Verkehrssicherungspflicht: Modegeschäft muss sich auf Kleinkinder einstellen



AoLs
Authors
einem Warenständer präsentiert, der von einem vierjährigen Kleinkind mit geringem Kraftaufwand gekippt werden kann und der dann die Gefahr erheblicher Verletzungen begründet.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines vierjährigen Kindes entschieden. Beim Einkaufen mit seinen Eltern hatte es in einem Modegeschäft zunächst in der Spielecke gespielt. In einem unbeaufsichtigten Moment begab es sich zu einem Warenständer mit
Gürteln. Das Kind zog an einem Gürtel und brachte damit den Ständer zum Kippen. Dabei zog es sich eine schwere Augenverletzung zu. Die Eltern verlangten von dem Modehaus Schadenersatz, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 EUR.
Die Richter am OLG verurteilten das Modehaus entsprechend. Dieses habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Es habe Gürtel auf einem Warenständer angeboten, der bei einer geringen Zugbelastung von nur 800 Gramm, die auch ein Kleinkind ausüben könne, zum Umstürzen gebracht werden konnte. Das habe der gerichtliche Sachverständige festgestellt. Zudem habe durch die als Haltevorrichtung für die Gürtel dienenden Zinken die Gefahr erheblicher Verletzungen bestanden. Diese Gefahrenquelle habe das Modehaus beseitigen müssen. Darauf dürften Kunden vertrauen, die das Modehaus gemeinsam mit ihren Kindern aufsuchten.
Der Verkehrssicherungspflicht stehe nicht entgegen, dass Kleinkinder regelmäßig ständiger Aufsicht der Eltern bedürfen. Die gebotene elterliche Aufsicht könne nur solche Sicherungsmaßnahmen entbehrlich machen, die von den Eltern unschwer zu beherrschen seien. Auf die von dem Gürtelständer ausgehende Gefahr treffe das nicht zu, weil Eltern nicht damit rechnen müssten, dass eine derartige Ladeneinrichtung bereits bei einem leichten Ziehen ihres Kindes umfalle.
Eine Mithaftung der Eltern komme hier nicht in Betracht. Sie hätten ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Das Kind habe sich ca. 5 m zu den in Sichtweite befindlichen Eltern befunden, als sich der Unfall ereignete. Im Übrigen stehe nicht fest, dass die Eltern den Unfall hätten verhindern können, weil bereits ein einmaliges kurzes Ziehen an einem Gürtel des Ständers bei ungünstiger Ausrichtung der Rollen den Ständer kippen lassen konnte.
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
OLG Hamm, Urteil vom 6.3.2014, (Az.: 6 U 186/13).
Die Aufstellung eines beweglichen Metallständers, an dem an waagerechten Zinken Gürtel zum Verkauf präsentiert werden, kann in dem Ladenlokal eines Textileinzelhandelsunternehmens verkehrssicherungswidrig und damit haftungsbegründend sein, wenn der Ständer durch Ziehen an einem Gürtel mit geringem Kraftaufwand umstürzen kann. Verursacht ein 4jähriges Kind, das sich in Begleitung der Eltern in dem Ladenlokal aufhält, durch das spielerische Ziehen an einem Gürtel das Umkippen des Ständers, wobei es sich erhebliche Verletzungen zuzieht, kommt eine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen ungeachtet der grds. bestehenden Aufsichtspflicht der Eltern in Betracht.
Zum Mitverschuldenseinwand wegen Verletzung der Aufsichtspflicht der Eltern des geschädigten Kindes.
Gründe:
Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. den §§ 540 II, 313aI 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte der Klägerin gem. den §§ 823I, 249I, 253II BGB für die ihr infolge des Unfalls vom 9.6.2012 entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schäden allein haftet und die ihr daraus bislang entstandenen Nachteile zu vergüten, bzw. sie von den vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten freizustellen hat.
Die Beklagte hat dadurch, dass sie den streitgegenständlichen mit Gürteln behangenen Gürtelständer der Fa. M in den öffentlichen Verkaufsräumen ihres Bekleidungsgeschäfts aufgestellt und nicht durch geeignete Maßnahmen gegen ein Umfallen gesichert hat, gegen die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verstoßen. Zur Begründung wird - zur Vermeidung von Wiederholungen - auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Die mit der Berufung vorgebrachten Tatsachen und Argumente führen zu keinem anderen Ergebnis.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr daher erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Kommt es nur unter besonders eigenartigen und entfernt liegenden Umständen zu einem Schaden, muss der Geschädigte den Schaden selbst tragen.
Der mit Gürteln behangene Gürtelständer, bestehend aus einer ca. 1,60 Meter hohen, auf einer Bodenplatte mit vier Rollen montierten, senkrechten Metallwand, auf deren Vorderseite oben acht waagerechte Zinken zum Aufhängen von Gürteln angebracht waren, stellte jedoch eine so erhebliche - nicht entfernt liegende - Gefahr insbesondere für kleinere Kinder dar, dass von dem Kreis der Kunden, die gemeinsam mit ihren Kindern das Bekleidungshaus der Beklagten betreten haben, typischerweise erwartet werden konnte, dass die Beklagte geeignete Maßnahmen zur Beseitigung dieser Gefahr ergreift.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Geschäften der von der Beklagten betriebenen Art die Aufmerksamkeit von Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern die Räumlichkeiten betreten, bewusst auf die präsentierten Waren gelenkt und vom Mobiliar und den davon möglicherweise ausgehenden Gefahren für ihre Kinder abgelenkt wird. Anderseits es Kindern - gerade im Alter der Klägerin - zu Eigen, dass sie diese kurzen Momente der Unaufmerksamkeit ihrer Eltern dazu nutzen, um ihrem Spieltrieb entsprechend ihre Umgebung zu erkunden und die zur Präsentation von Waren vorgesehenen Gerätschaften aus kindlicher Neugier auf ihre Standfestigkeit zu überprüfen ohne die gebotene Vorsicht walten zu lassen. Deswegen sind Betreiber von Warenhäusern - jedenfalls in Bekleidungsgeschäften - grundsätzlich gehalten, die für die Präsentation von Waren vorgesehenen Einrichtungen so aufzustellen, dass sie von kleinen Kindern, die ihre Eltern üblicherweise beim Einkauf begleiten, nicht ohne großen Kraftaufwand zum Umfallen gebracht werden können.
Hinzu kommt, dass von dem streitgegenständlichen Gürtelständer infolge seines Gewichts und der auf seiner Vorderseite angebrachten waagerechten Zinken im Falle seines Umkippens eine erhebliche Gefahr, insbesondere für damit in Kontakt kommende Kinder ausging. Die naheliegende Gefahr des Umkippens ergab sich aufgrund der - vom Sachverständigen Dr. I in seinem Gutachten vom 17.6.2013 festgestellten - erheblich bedenklichen Konstruktion des Gürtelständers, der je nach Anordnung der daran aufgehängten Gürtel und Orientierung der darunter angebrachten Rollen schon bei einer geringen Zugbelastung von nur 800 Gramm zum Umstürzen gebracht werden konnte. Dabei handelt es sich - nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen - um eine Zugkraft, die von einem vierjährigen Kind ohne großen Kraftaufwand auch mit einem Arm aufgebracht werden kann.
