Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Apr. 2011 - 9 S 884/11

bei uns veröffentlicht am08.04.2011

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. Februar 2011 - 4 K 1449/10 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem ihr Antrag auf Durchführung einer „ordentlichen“ Abiturprüfung anstelle einer Schulfremdenprüfung, hilfsweise mit der Maßgabe der Besetzung der Prüfungskommissionen mit staatlichen Fachlehrern, weiter hilfsweise auf Durchführung einer modifizierten, im Umfang der ordentlichen Abiturprüfung angenäherten und in der Frage der Anrechnung bisheriger Leistungen in den letzten vier Schulhalbjahren einer ordentlichen Abiturprüfung entsprechenden Schulfremdenprüfung insgesamt abgelehnt wurde, ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig erhoben. Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Antragstellerin für die in Rede stehende Schule, ein „Privates Berufliches Gymnasium der technischen Richtung, Profil angewandte Naturwissenschaften (NTG), Fachrichtung technische Chemie“ keinen Anordnungsanspruch für ihr Begehren glaubhaft gemacht hat. Die mit der Beschwerde vorgetragenen Rügen, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 01.02.2011 - 4 K 1448/10 -, auf dessen Begründung im angegriffenen Beschluss verwiesen wird, entschieden, dass der Antragstellerin hinsichtlich der genannten Schule mangels staatlicher Anerkennung kein Recht auf Durchführung einer ordentlichen Abiturprüfung zustehe. Ein Anspruch auf Anerkennung nach § 10 Abs. 1 des Gesetzes für die Schulen in freier Trägerschaft (in der Fassung vom 01.01.1990, GBl. S. 105, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.11.2010, GBl. S. 793 - PSchG -) in Verbindung mit der dessen Voraussetzungen konkretisierenden Ziff. 12 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Verordnung des Kultusministeriums und des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zum Vollzug des Privatschulgesetzes (vom 20.07.1971, GBl. S. 347, zuletzt geändert durch Gesetz vom 01.07.2004, GBl. S. 469, ber. S. 653 - VVPSchG -) bestehe nicht, da die dort geforderten Voraussetzungen für eine positive Prognoseentscheidung von der Antragstellerin gegenwärtig nicht erfüllt würden. Weder habe sie die Bewährungszeit von drei Jahren absolviert noch die an sie gestellten Anforderungen drei Jahre lang erfüllt. Die in Ziff. 12 Abs. 2 Satz 2 VVPSchG genannten Ausnahmen seien nicht einschlägig. Die Versagung einer staatlichen Anerkennung zum jetzigen Zeitpunkt sei sachgerecht und verletze die Rechte der Antragstellerin aus Art. 7 Abs. 4 GG nicht. In der Aufnahme des beruflichen Gymnasiums der Antragstellerin in einen Schulversuch könne nicht eine - ausnahmsweise zugleich erteilte - Anerkennung gesehen werden. Für das Begehren nach Durchführung einer ordentlichen Abiturprüfung in modifizierter Form bestehe keine Anspruchsgrundlage. Nichts anderes gelte nach der Begründung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des Begehrens nach Ermöglichung einer modifizierten Schulfremdenprüfung. Deren Ausgestaltung sei in §§ 32 ff. der Verordnung über die Jahrgangsstufen sowie über die Abiturprüfung an beruflichen Gymnasien (vom 05.12.2002, GBl. 2003 S. 25, zuletzt geändert durch VO vom 17.02.2008, GBl. S. 104 - BGVO -) abschließend geregelt.
Dagegen wird vorgetragen, auch unter Berücksichtigung der Beanstandungen im Zusammenhang mit dem Schulbesuch des Antragsgegners am 15.12.2009 erfülle das genannte berufliche Gymnasium der Antragstellerin die an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen. Da es sich bei diesem beruflichen Gymnasium - noch - nicht um eine anerkannte Ersatzschule handele, müssten die Vorgaben der Verordnung des Kultusministeriums über die Aufnahme in die beruflichen Gymnasien der dreijährigen Aufbauform (vom 23.12.1982, GBl. 1983 S. 183, zuletzt geändert durch VO vom 09.04.2009, GBl. S. 204 - AufnahmeVO -) auch - noch - nicht beachtet werden. Derzeit besuche nur noch ein Schüler das in Rede stehende Gymnasium, der nicht in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Aufnahmeverordnung aufgenommen worden sei. Zudem müsse die in Ziff. 12 Abs. 2 Satz 1 VVPSchG genannte Frist von drei Jahren bis zur Anerkennung nicht abgewartet werden, da die Antragstellerin Trägerin staatlich anerkannter Ersatzschulen sei und es sich bei dem hier in Rede stehenden beruflichen Gymnasium um eine weitere Ersatzschule desselben Schultyps im Sinne von Ziff. 12 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. VVPSchG handele. Auf die Frage der Schulart komme es demgegenüber nicht an. Es unterliege keinem Zweifel, dass die Antragstellerin künftig die Aufnahmeanforderungen einhalten werde. Daher bestehe sowohl ein Anerkennungsanspruch nach § 10 Abs. 1 PSchG als auch, in dessen Folge, ein Anspruch auf die Durchführung der ordentlichen Abiturprüfung an der Schule selbst nach allgemeinen Vorschriften. Letzterer ergebe sich auch daraus, dass laut den für das genehmigte Profil angewandte Naturwissenschaften (NTG), Fachrichtung technische Chemie maßgebenden Schulversuchsbestimmungen in ihrer ursprünglichen Form keine Schulfremdenprüfung stattfinde. Daraus folge im Übrigen, dass mit der schulrechtlichen Genehmigung im vorliegenden Falle ausnahmsweise auch die staatliche Anerkennung ausgesprochen worden sei. Durch die erst im Oktober 2010 in diese Schulversuchsbestimmungen aufgenommene Regelung zur Schulfremdenprüfung werde gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen. Spätestens zu Beginn des Schuljahres 2010/2011 hätten Antragstellerin und Schüler verbindlich mitgeteilt bekommen müssen, nach welchen Regelungen sich die Abiturprüfung richte. Jedenfalls aber ergebe sich ein Anspruch der Antragstellerin auf Durchführung einer „ordentlichen Abiturprüfung“ unmittelbar aus Art. 7 Abs. 4 GG i.V.m. der BGVO. Dass das berufliche Gymnasium der Antragstellerin im Verhältnis zu entsprechenden staatlichen Gymnasien gleichwertig sei, ergebe sich bereits aus dessen Genehmigung. Jede Differenzierung in den Modalitäten der Abiturprüfung, insbesondere das Verlangen einer Schulfremdenprüfung mit deutlich erhöhten Anforderungen, stelle daher einen Verstoß gegen die sich aus Art. 7 Abs. 4 GG ergebende Verpflichtung dar, gleichwertige Ersatzschulen gegenüber staatlichen Schulen nicht zu benachteiligen. Dieser Nachteil sei so schwerwiegend, dass er das Privatschulwesen in seinem Bestand gefährde. Wegen dieser erheblichen Bedeutung hätte der Eingriff jedenfalls in der Form eines Gesetzes erfolgen müssen. Die Vorgaben in §§ 32 ff. BGVO reichten hierfür nicht aus. Diese Verordnung dürfe daher „nur so weit angewandt werden, wie es zur Erhaltung eines ausreichenden Qualitätsstandards unerlässlich“ sei. Daraus folge die Begründetheit jedenfalls des Hilfsantrags.
