Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Nov. 2006 - DL 16 S 22/06

published on 10/11/2006 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Nov. 2006 - DL 16 S 22/06
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Tenor

Die Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2006 - DL 10 K 8/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihm für die Dauer von zwei Jahren ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 vom Hundert des erdienten Ruhegehalts bewilligt wird.

Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

 
I.
1. Der am ....1963 geborene Beamte schloss 1979 die Hauptschule ab. Danach durchlief er eine Ausbildung zum Fräser und war anschließend in seinem Ausbildungsbetrieb tätig. Von 1983 bis 1987 war er Zeitsoldat bei der Bundeswehr; sein letzter Dienstgrad war Stabsunteroffizier. Anschließend war er zunächst städtischer Arbeiter und arbeitete sodann bei einer Firma L.. Zeitweilig war er in der Jugendarbeit eines Boxclubs tätig; 1991 hörte er mit dem Boxsport auf. Im gleichen Jahr machte er sich als Gastwirt selbständig. Der Beamte ist verheiratet und hat drei 1993, 1997 und 2001 geborene Kinder.
Mit Wirkung vom 01.09.1993 wurde der Beamte bei der Justizvollzugsanstalt ... als Sekretäranwärter eingestellt. Zum 01.10.1995 wurde er zum Obersekretär im Justizvollzugsdienst zur Anstellung, zum 01.10.1997 zum Obersekretär im Justizvollzugsdienst ernannt; zugleich wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Zuletzt war er wieder bei der Justizvollzugsanstalt ... tätig. Im Dienstzeugnis vom 03.04.1995 wurden seine Leistungen mit „befriedigend (7 Punkte)“ bewertet; in der dienstlichen Beurteilung vom 03.03.2003 lautete die Beurteilung auf 3,5 Punkte („entspricht den Leistungserwartungen“, unterer Bereich).
Der Beamte ist disziplinarrechtlich bisher nicht in rechtlich verwertbarer Weise in Erscheinung getreten; ein 1996 eingeleitetes Disziplinarverfahren wurde seinerzeit eingestellt. Im Januar 2001 kam es zu einem innerdienstlichen Streit, wobei der Beamte einen Kollegen ohrfeigte; zu einem Disziplinarverfahren kam es nicht.
2. Mit Urteil des Amtsgerichts Ulm vom 21.08.2003 wurde der Beamte wegen Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Auf die Berufung des Beamten hob das Landgericht Ulm dieses Urteil mit Urteil vom 21.01.2004 im Rechtsfolgenausspruch auf und verurteilte den Beamten zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30,--EUR; die weitergehende Berufung wurde verworfen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob das Oberlandesgericht Stuttgart das Urteil des Landgerichts mit Urteil vom 24.05.2004 im Strafausspruch auf, erhielt die zugehörigen Feststellungen jedoch aufrecht und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
Hierauf verurteilte das Landgericht Ulm den Beamten mit Urteil vom 19.10.2004 (nach Rücknahme der Revision seit 14.12.2004 rechtskräftig) wegen Körperverletzung im Amt zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Landgericht führte aus, die tatsächlichen Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts vom 21.01.2004 seien aufgrund des Urteils des Oberlandesgerichts vom 24.05.2004 bindend geworden; durch die rechtskräftige Feststellung des Schuldspruchs stehe fest, dass sich der Beamte eines Vergehens der Körperverletzung im Amt schuldig gemacht habe. Im Zusammenhang der Strafzumessung führte das Landgericht abschließend aus, „in der Gesamtschau der für und gegen den Angeklagten sprechenden Argumente (sei) festzustellen, dass gravierende Gesichtspunkte ein weit größeres Gewicht (beanspruchten) als die günstigen Momente. Aus diesen Überlegungen (scheide) das Vorliegen eines minderschweren Falles aus“.
Die im abschließenden Urteil des Landgerichts vom 19.10.2004 wörtlich übernommenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im Urteil vom 21.01.2004 lauten wie folgt:
„... hatte am 01.01.2003 ab 7:00 Uhr Dienst in der Justizvollzugsanstalt ..., .... Er war gegen 1:30 Uhr ins Bett gegangen und um 6:00 Uhr aufgestanden. ... war an diesem Tag im ersten Obergeschoss der Untersuchungshaftanstalt, ... im Erdgeschoss und ... im zweiten Stock eingeteilt. Am Hofgang, der zwischen 9:30 Uhr und 10:30 Uhr stattfand, nahmen unter anderem ... und ... teil. Als sie nach dem Hofgang in ihre Zelle 108 im ersten Stock zurückkehrten, ... war der letzte, der zum Hofgang ging und der letzte, der vom Hofgang zurückkehrte, schloss die sich seit 01.10.2002 in Ausbildung befindliche Zeugin ... die Zellentür hinter ... heftig zu, so dass ein gewisser Lärm entstand. Dadurch erwachte der ebenfalls in der Zelle 108 untergebrachte Häftling .... ... packte ... am Kragen und machte ihm Vorhaltungen. ... ... rechtfertigte sich, indem er ... darauf hinwies, nicht er, sondern die Beamtin habe die Tür laut zugeschlagen. Dies genügte ... ..., der erwiderte: ok, dann werde ich mit der Beamtin sprechen. Gegen ca. 11:30 Uhr erfolgte die Essensausgabe für die Insassen der Zelle 108 im ersten Stock. ... schloss die Zelle 108 auf. Ihr folgten die Reiniger ... und ... mit dem Essenwagen. Hinter dem Essenwagen ging ..., um nach der Essensausgabe die Zellentüre zu verschließen. Als ... die Zellentür 108 aufgeschlossen hatte, traten die Gefangenen ... ..., ... und ... vor die Zelle. ... ... und ... machten ... lautstark, möglicherweise gleichzeitig, Vorhaltungen wegen des vorhergehenden zu lauten Türzuschlagens. Sie warfen ihr vor, sie seien keine Tiere und hätten auch Rechte. ..., aus den neuen Bundesländern stammend, die ... und ... nicht verstand, bat diese, leise und deutlicher zu sprechen. ... ließ sich nicht beruhigen, sondern erklärte nach wie vor lautstark „das ist nicht menschlich, wo leben wir“. ... schaute ... hilfesuchend an. ... ... bat ..., sich zu beruhigen und die Zelle zu gehen, der Vorfall werde später in Ruhe geklärt werden, worauf ... zu ... gewandt immer nervöser werdend schrie „was wollen sie von mir, sie sind deutscher Beamter, sie können mir sowieso nichts machen, sie sind deutscher Beamter, sie sind Deutsche“. Danach ging ... mit seinem Essen in die Zelle zurück. In der Zelle stellte er sein Essen auf den Tisch und legte sich hin. Er war nach wie vor aufgeregt, nervös und aggressiv. Nachdem ... die Zelle geschlossen hatte, wurde zunächst das Essen auf den weiteren Zellen Richtung Nr. 102 verteilt. Als ..., die Reiniger ... und ... sowie ... wieder an der Zelle 108 vorbeikamen, bat ... ..., das Essen wegzubringen. ... ging daher hinter den Reinigern ... und ..., die den Essenwagen schoben, weiter. Sie ging an der Zelle 108 ca. zwei Meter geradeaus und dann nach links über eine ca. 2,40 m breite Glasflügeltüre, deren rechte Hälfte stets offen steht, zur Küche. Gegenüber dieser Glasflügeltür liegt das ca. 2,50 breite Stockwerkbüro 109, das unmittelbar an die Zelle 108 angrenzt. Nach der ersten Glasflügeltür schließt sich nach ca. 3,50 m eine weitere Glastür an, deren rechte Hälfte ebenfalls offen stand. Nach dieser zweiten Glastür befindet sich rechts die Küche und links der Aufzug, durch den die Essensbehälter ins Erdgeschoss transportiert werden.