Der Verpflichtung der Beklagten, der dargestellten Gefahr angemessen zu begegnen, steht nicht entgegen, dass Kinder im Alter der Klägerin regelmäßig ständiger Aufsicht bedürfen, damit sie sich nicht Gefahren in ihrer Umgebung aussetzen, die sie aufgrund ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit nicht erkennen und beherrschen können. Denn damit sind nur solche Sicherungsmaßnahmen von der Verkehrssicherungspflicht des Warenhausbetreibers ausgenommen, die von den Eltern aufgrund ihrer Aufsichtspflicht unschwer beherrscht werden können. Davon, dass die Eltern der Klägerin unschwer in der Lage waren, die von dem Gürtelständer ausgehende Gefahr für die Klägerin abzuwenden, kann jedoch nicht ausgegangen werden.
Die von dem Gürtelständer ausgehende Gefahr konnte schon deswegen nicht von ihnen beherrscht werden, weil sie mit einer derart bedenklichen Konstruktion, die schon durch ein leichtes Ziehen des Kindes in einem unbeobachteten Moment zum Umstürzen gebracht werden konnte, in einem Bekleidungsgeschäft, wie dem von der Beklagten geführten, nicht rechnen mussten. Deswegen bestand auch keine Verpflichtung der Eltern, die Ladeneinrichtung der Beklagten beim Betreten derselben auf entsprechende Gefahren für das von ihnen mitgeführte Kind zu untersuchen. Nur dann, wenn das Ziehen an einem Gürtel einen nicht unerheblichen Kraft- und Zeitaufwand gefordert hätte, um den Ständer zum Umkippen zu bringen, hätten die Eltern der Klägerin ausreichend Zeit und Anlass gehabt, ihre Aufmerksamkeit von den Waren weg zu ihrem Kind hin zu verlagern. Diese naheliegenden Erwägungen hätte die Beklagte bei der Frage, welches Maß an Sicherheit von Kunden erwartet werden konnte, einfließen lassen müssen.
Diese Situation ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht uneingeschränkt vergleichbar mit den Anforderungen, die an Eltern zu stellen sind, die mit ihren Kindern Verkaufsräume anderer Warenanbieter betreten. Insbesondere in Fachabteilungen für Elektroartikel sind aufgrund des unterschiedlichen Warensortiments erheblich andere Anforderungen an ihre Aufmerksamkeit hinsichtlich der mitgeführten Kinder zu stellen. Wer z. B. auf Tischen oder Regalen stehende Flachbildschirme oder Stehlampen zum Verkauf anbietet, kann in der Regel darauf vertrauen, dass Eltern bereits aufgrund des Warensortiments und der daraus hervorgehenden erkennbaren Gefahren für ihre Kinder erhöhte Aufmerksamkeit walten lassen und ihre Kinder, soweit das geboten erscheint, auch an die Hand nehmen.
Mit derartigen, von dem üblichen Warensortiment oder der üblichen Art ihrer Präsentation ausgehenden Gefahren mussten die Eltern der Klägerin in dem Bekleidungsgeschäft der Beklagten jedoch nicht rechnen.
Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, dass sie zum Unfallzeitpunkt eine Spielecke für Kinder eingerichtet hatte, denn die Spielecke diente nicht dazu, die mitgeführten Kinder vom Warenangebot und den zu ihrer Präsentation bereitgestellten Gerätschaften fernzuhalten, sondern lediglich dazu, Eltern die Möglichkeit zu verschaffen, sich in verstärktem Maße dem Warenangebot zuwenden zu können, sofern die Umstände des jeweiligen Einzelfalls es zuließen. Eine Verpflichtung von Eltern, ihre mitgeführten Kinder in der vom jeweiligen Warenanbieter eingerichteten Spielecke spielen zu lassen, besteht dagegen nicht, zumal es - insbesondere bei kleineren Kindern - gewichtige Gründe dafür geben kann, die Spielecke nicht zu nutzen, z. B. weil sie befürchten, dass sich ihre Kinder dort unbeaufsichtigt entfernen oder weil sie sich Waren zuwenden wollen, die außerhalb des Sichtbereichs der Spielecke liegen.
Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht mit dem Argument entlasten, sie habe der bestehenden Gefährdung nicht zumutbar begegnen können, da das Schadensereignis für sie nicht oder nur schwer vorhersehbar gewesen sei.
Da die Beklagte für die Präsentation des Gürtelständers verantwortlich war, selbst wenn die Ständer von der Fa. M bereitgestellt und bestückt wurde, hatte sie - im Gegensatz zu den Eltern der Klägerin - sowohl die Möglichkeit, als auch die Verpflichtung, den Ständer auf seine Standfestigkeit zu überprüfen. Im Hinblick auf die Konstruktion des Gürtelständers, die eine Beladung nur auf einer Seite, zudem noch über die äußere Kante der Bodenplatte hinaus, zuließ, und dem durch die unter der Bodenplatte befestigten Rollen höher gelegten Schwerpunkt, musste sich für sie dabei geradezu aufdrängen, dass eine Beladung mit - wie geschehen - mehr als 50% seines Eigengewichts zu einer nicht unerheblichen Instabilität des Ständers führt. Dabei hätte ihr die erhöhte Kippfähigkeit des Gürtelständers nicht verborgen bleiben dürfen.
Das wird bestätigt durch das Ergebnis des erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens, welches auf der Grundlage der zum Zwecke der Begutachtung durchgeführten Kippversuche belegt, dass zur Feststellung der erhöhten Kippfähigkeit des Gürtelständers keine Spezialkenntnisse der mit dem Aufstellen befassten Beklagten oder ihrer Mitarbeiter erforderlich waren.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass von dem Gürtelständer eine Gefahr nicht nur für mitgeführte Kinder, sondern auch für jeden erwachsenen Kunden ausging, der durch ein versehentliches Anstoßen oder Hängenbleiben den Ständer zum Umfallen hätte bringen können, allerdings mit erheblich geringeren Verletzungsfolgen, da die waagerecht angebrachten Zinken zum Aufhängen der Gürtel unterhalb der üblichen Kopfhöhe eines Erwachsenen angebracht waren.
Unter diesen Umständen hätte die Beklagte den Gürtelständer entweder so ausrüsten müssen, dass er beidseitig behangen werden kann, und darauf achten müssen, dass er auch möglichst gleichmäßig behangen wird, oder sie hätte ihn auf andere Weise, z. B. durch zusätzliche Befestigung an der Wand, gegen ein unbeabsichtigtes Umkippen sichern müssen.