Mit diesem Vortrag ist weder ein Anspruch auf Anerkennung nach § 10 Abs. 1 PSchG noch auf Abweichung von den §§ 32 ff. BGVO hinsichtlich der aktuell erfolgenden Abiturprüfung - hier in der Form der Schulfremdenprüfung - glaubhaft gemacht.
Zwar trifft es zu, dass eine - lediglich - genehmigte Ersatzschule bei der Entscheidung über die Aufnahme von Schülern nicht an die Vorgaben der AufnahmeVO gebunden ist und grundsätzlich frei über die Aufnahme entscheiden kann, solange das sich aus Art. 7 Abs. 4 GG ergebende Recht der freien Schülerwahl nicht zu einer Verletzung des gleichfalls in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG und § 5 Abs. 1 PSchG verankerten Grundsatzes der Gleichwertigkeit führt (vgl. dazu VG Sigmaringen, Beschluss vom 16.09.2010 - 4 K 1804/10 -). Anderes gilt jedoch dann, wenn eine genehmigte Ersatzschule - wie vorliegend - ihre staatliche Anerkennung anstrebt. Denn Voraussetzung hierfür ist, dass die nach § 3 Abs. 1 PSchG genehmigte Schule die Gewähr dafür bietet, dauerhaft die an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen zu erfüllen (§ 10 Abs. 1 PSchG). Zum Nachweis hierfür kann auch schon vor Anerkennung die Beachtung dieser Anforderungen für einen bestimmten Zeitraum gefordert werden. Ziff. 12 Abs. 1 Nr. 1 VVPSchG konkretisiert insoweit in zulässiger Weise die an eine ihre Anerkennung begehrende Schule zu stellenden Anforderungen. Dies gilt etwa hinsichtlich der in Art. 7 Abs. 4 GG gleichfalls genannten Lehrziele (Ziff. 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b VVPSchG), und der wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte (ebenda Buchst. e).
Ob dies in gleicher Weise - und mit den in Ziff. 12 Abs. 2 Satz 1 VVPSchG genannten Fristen - auch hinsichtlich der staatlichen Aufnahme- und Versetzungsbestimmungen gefordert werden kann, bedarf einer weiteren eingehenden Prüfung. Dafür spricht, dass die auch für genehmigte Ersatzschulen zu fordernde Gleichwertigkeit der Ausbildung nur bei Anwendung der Versetzungsbestimmungen auch den Wechsel von solchen Schulen auf entsprechende staatliche Schulen problemlos ermöglicht (vgl. Ziff. 12 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c VVPSchG). Nicht zu verkennen ist andererseits, dass mit dem Erfordernis der Beachtung der staatlichen Aufnahmevoraussetzungen der Kreis der potentiellen Besucher nur genehmigter Ersatzschulen deutlich reduziert wird und dies Bedeutung für das Privatschulwesen insgesamt haben mag. Es erscheint auch fraglich, ob die im Vorgriff auf eine zukünftige Anerkennung abverlangte Einschränkung der Aufnahmefreiheit geeignet und erforderlich ist, um Aufschluss über die dauerhafte Fähigkeit zum Betrieb einer künftig anerkannten Ersatzschule zu geben. Einen direkten Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Privatschulfreiheit stellt dieses Erfordernis indes nicht dar, denn durch sie wird allein das Recht auf Betätigung in der Weise geschützt, dass die eine genehmigte private Schule besuchenden Schüler damit ihrer Schulpflicht genügen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 - 1 BvL 24/64 -, BVerfGE 27, 195 [201 ff.]; Füssel, in: Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010 TZ 15.653). Darüber hinausgehende hoheitliche Kompetenzen, insbesondere das Recht auf Abnahme staatlich anerkannter Prüfungen, sind damit nicht verbunden. Vielmehr ist der Staat, unter dessen Aufsicht das gesamte Schulwesen nach Art. 7 Abs. 1 GG steht, dazu berechtigt, die Beachtung der für die öffentlichen Schulen geltenden Vorschriften zur Voraussetzung für die staatliche Anerkennung privater - genehmigter - Schulen zu machen und - erst - mit dieser Anerkennung die Übertragung hoheitlicher Rechte wie die Durchführung staatlich anerkannter Prüfungen zu verbinden. Die Frage, welche Berechtigungen Prüfungen und Zeugnisse nach außen vermitteln, ist Teil des Berechtigungswesens und stellt insoweit eine eigene staatliche Aufgabe dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.11.1969 a.a.O. S. 206 f.).