... hatte sich, als er ... aufforderte, das Essen wegzubringen, entschlossen, mit ... zu sprechen und die Situation zu klären. Er wusste zu diesem Zeitpunkt, dass sich sein Kollege ... im Stockwerksbüro 109 befand. Diesem hatte er unmittelbar zuvor erklärt, er möge dort auf ihn warten, er habe noch etwas auf der Zelle 108 zu erledigen. Der Abstand zwischen der Zellentür 108 und der Tür zum Stockwerksbüro 109 beträgt ca. 2,50 m. In der Absicht, die Situation zu klären, schloss ... etwa zehn Minuten nach der auf Zelle 108 erfolgten Essensausgabe die Zelle Nr. 108 auf. Er forderte ... auf, aus der Zelle herauszutreten. ... ..., der mit ihm sprechen wollte, wies er zurück. Er wolle nur mit ... sprechen, dieser möge aus der Zelle heraustreten. ... ..., der vor dem Aufschließen der Zellentüre noch immer in seinem Bett lag, stand auf und trat „normal“ auf den 2 m breiten Gang heraus. ... schloss die Zellentür und fragte ... „was willst du eigentlich, was bezweckst du“. ... schrie „was willst du von mir, ich bin in Deutschland, ich bin kein Tier, ich habe Rechte“. ... bat ..., sich zu beruhigen. Beide schrieen, wobei der Inhalt nicht geklärt werden konnte. ... trat in Richtung des Stockwerkbüros Nr. 109 zurück. Beide standen sich schreiend gegenüber, ... mit dem Rücken in Richtung Stockwerkbüro 109. ... bat ... nochmals, sich zu beruhigen. ... bedrohte nun ... mit den Worten „du hast Familie und Kinder, was willst du von mir, ich bringe deine Familie, deine Kinder, um“. Als dies ... äußerte, näherte sich ... ... ihm, so dass beide sehr eng beieinander standen. ... ... äußerte, „es reicht mir“. ... hielt seine Arme, als sich ihm ... näherte, vor die Brust. Er beabsichtigte nicht, gegenüber ... tätig zu werden. Er hatte seine Arme nur nach oben, nicht aber in Richtung von ... gerichtet. Ihm war bewusst, dass er aufgrund seiner körperlich schmächtigen Konstitution dem weitaus kräftigeren ... körperlich unterlegen ist, ... in unmittelbarer Nähe steht und dass er bereits bei einem Versuch, gegenüber einem Bediensteten tätlich zu werden, mit erheblichen Sanktionen zu rechnen hat. Das alles war auch ... bekannt. Nicht weil er sich körperlich angegriffen fühlte, sondern weil er sich über die Äußerung von ... und dessen „unbotmäßiges Verhalten“ ärgerte, entschloss er sich spontan, ... dafür unmittelbar zu bestrafen. ... war wütend, erfasste aber vollständig die Situation. Er hatte keine Angst vor .... Er wusste, dass dieser ihm körperlich unterlegen war und sich auch in seiner Erregung nicht traut, über die verbalen Attacken hinauszugehen und ihn anzugreifen. Er wusste auch, dass eine unmittelbare Gefahr für ihn, seine Familie und seine Kinder nicht bestand, er diese jedenfalls nicht durch eine „sofortige körperliche Reaktion“ gegen ... abwenden konnte und eine Disziplinierung von ... ... auch durch eine später von ihm zu fertigende Meldung möglich ist. Das Verhalten von ... hatte ihn aufgebracht. Er war verärgert und aufgrund der Bedrohung seiner Familie tief getroffen. Deshalb und nicht weil er einen körperlichen Angriff von ... befürchtete oder von ... verängstigt war, schupste er ... unmittelbar nach dessen Äußerung weg, wich zurück und schlug wieder auf ... zugehend mit einer Links-rechts-Kombination auf ... ... ein. Dabei war ihm bewusst, dass ihm in der konkreten Situation Möglichkeiten zur Deeskalation zur Verfügung standen. Er hätte ... auffordern können, wieder in die Zelle zurückzugehen oder in das Stockwerkbüro 109 zu gehen, wo sich ... aufhielt. Er hätte auch ... zur Hilfe rufen können. Von diesen Möglichkeiten zur Deeskalation, die ihm trotz seiner Verärgerung bewusst waren, sah er jedoch ab, um ..., von der er wusste, dass er durch das Amtsgericht - Schöffengericht - Göppingen am 27.11.2002 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen, jeweils tateinheitlich begangen mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden war (die von ... eingelegte Berufung hat die Strafkammer mit Urteil vom 26.02.2003 mit der Maßgabe verworfen, dass zudem die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird, das Urteil ist seit dem 06.03.2003 rechtskräftig), zu bestrafen. Deshalb schupste er ... von sich weg, beließ es nicht dabei, sondern versetzte ihm mit der linken Faust einen Faustschlag auf das rechte Auge, wodurch ... an der Tür des Stockwerksbüro 109 vorbeiflog und zu Boden stürzte. Der zweite Schlag mit rechts traf ... nicht mehr, da er schon zu Boden fiel. ... lag mit dem Kopf in Richtung Stockwerksbüro 109 und mit den Füßen in Richtung Raum 110 (der Raum 110 grenzt an den Glastürenbereich an). ..., der seit der Aufforderung durch ... an ..., er aus der Zelle 108 heraustreten, im dem ca. 0,40 m tiefen Türrahmen des Stockwerksbüros stand und den Vorgang beobachtet hatte, rief zu ... gewandt „was hast du für einen Blödsinn gemacht“. ... war kurz bewusstlos. Als er darauf wieder zu sich kam, wiederholte er seine Drohungen gegenüber ..., er werde seine Familie umbringen. Dies wiederholte er mehrfach, auch als die Vollzugsbeamten ..., ... und ... vor Ort erschienen waren. ... war über sein Tun erschrocken. Als ... wieder zu sich kam, erklärte er ihm, er möge in seine Zelle gehen, sonst komme er in den Bunker. ... bat um einen Arzt. Er wurde anschließend vom Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt ... Dr. ... behandelt. Nachdem er kurz darauf wieder in die Zelle 108 gebracht wurde, wurde ... in der Zelle 108 bewusstlos. Er wurde deshalb ins Krankenhaus verbracht, konnte aber noch am gleichen Tag entlassen werden. Durch den Faustschlag auf das rechte Auge erlitt ... eine Halswirbelsäulendistorsion sowie ein Monokelhämatom rechts. Sein Auge war für ca. zwei Tage zugeschwollen. Er hatte zwei Wochen Beschwerden. ... seinerseits brach sich durch den Faustschlag den Mittelhandknochen der linken Hand am Ringfinger, weshalb er 12 bis 13 Wochen krankgeschrieben war.
Nach dem Vorfall berichtete ... seinem Zellengenossen ..., dass ihm ... einen Faustschlag versetzt habe. Auch auf Vorhalt von ..., dass er mehrere Schläge bekommen habe, blieb ... dabei, nur einmal mit der Faust geschlagen worden zu sein.
10 
Der Angeklagte ... kam mit ... überein, den Sachverhalt in einer dienstlichen Äußerung so darzustellen, dass sein Verhalten als Reaktion auf ein Angriffsverhalten von ... erscheine. In diese Absprachen sollten später auch die ehemaligen Mitangeklagten ... und ... einbezogen werden.
11 
In Ausführung dieses Entschlusses verfasste der Angeklagte ... ... in der Folgezeit, noch vor seinem Dienstende am 01.01.2003 um 14:30 Uhr, unter Mithilfe von ... eine dienstliche Meldung, welche folgenden Inhalt hatte:
12 
Vollzugsanstalt ... den 01.01.2003
13 
Herrn Anstaltsleiter der Vollzugsanstalt ... oder Vertreter im Amt über den Bereichsleiter A IV/A III Dienstleiter D IV/D III
14 
Betrifft: ... BU Nr. 2002 00455/3
15 
Hier: Auseinandersetzung mit dem oben genannten Gefangenen
16 
Meldung
17 
Am 01.01.2003 bei der Essensausgabe auf der Zelle 108 U-Haftgebäude um ca. 11:30 Uhr gab ich mit der Kollegin Frau ... das Essen aus. Die Kollegin öffnete die Zelle 108 und der oben genannte Gefangene griff verbal und massiv die Kollegin an, mit den Worten „wie sind keine Tiere, wir haben auch Rechte. Wieso schlägst du die Tür so laut zu“. Da meine Kollegin ihn nicht verstand, trat sie zwei Schritte zurück und sagte: „schreien sie mich nicht so an, sprechen sie leiser und deutlich, ich verstehe sie nicht“. Daraufhin wurde er immer lauter und aggressiver. Ich sagte, er solle sich in die Zelle begeben und sich beruhigen. Er schrie mich mit den Worten an: „was willst du mir machen“, legte sein Essen auf den Boden und bedrohte mich mit der Faust, daraufhin schloss ich die Zellentür. Da meine Kollegin aufgrund der massiven Drohungen Angst hatte, das Abendessen auszugeben, sagte ich dann zu ihr, dass wir zuerst das Mittagessen ausgeben und uns dann in Ruhe über den Vorfall unterhalten. Nach Ausgabe wollte ich den Haftraum 108 öffnen, um ein klärendes Gespräch zu führen und um die Situation zu deeskalieren, da flog mir die Tür schon entgegen. Es gab einen kräftigen Stoß, so dass ich zurückwich. Meine Kollegin schlug die Tür zu, ich sah nur noch das Gesicht und die Faust auf mich zukommen. Mir blieb nichts anderes übrig als mich aus der Situation zu befreien, indem ich seine Hand von mir abwehrte. Dabei traf ich sein Gesicht, worauf der i.a. Gefangene zu Boden ging. Durch lautes Geschrei kamen Kollegen zur Hilfe. Der Arzt wurde sofort benachrichtigt. Der oben genannte Gefangene drohten mit den Worten: „ich müsse jetzt auf mein Leben und das meiner Familie aufpassen, da er draußen gute Freunde hätte“. Über die Telefonanlage drohte mir der Gefangene ..., dass er ein Messer hat und ich von nun an aufpassen muss.
... OS
18 
In der ursprünglich von ... und ... gefertigten Meldung war das Wort „deeskalieren“ noch nicht enthalten. Das fügte der Zeuge ..., dem ... die von ihm gefertigte Meldung zeigte, hinzu.
19 
Aufgrund der Angaben von ... wurde gegen ... eine Woche Arrest und eine Einkaufssperre festgesetzt.
20 
Aufgrund der Angaben des verletzten ... wurde ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Ulm eingeleitet. Dies führte dazu, dass die Arrestvollziehung bei ... nach zweieinhalb Tagen unterbrochen wurde.“
21 
Das Strafverfahren gegen den Beamten war in der Zeit vom Sommer 2003 bis Ende 2004 Gegenstand zahlreicher Presseartikel.