Das Landgericht hat auch zu Recht festgestellt, dass eine Mithaftung der Eltern der Klägerin aus dem Gesichtspunkt der Aufsichtspflichtverletzung nicht in Betracht kommt. Die dieser Feststellung zugrundeliegenden Tatsachen sind mit der Berufung nicht angegriffen. Sie halten auch in rechtlicher Hinsicht einer Überprüfung stand.
Zwar könnte sich ein zur Mithaftung führendes Mitverschulden der Eltern der Klägerin nach dem §§ 254 II 2, 278 BGB aus der Einbeziehung der Klägerin in die vorvertraglichen Schutzpflichten der Beklagten gegenüber ihren Eltern ergeben. Das setzt jedoch - ebenso wie im Fall der vom Landgericht gewählten Konstruktion eines gestörten Gesamtschuldverhältnisses - voraus, dass die Eltern der Klägerin ihre Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt und dadurch den entstandenen Schaden zumindest mitverursacht haben. Dafür bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Eltern eines minderjährigen Kindes für die Beachtung jeglicher Sorgfalt oder nur für diejenige Sorgfalt einzustehen haben, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Denn nach dem - von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten erstinstanzlich nicht substantiiert bestrittenen - Sachvortrag der Klägerin befand sie sich auf dem Weg von der lediglich rund 5 Meter entfernten Spielecke zu ihren in Sichtweite befindlichen Eltern, als sich der streitgegenständliche Unfall ereignete. Unter diesen Umständen kann den Eltern der Klägerin mit Rücksicht auf die verhältnismäßig geringen für Kinder üblicherweise zu erwartenden Gefahren in einem Bekleidungsgeschäft, der Vorwurf einer Sorgfaltspflichtverletzung bezogen auf ihre Aufsichtspflicht nicht gemacht werden.
Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch die Eltern der Klägerin, wenn sie vorgelegen hätte, überhaupt ursächlich für den eingetretenen Schaden geworden wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein einmaliges kurzes Ziehen an einem der am Ständer hängenden Gürtel bei ungünstiger Ausrichtung der darunter befestigten Rollen ausgereicht hätte, um die Konstruktion zum Umkippen zu bringen. Ein solches Verhalten der vierjährigen Klägerin und damit der zum Schaden führende Unfall hätte auch bei ununterbrochener Nähe und Beaufsichtigung durch die Eltern den zum Schaden führenden Unfall nicht mit der für einen Beweis hinreichenden Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Darauf, dass aufgrund der nicht bekannten Ausrichtung der unter dem Ständer befindlichen Rollen auch Bedingungen denkbar sind, unter denen der Gürtelständer nicht so leicht zum Umkippen hätte gebracht werden können, kann sich die - insoweit darlegungs- und beweispflichtige - Beklagte nicht berufen, weil sie zum Vorliegen der für sie günstigen Bedingungen keine Angaben machen kann.
Hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen zur Schadenshöhe zu dem von der Klägerin gestellten Leistungsantrag und dem von ihr erstrebten Feststellungsantrag sowie zu dem der Klägerin zustehenden Freistellungsanspruch betreffend die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wird auf die - mit der Berufung nicht angegriffenen - Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Insbesondere die vom Landgericht zugesprochene Höhe des der Klägerin zugestandenen Schmerzensgeldes erscheint jedenfalls nicht zu gering angesichts der erheblichen Verletzungen, die sie durch den Unfall erlitten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

moreResultsText


moreResultsText
Annotations
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.10.2013 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 56/12 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das des Landgerichts hinsichtlich der Ziffern 1, 3, 4, 5 und 7 sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich des Unterlassungsanspruchs zu Ziff. 1 des landgerichtlichen Urteils 700.000,00 €, bezüglich der Auskunftsansprüche zu Ziff. 3 und 4 des landgerichtlichen Urteils jeweils 25.000,00 €, bezüglich des Rückrufanspruchs zu Nr. 5 des landgerichtlichen Urteils 50.000,00 € und bezüglich der Kosten für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die Klägerin 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Zeichens Zamek durch die Verwendung des Zeichens TAMEK auf Unterlassung sowie auf Feststellung des Bestehens einer Schadensersatzverpflichtung, Auskunft und Rückruf der Waren in Anspruch. In erster Instanz hatte die Klägerin ferner die Zahlung einer Vertragsstrafe begehrt. Im Gegenzug verlangt die Beklagte von der Klägerin Einwilligung in die Teillöschung einzelner Marken.
4Die Klägerin, Rechtsnachfolgerin eines im Jahr 1939 von Bernhard Zamek gegründete einzelkaufmännischen Unternehmens, bietet im Lebensmittelsegment u.a. Brühwürfel, Würzmischungen, Suppen, Fertiggerichte, Soßen, Süßspeisen, Nahrungsergänzungsmittel sowie Getränke an. Die von der Klägerin hergestellten Produkte werden seit jeher unter der Bezeichnung Zamek vermarktet, heute im Wesentlichen für Großeinrichtungen wie Kantinen, Krankenhäuser, Altenheime pp.; daneben produziert die Klägerin für Discounter, die Lebensmittel unter Eigenmarken vertreiben.
5Die Klägerin ist u.a. Inhaberin folgender Marken:
6- deutsche Wort-Bildmarke 549478 (deutsche Schrift), eingetragen 1942, geschützt u.a. für Fruchtkaltschalen,
7- deutsche Wortmarke 808467, eingetragen 1965, geschützt u.a. für Fruchtsäfte,
8- deutsche Wort-Bildmarke 939399 (weißer Zamek-Schriftzug auf rotem Grund), eingetragen 1975, geschützt u.a. für Fruchtsäfte und Fruchtsirup.
9Außerdem ist die Klägerin Inhaberin weiterer deutscher Marken, internationaler sowie nationaler ausländischer Marken und Gemeinschaftsmarken.
10Die Beklagte vertreibt hauptsächlich in der Türkei Nahrungsmittel. Die Produkte der Beklagten - Fruchtsäfte, Gemüsekonserven, Ketchups, Mayonnaisen, Marmeladen, Konfitüren u.a. - werden unter dem Zeichen TAMEK vermarktet.
11Mitte der 70er Jahre kam es zu einem ersten Markenkonflikt zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien. Diese schlossen unter dem 06.06.1977 eine Abgrenzungsvereinbarung, durch die die Beklagte sich verpflichtete, die Marke TAMEK in Deutschland nicht zu verwenden; zulässig sollte eine Vermarktung unter der Bezeichnung S2 sein. In den Jahren 1989, 2005 und 2007 war die Beklagte auf der ANUGA in Köln mit TAMEK-Produkten vertreten. Im Jahr 2008 versuchte sie, den Schutz einer für sie eingetragenen internationalen Marke u.a. auf Deutschland zu erstrecken. Im Mai 2010 stellte die Beklagte Löschungsanträge betreffend zweier Gemeinschaftsmarken der Klägerin wegen einer angeblich prioritätsälteren Benutzungsmarke TAMEK in Großbritannien und im Jahr 2011 hinsichtlich dreier weiterer Gemeinschaftsmarken. Die Beklagte stellte zudem Löschungsanträge wegen Nichtbenutzung gegen sechs deutsche Marken der Klägerin.