Ob gleichwohl die in Ziff. 12 Abs. 2 Satz 1 VVPSchG genannte Frist von drei Jahren auch auf die Pflicht zur Beachtung der für öffentliche Schulen geltenden Aufnahmebestimmungen Anwendung finden darf, kann bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung nicht abschließend entschieden werden. Einer solchen Entscheidung bedarf es im vorliegenden konkreten Fall auch nicht, denn unabhängig hiervon kann sich die Antragstellerin nicht auf einen Anspruch auf Anerkennung nach § 10 Abs. 1 PSchG berufen. Die Voraussetzungen dafür, dass die Antragstellerin die Gewähr dafür bietet, dauerhaft die an entsprechende öffentliche Schulen gestellten Anforderungen zu erfüllen, liegen nach Aktenlage - derzeit - wegen ihres eigenen Fehlverhaltens und nicht wegen des Erfordernisses einer dreijährigen „Bewährungszeit“ nach Ziff. 12 Abs. 2 VVPSchG nicht vor.
Zum einen wäre es nach der seitens des Antragsgegners vor dem Verwaltungsgericht dargelegten Übung möglich gewesen, die Anerkennung so frühzeitig auszusprechen, dass bereits der erste Abiturjahrgang eine „ordentliche“ Abiturprüfung hätte ablegen können. Zum anderen war die staatliche Anerkennung über die Genehmigung hinaus das klar erkennbare Ziel der Antragstellerin. Dies zeigt sich nicht nur darin, dass bei der Aufnahme von Schülern allem Anschein nach von einem möglicherweise von der „ordentlichen Abiturprüfung“ abweichenden Abschluss nicht die Rede war, sondern ergibt sich auch aus dem eigenen Vortrag, wonach es der Antragstellerin wichtig war, sich den staatlichen Aufnahmevoraussetzungen entsprechend zu verhalten und sie aus diesem Grund auch mit dem Antragsgegner in Kontakt getreten ist. Diesem eigenen Anspruch ist die Antragstellerin jedoch in der Vergangenheit nicht gerecht geworden. Anders als von ihr vorgetragen ist nicht nur ein einzelner sondern sind mehrere Verstöße gegen die AufnahmeVO zu verzeichnen, die zu unterschiedlichen Zeiten (03.09.2008, 20.04./29.04./ 05.05.09, 18.08.09) stattgefunden haben und zum überwiegenden Teil weniger als zwei Jahre zurückliegen. Dabei ist unerheblich, in welches der drei beruflichen Gymnasien die Aufnahmen erfolgten, denn unabhängig von deren unterschiedlichen Profilen galten für alle drei Gymnasien identische Aufnahmebedingungen und erfolgte die Aufnahme durch dasselbe gemeinsame Sekretariat und dieselbe gemeinsame Schulleitung. Damit ist aber die in § 10 Abs. 1 PSchG geforderte positive Prognose derzeit nicht möglich und besteht daher auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Position der Antragstellerin derzeit kein Anerkennungsanspruch.
Damit kommt es auch auf die Ausnahmevorschrift der Ziff. 12 Abs. 2 Satz 2 VVPSchG nicht an. Im Übrigen könnte sich die Antragstellerin hierauf auch nicht berufen, denn sie betrifft lediglich identische Schultypen derselben Schulart. Dass sie Trägerin mehrerer staatlich anerkannter Berufskollegs in Baden-Württemberg ist, ist unerheblich. Nach § 4 Abs. 1 SchG ist das Schulwesen in Baden-Württemberg in bestimmte Schularten untergliedert, die ihrerseits wiederum in Schultypen unterteilt sein können. Für die Schulart Gymnasium sind die möglichen Schultypen in der Verordnung des Kultusministeriums über die Schultypen des Gymnasiums (vom 12.07.2000, GBl. S. 551, zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.12.2002, GBl. 2003 S. 63) geregelt. § 1 Abs. 2 dieser Verordnung nennt als Untergliederung des beruflichen Gymnasiums den agrarwissenschaftlichen, biotechnologischen, ernährungswissenschaftlichen, sozialpädagogischen, technischen und wirtschafts-wissenschaftlichen Schultyp. Bei der hier zu betrachtenden naturwissenschaftlichen Richtung handelt es sich um einen Schulversuch, der schon aus diesem Grund mit keinem anderen Schultyp verglichen werden kann. Einen schulartenübergreifenden Typus „berufliche Schule“ gibt es nicht. Dass Ziff. 12 Abs. 2 Satz 2 VVPSchG nicht im von der Antragstellerin vorgetragenen Sinne verstanden werden kann, ergibt sich neben dem normenhierarchischen Argument, wonach der Verordnungsgeber die gesetzliche Gliederung nach Schularten und deren Unterscheidung zu beachten hat, auch aus Sinn und Zweck der Norm selbst. Auf die Bewährungszeit könnte nur dann verzichtet werden, wenn sich die Zuverlässigkeit des Schulträgers aus dem Betrieb einer vergleichbaren, bereits anerkannten Ersatzschule ergäbe. Da sich die entsprechenden Anforderungen aber u.a. auf Lehrpläne und die Qualifikation des Lehrpersonals beziehen und diese von Schulart zu Schulart differieren, kann sich die in Ziff. 12 Abs. 2 Satz 2 VVPSchG genannte Ausnahme nur auf eine weitere Ersatzschule desselben Schultyps innerhalb derselben Schulart beziehen.
10 
Auch der Umstand, dass die Schulversuchsbestimmungen, auf deren Grundlage die Genehmigung des beruflichen Gymnasiums der naturwissenschaftlichen Richtung der Antragstellerin erfolgte, eine Schulfremdenprüfung ursprünglich nicht vorgesehen haben, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Zum einen führte die nachträgliche Änderung dieser Bestimmungen rückwirkend zum 01.08.2010 nicht zur Verletzung schutzwürdigen Vertrauens der Antragstellerin, denn bereits im Zusammenhang mit der Genehmigung wurde sie darauf hingewiesen, dass eine Schulfremdenprüfung möglicherweise erforderlich werden könnte. Dieses Erfordernis ist nach Aktenlage als Folge der im Dezember 2009 vom Antragsgegner festgestellten - unstreitigen - Verstöße gegen die AufnahmeVO eingetreten und daher allein der Antragstellerin zuzurechnen. Im Fall der Beanstandungsfreiheit hätte entsprechend der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht protokollierten Verwaltungspraxis eine Anerkennung noch rechtzeitig vor dem Abiturtermin ausgesprochen werden können, so dass es eines Verweises auf eine Schulfremdenprüfung nicht bedurft hätte. Entsprechende Hinweise erfolgten auch nach dem Vortrag der Antragstellerin bereits im Dezember 2009 und Januar 2010 und somit rechtzeitig vor Beginn des letzten Schuljahres. Zum anderen wäre ohne die erfolgte Änderung der Schulversuchsbestimmungen im Oktober 2010 nicht etwa eine „ordentliche“ Abiturprüfung, sondern gar keine reguläre Abschlussprüfung möglich gewesen, so dass diese Änderung lediglich dazu diente, einen (schul-)rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts verwiesen.