22 
3. Bereits am 23.01.2003 hatte der Leiter der Justizvollzugsanstalt ... gemäß § 27 LDO Vorermittlungen gegen den Beamten eingeleitet; dieser sei hinreichend verdächtig, den Untersuchungsgefangenen T. ohne rechtfertigenden Grund körperlich angegriffen und verletzt zu haben. Unter dem 06.02.2003 hatte das Justizministerium dem Beamten mitgeteilt, dass gegen ihn der dringende Verdacht eines Dienstvergehens bestehe; man beabsichtige gegen ihn ein förmliches Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst einzuleiten und ihn vorläufig des Dienstes zu entheben. Mit Verfügung vom 04.03.2003 war gegen den Beamten das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden; zugleich waren eine Untersuchungsführerin und ein Vertreter der Einleitungsbehörde bestellt worden. In der nämlichen Verfügung war die vorläufige Dienstenthebung des Beamten gemäß § 89 LDO angeordnet worden (eine Einbehaltung von Dienstbezügen erfolgte nicht); die hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe blieben erfolglos (vgl. zuletzt: Beschluss des Senats vom 29.12.2003 - DL 17 S 15/03 -). Im Hinblick auf das noch laufende Strafverfahren war das förmliche Disziplinarverfahren alsbald ausgesetzt worden.
23 
Mit Verfügung vom 14.09.2004 wurde das förmliche Disziplinarverfahren wieder aufgenommen; am 26.11.2004 wurde der Beamte gemäß § 55 LDO vernommen. In der Niederschrift hierüber heißt es wörtlich:
24 
Herr Rechtsanwalt Dr. S. wies darauf hin, dass sein Mandant in seinem Heimatort ... sozial integriert und als ausgleichender Mensch bekannt sei. Da er vom Dienst suspendiert sei, engagiere er sich verstärkt im sozialen Bereich. Unter den Auswirkungen des Vorfalls vom 01.01.2003 leide er sehr, so dass er seither erheblich abgenommen habe.
25 
Sein Mandant, der in jungen Jahren geboxt habe, habe sich in einer völligen Ausnahmesituation befunden, als der den Gefangenen T. mit einer Links-rechts-Kombination niedergeschlagen habe. Der Gefangene T. habe ihm u.a. mit den Worten „ich ficke deine Kinder“ gedroht. Es sei deswegen eine Sondersituation gewesen, weil der Gefangene T. wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Untersuchungshaft gewesen sei und auch deshalb später verurteilt worden sei. Er habe, als es zu der Auseinandersetzung zwischen der Kollegin B. und den inhaftierten T. und Ö. gekommen sei, der Kollegin geholfen und deeskalierend gewirkt. Die Reaktion des Gefangenen T., der die Arme hochgehoben habe, habe er falsch eingeschätzt. Da er geglaubt habe, dass er von dem Inhaftierten angegriffen werde, habe er reflexartig reagiert. Auf den Vorhalt, dass er sich im Strafverfahren auf eine Notwehrsituation berufen habe, erklärte (der Beamte), dass er dies auch heute noch so empfinde (Ergänzung des Senats: in diesem Zusammenhang verwies der Vertreter der Einleitungsbehörde darauf, dass die „gerichtlichen“ Feststellungen zum Sachverhalt bindend seien).
26 
Herr Dr. S. führte aus, dass es Ziel (des Beamten) sei, nicht aus dem Dienst entfernt zu werden. Er selbst war grundsätzlich bereit, in einer anderen Anstalt zu arbeiten ... Wenn eine Weiterbeschäftigung im Justizvollzug allerdings nicht Betracht komme, wäre er auch mit einer Tätigkeit als Gerichtswachtmeister ... einverstanden. Seinem Mandanten gehe es darum, so schnell wie möglich wieder zu arbeiten. Herr Dr. S. macht deutlich, dass im Falle einer derartigen Vorgehensweise das Disziplinarverfahren schnell beendet werden könnte ...
27 
Zu den Verletzungen des Gefangenen T. wurde festgehalten, dass er durch den Faustschlag eine Halswirbeldistorsion sowie ein Monokelhämatom rechts erlitten hatte, so dass sein Auge ca. zwei Tage zugeschwollen war und er ca. zwei Wochen Beschwerden hatte. Nach dem Faustschlag war der Inhaftierte kurz bewusstlos. Zunächst wurde er vom Anstaltsarzt ... und dann im Krankenhaus behandelt, nachdem er in seinem Haftraum erneut bewusstlos geworden war. (Der Beamte) erklärte, dass ihm dies leid tue ...
28 
Er räumte auch ein, dass er die Meldung vom 01.01.2003 auch deswegen verfasst habe, um sich „besser darzustellen“. Die „subjektiv geformte Meldung“ habe er in der ersten Aufregung geschrieben. Erst nach Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt ... habe er sich zu der Angelegenheit äußern wollen. (...)
29 
Der Verteidiger nahm hierzu mit Schreiben vom 28.02.2005 Stellung. Nach Gewährung des Schlussgehörs erstellte die Untersuchungsführerin unter dem 06.06.2005 den Untersuchungsbericht.
II.
30 
Am 30.06.2005 hat der Vertreter der Einleitungsbehörde beim Verwaltungsgericht Sigmaringen die Anschuldigungsschrift vorgelegt, in der das dem Beamten vorgeworfene Dienstvergehen wie folgt umschrieben wird.
31 
1. Am 01.01.2003 gegen Mittag verletzte der (Beamte) den Untersuchungsgefangenen T. ohne rechtfertigenden Grund während seiner Dienstausübung in der Justizvollzugsanstalt ..., indem er ihm mit der linken Faust einen Schlag auf das rechte Auge versetzte. Der zweite Schlag mit rechts traf den Gefangenen nicht mehr, da er schon zu Boden gestürzt war. Durch den Faustschlag auf das rechte Auge erlitt der Gefangene eine Halswirbelsäulendistorsion sowie ein Monokelhämatom rechts. Sein Auge war ca. zwei Tage zugeschwollen. Er hatte aufgrund des Vorfalls ca. zwei Wochen Beschwerden.
32 
2. Der (Beamte) kam anschließend mit der erst seit wenigen Monaten in Ausbildung befindlichen Anwärterin B., die den Vorfall selbst nicht beobachtet hatte, überein, den Sachverhalt in einer dienstlichen Äußerung unzutreffend so darzustellen, dass sein Verhalten als Reaktion auf ein Angriffsverhalten des Gefangenen erscheine. In Ausführung dieses Entschlusses verfasste der (Beamte) unter Mithilfe der Anwärterin eine dienstliche Meldung vom 01.01.2003, die er anschließend an die Anstaltsleitung weiterleitete, in der er der Wahrheit zuwider behauptete, von dem Gefangenen tätlich angegriffen worden zu sein, um hierdurch eine Notwehrsituation vorzutäuschen.
33 
Aufgrund der Angaben des (Beamten) wurde gegen den Gefangenen als Disziplinarmaßnahme eine Woche Arrest und eine Einkaufssperre festgesetzt und Strafanzeige gegen den Gefangenen erstattet, was für den (Beamten) voraussehbar war.
34 
Nachdem durch die Angaben der Anwärterin im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung der tatsächliche Ablauf bekannt wurde, wurde die Arrestvollziehung bei dem Gefangenen nach zweieinhalb Tagen beendet und das gegen ihn eingeleitete Verfahren eingestellt.
35 
Zur Maßnahmenbemessung wird in der Anschuldigungsschrift ausgeführt, das Dienstvergehen des Beamten, das von erheblichem disziplinarischem Gewicht sei, erfordere die Entfernung aus dem Dienst. Das Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und Beamtem sei endgültig zerstört und führe zu dessen Untragbarkeit. Zugleich habe das Dienstvergehen einen so großen Ansehensverlust bewirkt, dass eine Weiterbeschäftigung des Beamten die Integrität des Beamtentums unzumutbar belaste. Das Dienstvergehen habe im Kernbereich der Beamtenpflichten stattgefunden; Körperverletzungen im Amt seien in einem Rechtstaat, der alles daran setzen müsse, die Rechte seiner Bürger gegen - insbesondere gewaltsame - Übergriffe seiner Vollzugsorgane wirksam zu schützen, besonders geeignet, das Ansehen des öffentlichen Dienstes in der Öffentlichkeit und das in ihn gesetzte Vertrauen herabzuwürdigen. Eine Körperverletzung im Amt zu Lasten von Gefangenen widerspreche zudem in besonderem Maße dem vorrangigen gesetzlichen Vollzugsziel, den Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Hinzu komme, dass es für das Zusammenleben im abgeschlossenen Raum einer Justizvollzugsanstalt unerlässlich sei, dass sich der Dienstherr auf das korrekte Verhalten seiner Beamten verlassen könne. Ein Gefangener habe kaum die Möglichkeit, einem Vollzugsbediensteten auszuweichen. Um so mehr müsse der Dienstherr erwarten können, dass sich der Beamte korrekt verhalte. Schon eine einmalige Körperverletzung im Amt ziehe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg regelmäßig die Entfernung aus dem Dienst nach sich; dies sogar dann, wenn sie provoziert worden sei. Ein anderes Ergebnis komme nur in Betracht, wenn hinreichende Milderungsgründe vorlägen. Dafür sei jedoch nichts ersichtlich. Insbesondere stelle die vorausgegangene Provokation und Bedrohung durch den Geschädigten keinen hinreichenden Milderungsgrund dar. Vielmehr müsse von Bediensteten des Justizvollzuges erwartet werden, dass sie auf Fehlverhalten von Gefangenen, das in dieser Art nicht selten sei, besonnen reagierten und die gesetzlich vorgegebenen Reaktionsmöglichkeit einhielten. Beim Beamten komme erschwerend hinzu, dass er in seiner Meldung den Sachverhalt unter Mithilfe der beruflich unerfahrenen Kollegin B. bewusst wahrheitswidrig dargestellt und dadurch vorhersehbar bewirkt habe, dass der Gefangene diszipliniert und zudem der Gefahr einer weiteren Strafverfolgung ausgesetzt worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Geschädigte durch den Faustschlag des Beamten nicht unerheblich verletzt worden sei.
