EU-Insolvenz: Stellt eine Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb ein ohne abgewickelt zu werden, so ist auf den COMI z. Zt. der Einstellung abzustellen

published on 03/11/2014 16:50
EU-Insolvenz: Stellt eine Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb ein ohne abgewickelt zu werden, so ist auf den COMI z. Zt. der Einstellung abzustellen
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Zuständig für die Insolvenzverfahrenseröffnung ist damit das Mitgliedstaatengericht, in dem zum Einstellungszeitpunkt der gesellschaftliche Interessenmittelpunkt lag.
 Der BGH hat in diesem Zusammenhang am 01.12.2011 (Az.IX ZB 232/10) folgendes entschieden:

1. Die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft mit Sitz im Ausland, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat und nicht abgewickelt wird, richtet sich danach, wo sie bei Einstellung ihrer Tätigkeit den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen hatte (im Anschluss an EuGH - Interedil).


Entscheidung: 

Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden die Beschlüsse der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. September 2010 und des Amtsgerichts Düsseldorf vom 5. August 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittel - an das Amtsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 400.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

 Im Jahr 1998 geriet die Umwelttechnologiegruppe der E. AG in finanzielle Schwierigkeiten. Zu dieser Gruppe gehörten auch die S. AG (fortan S. ) und die r. AG (fortan r. ). Die Firma T. GmbH (fortan T. ; Gesellschaftsvertrag vom 18. August 1999) investierte in diese Gruppe und erwarb Anteile an der S. und der r. ; letztere veräußerte sie weiter. Wegen dieser Geschäfte wurde die T. einerseits von dem Insolvenzverwalter der S. , dem weiteren Beteiligten, verklagt und durch Urteil vom 24. September 2009 zur Zahlung von fast 15 Mio. € nebst Zinsen und Kosten verurteilt; andererseits vereinbarte sie mit einem Geschäftspartner, dieser solle für sie den Kaufpreis für die r. -Aktien gegen den Käufer gerichtlich geltend machen; die Klage über 4 Mio. € ist seit 2002 beim Landgericht Duisburg an-hängig.

Die Firma T. änderte nach mehreren Sitzverlegungen den Namen in C. GmbH (fortan C. ). Spätestens seit Dezember 2007 waren ihre Gesellschafter die Schuldnerin und die D. BV. Hierbei handelt es sich um Gesellschaften niederländischen Rechts (Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid) mit Sitz in V. . Mit Gesellschaftsvertrag vom 5. Dezember 2007 änderte die C. GmbH die Gesellschaftsform und wurde zu einer Kommanditgesellschaft. Komplementärin war die Schuldnerin und Kommanditistin die D. BV. Gleichzeitig änderte das Unternehmen den Namen in M. BV & Co. KG mit Sitz in K. . Am 9. Mai 2008 schied die einzige Kommanditistin aus. Die Auflösung der Kommanditgesellschaft und ihre Beendigung ohne Liquidation wurden am 26. Juni 2008 im Handelsregister vermerkt.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 12. Mai 2009 teilte die Schuldnerin dem weiteren Beteiligten mit, wesentlicher und nahezu einziger Vermögensgegenstand der C. sei die Forderung auf Zahlung des Kaufpreises für die r. -Aktien gewesen. Nach ihrer Verurteilung bot sie ihm zur Vermeidung der Insolvenz die Übertragung ihrer Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises für die r. -Aktien an.

Am 28. Juni 2010 hat der weitere Beteiligte wegen der titulierten Forderung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Mit Beschluss vom 5. August 2010 hat das Amtsgericht Düsseldorf den Eröffnungsantrag als unzulässig abgewiesen, weil es international nicht zuständig sei. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen Eröffnungsantrag weiter.

 

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 34 Abs. 1, §§ 4, 6, 7 InsO, Art. 103f EGInsO statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 574, 575 ZPO. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht sei international nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (fortan EuInsVO) nicht zuständig. Die Schuldnerin habe ihren satzungsmäßigen Sitz in den Niederlanden; deswegen werde gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO vermutet, dass sie dort auch ihren Interessenmittelpunkt habe. Der Antragsteller habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Schuldnerin in Deutschland zum Zeitpunkt der Antragstellung für Außenstehende erkennbar werbend tätig gewesen sei. Er habe auch nicht vorgetragen, wo die Schuldnerin abgewickelt werde. Das Insolvenzgericht habe deswegen mit Recht keine Ermittlungen von Amts wegen zur internationalen Zuständigkeit durchgeführt.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts.

aa) Für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens sind nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO stellt für Gesellschaften und juristische Personen bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung auf, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsmäßigen Sitzes ist. Die Vermutung ist widerlegbar; sie muss jedoch durch hinreichende Anhaltspunkte entkräftet werden. Kann der Interessenmittelpunkt in einem anderen Mitgliedstaat nicht hinreichend sicher festgestellt werden, gibt der satzungsmäßige Sitz den Ausschlag (EuGH, Urteil vom 2. Mai 2006 - Rs C-341/04- Eurofood; Urteil vom 20. Oktober 2011 - Rs C-396/09 - Interedil).