11 
Dass die Schüler an - noch - nicht anerkannten Privatschulen zur Ablegung von Schulfremdenprüfungen verpflichtet sind, stellt in dieser Allgemeinheit keinen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 4 GG dar. Eine Gefährdung des Privatschulwesens könnte nur dann eintreten, wenn entweder eine staatliche Anerkennung und die damit ermöglichte ordentliche (Abitur-)prüfung überhaupt nicht vorgesehen wäre oder aber nur unter Voraussetzungen ausgesprochen würde, die von den Schulträgern kaum erfüllt werden könnten. Davon kann jedoch keine Rede sein.
12 
Auch auf die Verletzung des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes deswegen, weil sich der Verweis auf die Schulfremdenprüfung von Schülern an privaten, nicht anerkannten beruflichen Gymnasien lediglich in §§ 32 ff. BGVO finde, kann sich die Antragstellerin nicht berufen. Zum einen wären - einen entsprechenden Verstoß unterstellt - dadurch primär die Schüler selbst in ihren Rechten betroffen. Der Nachteil, den dies für die Antragstellerin bedeutete, wäre wohl als bloßer Reflex anzusehen (vgl. Urteil des Senats vom 17.12.2002 - 9 S 913/02 -, DÖV 2003, 731). Zum anderen aber liegt tatsächlich weder ein Eingriff in Rechte der Schüler noch der Antragstellerin selbst vor. Da sich, wie ausgeführt, aus Art. 7 Abs. 4 GG ein Recht auf Genehmigung und darüber hinaus allenfalls ein Recht auf Anerkennung privater Schulen dann ergibt, wenn die hierfür bestehenden Voraussetzungen erfüllt sind (§ 10 Abs. 1 PSchG i.V.m. den Anforderungen nach der VVPSchG), stellt das Erfordernis der Durchführung einer Schulfremdenprüfung anstelle einer „ordentlichen Abiturprüfung“ nichts anderes als den Normalzustand in der Zeit dar, in der ein Anspruch auf Anerkennung noch nicht besteht. Die Regelung dieses Zustandes kann auch durch den Verordnungsgeber erfolgen. Ob die Zulassung zur Schulfremdenprüfung, wie dies in § 36 Abs. 1 Nr. 2 BGVO anders als in § 36 der Verordnung des Kultusministeriums über die Jahrgangsstufen sowie über die Abiturprüfung an Gymnasien der Normalform und Gymnasien in Aufbauform mit Heim (vom 24.07.2001, GBl. S. 518, zuletzt geändert durch Verordnung vom 20.02.2007, GBl. S. 188 - NGVO -) gefordert wird, auch die Erfüllung der Aufnahmevoraussetzungen für das berufliche Gymnasium der dreijährigen Aufbauform voraussetzen darf, begegnet zwar Zweifeln, braucht vorliegend aber nicht entschieden zu werden, denn diese Regelung betrifft allein den Zugang zur Schulfremdenprüfung. Deren Fehlerhaftigkeit unterstellt, könnte dies nicht dazu führen, dass der Antragstellerin, entsprechend ihren Anträgen, die Durchführung einer „ordentlichen Abiturprüfung“ oder einer dieser Prüfung angenäherten „Abwandlung“ der Schulfremdenprüfung ermöglicht würde.
13 
Der Hinweis der Antragstellerin auf das 1996 vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelte Verfahren 6 C 1.95 führt nicht weiter, da beide Verfahren augenscheinlich nicht miteinander verglichen werden können. Dort wurde ausdrücklich „das Erfordernis der staatlichen Anerkennung“ einer bestimmten Schule als grundrechtlicher Eingriff bezeichnet. Ein entsprechendes Erfordernis besteht vorliegend nicht.
14 
Auch hinsichtlich der Hilfsanträge auf modifizierte Gestaltung der Abiturprüfung besteht kein Anordnungsanspruch. Da nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung ein Eingriff in die Rechte der Antragstellerin nicht erkennbar ist, besteht auch für ein graduelles Abweichen von §§ 32 ff. BGVO kein Anlass. Im Übrigen ist nach dem Vortrag des Antragsgegners die von der Antragstellerin in Anspruch genommene Verwaltungspraxis zwischenzeitlich auch geändert.
15 
Da es bereits an einem Anordnungsanspruch fehlt, kommt es auch auf die Frage, ob ein Anordnungsgrund besteht, nicht mehr an.
16 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung der Nrn 1.5 und 38.6 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Apr. 2011 - 9 S 884/11

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Apr. 2011 - 9 S 884/11

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Apr. 2011 - 9 S 884/11 zitiert 7 §§.

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 7


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Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 25.08.2010 wird wieder hergestellt.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 5.000, - EUR fe
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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1 Die Klägerin, die in Baden-Württemberg verschiedene berufsbildende Ersatzschulen betreibt, begehrt mit der vorliegenden Kla

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 23. Okt. 2012 - 9 S 2188/11

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. Februar 2011 - 4 K 750/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 25.08.2010 wird wieder hergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000, - EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wendet sich im Eilverfahren gegen einen Bescheid, mit dem ihm untersagt wird, bestimmte Schüler in seine private Realschule aufzunehmen und zu beschulen.