36 
Das Verwaltungsgericht hat den Beamten in der Hauptverhandlung vom 18.01.2006 gehört und ihn mit Urteil vom gleichen Tage aus dem Dienst entfernt; zugleich hat es ihm für die Dauer eines Jahres einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 vom Hundert des erdienten Ruhegehalts bewilligt. Hierbei ist das Verwaltungsgericht von dem Sachverhalt ausgegangen, den das Landgericht Ulm im Urteil vom 19.10.2004 festgestellt hat. Hieran sei die Disziplinarkammer nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO gebunden; Umstände, die eine nochmalige Prüfung von Feststellungen des Landgerichts erforderlich machten, seien nicht erkennbar. Mithin gehe die Disziplinarkammer davon aus, dass der Beamte eine vorsätzliche, nicht durch Notwehr gerechtfertigte Körperverletzung im Amt zum Nachteil des Untersuchungsgefangenen T. begangen habe. Weiter gehe sie davon aus, dass der Beamte mit der Anwärterin B. übereingekommen sei, den Sachverhalt in einer Meldung so darzustellen, dass sein Verhalten als Reaktion auf einen tätlichen Angriff des T. erscheine, und hierbei billigend in Kauf genommen, dass gegenüber T. disziplinarische Sanktionen festgesetzt und vollstreckt worden seien. Die in diesen Verhaltensweisen liegende vorsätzliche Dienstpflichtverletzung wiege so schwer, dass nur die Entfernung des Beamten aus dem Dienst in Betracht komme. Der Beamte habe im Kernbereich seiner beamtenrechtlichen Pflichten versagt; Besonderheiten, welche die Annahme rechtfertigen könnten, das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn lasse sich wieder herstellen, lägen nicht vor. Der Beamte meine, eine Ausnahmesituation sei darin zu sehen, dass aufgrund der Drohungen des T. nicht nur er selbst, sondern auch seine Familie unmittelbar betroffen gewesen sei; er habe die Drohungen des T. ernst genommen, der sich auch schon zuvor gegenüber anderen Gefangenen gewalttätig verhalten habe. Dies könne jedoch nicht rechtfertigen, die Bestrafung des T. für sein ungebührliches Verhalten in die eigene Hand zu nehmen, zumal keine unmittelbare Bedrohungssituation vorgelegen habe, die er damit hätte abwenden können. Auch in einer solchen Situation müsse sich der Dienstherr darauf verlassen können, dass sich ein Beamter im Justizvollzugsdienst vorschriftsgemäß verhalte. Das Vertrauensverhältnis lasse sich auch nicht deshalb wieder herstellen, weil davon ausgegangen werden könnte, der Beamte habe in einer einmaligen, zugespitzten Situation gehandelt und werde sich in vergleichbaren Fällen in Zukunft korrekt verhalten. Der im Bereich der Zugriffsdelikte entwickelte Milderungsgrund des Vorliegens einer Gelegenheitstat, der in entsprechender Anwendung auch vorliegend berücksichtigt werden könnte, liege nicht vor. An der Einmaligkeit der Situation fehle es schon deshalb, weil gegen den Beamten bereits 1996 wegen eines Schlages in das Gesicht eines Gefangenen ein Disziplinarverfahren durchgeführt worden sei. Zu berücksichtigen seien auch die nicht unerheblichen körperlichen Folgen, die bei T. aufgrund des Schlages eingetreten seien. Die vom Beamten begangene Körperverletzung im Amt könne auch nicht isoliert gesehen werden. Teil der einheitlich zu würdigenden Dienstpflichtverletzung sei auch sein Verhalten nach Begehung dieser Straftat. Jedenfalls damit habe er den letzten Rest von Vertrauen zerstört. Er habe nicht nur die Gelegenheit nicht genutzt, den Sachverhalt aufzuklären und dadurch möglicherweise das Vertrauensverhältnis wieder herzustellen. Vielmehr habe er die Anwärterin B., ein Kollegin, in die Angelegenheit mit hineingezogen, um sein Handeln durch Abgabe einer falschen dienstlichen Erklärung zu vertuschen. Auch wenn er der Meinung gewesen sein sollte, T. gerechtfertigt geschlagen zu haben, sei ein äußerer Ablauf des Geschehens geschildert worden, der so nicht der Wahrheit entsprochen habe. Frau B. sei z.B. nicht dabei gewesen, als der Beamte die Türe zum Haftraum des T. geöffnet habe, um diesen zu einem Gespräch herauszurufen. Damit habe er seine Kollegin der Gefahr gegen sie gerichteter Disziplinarmaßnahmen und strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen ausgesetzt, nur um sein eigenes Verhalten in einem für ihn günstigen Licht erscheinen zu lassen. Darüber hinaus habe er billigend in Kauf genommen, dass gegen den Untersuchungsgefangenen T. Disziplinarmaßnahmen verhängt und vollstreckt worden seien. All dies könne der Beamte auch nicht damit rechtfertigen, dass sich die Aufklärung des Sachverhalts verzögert habe, weil er sich zuvor mit seinem damals in Urlaub befindlichen Verteidiger habe besprechen wollen. - Zur Bewilligung des Unterhaltsbeitrags hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Beamte sei insoweit nicht unwürdig und in der zuerkannten Höhe auch bedürftig. Die Bewilligung für den Zeitraum von einem Jahr erfolge in der Erwartung, dass der Beamte während dieser Zeit anderweitig Einkünfte erlangen könne.
37 
Gegen dieses ihm am 22.02.2006 zugestellte Urteil hat der Verteidiger des Beamten am 21.03.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien durchaus Umstände erkennbar geworden, die eine nochmalige Prüfung von Feststellungen des Landgerichts erforderlich gemacht hätten. Das Verwaltungsgericht habe die Einmaligkeit und die Zuspitzung der Lage verkannt und sich in seinem Urteil mit keinem Wort mit der Notwehrproblematik befasst, sondern dem Beamten „vorsätzliches rechtswidriges Tun, ja gar die Bestrafung eines Gefangenen (unterstellt), was so nicht der Fall war“. Ebenso wenig habe sich das Verwaltungsgericht mit der Problematik von Notwehrexzess, Putativnotwehr und Putativnotwehrexzess befasst. Eine vergleichbare Lage führe indessen denknotwendig zu der - für „Zugriffsdelikte“ entwickelten - Milderung wegen Vorliegens einer Gelegenheitstat. Auch habe das Verwaltungsgericht das Nachtatverhalten des Beamten unzutreffend gewürdigt. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beamte durch sein Fehlverhalten endgültig untragbar gemacht habe.
38 
Der Beamte beantragt,
39 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2006 - DL 10 K 8/05 - aufzuheben und eine mildere Disziplinarmaßnahme zu verhängen,
40 
hilfsweise, ihm für drei Jahre einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 vom Hundert des erdienten Ruhegehalts zu bewilligen.
41 
Der Vertreter der obersten Dienstbehörde beantragt,
42 
die Berufung des Beamten zurückzuweisen.
43 
Er verteidigt das angegriffene Urteil.
44 
Der Senat hat den Beamten in der Hauptverhandlung gehört.
45 
Dem Senat liegen - neben den Akten des Verwaltungsgerichts im Verfahren wegen vorläufiger Dienstenthebung und in der Hauptsache - sämtliche Akten vor, die Gegenstand der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht waren; ferner wurden die Senatsakten im Verfahren wegen vorläufiger Dienstenthebung - DL 17 S 15/03 - beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
III.
46 
Die Berufung des Beamten bleibt im wesentlichen ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beamten wegen eines schwerwiegenden Dienstvergehens zu Recht aus dem Dienst entfernt. Anders als das Verwaltungsgericht hält es der Senat jedoch für angemessen, die Dauer der Gewährung des Unterhaltsbeitrags (in Höhe von 75 vom Hundert des erdienten Ruhegehalts) auf zwei Jahre festzusetzen.