bb) Art. 3 EuInsVO legt nur die internationale Zuständigkeit für ein Hauptinsolvenzverfahren fest. Er regelt nicht das Verfahrensrecht des angerufenen Gerichts. Dieses wendet vielmehr sein Recht an (Kemper in Kübler/ Prütting/Bork, InsO 2010, Art. 3 EuInsVO Rn. 17). Das Insolvenzgericht prüft deswegen die internationale Zuständigkeit von Amts wegen, ohne an übereinstimmenden Vortrag der Verfahrensbeteiligten im Eröffnungsverfahren gebunden zu sein (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2007 - IX ZB 51/06; siehe ferner Beschluss vom 22. April 2010 - IX ZB 217/09). Eine Prüfung von Amts wegen bedeutet indes noch nicht eine Ermittlung von Amts wegen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - III ZR 150/88). Diese hat der Senat bislang auch noch nicht gefordert.

Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO verpflichtet das deutsche Gericht, alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Diese Ermittlungspflicht von Amts wegen setzt jedoch nur dann ein, wenn der Verfahrensstand Anlass für Ermittlungen bietet. Bei der Frage, wann Ermittlungen erforderlich sind, hat das Gericht einen gewissen Beurteilungsspielraum. Das Gericht ist nicht verpflichtet, ohne jeden konkreten Anhaltspunkt "ins Blaue hinein" Ermittlungen anzustellen, sondern nur dann, wenn es aufgrund gerichtsbekannter Umstände oder aufgrund der Angaben der Verfahrensbeteiligten, insbesondere des Antragstellers, hierzu veranlasst wird. Ebenso wenig muss es tätig werden, wenn der das Verfahren einleitende Insolvenzantrag mangels ordnungsgemäßer Darlegung eines Insolvenzgrundes nicht zulässig ist (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - IX ZB 426/02).

Deswegen muss ein Antragsteller, um die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach § 3 InsO zu ermöglichen und somit seinen Antrag zulässig zu machen, alle die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründenden Tatsachen angeben. Erst dann ermittelt das Gericht, sofern erforderlich, nach § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO die seine Zuständigkeit begründenden Umstände von Amts wegen. Entsprechendes gilt für die internationale Zuständigkeit nach § 3 EuInsVO. Da die Verordnung bei juristischen Personen und Gesellschaften den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen am Satzungssitz vermutet, ergeben sich hieraus jedoch folgende Auswirkungen auf die Beibringungslast des Antragstellers und die Prüfungspflicht des Gerichts: Das Gericht des satzungsmäßigen Sitzes darf zunächst von seiner internationalen Zuständigkeit ausgehen, solange sich aus dem Vortrag des Antragstellers nicht etwas anderes ergibt. Demgegenüber hat ein Gläubiger, der einen Insolvenzantrag gegen eine Schuldnergesellschaft mit ausländischem Sitz bei einem deutschen Gericht stellt, substantiiert zur internationalen Zuständigkeit des Gerichts und zum Interessenmittelpunkt der Schuldnerin vorzutragen.

Die Pflicht des Gerichts, die internationale Zuständigkeit zu ermitteln, wird nicht durch Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO beschränkt. Die dort aufgestellte Vermutung greift nur ein, wenn die Ermittlungen von Amts wegen zu keinem abweichenden Ergebnis geführt haben. Denn Art. 3 EuInsVO regelt nicht das zur Klärung der internationalen Zuständigkeit anzuwendende Verfahrensrecht. Allein dem Antragsteller in diesem Verfahrensstadium die Beibringungslast aufzuerlegen, steht dem Zweck der Verordnung entgegen, die verhindern will, dass es für die Parteien vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände oder Rechtsstreitigkeiten von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern, um dadurch eine verbesserte Rechtsstellung zu erreichen (EuGH, Urteil vom 17. Januar 2006 - Rs C-1/04 - Straubitz-Schreiber).

b) Diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend beachtet, indem es auf die Verhältnisse der Schuldnergesellschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt hat. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat inzwischen entschieden, dass es dann, wenn die Schuldnergesellschaft im Register gelöscht ist und sie jedwede Tätigkeit eingestellt hat, auf den Zeitpunkt ihrer Löschung und der Einstellung ihrer Tätigkeit ankommt. Denn nur so ist sichergestellt, dass an dem Ort das Insolvenzverfahren durchgeführt wird, zu dem die Gesellschaft objektiv und für Dritte erkennbar die engsten Beziehungen hat (EuGH-Interedil).