Der Antragsteller betreibt in W. die private Grund- und Hauptschule „Freie Schule A. e. V.“ als Ganztageseinrichtung. Diese Schule wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 12.06.2008 nach dem Privatschulgesetz - PSchG - genehmigt. Ein danach gestellter Antrag auf staatliche Anerkennung dieser Schule ab dem Schuljahr 09/10 nach § 10 PSchG wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums vom 15.02.2010 abgelehnt. Die dagegen am 12.04.2010 erhobene Verpflichtungsklage ist hier unter dem Aktenzeichen 4 K 750/10 anhängig.
Seit dem Schuljahr 09/10 betreibt der Antragsteller am gleichen Ort, unter gleichem Namen und in gleicher Form zusätzlich eine private Realschule, die mit bestandskräftigem Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 12.08.2009 ebenfalls genehmigt wurde. Im Juli 2010 wurde dem Regierungspräsidium bekannt, dass an der privaten Realschule auch Schüler aus der vom Antragsteller betriebenen privaten Grundschule unterrichtet werden und künftig dort aufgenommen werden sollen, obwohl diese eine den staatlichen Vorschriften entsprechende Bildungsempfehlung oder bestandene Aufnahmeprüfung (vgl. § 1 Abs. 1 Aufnahmeverordnung) nicht besitzen. Mit Schreiben vom 12.08.2010 räumte das Regierungspräsidium dem Antragsteller im Hinblick auf einen beabsichtigten Widerruf der Genehmigungen vom 12.06.2008 und vom 12.08.2009 eine Frist zur Stellungnahme bis zum 10.09.2010 ein. Ein Widerruf der Genehmigungen ist bisher nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 25.08.2010, zugestellt am 27.08.2010, untersagte das Regierungspräsidium dem Antragsteller, Schülerinnen und Schüler ohne Bildungsempfehlung oder regulär bestandener Aufnahmeprüfung für die Realschulen oder Gymnasien in seine private Realschule (Ersatzschule) aufzunehmen und zu beschulen (1.) und ordnete hinsichtlich dieser Regelung den Sofortvollzug an (2.). Zur Begründung wurde ausgeführt, im geltenden dreigliedrigen allgemeinbildenden Schulsystem sei die Aufnahme von Grundschülern in die weiterführenden Schulen in der Aufnahmeverordnung festgelegt. Diese Rechtsverordnung gelte nicht nur für öffentliche Schulen, sondern auch für staatlich anerkannte Privatschulen. Aus dem Umstand, dass lediglich genehmigte Privatschulen weder eine Aufnahmeprüfung im Sinne dieser Verordnung noch eine allseits geltende Bildungsempfehlung aussprechen dürften, sei nicht der Schluss zu ziehen, der Antragsteller könne nach Belieben Schülerinnen und Schüler in Privatschulen aufnehmen und damit die vom Gesetzgeber eingeführte Dreigliedrigkeit „ad absurdum“ führen. Mit § 4 Abs. 2 PSchG erhalte eine genehmigte Privatschule das Recht, Kinder und Jugendliche zur Erfüllung ihrer Schulpflicht aufzunehmen. Wenn dabei vom Gesetzgeber geschaffene Regelungen nicht beachtet würden, dürfe die Exekutive dies nicht dulden. Dies diene der Sicherstellung der für die jeweilige Schulart nicht Geeigneten vor Überforderung in einem zu starken Leistungsumfeld und damit deren Schutz. Im Weiteren wurde die Sofortvollzugsanordnung begründet und bemerkt, der Antragsteller sei am 25.08.2010 gegen 10.35 Uhr zur beabsichtigten „sofortigen Anordnung“ angehört worden.
Am 02.09.2010 hat der Antragsteller gegen diesen Bescheid Klage erhoben (4 K 1818/10) und bereits am 31.08.2010 hier den vorliegenden Eilantrag gestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, der Bescheid lege nicht dar, aus welcher Rechtsvorschrift sich die Geltung der Aufnahmeverordnung für nicht anerkannte, aber genehmigte Ersatzschulen ergebe. Nach § 2 Abs. 2 SchG finde das Schulgesetz auf Schulen in freier Trägerschaft nur Anwendung, soweit dies ausdrücklich bestimmt sei. Dies gelte auch für die aufgrund der Ermächtigungsnormen im Schulgesetz erlassenen Verordnungen. Diese seien auf Schulen in freier Trägerschaft nur anwendbar, soweit dies ausdrücklich bestimmt sei. Im Regelfall könne die Schulpflicht auch an einer genehmigten Ersatzschule erfüllt werden. Die Schüler, die seine Realschule besuchten, würden daher nicht gegen ihre Schulpflicht verstoßen. Mit der Aufnahme von Schülern ohne Bildungsempfehlung oder Aufnahmeprüfung werde einem Betreiber einer lediglich genehmigten Ersatzschule kein Freibrief für die Unterschreitung der Qualität ausgestellt, die mit der genehmigten Schulart zusammenhänge. Selbstverständlich müsse an seiner genehmigten Realschule Unterricht auf dem Niveau einer Realschule erteilt und - wie dies in seinem Konzept vorgesehen sei - die Lehrpläne für öffentliche Schulen beachtet werden. Die staatliche Schulaufsicht sei berechtigt, die Einhaltung dieser Qualitätsmerkmale zu überprüfen. Auch könne kontrolliert werden, ob einzelne Schüler mit diesen Anforderungen überfordert würden, denn auch dies würde gegen das genehmigte Schulkonzept verstoßen. Im Übrigen habe er auch kein Interesse an der Aufnahme ungeeigneter Schüler in seine Realschule, da die Schüler, wenn die Anerkennung der Realschule nicht erfolge, am Ende die Schulfremdenprüfung bestehen sollten und dies nur könnten, wenn sie erfolgreich unterrichtet worden seien. Soweit in die Realschule Schüler der eigenen Grundschule aufgenommen worden seien oder werden sollen, erfolge die Aufnahme auf der Grundlage folgenden Ablaufs: Zum Ende des ersten Halbjahres der 4. Klasse würden die Lehrkräfte der Grundschule intensive Gespräche mit den Eltern, die Entwicklungsgespräche genannt würden, führen. Hierbei werde der mögliche weitere Bildungsgang eines Schülers erörtert, seitens der Lehrer eine Empfehlung ausgesprochen und mit den Eltern diskutiert, welche Schritte zur Umsetzung erforderlich seien. Die Empfehlung der Lehrkräfte werde aufgrund von Beratungen der Lehrerkonferenz erteilt. An dieser wöchentlichen Konferenz nähmen die Lehrkräfte aller seiner Schulen teil. Schriftlich dokumentiert sei die Empfehlung als solche nicht, wohl aber die Beobachtungen der Lehrkräfte zum Entwicklungsstand und zu den erreichten Kenntnissen und Fertigkeiten.