12Daraufhin unternommene Recherchen der Klägerin ergaben, dass in der ersten Jahreshälfte 2011 TAMEK-Produkte auf dem deutschen Markt zu erwerben gewesen waren, die mit einem Hinweis auf Inhaltsstoffe sowie Herstellungs- und Mindesthaltbarkeitsdatum in deutscher Sprache und ferner teilweise auch anderen deutschsprachigen Hinweisen ausgestattet gewesen waren. So hatte die Beklagte Eistees, Fruchtsäfte und Fruchtnektare an das Großhandelsunternehmen B EU GmbH in Erkelenz geliefert. Dieses Unternehmen hatte seinerseits türkischstämmige Einzelhändler für türkische Supermärkte mit den Getränken der Beklagten beliefert. Ferner hatte ein Tochterunternehmen der Beklagten, die S2 Inc. Co., im Dezember 2011 den Großhändler F GmbH in B2 mit Tomatenketchup und Mayonnaise beliefert. Darüber hinaus wurden auf der Internetseite www.N.de der N Frucht Handels GmbH sowie auf dem Internetportal all.biz Konfitüren, Gemüsesäfte, konserviertes Gemüse und konservierter Fisch, Tomatensuppen, Ketchups und Mayonnaisen unter dem Kennzeichen TAMEK zum Verkauf angeboten; ob der Beklagten diese Angebote zurechenbar sind, ist zwischen den Parteien streitig.
13Den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Unterlassungsanspruch sowie die Annexansprüche begründete die Klägerin zunächst vorrangig aus ihren Marken; die Vertragsstrafe begründete sie zunächst mit den erhobenen Löschungsanträge und dem Vertrieb der TAMEK-Produkte über den deutschen Lebensmitteleinzelhandel und das all.biz-Portal. Nach der mündlichen Verhandlung in erster Instanz und einem Hinweis der angerufenen Zivilkammer hat die Klägerin ihre Ansprüche vorrangig auf § 15 MarkenG, wegen Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens, gestützt und nur hilfsweise auf ihre Marken sowie äußerst hilfsweise auf den zwischen den Parteien bzw. ihren Rechtsvorgängern geschlossenen Vertrag.
14Die Klägerin behauptet, die Beklagte vertreibe die TAMEK-Produkte in Deutschland u.a. über das Internet wie die Seite all.biz.
15Die Beklagte, die die rechtserhaltende Benutzung der Klagemarken insbesondere im Hinblick auf Getränke bestreitet, behauptet, sie habe in Deutschland nur Eistee, Fruchtsäfte und Fruchtnektar vertrieben und zwar ausschließlich an die B EU GmbH. Die N Frucht GmbH sei nicht von ihrm, sondern von der B EU GmbH beliefert worden und habe nur versehentlich auf ihrer Internetseite neben Fruchtsäften und Fruchtnektaren auch andere ihrer, der Beklagten, Waren angeboten. Die Beklagte trägt ferner vor, auf der Internetseite all.biz keine Waren eingestellt oder über diese Webseite Waren nach Deutschland verkauft zu haben. Außerdem sei keine Verwechslungsgefahr gegeben, auch weil es wegen der Nichtbenutzung der Klagemarken für Getränke an einer Warenähnlichkeit fehle. Abgesehen davon komme der Verbraucher nicht auf den Gedanken, dass die sich gegenüberstehenden Waren aus einer Hand stammten, zumal sie über unterschiedliche Vertriebswege abgesetzt würden.
16Die Beklagte hat in erster Instanz widerklagend eine Einwilligung in die Löschung der Marke Nr. 549 478 für die Waren „Fruchtkaltschalen“, der Marke Nr. 808 467 für die Waren „Fleisch-, Obst- und Gemüse-Konserven; Fruchtsäfte“ und der Marke Nr. 939 399 für die Waren „Fleisch-, Obst- und Gemüsekonserven, Fruchtkaltschalen; Fruchtsäfte und Fruchtsirup“ begehrt. Sie trägt vor, dass die Klägerin ihre Marken für Fruchtsäfte und Fruchtnektare seit fünf Jahren nicht mehr benutzt habe.
17Die Klägerin erwidert hierzu, dass sie neben Suppen, Soßen und Würzen auch eine Vielzahl anderer Lebensmittelprodukte wie Fruchtkaltschalen und flüssige Fruchtsaftkonzentrate sowie Getränkekonzentrate, in denen Fruchtsaftkonzentrat enthalten sei, unter ihren Marken anbiete. Im Mai/Juni 2012 habe sie auch Fruchtsäfte angeboten. Die Klägerin ist der Ansicht, dass Fruchtsirup und Fruchtsaftkonzentrate mit Fruchtsäften gleichzusetzen seien, da die meisten Fruchtsäfte aus Konzentrat und Wasser gemischt würden. Jedenfalls bestehe Warenähnlichkeit.
18Mit Urteil vom 17.10.2013, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO inhaltlich Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 347.678,56 € mangels internationaler Zuständigkeit als unzulässig und die Widerklage als unbegründet abgewiesen. Im übrigen hat das Landgericht antragsgemäß, gestützt auf Unternehmenskennzeichenrecht, die Beklagte verurteilt, es bei Androhung der üblichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung „TAMEK“, insbesondere in Form der grafischen Ausgestaltung wie Bl. 2 GA abgebildet, für Fruchtsäfte, Gemüsesäfte, Konfitüren, Gemüsekonserven, Suppen, Tomatenpasten, Ketchups, Mayonnaisen und Fischkonserven zu benutzen, insbesondere die vorgenannten Produkte unter diesem Zeichen anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen und/oder das Zeichen in der Werbung für diese Produkte zu benutzen.
19Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Das Landgericht habe bereits den Schutzbereich des Unternehmenskennzeichenrechts zu weit gezogen. Zudem habe es unzutreffend eine Branchennähe angenommen. Dabei sei das Landgericht auch von falschen Voraussetzungen ausgegangen, zum einen hinsichtlich einer erhöhten Kennzeichnungskraft des Unternehmenskennzeichens, zum anderen hinsichtlich der Annahme, dass die an die Gastronomie gelieferten Waren der Klägerin nach der Verarbeitung unter dem Namen der Klägerin beim Konsumenten auftauchten. Da die Klägerin nahezu ausschließlich ihre Waren für die Gastronomie und die Handelsmarken großer Supermarktketten herstelle und dorthin vertreibe, dagegen sie, die Beklagte, ihre Getränke als türkische Spezialitäten über entsprechend spezialisierte Einzelhandelsgeschäfte an den Verbraucher verkaufe, ergäben sich auch keine Berührungspunkte bei den Vertriebswegen oder den Verwendungszwecken. Zwischen den Waren der Klägerin, die noch unter den streitgegenständlichen Marken im Einzelhandel angeboten würden, und den von ihr, der Beklagten, verkauften Produkten fehle es offensichtlich an einer Ähnlichkeit, weil die angesprochenen Verkehrskreise zwischen Esswaren und Getränken unterscheiden könnten. Bereits mangels Branchennähe scheide daher eine Verwechslungsgefahr aus. Zudem fehle es an einer Zeichenähnlichkeit, weil gerade bei Lebensmittelmarken der Kauf auf Sicht eine wesentliche Rolle spiele.