Entsprechendes gilt auch für vorliegenden Fall, der sich nur dadurch von dem durch den Europäischen Gerichtshof entschiedenen unterscheidet, dass die Schuldnerin noch im niederländischen Register eingetragen ist. Dieser Gesichtspunkt war für den Europäischen Gesichtspunkt erkennbar nicht entscheidend. Denn die engste Beziehung hat die Schuldnergesellschaft zu dem Ort, an dem zuletzt für Dritte erkennbar die Entscheidungen getroffen und die Tätigkeiten entfaltet worden sind. Der Eintrag in das Handelsregister spielt insoweit nur eine untergeordnete Rolle. Die Verordnung will mit Art. 3 Abs. 1 EuInsVO erreichen, dass die rechtlichen Risiken im Insolvenzfall für den Gläubiger vorhersehbar sind (vgl. EuGH - Straubitz-Schreiber, aaO Rn. 27). Diese Vorhersehbarkeit wäre gefährdet, wenn bei Einstellen des Geschäftsbetriebs das Gericht am satzungsmäßigen Sitz international zuständig würde, obwohl vorher die Schuldnergesellschaft den Interessenmittelpunkt an einem anderen Ort hatte. Das Vertrauen der Gläubiger, dass an diesem Ort und nach jenem Recht ein etwaiges Insolvenzverfahren durchgeführt werde, würde enttäuscht (vgl. zu allem EuGH GA, Schlussanträge Interedil).

 Mithin kommt es für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit allein darauf an, wo die Schuldnergesellschaft bei Einstellung ihrer Tätigkeit - dazu können auch Abwicklungsarbeiten gehören - den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen hatte.

 3. Die angefochtenen Beschlüsse können daher keinen Bestand haben. Sie sind aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen der Art. 3 Abs. 1 EuInsVO, § 14 InsO schlüssig dargetan und gegebenenfalls glaubhaft gemacht sind, insbesondere der Antragsteller schlüssig den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Einstellung ihrer Tätigkeit im Mai 2008 mit Ausscheiden der einzigen Kommanditistin vorgetragen hat.

a) Dabei wird das Insolvenzgericht zu berücksichtigen haben, dass die Schuldnergesellschaft zwar eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden ist, sie jedoch Rechtsnachfolgerin von in Deutschland operativ tätigen Gesellschaften deutschen Rechts ist. Sie wurde nach dem zumindest teilweise belegten Vortrag des Antragstellers zusammen mit einer weiteren niederländischen Gesellschaft erst 2007 gegründet, um die Geschäftsanteile der deutschen GmbH zu übernehmen und diese in eine Kommanditgesellschaft umzuwandeln. Schon kurze Zeit später schied die einzige Kommanditistin und vorletzte Gesellschafterin aus und bewirkte so die Beendigung der Gesellschaft ohne Liquidation und die Sitzverlegung der Schuldnergesellschaft von Deutschland in die Niederlande. Alleingesellschafter und Geschäftsführer beider Gesellschaften niederländischen Rechts ist und war ein deutscher Staatsangehöriger mit ständigem Wohnsitz in Deutschland.

b) Nach dem Vortrag des Antragstellers waren beide Gesellschaften niederländischen Rechts, so auch die Schuldnerin, nie - weder in Deutschland, noch in den Niederlanden - geschäftlich nach außen tätig. Mit der Umwandlung der GmbH in eine BV & Co. KG ist Ende 2007 das operative Geschäft und das Vermögen der GmbH auf die Kommanditgesellschaft übergegangen, die allein in Deutschland wirtschaftlich tätig war. Mit dem Erlöschen der Kommanditgesellschaft im Mai 2008 durch Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin und einzigen Kommanditistin führte die Schuldnerin nach dem Vortrag des Antragstellers kein (nennenswertes) operatives Geschäft mehr aus. Ein Büro in Deutschland (K. ) betreibt die Schuldnerin seitdem nicht mehr; ebenso wenig unterhält sie ein Büro in den Niederlanden. Der diesbezügliche Vortrag des Antragstellers ist durch vielfältige Anhaltspunkte belegt. Auch der Senat konnte Schriftstücke nur an den Wohnsitz des Geschäftsführers der Schuldnerin in Deutschland zustellen.

c) Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf ergibt sich - sofern das Gericht international zuständig ist - aus Art. 102 § 1 Abs. 1 EGInsO. Nach dieser Regelung ist das Insolvenzgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, wenn in einem Insolvenzverfahren den deutschen Gerichten nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO die internationale Zuständigkeit zukommt, ohne dass nach § 3 InsO ein inländischer Gerichtsstand begründet wäre. Das trifft vorliegend zu.
 