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums vom 25.08.2010 wieder herzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Bescheid verwiesen und ergänzend geltend gemacht, die Schularten des öffentlichen Schulwesens seien auch durch Privatschulen zu beachten. Nach § 4 Abs. 2 PSchG dürften Privatschulen Kinder und Jugendliche zur Erfüllung der Schulpflicht unter Einhaltung der hierfür geltenden Bestimmungen aufnehmen. Die Schulpflicht könne jedoch nur in der Schulart erfüllt werden, für die eine Zugangsberechtigung vorliege. So könne ein Förderschüler z. B. nicht seine Schulpflicht an einem Gymnasium erfüllen. Die 3 Schüler aus seiner Grundschule, die der Antragsteller in seiner Realschule aufnehmen und beschulen wolle, hätten weder die geforderte Bildungsempfehlung noch eine Aufnahmeprüfung bestanden. Eine Bildungsempfehlung könne der Antragsteller nicht aussprechen, da er keine staatliche Anerkennung habe. Würde man dem Antragsteller das Recht zuerkennen, seine Schüler auch ohne Aufnahmeprüfung in die Realschule aufzunehmen, würde dies faktisch eine staatliche Anerkennung bedeuten, die die Grund- und Hauptschule Freie Schule Allgäu nicht besitze. Die Zugangsberechtigung für Realschulen sichere öffentlichen und privaten Realschulen Schüler, die von ihrer Begabung und ihrem Arbeitsverhalten geeignet seien, das Bildungsziel der Realschule zu erreichen. Wäre die Auffassung des Antragstellers richtig, würde eine derartige Schule zum „Mekka“ aller Schüler, die von öffentlichen Schulen oder staatlich anerkannten Schulen keine Bildungsempfehlung für eine Realschule oder ein Gymnasium erhalten oder eine entsprechende Aufnahmeprüfung nicht bestanden hätten oder diese wegen leistungsbedingter Schwächen sogar verlassen müssten. Dies würde zu unterschiedlichen Ligen privater Realschulen oder Gymnasien führen, nämlich zu denen, die das jeweilige Bildungsziel mit Sicherheit erreichen würden und zu jenen, bei denen dies permanent zumindest in Frage stehe. Bei einer Realschulzeit von 6 Jahren würde sich dieser Mangel jeweils erst am Ende herausstellen, womit dieser lange Zeitraum für die betroffenen Schüler unwiederbringlich verloren sei. Die Aufnahme ungeeigneter Schüler gefährde das Erreichen des Bildungsziels einer Schulart und den Schulerfolg der Schüler. Die Folgen einer fortwährenden Überforderung gelte es zu vermeiden, indem Zugangsberechtigungen die Wahl der Schulart eingrenzten. Voraussetzung sei dabei aber, dass die Zugangsberechtigungen standardisiert und nicht „nach eigenem Gusto“ vergeben würden. Nach aktueller Schülerzahlmeldung und Feststellungen vor Ort sei auch fraglich und klärungsbedürftig, ob die Antragstellerin die Realschule im Schuljahr 09/10 überhaupt betrieben habe und die Schülerzahl hierfür ausreichend sei.
11 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Antragsgegners vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
12 
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums vom 25.08.2010 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO wieder herzustellen, ist zulässig und begründet.
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Allerdings sind die formellen Voraussetzungen für die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Untersagungsverfügung erfüllt. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist im Bescheid vom 25.08.2010 gesondert und schriftlich sowie mit ausreichenden, auf den konkreten Fall bezogenen Gründen, die über den Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinausgehen, versehen (§ 80 Abs. 3 VwGO). Einer darüber hinausgehenden, inhaltlichen Überprüfung der Sofortvollzugsbegründung bedarf es nicht, da diese nur Bestandteil der formellen, verfahrensmäßigen Ermessensentscheidung der Sofortvollzugsanordnung ist, an die keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Schmidt in Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 80 RNr. 43).
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Bei der Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wieder herzustellen ist, sind die Interessen des Antragsstellers an einer Verschonung vom Vollzug der angefochtenen Maßnahmen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbehelf und das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen. Dabei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung. Hierbei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf bei der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als wahrscheinlich erfolgreich, so wird dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in der Regel zu entsprechen sein. Hat der Rechtsbehelf dagegen voraussichtlich keinen Erfolg, so überwiegt in der Regel auch das Vollzugsinteresse. Ist die Rechtslage offen, so muss eine von den Erfolgsaussichten des Hauptverfahrens unabhängige Folgenbetrachtung darüber entscheiden, ob die Interessen des Antragsstellers an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs überwiegen.
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Unter Anwendung dieser Grundsätze überwiegt hier das Suspensivinteresse des Antragsstellers, denn nach dem gegenwärtigem Erkenntnisstand ist der Bescheid vom 25.08.2010 voraussichtlich rechtswidrig und deshalb im Hauptsacheverfahren wohl aufzuheben. Unter Berücksichtigung dieses Ergebnisses fällt die gebotene Interessenabwägung zu Lasten des Antragsgegners aus.
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Der fragliche Bescheid dürfte aus materiell - rechtlichen Gründen wegen eines Verstoßes gegen die Privatschulfreiheit rechtswidrig sein, so dass offen bleiben kann, ob der Untersagungsverfügung eine ordnungsgemäße Anhörung voraus ging. Zwar wird im Bescheid vom 25.08.2010 eine vorherige telefonische Anhörung behauptet; die vorgelegte Behördenakte enthält hierzu jedoch nichts, auch nicht etwa einen Aktenvermerk über eine telefonische Anhörung.