47 
1. Die Berufung ist unbegründet, soweit sie auf Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme gerichtet ist.
48 
Hierbei geht der Senat in tatsächlicher Hinsicht vom nämlichen Sachverhalt aus wie das Verwaltungsgericht. Allerdings hat der Verteidiger des Beamten in der Hauptverhandlung vor dem Senat erklärt, die Berufung werde nicht auf das Disziplinarmaß beschränkt. Indessen hat der Senat die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts deshalb zugrunde zu legen, weil sie mit den nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO bindenden tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Ulm vom 21.01.2004 sachlich identisch sind. Zwar können die Disziplinargerichte, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 LDO zu Gunsten des Beamten die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln. Die Voraussetzungen einer derartigen Lösung liegen jedoch nicht vor. Mit der in § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO getroffenen Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Vorrang des Strafverfahrens vor dem Disziplinarverfahren sollen nach ständiger Praxis der Disziplinargerichte widersprüchliche Tatsachenfeststellungen verschiedener Gerichte vermieden werden. Der Vorrang des Strafverfahrens rechtfertigt sich insbesondere durch die besseren Ermittlungsmöglichkeiten der zur Aufklärung von Straftaten berufenen Stellen und den dem Beschuldigten im Strafverfahren durch die Strafprozessordnung gewährten optimalen Schutz gegen falsche oder rechtsstaatswidrig zustande gekommene Tatsachenfeststellungen. Dieser Hintergrund gibt zugleich Hinweise für die Handhabung des § 19 Abs. 1 Satz 2 LDO. Eine Lösung von den in einem rechtskräftigen Urteil eines Strafgerichts getroffenen Feststellungen kommt danach nur ausnahmsweise und nur unter eng begrenzten Voraussetzungen in Betracht. Insbesondere die Möglichkeit, dass das Geschehen ganz oder teilweise auch anders gewesen sein könnte, reicht hierfür nicht aus. In einem Urteil getroffene Feststellungen, die nicht auf einer gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßenden Beweiswürdigung beruhen, sind vielmehr selbst dann für die Disziplinargerichte bindend, wenn diese aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich halten. Andernfalls würde sich der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO auf Fälle beschränken, in denen das Disziplinargericht der Beweiswürdigung des Strafgerichts ohnehin folgen würde; mithin liefe die Vorschrift weithin leer. Ein Lösungsbeschluss kommt nach allem nur in Betracht, wenn das Disziplinargericht andernfalls gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden (vgl. zu alldem Urteile des Senats vom 28.09.1998 - D 17 S 9/98 - und vom 27.04.2006 - DL 16 S 9/06 -, jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Falle bedeutet dies, dass eine Lösung von den strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht in Betracht kommt. Das Strafverfahren durchlief mehrere Instanzen; die im vorliegenden Falle letztlich bindenden Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ulm vom 21.01.2004 sind nicht nur nicht „offensichtlich unrichtig“, sondern stellen sich - gerade auch bei vergleichender Heranziehung der zuvor vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen - ohne weiteres als schlüssig dar und wurden zudem auch vom Oberlandesgericht nicht beanstandet.
49 
Insgesamt steht mithin für den Senat bindend fest, dass der Beamte während seiner Dienstausübung den Untersuchungsgefangenen T. am 01.01.2003 durch einen Schlag mit der Faust auf das rechte Auge verletzt hat (Anschuldigungspunkt 1) und dass er anschließend unter Einbeziehung der erst seit wenigen Monaten in Ausbildung befindlichen Anwärterin B. eine dienstliche Meldung verfasst und an die Anstaltsleitung weitergeleitet hat, in der er der Wahrheit zuwider behauptet hat, von jenem Untersuchungsgefangenen tätlich angegriffen worden zu sein; ferner, dass dieser aufgrund der Angaben des Beamten insgesamt zweieinhalb Tage Arrest verbüßen musste (Anschuldigungspunkt 2). Weiter stehen bindend die Tatsachen fest, aus denen sich ergibt, dass der Beamte vorsätzlich gehandelt hat und dass sein Verhalten weder durch Notwehr gerechtfertigt noch durch Putativnotwehr, Notwehrexzess oder Notstand entschuldigt war. Soweit sich der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Senat sinngemäß erneut auf eine wirkliche oder zumindest vermeintliche Notwehrsituation berufen hat, geht sein Vorbringen notwendigerweise ins Leere, nachdem die das Gegenteil begründenden Tatsachen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO bindend feststehen.
50 
Die unter den Anschuldigungspunkten 1 und 2 umschriebenen Verhaltensweisen bilden ein - einheitliches - innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG; es bedarf keiner näheren Erörterung, dass der Beamte sein Amt nicht „nach bestem Gewissen“ verwaltet hat (§ 73 Satz 2 LBG), dass er nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden ist, die sein Beruf erfordert (§ 73 Satz 3 LBG), und dass er - hierfür trägt er die volle persönliche Verantwortung - dienstlich nicht rechtmäßig gehandelt hat (§ 75 Abs. 1 LBG). Bei Gewichtung dieses einheitlichen Dienstvergehens ist zunächst auf die zum Nachteil jenes Untersuchungsgefangenen begangene Körperverletzung im Amt abzustellen. Die bisherige Rechtsprechung zu diesem Problemkreis betraf nahezu durchweg Beamte des Polizeivollzugsdienstes; um einen Beamten des Justizvollzugsdienstes ging es, soweit ersichtlich, bislang allein im Urteil des Senats vom 16.11.1998 - D 17 S 12/98 -. Bei Polizeibeamten wurde derartiges Verhalten stets als schwere Dienstverfehlung angesehen; die Bürger müssten sich uneingeschränkt darauf verlassen können, dass die Polizei nur in dem unbedingt gebotenen Umfang Gewalt anwendet (Disziplinarhof beim VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.1978 - DH 13/77 -), und Dienstvergehen der vorliegenden Art seien in einem Rechtsstaat, der alles daransetzen müsste, die Rechte seiner Bürger gegen - vor allem gewaltsame - Übergriffe seiner Vollzugsorgane wirksam zu stützen, besonders geeignet, das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit und das in sie gesetzte Vertrauen herabzuwürdigen (vgl. statt aller Disziplinarhof beim VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.08.1990 - DH 8/90 -, sowie Urteil des Senats vom 30.09.1991 - D 17 S 5/91 -). Diese Sichtweise hat der Senat auch auf Justizvollzugsbeamte übertragen; im Urteil vom 16.11.1998 (a.a.O.) hat er sich die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz ausdrücklich zu eigen gemacht (S. 11 des Urteilsabdrucks). In diesem Zusammenhang bedarf besonderer Betonung, dass Justizvollzugsbeamte in geschlossenen Anstalten tätig sind mit der Folge, dass das Bekanntwerden gewalttätiger Übergriffe durch derartige Beamte bei den Gefangenen, die an ihre Zellen gebunden sind und deshalb stets damit rechnen müssen, mit eben jenem Beamten konfrontiert zu werden, zusätzlich zu einem massiven Vertrauensverlust führen muss. Die vom Beamten begangene Körperverletzung im Amt stellt mithin ein schweres Dienstvergehen dar. Auch die Abfassung eines inhaltlich unzutreffenden Berichts - und dies noch unter Einbeziehung einer unerfahrenen jungen Kollegin - ist jedoch disziplinarrechtlich keineswegs leicht zu nehmen; im Gegenteil wird durch derartiges Verhalten die Grundlage vertrauensvoller Zusammenarbeit innerhalb der Anstalt in massiver Weise untergraben.
51 
Im vorliegenden Falle stimmt der Senat dem Verwaltungsgericht darin zu, dass allein die Entfernung des Beamten aus dem Dienst in Betracht kommt; der Beamte hat durch sein Verhalten das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren (vgl. - zum Disziplinarrecht des Bundes - nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Im Urteil vom 30.09.1991 (a.a.O.) hat der Senat entschieden, dass eine Körperverletzung im Amt durch einen Polizeibeamten „regelmäßig“ zur Entfernung aus dem Dienst führt; dies je nach Sachlage auch dann, wenn der Beamte zuvor provoziert worden war (im dortigen Fall die - so wörtlich - „doch relativ harmlose“ Provokation des Ausspuckens oder des versuchten Ausspuckens; S. 7 des Urteilsabdrucks). Im Urteil vom 16.11.1998 (a.a.O.) hat der Senat diesen Ansatz auf Beamte des Justizvollzugsdienstes übertragen, indem er sich die Erwägung der Vorinstanz, vergleichbares Fehlverhalten führe typischerweise zur absoluten Untragbarkeit, durch Bezugnahme zu eigen gemacht hat (vgl. auch insoweit S. 11 des Urteilsabdrucks). An dieser Rechtsprechung ist im Grundsatz festzuhalten. Allerdings kann fraglich sein, ob die Wendung im Urteil des Senats vom 30.09.1991 (a.a.O.), eine Körperverletzung im Amt durch einen Polizeibeamten führe „regelmäßig“ zur Entfernung aus dem Dienst, die Bandbreite denkbarer Fallgestaltungen voll erfasst; dies auch dann, wenn man davon ausgeht, dass damit wohl nicht die bei „Zugriffsdelikten“ entwickelte „Regelmaßnahme“ (mit der Folge der Beschränkung auf „klassische“ Milderungsgründe) gemeint war. Deshalb bedarf es der abschwächenden Modifizierung dahin, dass bei derartigen Dienstvergehen die Höchstmaßnahme regelmäßig in Betracht zu ziehen ist, und sie ist jedenfalls dann typischerweise die allein angemessene Maßnahme, wenn der Übergriff nicht durch eine über das Alltägliche hinausreichende Provokation bedingt war. Dies bedeutet umgekehrt, dass jedenfalls schwere Provokationen oder gar Angriffe mildernd zu berücksichtigen sein werden. Zu würdigen sind weiter Art, Intensität und Häufigkeit des Übergriffs, dessen Folgen und je nach Sachlage auch das Nachtatverhalten; nicht außer Acht bleiben kann ferner, wenn es - etwa durch Presseveröffentlichungen - tatsächlich zu einer erheblichen Gefährdung oder gar Schädigung des unabdingbaren Vertrauens in den Polizei- oder Justizvollzugs gekommen ist. Schließlich ist auch in die Erwägungen einzubeziehen, ob es sich möglicherweise um eine persönlichkeitsfremde Tat gehandelt hat. Die auf dieser Grundlage vorzunehmende Gesamtbetrachtung ergibt, dass die vom Beamten begangene Körperverletzung im Amt (Anschuldigungspunkt 1) schon für sich genommen, jedenfalls aber in Verbindung mit den Nachtatverhalten (Anschuldigungspunkt 2) das erforderliche Vertrauen in nicht wiederherzustellender Weise zerstört hat.