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am 1. Dezember 2011

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten werden die Beschlüsse der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. September 2010 und des Amtsgerichts Düsseldorf vom 5. August 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittel - an das Amtsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 400.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Im Jahr 1998 geriet die Umwelttechnologiegruppe der E. AG in finanzielle Schwierigkeiten. Zu dieser Gruppe gehörten auch die S. AG (fortan S. ) und die r. AG (fortan r. ). Die Firma T. GmbH (fortan T. ; Gesellschaftsvertrag vom 18. August 1999) investierte in diese Gruppe und erwarb Anteile an der S. und der r. ; letztere veräußerte sie weiter. Wegen dieser Geschäfte wurde die T. einerseits von dem Insolvenzverwalter der S. , dem weiteren Beteiligten, verklagt und durch Urteil vom 24. September 2009 zur Zahlung von fast 15 Mio. € nebst Zinsen und Kosten verurteilt; andererseits vereinbarte sie mit einem Geschäftspartner, dieser solle für sie den Kaufpreis für die r. -Aktien gegen den Käufer gerichtlich geltend machen; die Klage über 4 Mio. € ist seit 2002 beim Landgericht Duisburg anhängig.
2
Die Firma T. änderte nach mehreren Sitzverlegungen den Namen in C. GmbH (fortan C. ). Spätestens seit Dezember 2007 waren ihre Gesellschafter die Schuldnerin und die D. BV. Hierbei handelt es sich um Gesellschaften niederländischen Rechts (Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid) mit Sitz in V. . Mit Gesellschaftsvertrag vom 5. Dezember 2007 änderte die C. GmbH die Gesellschaftsform und wurde zu einer Kommanditgesellschaft. Komplementärin war die Schuldnerin und Kommanditistin die D. BV. Gleichzeitig änderte das Unternehmen den Namen inM. BV & Co. KG mit Sitz in K. . Am 9. Mai 2008 schied die einzige Kommanditistin aus. Die Auflösung der Kommanditgesellschaft und ihre Beendigung ohne Liquidation wurden am 26. Juni 2008 im Handelsregister vermerkt.
3
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 12. Mai 2009 teilte die Schuldnerin dem weiteren Beteiligten mit, wesentlicher und nahezu einziger Vermögensgegenstand der C. sei die Forderung auf Zahlung des Kaufpreises für die r. -Aktien gewesen. Nach ihrer Verurteilung bot sie ihm zur Vermeidung der Insolvenz die Übertragung ihrer Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises für die r. -Aktien an.
4
Am 28. Juni 2010 hat der weitere Beteiligte wegen der titulierten Forderung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Mit Beschluss vom 5. August 2010 hat das Amtsgericht Düsseldorf den Eröffnungsantrag als unzulässig abgewiesen, weil es international nicht zuständig sei. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der weitere Beteiligte seinen Eröffnungsantrag weiter.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 34 Abs. 1, §§ 4, 6, 7 InsO, Art. 103f EGInsO statthaft und auch im Übrigen zulässig , §§ 574, 575 ZPO. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.
6
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht sei international nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (fortan EuInsVO) nicht zuständig. Die Schuldnerin habe ihren satzungsmäßigen Sitz in den Niederlanden; deswegen werde gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO vermutet, dass sie dort auch ihren Interessenmittelpunkt habe. Der Antragsteller habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Schuldnerin in Deutschland zum Zeitpunkt der Antragstellung für Außenstehende erkennbar werbend tätig gewesen sei. Er habe auch nicht vorgetragen, wo die Schuldnerin abgewickelt werde. Das Insolvenz- gericht habe deswegen mit Recht keine Ermittlungen von Amts wegen zur internationalen Zuständigkeit durchgeführt.
7
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
8
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts.
9
aa) Für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens sind nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO stellt für Gesellschaften und juristische Personen bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung auf, dass der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen der Ort des satzungsmäßigen Sitzes ist. Die Vermutung ist widerlegbar; sie muss jedoch durch hinreichende Anhaltspunkte entkräftet werden. Kann der Interessenmittelpunkt in einem anderen Mitgliedstaat nicht hinreichend sicher festgestellt werden, gibt der satzungsmäßige Sitz den Ausschlag (EuGH, Urteil vom 2. Mai 2006 - Rs C-341/04, ZIP 2006, 907 Rn. 31 ff - Eurofood; Urteil vom 20. Oktober 2011 - Rs C-396/09, ZIP 2011, 2153 Rn. 50 f - Interedil; MünchKomm-InsO/Reinhart, 2. Aufl., Art. 3 EuInsVO Rn. 5).
10