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Ebenfalls offen bleiben kann die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die in der Hauptsache angefochtene Untersagungsverfügung, die als Eingriff in die nach Art. 7 Abs. 4 Sätze 1 und 2 GG garantierte Privatschulfreiheit einer Ermächtigung bedarf, beruht. Im Bescheid vom 25.08.2010 und in der Antragserwiderung finden sich hierzu keine Ausführungen. Das Schulgesetz und das Privatschulgesetz enthalten voraussichtlich für eine solche Maßnahme gegenüber einer genehmigten, aber nicht anerkannten Privatschule keine Ermächtigungsgrundlage. Das Schulgesetz ist für Privatschulen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SchG nur anwendbar, soweit dies ausdrücklich geregelt ist. Dies gilt nach § 32 Abs. 2 SchG auch für den Umfang der Schulaufsicht über eine Privatschule, der sich ausschließlich nach Art. 7 GG und dem Privatschulgesetz bestimmt. Damit dürften das Schulgesetz und die allgemeine Schulaufsicht als Ansatz für eine Eingriffsgrundlage (etwa als Annex zur Schulaufsicht) ausscheiden. Im Privatschulgesetz aber findet sich wohl weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Ermächtigung für eine Untersagung der Aufnahme und Beschulung von Schülern in einer (lediglich) genehmigten Ersatzschule. Die Errichtung und der Betrieb einer Ersatzschule unterliegt zwar einem Genehmigungsvorbehalt (§ 4 PSchG) und erfordert die Gewährleistung bestimmter, schon im Grundgesetz in Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 GG verankerter Genehmigungsvoraussetzungen (§ 5 PSchG). Die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen nebst etwaiger Auflagen kann auch überwacht und gegebenenfalls bei erheblichen Verstößen mit einem Widerruf der Genehmigung (nach § 49 LVwVfG) sanktioniert werden. Eine Ermächtigung zur Untersagung einzelner Schulbetriebshandlungen einer genehmigten Privatschule per Verwaltungsakt lässt sich diesen Vorschriften aber weder allgemein noch für den hier strittigen Fall einer Schüleraufnahme und -beschulung entnehmen. Eine vergleichbare Ermächtigung findet sich im Privatschulgesetz lediglich in § 8 PSchG. Diese Norm betrifft jedoch ausschließlich das Lehrpersonal, ist begrenzt auf die Untersagung einer Tätigkeit als Schulleiter oder Lehrer an einer Ersatzschule bei Ungeeignetheit, erfasst den vorliegenden Sachverhalt mithin nicht und lässt sich hierauf wohl auch nicht analog anwenden. Schließlich enthalten auch die Vorschriften zum Vollzug des Privatschulgesetzes - VVPSchG - vom 20.07.1971 (GBl. 1971, 347 ff. - aktuelle Fassung) oder die Aufnahmeverordnung vom 01.08.1983 (GBl. 1983, 397 f. - aktuelle Fassung), falls diese hier anwendbar wäre (dazu nachstehend), voraussichtlich keine Ermächtigungsgrundlage für die hier streitige Untersagung.
18 
Die im Bescheid vom 25.08.2010 enthaltene Untersagungsverfügung verstößt wahrscheinlich gegen die nach Art. 7 Abs. 4 Sätze 1 und 2 GG garantierte Privatschulfreiheit und ist voraussichtlich deswegen rechtswidrig.
19 
Die Privatschulfreiheit beschränkt sich nicht nur auf die Errichtung, sondern erstreckt sich auch auf den Betrieb einer Privatschule. Sie umfasst daher das Recht der freien Gestaltung der Schule sowie das Recht der freien Lehrer- und Schülerwahl. Das Recht der freien Schülerwahl bedeutet, dass die Privatschule in Abweichung von den Auslese- und Versetzungsgrundsätzen der öffentlichen Schule Schüler aufnehmen darf, soweit sie es erzieherisch verantworten kann (vgl. Avenarius/Heckel, Schulrechtskunde 7. Aufl. 2000, TZ 13.331; Robbers in von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz Kommentar Band 1, 4. Aufl. 1999, Art 7 RNr. 168; Maunz in Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar Band II, Art. 7 Abs. 4 RNr. 66). Dieses Recht darf die Privatschule allerdings nicht missbrauchen. Bei einer wahllosen Schüleraufnahme verletzt eine Ersatzschule den in Art. 7 Abs. 3 Satz 3 GG und in § 5 Abs. 1 PSchG verankerten Grundsatz der Gleichwertigkeit (vgl. Avenarius/Heckel, a. a. O.). Das heißt eine (nur) genehmigte Ersatzschule muss zwar unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit taugliche Kriterien für die Auswahl und Aufnahme von Schülern in einen bestimmten Schultyp haben, ist aber nicht zur Anwendung staatlicher Aufnahmebestimmungen verpflichtet. Dagegen können anerkannte Ersatzschulen durch das Landesrecht verpflichtet werden, die für entsprechende öffentliche Schulen geltenden Aufnahmebestimmungen zu beachten (vgl. Avenarius/Heckel, a. a. O.; BVerwG, Urteil vom 18.11.1983, 7 C 114/81, BVerwGE 68, 185 ff.). Dies ist in Baden-Württemberg durch § 10 PSchG und Abschnitt 12. Abs. 1 Nr. 1 d) VVPSchG geschehen, wonach eine Anerkennungsvoraussetzung die Anwendung der für entsprechende öffentliche Schulen geltenden Aufnahme- und Versetzungsbestimmungen ist. Auf lediglich genehmigte Ersatzschulen sind diese Bestimmungen aber nicht anwendbar, auch nicht unter Beachtung des für sie geltenden, die Erziehungsziele umfassenden Gleichwertigkeitsgrundsatzes (vgl. Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG und § 5 PSchG). Bei Letzterem ist nämlich zu beachten, dass die Prüfung, ob die Erziehungsziele gleichwertig sind, im Einzelfall äußerst schwierig ist und nicht dazu verleiten darf, nur solche Ersatzschulen zu genehmigen, die die Lehr- und Erziehungsziele öffentlicher Schulen verfolgen. Unter Beachtung der Privatschulfreiheit bedeutet dies, dass die Versagung einer Genehmigung nicht auf bloße Zweifel der Schulverwaltung an der Gleichwertigkeit, sondern nur auf eine Wertverschiedenheit der Erziehungsziele gestützt werden kann, die sich objektiv, das heißt nach allgemein erprobten und gebilligten erzieherischen Gesichtspunkten nachweisen lässt (vgl. Maunz, a. a. O., RNr. 75).