20Aus den gleichen Gründen könnte die Klägerin auch nicht aus den Marken vorgehen. Hinsichtlich eines eventuellen vertraglichen Unterlassungsanspruchs seien die deutschen Gerichte international nicht zuständig und der Vertrag zudem unwirksam. In jedem Fall sei die Umstellung der Reihenfolge des Haupt-Hilfsvorbringens und das Vorziehen des Anspruchs aus Unternehmenskennzeichenrecht bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen.
21Schließlich habe das Landgericht ihren Löschungsanträgen in Bezug auf die Waren Fruchtsäfte und Fruchtsirup zu Unrecht nicht stattgegeben. Das Landgericht habe übersehen, dass die Klägerin ihre Marken noch nicht einmal für Fruchtsaftkonzentrate, sondern lediglich für Getränkekonzentrat mit Fruchtgeschmack verwendet habe. Darüber hinaus stelle weder ein Getränke- noch ein Fruchtsaftkonzentrat eine „gleiche Ware“ zu Fruchtsäften und Fruchtsirup dar.
22Die Beklagte beantragt,
23das am 17.10.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Köln, Az. 31 O 56/12, aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Klägerin zu verurteilen, in die Löschung der folgenden beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Marken für folgende Waren einzuwilligen:
24Marke Nr. 808467 für die Ware „Fruchtsäfte“ und
25Marke Nr. 939399 für die Waren „Fruchtsäfte und Fruchtsirup“.
26Die Klägerin beantragt,
27die Berufung zurückzuweisen.
28Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
29II.
30Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin nebst den daraus folgenden Annexansprüchen ist begründet und die auf Teillöschung von Marken der Klägerin gerichtete Widerklage unbegründet, wobei die Beklagte in zweiter Instanz die Wort-Bildmarke 549478 nicht mehr angreift. Von der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht mehr weiter verfolgt wird die Zahlung einer Vertragsstrafe.
311. Zur Klage
32Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr aus§ § 15, 5 MarkenG. Ob daneben Ansprüche aus §§ 14, 4 MarkenG und/oder der zwischen den Parteien bzw. ihren Rechtsvorgängern geschlossenen Abgrenzungsvereinbarung vom 06.06.1977 bestehen, kann dahinstehen.
33Nach § 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG kann der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr denjenigen auf Unterlassung in Anspruch nehmen, der im geschäftlichen Verkehr unbefugt eine ähnliches Zeichen benutzt, das geeignet ist, Verwechslungen mit dem geschützten Zeichen hervorzurufen.
34a) Mit der Berufung nicht angegriffen sind die Feststellungen des Landgerichts, dass die Klägerin ein Unternehmerkennzeichen i.S.d. § 5 MarkenG im Geschäftsverkehr benutzt, und dass dieses Kennzeichen gegenüber dem der Beklagten prioritätsälter ist, § 12 MarkenG.
35b) Soweit die Beklagte einen ihrer Ansicht nach zu weiten Schutzumfang des Unternehmerkennzeichens rügt, kann ihrem aus der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2007, 971 ff. – Céline), nach der der rein firmenmäßige Gebrauch eines Unternehmenskennzeichens keine markenverletzende Benutzungshandlung darstellt, gezogenen Umkehrschluss, dass dann auch der reine Gebrauch als Warenkennzeichen grundsätzlich keine kennzeichenmäßige Benutzung nach § 15 MarkenG sei, nicht beigetreten werden. Die Frage, ob die schlichte Verwendung einer Firmenbezeichnung eine ältere Marke verletzen kann, wird vom EuGH zwar im Grundsatz verneint, die Firmenbezeichnung kann jedoch auch nach Ansicht des EuGH sowie des ihm nachfolgenden BGH im Einzelfall so im Zusammenhang mit dem Warenabsatz verwendet werden, dass sie wie ein markenmäßiger Herkunftsnachweis wirkt (vgl. EuGH a.a.O., Tz. 22 f.; BGH GRUR 2008, 1002, Tz. 22 - Schuhpark; BGH GRUR 2009, 772, Tz. 48 f. – Augsburger Puppenkiste; BGH GRUR 2011, 1140, Tz. 16 f., – Schaumstoff Lübke). Kann das Unternehmenskennzeichen vom Verkehr auch als produktbezogener Herkunftshinweis verstanden werden, was insbesondere dann der Fall ist, wenn es – wie hier – auf den Verpackungen der vertriebenen Waren aufgebracht ist, ist der Raum für markenverletzende Benutzungshandlungen wieder eröffnet (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 14 Rn. 119, m.w.N.).
36Dass nach der Rechtsprechung des BGH bei der rechtsverletzenden Benutzung eines Unternehmenskennzeichens durch eine Marke ein weiterer Benutzungs-Begriff angenommen wird als bei der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke durch die Nutzung als Unternehmenskennzeichen, führt entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht zu einer ungerechtfertigten stärkeren Stellung des Unternehmenskennzeichens gegenüber der Marke. Es ist nicht zu beanstanden, dass ein Unternehmenskennzeichen im Einzelfall einen größeren Schutz gewähren kann als eine Marke, insbesondere bei einem Unternehmen, das - wie hier die Klägerin - als alteingesessener Familienbetrieb seit Jahrzehnten unter einer mit dem Herstellernamen übereinstimmenden Marke produziert. Außerdem sind Unternehmenskennzeichen und Marke in ihrer Außenwirkung nicht ohne weiteres vergleichbar. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass bei der markenmäßigen Verwendung eines Unternehmerkennzeichens der angesprochene Verkehr regelmäßig von einer Herkunft aus dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens ausgehen wird, nicht aber auch umgekehrt, da kein Erfahrungssatz dahingehend besteht, dass eine Marke auf die Existenz eines gleichnamigen Unternehmens hindeutet.
37c) Eine Verwechslungsgefahr ist aus den bereits im Wesentlichen vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründen gegeben.
38aa) Zuzugeben ist der Berufung der Beklagten allerdings, dass eine Stärkung der von Hause aus durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Unternehmenskennzeichens durch intensive Benutzungshandlungen zumindest heute nicht mehr feststellbar ist. Die Klägerin ist zwar bei ihren Hauptabnehmern für die Zamek-Produkte (Großküchen pp.) seit dem Jahr 1939 als einer der führenden Hersteller von Würzen, Brühwürfeln und Saucen bekannt, zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, dass sie nicht mehr über die Marktpräsenz verfügt, die sie noch in den 70er und 80er Jahren gehabt hatte. Die Klägerin hat insbesondere die Endverbraucherwerbung eingestellt. Dass sie nach ihrem Vorbringen im Lebensmittelbereich noch immer zweistellige Millionenbeträge unter dem Kennzeichen Zamek generiert, genügt mangels Angaben zu den Vergleichszahlen der Wettbewerber zur Begründung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft nicht.