bb) Art. 3 EuInsVO legt nur die internationale Zuständigkeit für ein Hauptinsolvenzverfahren fest. Er regelt nicht das Verfahrensrecht des angerufenen Gerichts. Dieses wendet vielmehr sein Recht an (Kemper in Kübler/ Prütting/Bork, InsO 2010, Art. 3 EuInsVO Rn. 17). Das Insolvenzgericht prüft deswegen die internationale Zuständigkeit von Amts wegen, ohne an übereinstimmenden Vortrag der Verfahrensbeteiligten im Eröffnungsverfahren gebunden zu sein (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2007 - IX ZB 51/06, NZI 2008,121 Rn. 11; siehe ferner Beschluss vom 22. April 2010 - IX ZB 217/09, ZInsO 2010, 1013 Rn. 7; Kemper, aaO Rn. 17). Eine Prüfung von Amts wegen bedeutet indes noch nicht eine Ermittlung von Amts wegen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - III ZR 150/88, NJW 1991, 3095, 3096). Diese hat der Senat bislang auch noch nicht gefordert.
11
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO verpflichtet das deutsche Gericht , alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Diese Ermittlungspflicht von Amts wegen setzt jedoch nur dann ein, wenn der Verfahrensstand Anlass für Ermittlungen bietet (HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 5 Rn. 8). Bei der Frage, wann Ermittlungen erforderlich sind, hat das Gericht einen gewissen Beurteilungsspielraum. Das Gericht ist nicht verpflichtet, ohne jeden konkreten Anhaltspunkt "ins Blaue hinein" Ermittlungen anzustellen (HmbKomm-InsO/Rüther, 3. Aufl., § 5 Rn. 9), sondern nur dann, wenn es aufgrund gerichtsbekannter Umstände oder aufgrund der Angaben der Verfahrensbeteiligten , insbesondere des Antragstellers, hierzu veranlasst wird. Ebenso wenig muss es tätig werden, wenn der das Verfahren einleitende Insolvenzantrag mangels ordnungsgemäßer Darlegung eines Insolvenzgrundes nicht zulässig ist (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - IX ZB 426/02, BGHZ 153, 205, 207; Uhlenbruck/Pape, InsO, 13. Aufl, § 5 Rn. 1; MünchKomm-InsO/ Ganter, 2. Aufl., § 5 Rn. 13).
12
Deswegen muss ein Antragsteller, um die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach § 3 InsO zu ermöglichen und somit seinen Antrag zulässig zu machen, alle die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründenden Tatsachen angeben. Erst dann ermittelt das Gericht, sofern erforderlich, nach § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO die seine Zuständigkeit begründenden Umstände von Amts wegen (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 3 Rn. 22; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 3 Rn. 37; Uhlenbruck/Pape, aaO § 3 Rn. 14). Entsprechendes gilt für die internationale Zuständigkeit nach § 3 EuInsVO (vgl. AG Köln, NZI 2006, 57; HmbKomm-InsO/Undritz, 3. Aufl., Art. 3 EuInsVO Rn. 55 f). Da die Verordnung bei juristischen Personen und Gesellschaften den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen am Satzungssitz vermutet, ergeben sich hieraus jedoch folgende Auswirkungen auf die Beibringungslast des Antragstellers und die Prüfungspflicht des Gerichts: Das Gericht des satzungsmäßigen Sitzes darf zunächst von seiner internationalen Zuständigkeit ausgehen, solange sich aus dem Vortrag des Antragstellers nicht etwas anderes ergibt (vgl. Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO, Art. 3 Rn. 25; Vallender /Fuchs, ZIP 2004, 829, 831). Demgegenüber hat ein Gläubiger, der einen Insolvenzantrag gegen eine Schuldnergesellschaft mit ausländischem Sitz bei einem deutschen Gericht stellt, substantiiert zur internationalen Zuständigkeit des Gerichts und zum Interessenmittelpunkt der Schuldnerin vorzutragen.
13
Die Pflicht des Gerichts, die internationale Zuständigkeit zu ermitteln, wird nicht durch Art. 3 Abs. 1 Satz 2 EuInsVO beschränkt (vgl. Nerlich/Römermann , InsO, 2011, Art. 3 EuInsVO Rn. 9; Pannen in Europäische Insolvenzordnung , Art. 3 Rn. 33; MünchKomm-InsO/Reinhardt, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 6; Borges, ZIP 2004, 733, 737; Klöhn, NZI 2006, 383 f; a.A. wohl HmbKommInsO /Undritz, aaO Rn. 57). Die dort aufgestellte Vermutung greift nur ein, wenn die Ermittlungen von Amts wegen zu keinem abweichenden Ergebnis geführt haben. Denn Art. 3 EuInsVO regelt nicht das zur Klärung der internationalen Zuständigkeit anzuwendende Verfahrensrecht. Allein dem Antragsteller in diesem Verfahrensstadium die Beibringungslast aufzuerlegen, steht dem Zweck der Verordnung entgegen, die verhindern will, dass es für die Parteien vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände oder Rechtsstreitigkeiten von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern, um dadurch eine verbesserte Rechts- stellung zu erreichen (EuGH, Urteil vom 17. Januar 2006 - Rs C-1/04, ZIP 2006, 188 Rn. 25 - Straubitz-Schreiber).
14
b) Diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend beachtet , indem es auf die Verhältnisse der Schuldnergesellschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt hat. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat inzwischen entschieden, dass es dann, wenn die Schuldnergesellschaft im Register gelöscht ist und sie jedwede Tätigkeit eingestellt hat, auf den Zeitpunkt ihrer Löschung und der Einstellung ihrer Tätigkeit ankommt. Denn nur so ist sichergestellt, dass an dem Ort das Insolvenzverfahren durchgeführt wird, zu dem die Gesellschaft objektiv und für Dritte erkennbar die engsten Beziehungen hat (EuGH-Interedil, aaO Rn. 58).