52 
Im vorliegenden Falle steht bindend fest, dass der Beamte von jenem Untersuchungsgefangenen T. lediglich mit Worten (Landgericht: „verbalen Attacken“) provoziert worden war („du hast Familie und Kinder, was willst du von mir, ich bringe deine Familie, deine Kinder, um“); ein tätlicher Angriff lag nicht vor. Mithin verbleibt eine Provokation, die sich namentlich aus Sicht eines erfahrenen Vollzugsbeamten ohne weiteres als schlichter „Verbalterror“ und somit als in jeder Hinsicht alltäglich darstellt; sie kann insbesondere angesichts der Eigenart des Übergriffs nicht zu Gunsten des Beamten ins Gewicht fallen. Soweit der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, jener T. habe geäußert, er werde seine Kinder „ficken“, widerspricht dies erneut den im Strafverfahren bindend festgestellten Tatsachen; im Übrigen könnte der Beamte unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Provokation auch aus dieser Version nichts für sich herleiten. Von Justizvollzugsbeamten, die entsprechend ausgebildet und unterwiesen werden, muss selbstverständlich erwartet werden, dass sie sich in derartigen Alltagssituationen beherrschen können; sind sie dazu nicht in der Lage, begründet dies typischerweise Untragbarkeit.
53 
Gründe, die es rechtfertigen könnten, dies im vorliegenden Falle ausnahmsweise anders zu sehen, vermag der Senat nicht zu erkennen; im Gegenteil sprechen mehrere erschwerende Umstände zusätzlich gegen den Beamten. Zum einen hat dieser ein ganz erhebliches Maß von Gewalt angewandt. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ulm vom 21.01.2004 flog jener T. aufgrund des Faustschlags des Beamten an der Tür des Stockwerkbüros 109 vorbei und stürzte zu Boden; er wurde in der Folgezeit zweimal kurz bewusstlos und erlitt eine Halswirbelsäulendistorsion sowie ein Monokelhämatom (sein Auge war für etwa zwei Tage zugeschwollen). Das sich schon hieraus ergebende hohe Maß an Gewalt, das der Beamte eingesetzt hat, wird dadurch bestätigt, dass er selbst sich durch jenen Faustschlag den Mittelhandknochen brach mit der Folge, dass er rund drei Monate krankgeschrieben war. Im Hinblick auf diese feststehenden Tatsachen entbehren die Versuche des Beamten in der Hauptverhandlung, die von ihm begangene Körperverletzung tendenziell als eher harmlos darzustellen, jeglicher Plausibilität. Zum zweiten spricht ohne weiteres gegen den Beamten, dass er sich weder hinsichtlich des körperlichen Übergriffs als solchen noch hinsichtlich der Intensität der Gewaltausübung von dem in seinem Lebenslauf begründeten Bewusstsein hat beeinflussen lassen, er habe sich besondere Zurückhaltung aufzuerlegen. Unstreitig war der Beamte nach eigener Darstellung bis 1991 im Boxsport tätig; in der Hauptverhandlung vor dem Senat hat er eingeräumt, ihm seien damals Bedeutung und mögliche Folgen seiner technischen Ausbildung und seiner Körperkraft vor Augen geführt worden. Wenn es ihm trotz dieser - von ihm selbst eingeräumten - Kenntnis selbst im Falle einer vergleichsweise belanglosen „Provokation“ nicht gelungen ist, sich zu beherrschen, dann weist dies ohne weiteres darauf hin, dass sein Versagen in einer persönlichen Disposition begründet und somit gerade nicht persönlichkeitsfremd war; bestätigt in dieser Einschätzung sieht sich der Senat dadurch, dass es - dieser Vorfall ist nach § 118 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 LDO noch verwertbar - im Januar 2001 zu einem innerdienstlichen Streit kam, wobei der Beamte einen Kollegen ohrfeigte (vgl. dazu den in der Hauptverhandlung vor dem Senat auszugsweise verlesenen Aktenvermerk der Justizvollzugsanstalt ... vom 26.01.2001). Dies zeigt erneut, dass dem Beamten eine gewisse Unbeherrschtheit nicht wesensfremd ist. Bei dieser Sachlage mag auf sich beruhen, dass das vom Verwaltungsgericht zusätzlich zur Begründung der Untragbarkeit des Beamten herangezogene - später eingestellte - Disziplinarverfahren vom Jahr 1996 im vorliegenden Verfahren nach § 118 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 LDO nicht mehr verwertbar ist. Zum dritten ist das Verhalten des Beamten nicht nur in der eigenen Justizvollzugsanstalt bekannt geworden, sondern hat über längere Zeit ein erhebliches Presseecho ausgelöst; auch wenn ihm zuzugeben ist, dass er diese öffentlichen Reaktionen nicht unmittelbar bewirkt hat, so muss es doch dabei bleiben, dass ihre Ursachen in seinem pflichtwidrigen Verhalten liegen. Dass durch dieses Presseecho zumindest eine erhebliche Gefährdung des Ansehens des Justizvollzugs eingetreten ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Zum vierten schließlich spricht massiv gegen den Beamten, dass er im Anschluss an die von ihm begangene Körperverletzung im Amt nicht nur einen inhaltlich unzutreffenden Bericht abgegeben und dadurch jenen Untersuchungsgefangenen T. unberechtigten Disziplinarmaßnahmen ausgesetzt, sondern zugleich auch noch seine unerfahrene und noch in Ausbildung befindliche Kollegin in die Sache hineingezogen und so auch diese der Gefahr von Schwierigkeiten ausgesetzt hat; dieses Nachtatverhalten enthält eine - gravierende - zusätzliche Beeinträchtigung der Grundlagen jeden dienstlichen Vertrauens.
54 
Insgesamt ist bei Würdigung des objektiven Geschehens und der Persönlichkeit des Beamten nicht vorstellbar, wie es möglich sein soll, dem Dienstherrn, den Kollegen, den Gefangenen und der Öffentlichkeit nahezubringen, der Beamte könne noch im Justizvollzugsdienst tätig sein; er hat durch die Gesamtheit des angeschuldigten Verhaltens das dienstlich erforderliche Vertrauen objektiv und endgültig verwirkt. Hieran vermag auch nichts mehr zu ändern, dass der Beamte, wie er in der Hauptverhandlung vor dem Senat glaubhaft geäußert hat, jene Vorfälle am liebsten ungeschehen machen möchte und subjektiv der Auffassung sein mag, er werde derartige Taten künftig nicht mehr begehen.
55 
2. Im Hinblick auf die familiäre Lage des Beamten - er ist verheiratet und hat drei minderjährige Kinder - und auf den Umstand, dass er nur schwer ein neues Beschäftigungsverhältnis finden dürfte, hält es der Senat für angemessen, die Dauer der Bewilligung des Unterhaltsbeitrags (in Höhe von 75 vom Hundert des erdienten Ruhegehalts) auf zwei Jahre festzusetzen.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112 Abs. 1 Satz 1 LDO; die Erhöhung des Unterhaltsbeitrags im Berufungsverfahren rechtfertigt es nicht, den Beamten gemäß § 112 Abs. 2 LDO teilweise von den Kosten zu verschonen.
57 
Dieses Urteil ist nach § 88 LDO unanfechtbar.

Gründe

 
III.
46 
Die Berufung des Beamten bleibt im wesentlichen ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beamten wegen eines schwerwiegenden Dienstvergehens zu Recht aus dem Dienst entfernt. Anders als das Verwaltungsgericht hält es der Senat jedoch für angemessen, die Dauer der Gewährung des Unterhaltsbeitrags (in Höhe von 75 vom Hundert des erdienten Ruhegehalts) auf zwei Jahre festzusetzen.