39bb) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist Branchennähe festzustellen.
40(1) Die Klägerin vertreibt in Deutschland unter dem Kennzeichen Zamek Obst- und Gemüsekonserven, Brühwürfel, Suppe, Soßen, Fleischkonserven sowie Fruchtgetränkekonzentrate.
41Die Beklagte vertreibt nach eigenem Vorbringen in Deutschland unter dem Kennzeichen TAMEK über die B EU GmbH Fruchtsäfte, Fruchtnektare und Eistees. Außerdem hat sie unstreitig in jedenfalls einem Fall über eine Tochterfirma einen Großhändler in Deutschland mit Ketchup und Mayonnaise beliefert.
42Darüber hinaus steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die Beklagte über das Internet Gemüsesäfte, Konfitüren, Gemüsekonserven, Suppen und Fischkonserven anbietet. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagten das Angebot des Großhandelsunternehmens N Frucht Handels GmbH zurechenbar ist, so dass das von der Beklagten behauptete Versehen dieser Firma keiner weiteren Aufklärung bedarf. Der Beklagten ist nämlich jedenfalls der Vertrieb ihres Esswarensortiments über das Internetportal all.biz als eigene Handlung zurechenbar. Gegen die Beklagte spricht der Beweis des ersten Anscheins, der sich aus einer Gesamtbetrachtung der folgenden Umstände ergibt:
43Die Beklagte drängt mit ihrem Gesamtsortiment massiv in den deutschen Markt, wobei ihr Verhalten gelegentlich in Widerspruch zu ihren Erklärungen steht. So war die Beklagte abweichend von der Abgrenzungsvereinbarung vom 06.06.1977 bereits im Jahr 1989 auf der ANUGA in Köln mit TAMEK-gekennzeichneten Nahrungsmittelkonserven vertreten; sie wurde daraufhin im Verfahren 31 O 629/90 LG Köln / 6 U 30/92 OLG Köln zu Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe an die Klägerin verurteilt. In den Jahren 2005 und 2007 war die Beklagte erneut auf der ANUGA mit einem breiten Sortiment ihrer Produkte vertreten. Nachdem die Klägerin hierauf aufmerksam geworden war, erklärte die Beklagte, keine Ansicht zu haben, in Deutschland eine Geschäftstätigkeit herbeizuführen. Gleichwohl versuchte die Beklagte im Jahr 2008, den Schutz der für sie eingetragenen internationalen Marke WO 812769 u.a. auf Deutschland zu erstrecken – auf den von der Klägerin eingelegten Widerspruch zog sie den Antrag zurück – und stellte im Mai 2010 Löschungsanträge betreffend der Gemeinschaftsmarken der Klägerin EU 004188711 und EU 004188595 wegen einer angeblich prioritätsälteren Benutzungsmarke TAMEK in Großbritannien. In daraufhin aufgenommenen Verhandlungen zwischen den Parteien verlangte die Beklagte, ihr eine ungehinderte Benutzung des Zeichens TAMEK in Deutschland zu gestatten, was die Klägerin verweigerte. Daraufhin stellte die Beklagte zahlreiche weitere Löschungsanträge gegen Marken der Klägerin mit dem Bestandteil „Zamek“, so im Jahr 2011 wegen vermeindlicher Nichtbenutzung der deutschen Marken 787812, 549478, 2037435, 30208694.3, 30300465.7, 30300466.5 sowie wegen vermeindlich älterer Rechte in Großbritannien hinsichtlich der Gemeinschaftsmarken EU 005768064, EU 006095608 und EU 006095211.
44Das aus dem Gesamtverhalten erkennbare hohe Interesse an einem Markteintritt in Deutschland steht in Einklang mit der Tatsache, dass die Beklagte sowohl Getränke als auch Esswaren mit deutschsprachigen Hinweisen zu den Inhaltsstoffen sowie dem Herstellungs- und Mindesthaltbarkeitsdatum für den deutschen Markt überhaupt erst gängig gemacht hat. Dies sowie die teilweise vorhandenen ergänzenden Hinweise wie „Bitte kalt trinken und vor dem Öffnen schütteln“ belegen, dass die Waren jedenfalls auch für den Vertrieb in Deutschland bestimmt sind.
45Vor diesem Hintergrund ist prima facie davon auszugehen, dass die Beklagte selbst – und kein unbekannter Dritter – Waren über das Internetportal all.biz anbietet. Dieses Portal richtet sich aufgrund der Ausgestaltung auch in deutscher Sprache gezielt an Abnehmer in Deutschland. Waren werden in das Portal nur dann eingestellt, wenn eine Registrierung über eine Anmeldemaske erfolgt. Die Beklagte erscheint im Gesamtkatalog sowie beim Aufruf der einzelnen Produktseiten jeweils als Kontaktadresse für den Bezug der Waren. Selbst wenn sich ein unbekannter Dritter für die Beklagte angemeldet hätte, wäre daher jedenfalls die Anfragen interessierter Kunden bei der Beklagte eingegangen. Wie sie auf entsprechende Anfragen reagiert haben will, trägt die Beklagte nicht vor. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass/warum ein unbekanntes Unternehmen ein Interesse daran haben könnte, Waren der Beklagten unter deren Namen und Anschrift zu vermarkten, und das auch noch mit einem deutlichen Kostenaufwand. Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (K 41, K 41a) ergibt sich nämlich, dass die Waren der Beklagten bei einem Aufruf anderer Waren gelistet werden und dies für den registrierten Kunden des Portals kostenpflichtig ist.
46Die Beklagte hat den gegen sie sprechenden Anschein nicht widerlegt. Ihr schlichtes Bestreiten, Waren bei all.biz eingestellt zu haben, genügt insoweit nicht, auch nicht ihr Vorbringen, sie habe keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Webseitenbetreiber.
47(2) Die von den Parteien vertriebenen Produkte sind teilweise identisch, z.B. hinsichtlich der Gemüsekonserven, im Übrigen besteht eine hohe Warenähnlichkeit, z.B. hinsichtlich der Fruchtsäfte der Beklagten und der Fruchtgetränkekonzentrate der Klägerin.