15
Entsprechendes gilt auch für vorliegenden Fall, der sich nur dadurch von dem durch den Europäischen Gerichtshof entschiedenen unterscheidet, dass die Schuldnerin noch im niederländischen Register eingetragen ist. Dieser Gesichtspunkt war für den Europäischen Gesichtspunkt erkennbar nicht entscheidend. Denn die engste Beziehung hat die Schuldnergesellschaft zu dem Ort, an dem zuletzt für Dritte erkennbar die Entscheidungen getroffen und die Tätigkeiten entfaltet worden sind. Der Eintrag in das Handelsregister spielt insoweit nur eine untergeordnete Rolle. Die Verordnung will mit Art. 3 Abs. 1 EuInsVO erreichen , dass die rechtlichen Risiken im Insolvenzfall für den Gläubiger vorhersehbar sind (vgl. EuGH - Straubitz-Schreiber, aaO Rn. 27). Diese Vorhersehbarkeit wäre gefährdet, wenn bei Einstellen des Geschäftsbetriebs das Gericht am satzungsmäßigen Sitz international zuständig würde, obwohl vorher die Schuldnergesellschaft den Interessenmittelpunkt an einem anderen Ort hatte (MünchKomm-InsO/Reinhart, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 36 f; HmbKomm-InsO/ Undritz, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 33 f). Das Vertrauen der Gläubiger, dass an diesem Ort und nach jenem Recht ein etwaiges Insolvenzverfahren durchgeführt werde, würde enttäuscht (Nerlich, aaO Art. 3 EuInsVO Rn. 20 f; vgl. zu allem EuGH GA, Schlussanträge Interedil, ZIP 2011, 918 Rn. 53, 54).
16
Mithin kommt es für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit allein darauf an, wo die Schuldnergesellschaft bei Einstellung ihrer Tätigkeit - dazu können auch Abwicklungsarbeiten gehören - den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen hatte.
17
3. Die angefochtenen Beschlüsse können daher keinen Bestand haben. Sie sind aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben , ob die Voraussetzungen der Art. 3 Abs. 1 EuInsVO, § 14 InsO schlüssig dargetan und gegebenenfalls glaubhaft gemacht sind, insbesondere der Antragsteller schlüssig den Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Einstellung ihrer Tätigkeit im Mai 2008 mit Ausscheiden der einzigen Kommanditistin vorgetragen hat.
18
a) Dabei wird das Insolvenzgericht zu berücksichtigen haben, dass die Schuldnergesellschaft zwar eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden ist, sie jedoch Rechtsnachfolgerin von in Deutschland operativ tätigen Gesellschaften deutschen Rechts ist. Sie wurde nach dem zumindest teilweise belegten Vortrag des Antragstellers zusammen mit einer weiteren niederländischen Gesellschaft erst 2007 gegründet, um die Geschäftsanteile der deutschen GmbH zu übernehmen und diese in eine Kommanditgesellschaft umzuwandeln. Schon kurze Zeit später schied die einzige Kommanditistin und vorletzte Gesellschafterin aus und bewirkte so die Beendigung der Gesellschaft ohne Liquidation und die Sitzverlegung der Schuldnergesellschaft von Deutschland in die Niederlan- de. Alleingesellschafter und Geschäftsführer beider Gesellschaften niederländischen Rechts ist und war ein deutscher Staatsangehöriger mit ständigem Wohnsitz in Deutschland.
19
b) Nach dem Vortrag des Antragstellers waren beide Gesellschaften niederländischen Rechts, so auch die Schuldnerin, nie - weder in Deutschland, noch in den Niederlanden - geschäftlich nach außen tätig. Mit der Umwandlung der GmbH in eine BV & Co. KG ist Ende 2007 das operative Geschäft und das Vermögen der GmbH auf die Kommanditgesellschaft übergegangen, die allein in Deutschland wirtschaftlich tätig war. Mit dem Erlöschen der Kommanditgesellschaft im Mai 2008 durch Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin und einzigen Kommanditistin führte die Schuldnerin nach dem Vortrag des Antragstellers kein (nennenswertes) operatives Geschäft mehr aus. Ein Büro in Deutschland (K. ) betreibt die Schuldnerin seitdem nicht mehr; ebenso wenig unterhält sie ein Büro in den Niederlanden. Der diesbezügliche Vortrag des Antragstellers ist durch vielfältige Anhaltspunkte belegt. Auch der Senat konnte Schriftstücke nur an den Wohnsitz des Geschäftsführers der Schuldnerin in Deutschland zustellen.
20
c) Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf ergibt sich - sofern das Gericht international zuständig ist - aus Art. 102 § 1 Abs. 1 EGInsO. Nach dieser Regelung ist das Insolvenzgericht ausschließlich zuständig , in dessen Bezirk der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, wenn in einem Insolvenzverfahren den deutschen Gerichten nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO die internationale Zuständigkeit zukommt, ohne dass nach § 3 InsO ein inländischer Gerichtsstand begründet wäre. Das trifft vorliegend zu.
Kayser Raebel Gehrlein Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.08.2010 - 502 IN 183/10 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.09.2010 - 25 T 459/10 -