47 
1. Die Berufung ist unbegründet, soweit sie auf Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme gerichtet ist.
48 
Hierbei geht der Senat in tatsächlicher Hinsicht vom nämlichen Sachverhalt aus wie das Verwaltungsgericht. Allerdings hat der Verteidiger des Beamten in der Hauptverhandlung vor dem Senat erklärt, die Berufung werde nicht auf das Disziplinarmaß beschränkt. Indessen hat der Senat die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts deshalb zugrunde zu legen, weil sie mit den nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO bindenden tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts Ulm vom 21.01.2004 sachlich identisch sind. Zwar können die Disziplinargerichte, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 LDO zu Gunsten des Beamten die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln. Die Voraussetzungen einer derartigen Lösung liegen jedoch nicht vor. Mit der in § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO getroffenen Regelung und dem darin zum Ausdruck kommenden Vorrang des Strafverfahrens vor dem Disziplinarverfahren sollen nach ständiger Praxis der Disziplinargerichte widersprüchliche Tatsachenfeststellungen verschiedener Gerichte vermieden werden. Der Vorrang des Strafverfahrens rechtfertigt sich insbesondere durch die besseren Ermittlungsmöglichkeiten der zur Aufklärung von Straftaten berufenen Stellen und den dem Beschuldigten im Strafverfahren durch die Strafprozessordnung gewährten optimalen Schutz gegen falsche oder rechtsstaatswidrig zustande gekommene Tatsachenfeststellungen. Dieser Hintergrund gibt zugleich Hinweise für die Handhabung des § 19 Abs. 1 Satz 2 LDO. Eine Lösung von den in einem rechtskräftigen Urteil eines Strafgerichts getroffenen Feststellungen kommt danach nur ausnahmsweise und nur unter eng begrenzten Voraussetzungen in Betracht. Insbesondere die Möglichkeit, dass das Geschehen ganz oder teilweise auch anders gewesen sein könnte, reicht hierfür nicht aus. In einem Urteil getroffene Feststellungen, die nicht auf einer gegen die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßenden Beweiswürdigung beruhen, sind vielmehr selbst dann für die Disziplinargerichte bindend, wenn diese aufgrund eigener Würdigung abweichende Feststellungen für möglich halten. Andernfalls würde sich der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO auf Fälle beschränken, in denen das Disziplinargericht der Beweiswürdigung des Strafgerichts ohnehin folgen würde; mithin liefe die Vorschrift weithin leer. Ein Lösungsbeschluss kommt nach allem nur in Betracht, wenn das Disziplinargericht andernfalls gezwungen wäre, auf der Grundlage offensichtlich unrichtiger oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden (vgl. zu alldem Urteile des Senats vom 28.09.1998 - D 17 S 9/98 - und vom 27.04.2006 - DL 16 S 9/06 -, jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Falle bedeutet dies, dass eine Lösung von den strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht in Betracht kommt. Das Strafverfahren durchlief mehrere Instanzen; die im vorliegenden Falle letztlich bindenden Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ulm vom 21.01.2004 sind nicht nur nicht „offensichtlich unrichtig“, sondern stellen sich - gerade auch bei vergleichender Heranziehung der zuvor vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen - ohne weiteres als schlüssig dar und wurden zudem auch vom Oberlandesgericht nicht beanstandet.
49 
Insgesamt steht mithin für den Senat bindend fest, dass der Beamte während seiner Dienstausübung den Untersuchungsgefangenen T. am 01.01.2003 durch einen Schlag mit der Faust auf das rechte Auge verletzt hat (Anschuldigungspunkt 1) und dass er anschließend unter Einbeziehung der erst seit wenigen Monaten in Ausbildung befindlichen Anwärterin B. eine dienstliche Meldung verfasst und an die Anstaltsleitung weitergeleitet hat, in der er der Wahrheit zuwider behauptet hat, von jenem Untersuchungsgefangenen tätlich angegriffen worden zu sein; ferner, dass dieser aufgrund der Angaben des Beamten insgesamt zweieinhalb Tage Arrest verbüßen musste (Anschuldigungspunkt 2). Weiter stehen bindend die Tatsachen fest, aus denen sich ergibt, dass der Beamte vorsätzlich gehandelt hat und dass sein Verhalten weder durch Notwehr gerechtfertigt noch durch Putativnotwehr, Notwehrexzess oder Notstand entschuldigt war. Soweit sich der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Senat sinngemäß erneut auf eine wirkliche oder zumindest vermeintliche Notwehrsituation berufen hat, geht sein Vorbringen notwendigerweise ins Leere, nachdem die das Gegenteil begründenden Tatsachen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO bindend feststehen.
50 
Die unter den Anschuldigungspunkten 1 und 2 umschriebenen Verhaltensweisen bilden ein - einheitliches - innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG; es bedarf keiner näheren Erörterung, dass der Beamte sein Amt nicht „nach bestem Gewissen“ verwaltet hat (§ 73 Satz 2 LBG), dass er nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden ist, die sein Beruf erfordert (§ 73 Satz 3 LBG), und dass er - hierfür trägt er die volle persönliche Verantwortung - dienstlich nicht rechtmäßig gehandelt hat (§ 75 Abs. 1 LBG). Bei Gewichtung dieses einheitlichen Dienstvergehens ist zunächst auf die zum Nachteil jenes Untersuchungsgefangenen begangene Körperverletzung im Amt abzustellen. Die bisherige Rechtsprechung zu diesem Problemkreis betraf nahezu durchweg Beamte des Polizeivollzugsdienstes; um einen Beamten des Justizvollzugsdienstes ging es, soweit ersichtlich, bislang allein im Urteil des Senats vom 16.11.1998 - D 17 S 12/98 -. Bei Polizeibeamten wurde derartiges Verhalten stets als schwere Dienstverfehlung angesehen; die Bürger müssten sich uneingeschränkt darauf verlassen können, dass die Polizei nur in dem unbedingt gebotenen Umfang Gewalt anwendet (Disziplinarhof beim VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.1978 - DH 13/77 -), und Dienstvergehen der vorliegenden Art seien in einem Rechtsstaat, der alles daransetzen müsste, die Rechte seiner Bürger gegen - vor allem gewaltsame - Übergriffe seiner Vollzugsorgane wirksam zu stützen, besonders geeignet, das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit und das in sie gesetzte Vertrauen herabzuwürdigen (vgl. statt aller Disziplinarhof beim VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.08.1990 - DH 8/90 -, sowie Urteil des Senats vom 30.09.1991 - D 17 S 5/91 -). Diese Sichtweise hat der Senat auch auf Justizvollzugsbeamte übertragen; im Urteil vom 16.11.1998 (a.a.O.) hat er sich die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz ausdrücklich zu eigen gemacht (S. 11 des Urteilsabdrucks). In diesem Zusammenhang bedarf besonderer Betonung, dass Justizvollzugsbeamte in geschlossenen Anstalten tätig sind mit der Folge, dass das Bekanntwerden gewalttätiger Übergriffe durch derartige Beamte bei den Gefangenen, die an ihre Zellen gebunden sind und deshalb stets damit rechnen müssen, mit eben jenem Beamten konfrontiert zu werden, zusätzlich zu einem massiven Vertrauensverlust führen muss. Die vom Beamten begangene Körperverletzung im Amt stellt mithin ein schweres Dienstvergehen dar. Auch die Abfassung eines inhaltlich unzutreffenden Berichts - und dies noch unter Einbeziehung einer unerfahrenen jungen Kollegin - ist jedoch disziplinarrechtlich keineswegs leicht zu nehmen; im Gegenteil wird durch derartiges Verhalten die Grundlage vertrauensvoller Zusammenarbeit innerhalb der Anstalt in massiver Weise untergraben.
51 
Im vorliegenden Falle stimmt der Senat dem Verwaltungsgericht darin zu, dass allein die Entfernung des Beamten aus dem Dienst in Betracht kommt; der Beamte hat durch sein Verhalten das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren (vgl. - zum Disziplinarrecht des Bundes - nunmehr § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Im Urteil vom 30.09.1991 (a.a.O.) hat der Senat entschieden, dass eine Körperverletzung im Amt durch einen Polizeibeamten „regelmäßig“ zur Entfernung aus dem Dienst führt; dies je nach Sachlage auch dann, wenn der Beamte zuvor provoziert worden war (im dortigen Fall die - so wörtlich - „doch relativ harmlose“ Provokation des Ausspuckens oder des versuchten Ausspuckens; S. 7 des Urteilsabdrucks). Im Urteil vom 16.11.1998 (a.a.O.) hat der Senat diesen Ansatz auf Beamte des Justizvollzugsdienstes übertragen, indem er sich die Erwägung der Vorinstanz, vergleichbares Fehlverhalten führe typischerweise zur absoluten Untragbarkeit, durch Bezugnahme zu eigen gemacht hat (vgl. auch insoweit S. 11 des Urteilsabdrucks). An dieser Rechtsprechung ist im Grundsatz festzuhalten. Allerdings kann fraglich sein, ob die Wendung im Urteil des Senats vom 30.09.1991 (a.a.O.), eine Körperverletzung im Amt durch einen Polizeibeamten führe „regelmäßig“ zur Entfernung aus dem Dienst, die Bandbreite denkbarer Fallgestaltungen voll erfasst; dies auch dann, wenn man davon ausgeht, dass damit wohl nicht die bei „Zugriffsdelikten“ entwickelte „Regelmaßnahme“ (mit der Folge der Beschränkung auf „klassische“ Milderungsgründe) gemeint war. Deshalb bedarf es der abschwächenden Modifizierung dahin, dass bei derartigen Dienstvergehen die Höchstmaßnahme regelmäßig in Betracht zu ziehen ist, und sie ist jedenfalls dann typischerweise die allein angemessene Maßnahme, wenn der Übergriff nicht durch eine über das Alltägliche hinausreichende Provokation bedingt war. Dies bedeutet umgekehrt, dass jedenfalls schwere Provokationen oder gar Angriffe mildernd zu berücksichtigen sein werden. Zu würdigen sind weiter Art, Intensität und Häufigkeit des Übergriffs, dessen Folgen und je nach Sachlage auch das Nachtatverhalten; nicht außer Acht bleiben kann ferner, wenn es - etwa durch Presseveröffentlichungen - tatsächlich zu einer erheblichen Gefährdung oder gar Schädigung des unabdingbaren Vertrauens in den Polizei- oder Justizvollzugs gekommen ist. Schließlich ist auch in die Erwägungen einzubeziehen, ob es sich möglicherweise um eine persönlichkeitsfremde Tat gehandelt hat. Die auf dieser Grundlage vorzunehmende Gesamtbetrachtung ergibt, dass die vom Beamten begangene Körperverletzung im Amt (Anschuldigungspunkt 1) schon für sich genommen, jedenfalls aber in Verbindung mit den Nachtatverhalten (Anschuldigungspunkt 2) das erforderliche Vertrauen in nicht wiederherzustellender Weise zerstört hat.