48Dass die Klägerin ihre Zamek-Produkte vornehmlich an Einrichtungen wie Großküchen liefert und die Waren der Beklagte vornehmlich über den auf türkische Produkte spezialisierten Einzelhandel vertrieben werden, ändert nichts daran, dass die Produkte der Parteien sich auf dem deutschen Markt tatsächlich begegnen können. Dies ist auch unabhängig davon, dass nach der Verarbeitung der von der Klägerin hergestellten Lebensmittel der Endverbraucher nicht mehr über die Herkunft der Ausgangsprodukte informiert wird. Selbst wenn die Klägerin die Zamek-Produkte ausschließlich an Großküchen liefern würde und die Produkte der Beklagten nur in türkischen Supermärkte veräußert würden, kämen z.B. in der Vertriebsschiene der Klägerin noch immer Lieferanten, Köche, Kantinenhelfer pp. mit den Produkten der Klägerin in Berührung. Diese Personen sind ihrerseits Konsumenten und potentielle Kunden z.B. eines türkischen Supermarkts, wobei dem Senat bekannt ist (u.a. aus dem Verfahren 6 U 208/12) und wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, dass ca. die Hälfte der Käufer in den türkischen Supermärkten nicht türkisch sprechen. Die türkischen Einzelhandelsgeschäfte haben in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zunehmend die Aufgabe der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung im örtlichen Nahbereich übernommen. Von einer ethnisch bedingten gespaltenen Verkehrsauffassung kann insoweit nicht ausgegangen werden.
49Auf den von der Beklagten unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (GRUR 1999, 158 ff. – GARIBALDI; GRUR 2014, 488 ff. – Desperado) betonten Unterschied zwischen Esswaren und Getränken kommt es nach alledem nicht an. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte vermarkten in Deutschland Produkte aus beiden Bereichen, und für beide Bereiche sind Überschneidungen im Vertrieb und Adressatenkreis feststellbar.
50cc) Nach dem Gesamteindruck besteht eine hohe Zeichenähnlichkeit zwischen dem auf den Verpackungen markenmäßig verwenden Geschäftskennzeichen der Klägerin und der Marke der Beklagten.
51Wie das Landgericht umfassend dargelegt hat, ist sowohl die akustische als auch die schrifttbildliche Ähnlichkeit zwischen Zamek und TAMEK hoch. Auch im Hinblick auf den von der Beklagten betonten Kauf auf Sicht ist von einer hohen Zeichenähnlichkeit auszugehen. Beide Schriftzüge werden durch die Farbe Rot geprägt, beim Logo der Klägerin als Hintergrund für weiße Schrift, bei der Beklagten als Farbe der Buchstaben, die ihrerseits weiß umrandet sind. Dass die Beklagte anders als die Klägerin nur Großbuchstaben verwendet, die Schriftarten unterschiedlich sind, die Buchstaben der Beklagten leicht kursiv erscheinen und nicht in einer Reihe stehen, fällt neben dem Haupteindruck eines rot-weißen, plakativen und deutlich lesbaren Schriftzug weniger ins Auge. Dies gilt auch für eine teilweise hinter dem Logo der Beklagten befindliche unregelmäßig starke grüne Linie in Form eines geschwungenen Ovals.
52dd) Hinsichtlich des Warensortiments der Klägerin und der Beklagten besteht bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft, Warenidentität bzw. hoher Warenähnlichkeit sowie hoher Zeichenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Diese wird nicht dadurch beseitigt, dass die Produkte der Beklagten mit Aufdrucken in türkischer und englischer Sprache versehen sind. Die Produkte der Beklagten enthalten zudem in Deutsch die aufgrund der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung vorgeschriebenen Angaben.
53d) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird aufgrund der bereits vorgenommenen Verletzungshandlung vermutet.
542. Annexansprüche der Klägerin
55Der Anspruch der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht folgt aus § 15 Abs. 5 MarkenG i.V.m. § 256 ZPO, die Ansprüche auf Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung, insbesondere über Herkunft und Vertriebsweg sowie die erzielten Umsätze aus § 19 Abs. 1 MarkenG und § 242 BGB sowie der Anspruch auf Rückruf der Waren aus § 18 MarkenG. Diese Ansprüche folgen jeweils dem Unterlassungsanspruch; soweit sie Verschulden voraussetzen, ist ein vorsätzliches Verhalten der Beklagten feststellbar. Die Beklagte hat wissentlich und willentlich, in Kenntnis aller tatsächlichen Umstände, gehandelt.
563. Zur Widerklage
57Die Beklagte hat keinen Anspruch aus §§ 55, 49 Abs. 1, 26 MarkenG auf Teillöschung der Wortmarke 808467 und/oder der Wort-Bildmarke 939399 für Fruchtsäfte bzw. für Fruchtsäfte und Fruchtsirup. Aufgrund des Vertriebs von Fruchtgetränkekonzentraten ist kein Verfall eingetreten. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Marken innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren vor August 2012, dem Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage, bezüglich der Waren Fruchtsäfte bzw. Fruchtsäfte und Fruchtsirup nicht ernsthaft im Inland benutzt worden sind.
58Soweit die Beklagte einwendet, dass die Klägerin in Deutschland nur Getränkekonzentrate mit Fruchtgeschmack verkauft habe und nicht Fruchtsaftkonzentrate, ist ihr zum einen entgegenzuhalten, dass zwischen dem – von der Klägerin unstreitig vertriebenen - Fruchtgetränkekonzentrat und Getränkekonzentrat mit Fruchtgeschmack kein relevanter Unterschied besteht. Zum anderen hat die Klägerin detailliert dargelegt, dass sie unterschiedliche Getränkekonzentrate in diversen Fruchtsorten anbietet, und dass die Konzentrate auch Fruchtsaftkonzentrat enthalten. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten, sondern hat lediglich auf unterschiedliche Fruchtsaftkonzentrat-Anteile in den Produkten der Klägerin hingewiesen.
59a) Nach den mit der Berufung nicht beanstandeten Feststellungen des Landgerichts hat die Klägerin in den Jahren 2007 bis 2009 mit Fruchtgetränkekonzentraten jährliche Umsätze zwischen rd. 7.000,00 € und 65.000,00 € erzielt. Vor dem Hintergrund der umfangreichen Produktpalette der Klägerin liegt darin eine ernsthafte Nutzung i.S.d. § 26 MarkenG.
60b) Die Verwendung der Marke für Fruchtgetränkekonzentrate ist sowohl bezüglich des Eintrags Fruchtsirup als auch bezüglich des Eintrags Fruchtsaft rechtserhaltend.
61Nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis des Durchschnittsabnehmers unterfällt die Benutzungshandlung bei beiden Marken noch den Begriffen der Warenverzeichnisse. Unter Berücksichtigung einerseits des Zwecks des Benutzungszwangs, die Register von teilweise unbenutzten Marken freizuhalten, und andererseits der berechtigten Interessen der Markeninhaber an geschäftlicher Bewegungsfreiheit, liegt eine rechtserhaltende Verwendung nämlich auch dann noch vor, wenn die Waren zwar nicht identisch sind, aber nach der Verkehrsauffassung gemeinhin als zum gleichen Warenbereich gehörend angesehen werden. Davon ist auszugehen, wenn – wie hier – die Eigenschaften und die Zweckbestimmung der beiden Waren in weitem Umfang übereinstimmend sind (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 26 Rn. 107 ff., § 49 Rn. 27 f, jew. m.w.N.).