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach § 6 der Insolvenzordnung, bei denen die Frist des § 575 der Zivilprozessordnung am 27. Oktober 2011 noch nicht abgelaufen ist, ist die Insolvenzordnung in der bis zum 27. Oktober 2011 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Für Entscheidungen über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102 § 7 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gilt Satz 1 entsprechend.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 217/09
vom
22. April 2010
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel, Vill, Dr. Pape und Grupp
am 22. April 2010

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28. August 2009 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 1.205.641 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Unter dem 24. September 2008 beantragte die Gläubigerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, der sich im November 2007 von seinem bisherigen Wohnsitz in D. nach S. / Frankreich abgemeldet hatte. Um die Eröffnungsvoraussetzungen zu prüfen und zu ermitteln, ob das Insolvenzgericht international zuständig ist, ordnete das Insolvenzgericht am 25. November 2008 die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.
2
Mit Beschluss vom 23. März 2009 hat das Insolvenzgericht zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Die Beschwerde des Schuldners gegen diese Anordnungen ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde macht der Schuldner weiter geltend, einen Wohnsitz in Frankreich zu haben. Neben der Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen begehrt er die Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig.

II.


3
1. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, soweit sie auf Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtet ist. Insoweit fehlt es an einem tauglichen Angriffsgegenstand (MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 12, 14). Das Insolvenzgericht hat über den Antrag der Gläubigerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bislang nicht entschieden.
4
2. Die im Übrigen gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 2 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die nach § 574 Abs. 2 ZPO geltend gemachten Zulässigkeitsgründe liegen nicht vor; weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
5
a) Zwar setzt die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen grundsätzlich einen zulässigen Insolvenzantrag voraus. Bei zweifelhaftem Gerichtsstand kön- nen aber berechtigte Sicherungsinteressen der Insolvenzgläubiger es gebieten, Sicherungsmaßnahmen vor der Feststellung der Zulässigkeit des Insolvenzantrags zu treffen, wenn sich das Insolvenzgericht letzte Gewissheit erst im weiteren Verfahrensablauf verschaffen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner bei der Aufklärung der zuständigkeitsbegründenden Anknüpfungstatsachen nicht mitwirkt (BGH, Beschl. v. 22. März 2007 - IX ZB 164/06, ZInsO 2007, 440, 441 Rn. 11 ff). Nach den Grundsätzen dieser Entscheidung wäre vorliegend gegen die Anordnung der Sicherungsmaßnahmen selbst dann nichts einzuwenden, wenn die internationale Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, die von der Rechtsbeschwerde allein gerügt wird, noch nicht abschließend geklärt wäre.
6
b) Soweit die Rechtsbeschwerde sich mit dem Verfahren auseinandersetzt und Rügen zur Annahme der internationalen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts erhebt, aus denen wohl die Unzulässigkeit der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen folgen soll, haben die aufgeworfenen Fragen keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Senats besteht nicht. Verfahrensgrundrechte des Schuldners hat das Beschwerdegericht nicht verletzt.
7
aa) Dass bei Verfahren mit internationalem Bezug die internationale Zuständigkeit des Insolvenzgerichts gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO zu prüfen ist, bedarf keiner Klärung. Eine Abweichung des Beschwerdegerichts von dieser Vorschrift ist nicht festzustellen. Das Beschwerdegericht hat sich auf mehreren Seiten seiner Entscheidung ausführlich mit der Frage der Zuständigkeit französischer Gerichte für ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners auseinandergesetzt.
8
bb) Die Sache erfordert auch nicht die Aufstellung neuer Leitsätze zu den Maßstäben, die an die Bejahung der Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das Insolvenzgericht zu stellen sind. Diese sind geklärt. Nach einhelliger Meinung muss sich das Insolvenzgericht insoweit eine persönliche Überzeugung verschaffen , die dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO entspricht (BGH, Beschl. v. 22. Oktober 2009 - IX ZB 113/08, Rn. 2 f). Dieses Beweismaß hat das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat die Feststellungen des Insolvenzgerichts zur internationalen Zuständigkeit umfassend gewürdigt.
9
cc) Die von der Rechtsbeschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage, ob § 16 ZPO im Rahmen des Insolvenzverfahrens anwendbar sein kann, wenn die Zuständigkeit des Gerichts eines anderen Mitgliedsstaates nach Art. 3 EuInsVO in Betracht kommt, ist nicht klärungsbedürftig. Der Senat hat hierzu bereits ausgeführt, wenn Art. 3 EuInsVO nicht anwendbar sei, richte sich die Zuständigkeit gemäß § 13 ZPO nach dem Wohnsitz des Schuldners. Bei wohnsitzlosen Personen sei gemäß § 16 ZPO allgemeiner Gerichtsstand der Aufenthaltsort im Inland und, wenn ein solcher nicht bekannt sei, der Ort des letzten Wohnsitzes. Habe die Person einen Wohnsitz im Ausland, sei dagegen § 16 ZPO nicht anwendbar (BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 - IX ZB 76/09, ZInsO 2010, 348 Rn. 3). Hier hat das Beschwerdegericht die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ausgeschlossen. Über einen Wohnsitz im Inland verfügt der Schuldner nicht. Mithin konnte zur Bestimmung der Zuständigkeit § 16 ZPO herangezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Januar 2010 aaO S. 348 f Rn. 4).
10
dd) Der von der Rechtsbeschwerde gerügte Gehörsverstoß liegt nicht vor. Die Rechtsbeschwerde versucht, ihre eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung des Beschwerdegerichts zu setzen. Ihrem Vorbringen kann jedoch nicht entnommen werden, dass das Beschwerdegericht bestimmte Umstände nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat (BVerfGE 86, 133, 145 f; 96, 205, 216 f; BGHZ 154, 288, 300). Es liegt nahe, bei einem Schuldner, der zunächst in seinen eidesstattlichen Versicherungen unterschiedliche Wohnsitze in Frankreich angibt, um dann zu erklären, dass er sich dort tatsächlich gar nicht aufgehalten, sondern ganz woanders in Frankreich gewohnt habe, erhebliche Bedenken bezüglich seiner Angaben zu haben. Wenn das Gericht bei dieser Sachlage aufgrund der weiter ermittelten Umstände zu dem Ergebnis kommt, dass eine Wohnsitzverlegung ins Ausland zum für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung nicht vorgelegen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 13. November 2008 - IX ZB 201/07, ZInsO 2008, 1382, 1383 Rn. 8), ist dagegen nichts zu erinnern.
11
Die weiteren, von der Rechtsbeschwerde gerügten Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze hat der Senat geprüft. Zulassungsrelevante Rechtsverlet- zungen haben sich nicht ergeben. Von einer weiteren Begründung wird nach § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Raebel Vill
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 23.03.2009 - 500 IN 207/08 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.08.2009 - 25 T 287/09 -