52 
Im vorliegenden Falle steht bindend fest, dass der Beamte von jenem Untersuchungsgefangenen T. lediglich mit Worten (Landgericht: „verbalen Attacken“) provoziert worden war („du hast Familie und Kinder, was willst du von mir, ich bringe deine Familie, deine Kinder, um“); ein tätlicher Angriff lag nicht vor. Mithin verbleibt eine Provokation, die sich namentlich aus Sicht eines erfahrenen Vollzugsbeamten ohne weiteres als schlichter „Verbalterror“ und somit als in jeder Hinsicht alltäglich darstellt; sie kann insbesondere angesichts der Eigenart des Übergriffs nicht zu Gunsten des Beamten ins Gewicht fallen. Soweit der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, jener T. habe geäußert, er werde seine Kinder „ficken“, widerspricht dies erneut den im Strafverfahren bindend festgestellten Tatsachen; im Übrigen könnte der Beamte unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Provokation auch aus dieser Version nichts für sich herleiten. Von Justizvollzugsbeamten, die entsprechend ausgebildet und unterwiesen werden, muss selbstverständlich erwartet werden, dass sie sich in derartigen Alltagssituationen beherrschen können; sind sie dazu nicht in der Lage, begründet dies typischerweise Untragbarkeit.
53 
Gründe, die es rechtfertigen könnten, dies im vorliegenden Falle ausnahmsweise anders zu sehen, vermag der Senat nicht zu erkennen; im Gegenteil sprechen mehrere erschwerende Umstände zusätzlich gegen den Beamten. Zum einen hat dieser ein ganz erhebliches Maß von Gewalt angewandt. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Ulm vom 21.01.2004 flog jener T. aufgrund des Faustschlags des Beamten an der Tür des Stockwerkbüros 109 vorbei und stürzte zu Boden; er wurde in der Folgezeit zweimal kurz bewusstlos und erlitt eine Halswirbelsäulendistorsion sowie ein Monokelhämatom (sein Auge war für etwa zwei Tage zugeschwollen). Das sich schon hieraus ergebende hohe Maß an Gewalt, das der Beamte eingesetzt hat, wird dadurch bestätigt, dass er selbst sich durch jenen Faustschlag den Mittelhandknochen brach mit der Folge, dass er rund drei Monate krankgeschrieben war. Im Hinblick auf diese feststehenden Tatsachen entbehren die Versuche des Beamten in der Hauptverhandlung, die von ihm begangene Körperverletzung tendenziell als eher harmlos darzustellen, jeglicher Plausibilität. Zum zweiten spricht ohne weiteres gegen den Beamten, dass er sich weder hinsichtlich des körperlichen Übergriffs als solchen noch hinsichtlich der Intensität der Gewaltausübung von dem in seinem Lebenslauf begründeten Bewusstsein hat beeinflussen lassen, er habe sich besondere Zurückhaltung aufzuerlegen. Unstreitig war der Beamte nach eigener Darstellung bis 1991 im Boxsport tätig; in der Hauptverhandlung vor dem Senat hat er eingeräumt, ihm seien damals Bedeutung und mögliche Folgen seiner technischen Ausbildung und seiner Körperkraft vor Augen geführt worden. Wenn es ihm trotz dieser - von ihm selbst eingeräumten - Kenntnis selbst im Falle einer vergleichsweise belanglosen „Provokation“ nicht gelungen ist, sich zu beherrschen, dann weist dies ohne weiteres darauf hin, dass sein Versagen in einer persönlichen Disposition begründet und somit gerade nicht persönlichkeitsfremd war; bestätigt in dieser Einschätzung sieht sich der Senat dadurch, dass es - dieser Vorfall ist nach § 118 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 LDO noch verwertbar - im Januar 2001 zu einem innerdienstlichen Streit kam, wobei der Beamte einen Kollegen ohrfeigte (vgl. dazu den in der Hauptverhandlung vor dem Senat auszugsweise verlesenen Aktenvermerk der Justizvollzugsanstalt ... vom 26.01.2001). Dies zeigt erneut, dass dem Beamten eine gewisse Unbeherrschtheit nicht wesensfremd ist. Bei dieser Sachlage mag auf sich beruhen, dass das vom Verwaltungsgericht zusätzlich zur Begründung der Untragbarkeit des Beamten herangezogene - später eingestellte - Disziplinarverfahren vom Jahr 1996 im vorliegenden Verfahren nach § 118 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 LDO nicht mehr verwertbar ist. Zum dritten ist das Verhalten des Beamten nicht nur in der eigenen Justizvollzugsanstalt bekannt geworden, sondern hat über längere Zeit ein erhebliches Presseecho ausgelöst; auch wenn ihm zuzugeben ist, dass er diese öffentlichen Reaktionen nicht unmittelbar bewirkt hat, so muss es doch dabei bleiben, dass ihre Ursachen in seinem pflichtwidrigen Verhalten liegen. Dass durch dieses Presseecho zumindest eine erhebliche Gefährdung des Ansehens des Justizvollzugs eingetreten ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Zum vierten schließlich spricht massiv gegen den Beamten, dass er im Anschluss an die von ihm begangene Körperverletzung im Amt nicht nur einen inhaltlich unzutreffenden Bericht abgegeben und dadurch jenen Untersuchungsgefangenen T. unberechtigten Disziplinarmaßnahmen ausgesetzt, sondern zugleich auch noch seine unerfahrene und noch in Ausbildung befindliche Kollegin in die Sache hineingezogen und so auch diese der Gefahr von Schwierigkeiten ausgesetzt hat; dieses Nachtatverhalten enthält eine - gravierende - zusätzliche Beeinträchtigung der Grundlagen jeden dienstlichen Vertrauens.
54 
Insgesamt ist bei Würdigung des objektiven Geschehens und der Persönlichkeit des Beamten nicht vorstellbar, wie es möglich sein soll, dem Dienstherrn, den Kollegen, den Gefangenen und der Öffentlichkeit nahezubringen, der Beamte könne noch im Justizvollzugsdienst tätig sein; er hat durch die Gesamtheit des angeschuldigten Verhaltens das dienstlich erforderliche Vertrauen objektiv und endgültig verwirkt. Hieran vermag auch nichts mehr zu ändern, dass der Beamte, wie er in der Hauptverhandlung vor dem Senat glaubhaft geäußert hat, jene Vorfälle am liebsten ungeschehen machen möchte und subjektiv der Auffassung sein mag, er werde derartige Taten künftig nicht mehr begehen.
55 
2. Im Hinblick auf die familiäre Lage des Beamten - er ist verheiratet und hat drei minderjährige Kinder - und auf den Umstand, dass er nur schwer ein neues Beschäftigungsverhältnis finden dürfte, hält es der Senat für angemessen, die Dauer der Bewilligung des Unterhaltsbeitrags (in Höhe von 75 vom Hundert des erdienten Ruhegehalts) auf zwei Jahre festzusetzen.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112 Abs. 1 Satz 1 LDO; die Erhöhung des Unterhaltsbeitrags im Berufungsverfahren rechtfertigt es nicht, den Beamten gemäß § 112 Abs. 2 LDO teilweise von den Kosten zu verschonen.
57 
Dieses Urteil ist nach § 88 LDO unanfechtbar.
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b
5 Referenzen - Urteile

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published on 18/01/2006 00:00

Tenor Der Beamte wird aus dem Dienst entfernt. Ihm wird auf die Dauer eines Jahres ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75% seines erdienten jeweiligen Ruhegehalts bewilligt. Der Beamte trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe   I. 1
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published on 12/07/2017 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Tatbestand I. Der im Jahr 19 in M … geborene Beklagte beendete 1980 seine Schullaufbahn mi
published on 18/01/2017 00:00

Tenor I. Unter Abänderung von Ziffer 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 14. Juli 2014 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A7) erkannt. II.
published on 30/04/2013 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger führt die Disziplinarklage gegen den beklagten Beamten im Rang eines Obersekretärs im Justizvollzugsdienst (BesGr. A 7 BBesO) mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Dienst. Der Beklagte ist Beamter des allgemeinen Vollzugs-
published on 04/11/2008 00:00

Tenor Die Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 10. Dezember 2007 - DL 13 K 4/06 - wird zurückgewiesen. Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Gründe   I
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Annotations

Zustellungen durch die Verwaltungsbehörden werden nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes bewirkt.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Zustellungen durch die Verwaltungsbehörden werden nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes bewirkt.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.