62aa) Nach dem üblichen Sprachgebrauch ist - auch - ein Fruchtsirup ein Fruchtgetränkekonzentrat. Beide Produkte dienen der Herstellung eines nach Frucht schmeckenden alkoholfreien Getränks durch Zugabe von Wasser. Der Durchschnittsabnehmer erwartet bei beiden Produkten weder grundlegend andere Inhaltsstoffe bezüglich des Fruchtanteils noch einen per se höheren Zuckeranteil im Fruchtsirup gegenüber einem Fruchtgetränkekonzentrat. Unter dem Begriff Fruchtsirup werden im Handel (z.B. unter www.T-shop.de) auch zuckerfreie Produkte (z.B. SodaStream Zitrone naturtrüb light) sowie Produkte mit Farb-/Aromastoffen und geringen Fruchtanteilen (z.B. SodaStream Himbeere: 2,3 % Fruchtgehalt im Fertiggetränk; 5,6 % Himbeersaftkonzentrat und 3,6 % Apfelsaftkonzentrat im Sirup) angeboten.
63Dass Fruchtsirup im Gegensatz zu Fruchtgetränkekonzentraten nicht nur zur Getränkezubereitung verwendbar ist, sondern z.B. auch als Zusatz zu Süßspeisen, ändert an seiner wesentlichen Zweckbestimmung nichts. Soweit der Verkehr bei Fruchtsirup ein dickflüssiges Produkt erwartet, ist unstreitig, dass die Klägerin ihre Fruchtgetränkekonzentrate nicht nur als Pulver herstellt, sondern auch in flüssiger Form anbietet.
64Da auf das Verkehrsverständnis des Durchschnittabnehmers abzustellen ist, kann die Beklage schließlich auch nicht einwenden, dass gemäß den vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenen Leitsätzen sowie auch der bis zum 26.05.2004 gültigen Fruchtnektar- und Sirupverordnung Fruchtsaftkonzentrat ein, aber nicht der einzige Bestandteil von Fruchtsirup sei. Außerdem betont die Beklagte selbst, dass die Klägerin nicht Fruchtsaftkonzentrate vertreibe, sondern Fruchtgetränkekonzentrate. Insoweit kommt weder ihrer Ansicht, dass eine Ware, die Bestandteil einer anderen Ware sei, niemals eine gleiche Ware im Sinne des Benutzungszwangs sein könne, streitentscheidende Bedeutung zu noch ihrem Vorbringen, sie habe durch Anlage B14 anhand der Marke „P“ bewiesen und zudem durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt, dass bereits in den 60er Jahren der Unterschied zwischen Fruchtsaft, Fruchtsaftkonzentrat und Fruchtsirup bekannt gewesen sei. Aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsabnehmers sind diese Feinheiten in der Begrifflichkeit für die Zweckbestimmung und Eigenschaften der Produkte nicht von wesentlicher Bedeutung.
65bb) Einige der von der Klägerin hergestellten Fruchtgetränkekonzentrate entsprechen ihrem Wesen nach auch der Ware Fruchtsaft. Maßgeblich ist hier ebenfalls das Verkehrsverständnis des Durchschnittabnehmers, das nicht an dem Inhalt der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung ausgerichtet ist. Unter Fruchtsaft versteht der Durchschnittsabnehmer ein nach Frucht schmeckendes alkoholfreies Erfrischungsgetränk mit einem nicht ganz unerheblichen natürlichen Saftanteil. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie u.a. Konzentrate herstellt, die bei vorschriftsmäßigem Aufschütten mit Wasser Getränke mit einem Fruchtanteil von jeweils 20 % ergeben. Ein solches Getränk wird vom Verbraucher gemeinhin noch unter „Fruchtsaft“ subsumiert. Auch das von der Klägerin hergestellte Ausgangsprodukt selbst ist letztlich Fruchtsaft, in extrem konzentrierter Form.
66Dass die gängigen verzehrfertig angebotenen Fruchtsäfte – die ihrerseits regelmäßig aus Fruchtsaftkonzentrat und nicht als Direktsaft hergestellt werden – ohne weiteres sofort genießbar sind, während das Getränkekonzentrat der Klägerin erst gemischt werden muss und hierfür Wasser benötigt wird, steht einer rechtserhaltender Verwendung des von der Klägerin hergestellten Fruchtgetränkekonzentrats mit hohem Fruchtsaftkonzentratanteil für Fruchtsaft nicht entgegen. Angesichts des in Deutschland zu jeder Zeit problemlos möglichen Zugangs zu sauberen Trinkwasser stellt das Aufschütten des Getränks einen letzlich unerheblichen Zwischenschritt zum bestimmungsgemäßen Endprodukt dar.
67c) Dass die Getränkekonzentrate u.a. unter der Bezeichnung Zamek „Küchenmeister“ angeboten worden sind, stützt das Widerklagebegehren nicht. Zum einen sind Abwandlungen der benutzten Marke gegenüber der eingetragenen unschädlich, wenn deren kennzeichnender Charakter nicht verändert wird, § 26 Abs. 3 S. 1 MarkenG. Erkennt der Verkehr – wie hier – bei und trotz Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach in der benutzten Form die eingetragene Marke, liegt keine schädliche Benutzungsform vor. Bei etwa verbleibenden Zweifel hinsichtlich des Verkehrsverständnisses gilt zudem der Grundsatz „im Zweifel für die Marke“ (s. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 26 Rn. 136 ff., Rn. 170). Zum anderen hat die Klägerin nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts Getränkekonzentrate auch ohne den Zusatz „Küchenmeister“ vertrieben.
68III.
69Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
70Die Umstellung der Reihenfolge des Haupt-/Hilfsvorbringens und das Vorziehen des Anspruchs aus Unternehmenskennzeichenrecht ist für die Kostenentscheidung ohne Belang, auch hinsichtlich der ersten Instanz. In der Umstellung liegt eine durch Hinweisbeschluss vom 20.06.2013 angeregte Klageänderung, die das Landgericht aus berufungsrechtlich nicht zu beanstandenden Gründen als i.S.d. § 263 ZPO sachdienlich bewertet hat. Die Kostenentscheidung richtet sich auch bei einer Klageänderung grundsätzlich nach dem endgültigen Ausgang des Rechtsstreits; eine Anwendung des § 96 ZPO kommt nur dann in Betracht, wenn die ursprüngliche Klage besondere Kosten verursacht hat (s. Zöller-Greger, Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., § 263 Rn. 18). Solche sind hier – im Gegensatz zu der vom Landgericht angeführten Entscheidung des Senats im Verfahren 6 U 13/13 – nicht angefallen, da die zunächst vorrangig geltend gemachten Anspürüche aus §§ 14, 4 MarkenG und Vertrag nicht weiter gehen als der Anspruch aus §§ 15, 5 MarkenG. Darauf, ob (auch) die Ansprüche aus §§ 14, 4 MarkenG und/oder Vertrag begründet gewesen wären, kommt es bei der Kostenentscheidung nicht an.
71Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
72Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.