(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen.

(2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist. Es kann diese Anordnung jederzeit aufheben oder ändern. Die Anordnung, ihre Aufhebung oder Abänderung sind öffentlich bekannt zu machen.

(3) Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden.

(4) Tabellen und Verzeichnisse können maschinell hergestellt und bearbeitet werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung der Tabellen und Verzeichnisse, ihre elektronische Einreichung sowie die elektronische Einreichung der dazugehörigen Dokumente und deren Aufbewahrung zu treffen. Dabei können sie auch Vorgaben für die Datenformate der elektronischen Einreichung machen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(5) Insolvenzverwalter sollen ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten, mit dem jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen in einem gängigen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden können. Hat der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Merkmale erfüllt, muss der Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten und die in Satz 1 genannten Dokumente unverzüglich zum elektronischen Abruf zur Verfügung stellen. Den Einsichtsberechtigten stellt der Verwalter die für den Zugang erforderlichen Daten unverzüglich zur Verfügung.

(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.

(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.

(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.

(1) Das Insolvenzgericht hat von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Es kann zu diesem Zweck insbesondere Zeugen und Sachverständige vernehmen.

(2) Sind die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und ist die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering, wird das Verfahren schriftlich durchgeführt. Das Insolvenzgericht kann anordnen, dass das Verfahren oder einzelne seiner Teile mündlich durchgeführt werden, wenn dies zur Förderung des Verfahrensablaufs angezeigt ist. Es kann diese Anordnung jederzeit aufheben oder ändern. Die Anordnung, ihre Aufhebung oder Abänderung sind öffentlich bekannt zu machen.

(3) Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so ist § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung nicht anzuwenden.

(4) Tabellen und Verzeichnisse können maschinell hergestellt und bearbeitet werden. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung der Tabellen und Verzeichnisse, ihre elektronische Einreichung sowie die elektronische Einreichung der dazugehörigen Dokumente und deren Aufbewahrung zu treffen. Dabei können sie auch Vorgaben für die Datenformate der elektronischen Einreichung machen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(5) Insolvenzverwalter sollen ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten, mit dem jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen in einem gängigen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden können. Hat der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Merkmale erfüllt, muss der Insolvenzverwalter ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorhalten und die in Satz 1 genannten Dokumente unverzüglich zum elektronischen Abruf zur Verfügung stellen. Den Einsichtsberechtigten stellt der Verwalter die für den Zugang erforderlichen Daten unverzüglich zur Verfügung.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.

(2) Ist der Antrag zulässig, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören.

(3) Wird die Forderung des Gläubigers nach Antragstellung erfüllt, so hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn der Antrag als unbegründet abgewiesen wird. Der Schuldner hat die Kosten auch dann zu tragen, wenn der Antrag eines Gläubigers wegen einer zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksamen nichtöffentlichen Stabilisierungsanordnung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz abgewiesen wird und der Gläubiger von der Stabilisierungsanordnung keine Kenntnis haben konnte.

(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.

(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.

(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.