenden vorzeitigen Abbruch
der Auktion profitieren wolle und nicht damit rechnen könne, den Kaufgegenstand
bei Fortgang der Auktion tatsächlich zu dem geringen Gebot zu erwerben
, ist im Schrifttum zu Recht auf Ablehnung gestoßen (Oechsler, Jura 2012,
497, 500; Härting, Internetrecht, 5. Aufl., Rn. 546; Wenn, jurisPR-ITR 16/2009
Anm. 4; Höhne, jurisPR-ITR 9/2009 Anm. 5; siehe auch BeckOK BGB/Sutschet,
Stand: 1. August 2014, § 242 Rn. 93). Auch die Rechtsprechung der Instanzgerichte
hat in ähnlichen Fallgestaltungen keine unzulässige Rechtsausübung
durch den Käufer angenommen (LG Detmold, Urteil vom 22. Februar 2012
- 10 S 163/11, juris Rn. 11 ff.; LG Berlin, Urteil vom 21. Mai 2012 - 52 S 140/11,
juris Rn. 30 f.; AG Bremen, Urteil vom 5. Dezember 2012 - 23 C 0317/12, juris
Rn. 14 ff.; AG Gummersbach, NJW-RR 2011, 133, 134). Denn es ist der Verkäufer
, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die
Wahl eines niedrigen Startpreises unterhalb des Marktwerts ohne Einrichtung
eines Mindestpreises eingegangen ist (zutreffend OLG Köln, MMR 2007, 446,
448 f., zum Fall einer regulär beendeten Internetauktion). Zudem hat der Be-


klagte in der hier gegebenen Fallgestaltung durch seinen freien Entschluss zum
nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt, dass sich
das Risiko verwirklicht.

Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider
Dr. Bünger Kosziol

Vorinstanzen:
LG Mühlhausen, Entscheidung vom 09.04.2013 - 3 O 527/12 -
OLG Jena, Entscheidung vom 15.01.2014 - 7 U 399/13 -

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3.
nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nur verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt, so kann der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung nicht verlangen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Anspruch auf die Leistung ist ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat.

(5) Verlangt der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung, so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 berechtigt.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.