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze dürfte - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - die Aufnahmeverordnung für die Aufnahme von Schülern in die genehmigte, aber nicht anerkannte private Realschule unter keinem Gesichtspunkt anwendbar sein. Wie oben bereits dargelegt ergibt sich deren Anwendung nicht aus einer ausdrücklichen, positiven Erstreckungsregelung; hierzu findet sich weder im Schul- oder Privatschulgesetz noch in der Aufnahmeverordnung selbst eine Vorschrift diesen Inhalts. Die Anwendbarkeit ergibt sich aber auch nicht mittelbar, etwa unter dem oben diskutierten Erfordernis der Gleichwertigkeit einer genehmigten Ersatzschule in ihren Erziehungs- und Lehrzielen. Denn unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit dürfte das vom Antragsteller praktizierte Auswahlverfahren für die Schüler seiner gleichfalls genehmigten Grundschule im Übergang auf seine genehmigte Realschule ausreichen. Dass die Real- und Grundschule des Antragsstellers diese Schüler willkürlich oder in einem gänzlich ungeeigneten Verfahren bestimmt, behauptet auch der Antragsgegner nicht. Ebenso wenig stellt er die Gleichwertigkeit - nicht Gleichartigkeit - des praktizierten Verfahrens mit dem staatlichen Aufnahmeverfahren nach der Aufnahmeverordnung substantiiert in Frage, denn er setzt sich mit dem konkreten Auswahl- und Aufnahmeverfahren des Antragstellers nicht inhaltlich auseinander, sondern bemängelt lediglich die Abweichung zu den Regelungen der - nicht anwendbaren - Aufnahmeverordnung. Dies ist nicht maßgebend und unter Beachtung der Grundsätze der Privatschulfreiheit auch nicht ausreichend. Die Kammer selbst hegt im summarischen Verfahren keine Zweifel an der Gleichwertigkeit und Tauglichkeit des dargelegten, gegenwärtig praktizierten Auswahl- und Aufnahmeverfahrens des Antragstellers. Dieses dient den gleichen Zielen - Auswahl geeigneter Schüler für die jeweilige Schulart - und wendet vergleichbare Methoden an - Eignungsbeurteilung durch die Lehrer unter Einbeziehung der Eltern - wie das staatliche Aufnahmesystem. Im Übrigen obliegt es dem Hauptsacheverfahren, dies näher zu prüfen, wobei - wie oben dargelegt - bloße Zweifel an der Gleichwertigkeit materiell unter Beachtung der Privatschulfreiheit insoweit nicht ausreichend sein dürften.
21 
An dieser Beurteilung der Sach- und Rechtslage ändern die weiteren Einwände des Antragsgegners nichts. Der Antragsteller führt durch ein anderes, aber gleichwertiges Aufnahmeverfahren weder die Dreigliedrigkeit des staatlichen Schulsystems „ad absurdum“ noch ist darin gar ein Grund für die Annahme zu sehen, ein so ausgewählter Schüler erfülle an der privaten Realschule des Antragstellers seine Schulpflicht nicht. Das Gegenteil ist der Fall, denn § 4 Abs. 2 PSchG bestimmt gerade, dass durch den Besuch einer genehmigten Privatschule - jedenfalls solange die Genehmigung wie hier vorhanden ist - der Schulpflicht genügt wird. Weiter ist bei einem gleichwertigen Auswahlverfahren nicht generell zu befürchten, dass diese Schüler an der weiterführenden Schule leistungsmäßig generell überfordert sein und das jeweilige Bildungsziel nicht erreichen werden, zumal dies im Einzelfall auch, trotz Aufnahmeverordnung, bei Schülern öffentlicher Schulen vorkommt. Schließlich ist nicht zu befürchten, dass die Realschule des Antragsstellers zu einem „Mekka“ all jener Schüler wird, die von öffentlichen Schulen oder staatlich anerkannten Schulen keine Bildungsempfehlung für eine Realschule oder ein Gymnasium erhalten oder eine entsprechende Aufnahmeprüfung nicht bestanden haben oder diese wegen leistungsbedingter Schwächen sogar verlassen mussten. Denn nach dem vom Antragsteller praktizierten und dargelegten Aufnahmeverfahren ist die Aufnahme von fremden Schülern anderer Grundschulen, die seinen Lehrern nicht bekannt sind und die sie deshalb auch nicht beurteilen können, ohne Bildungsempfehlung oder Aufnahmeprüfung weder vorgesehen noch möglich. Für eine erfolgte oder geplante Aufnahme von Schülern an der Realschule des Antragstellers ohne - eigene - Empfehlung oder ohne Erfüllung der staatlichen Aufnahmevorschriften bestehen keine Anhaltspunkte. Die vom Antragsgegner insoweit geäußerten Befürchtungen und Folgen sind daher nicht zu erwarten und eher theoretischer Natur.
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Der Eilantrag hat demgemäß in vollem Umfang Erfolg.
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hiernach trägt der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens, weil er unterliegt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.). Dabei orientiert sich die Kammer mangels anderweitiger Anhaltspunkte für eine Bemessung am gesetzlichen Auffangwert. Eine analoge Anwendung der Nr. 38.2 des Streitwertkatalogs für einen Streit um die Genehmigung zum Betrieb einer Ersatzschule (30.000 EUR) ist hier nicht angebracht, da sich die Untersagungsverfügung hierzu nicht verhält und (allenfalls) mittelbar die Fortdauer dieser nicht streitgegenständlichen Genehmigung in Frage stellt. Angesichts der besonderen Bedeutung des Rechtsstreits für den Antragsteller sieht das Gericht allerdings keine Veranlassung, diesen Wert im Eilverfahren nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.