Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. Mai 2011 - 8 S 93/11

published on 11/05/2011 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 11. Mai 2011 - 8 S 93/11
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Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Dezember 2010 - 13 K 4360/10 - geändert. Der Antrag wird abgelehnt

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks, das im Geltungsbereich der Ortsbausatzung der Antragsgegnerin vom 25.06.1935 (Baustaffel 8) sowie einer Erhaltungssatzung für Gebiete der Städtebaulichen Gesamtanlagen vom 16.06.1988 liegt. Es ist mit einer 2½ geschossigen “Stadtvilla“ bebaut, deren Errichtung eine Baugenehmigung vom 04.08.1908 mit Nachtragsbaugenehmigung vom 22.01.1909 zugrunde liegt. In den damals genehmigten Bauzeichnungen reicht das Erdgeschoss an der Rückseite des Gebäudes teilweise über das Obergeschoss hinaus (Anbau); daneben sind eine überdachte Veranda und eine Terrasse eingezeichnet. Am 02.11.1992 erteilte die Antragsgegnerin unter Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und Nutzungsart eine Baugenehmigung zur Nutzung und zum Umbau als städtisches Chemisches Institut einschließlich einer Erweiterung des Anbaus auf den Flächen der ehemals genehmigten Veranda und Terrasse. Am 03.07.2001 erteilte sie ihre Zustimmung und eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung zur Erweiterung und zum Umbau des Gebäudes im ersten Obergeschoss, insbesondere durch Aufstockung des Anbaus mit einem verglasten “Pausenraum“ nebst Balkon.
Der Antragsteller hat das Grundstück 2008 von der Antragsgegnerin erworben und möchte das Gebäude als Rechtsanwaltskanzlei nutzen. Auf seinen Bauantrag vom 25.02.2009 erteilt die Antragsgegnerin ihm am 21.07.2009 unter Abweichung von § 5 Abs. 1 LBO sowie Befreiung von Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe und -höhe und Summe der Seitenabstände sowie unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen für den Baubeginn eine Baugenehmigung sowie eine Genehmigung nach der Erhaltungssatzung für Umbau und Nutzungsänderung in ein Wohn-/Bürogebäude mit zehn Kfz-Stellplätzen. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt. In den Grundrissen für das Ober- und Dachgeschoss sind im Anbau ein vergrößerter “Pausenraum“ nebst Balkon und darüber ein weiterer Balkon vorgesehen. Durch Wegfall von Dachschrägen soll der Anbau außerdem erhöht werden. Nachdem der von der Antragsgegnerin mit der bautechnischen Prüfung beauftragte Ingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die vom Bauherrn vorgelegte Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspreche, erteilte die Antragsgegnerin am 12.03.2010 den Baufreigabeschein.
In einem Aktenvermerk über eine Ortsbesichtigung am 13.04.2010 stellte die Antragsgegnerin fest, der Anbau sei komplett abgerissen und teilweise seien neue Außenwände errichtet worden. Mit Bescheid vom selben Tag verfügte sie daraufhin gegenüber dem Antragsteller die Einstellung der Bauarbeiten im Bereich des Anbaus auf der Ostseite des Gebäudes. Ferner drohte sie dem Antragsteller für den Fall der Fortsetzung der Bauarbeiten die Versiegelung der Baustelle an und gab ihm auf, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen. Der Abbruch des Anbaus weiche von der Baugenehmigung ab. Die Abweichung sei nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei und verstoße nach vorläufiger Prüfung gegen Vorschriften der Ortsbausatzung über Flächenausnützung, Gebäudetiefe sowie Summe der Seitenabstände und gegen § 5 LBO. Mit seinem Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist, macht der Antragsteller unter Hinweis auf Schreiben seines Architekten vom 28.04. und 23.06.2010 sowie eine gutachtliche Stellungnahme eines anderen Architekten vom 16.09.2010 geltend, der Anbau sei nicht vollständig abgebrochen worden. Sein Unterbau mit Fundament, Bodenplatte und Sockelmauerwerk sei weiterhin vorhanden und lediglich saniert worden. Nur aufsteigende Außenwände seien erneuert worden, weil sie infolge Durchfeuchtung und Alterung ihrer Bauteile keine ausreichende Tragfähigkeit für die genehmigte Aufstockung des Anbaus hätten. Die Erneuerung der Außenwände sei in den Plänen dargestellt, die dem Prüfingenieur vorgelegen hätten.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.12.2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet. Der Antrag sei zulässig und begründet. Es bestünden erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Baueinstellung. Zwar sei der Antragsteller von der erteilten Baugenehmigung insoweit abgewichen, als die in den Planunterlagen als Bestand eingetragenen Wände des Anbaus mit der Decke abgebrochen und die Wände fast vollständig neu errichtet worden seien. Diese Abweichung sei bei summarischer Prüfung aber verfahrensfrei, weil es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handele. Damit entfalle auch die Grundlage für die Androhung der Versiegelung der Baustelle.
Mit ihrer Beschwerde beantragt die Antragsgegnerin,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09.12.2010 - 13 K 4360/10 - zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Abbruch und Erneuerung der Außenwände seien nicht verfahrensfrei, insbesondere keine Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO. Dagegen spreche schon, dass mit dem Abbruch des Anbaus der Bestandsschutz dieses selbständigen Gebäudeteils entfallen sei.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der Anbau könne nicht isoliert betrachtet werden, da er in den Umbau des Gesamtgebäudes einbezogen sei und für sich allein baulich nicht bestehen könnte.
11 
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
12 
A. Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO) und begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe zwingen zur Änderung des angegriffenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung, soweit sie Gegenstand des Eilverfahrens ist (1.), das entgegenstehende Aufschubinteresse des Antragstellers, weil diese Verfügung insoweit mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist (2.).
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1. Die Verfügung vom 13.04.2010 ist bei sachdienlicher Auslegung des Antragsbegehrens (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) nur insoweit Gegenstand des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, als sie die Einstellung der Bauarbeiten anordnet und für den Fall der Fortsetzung dieser Arbeiten die Versiegelung der Baustelle androht. Denn nur insoweit entfällt kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO, § 12 LVwVG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. In Bezug auf die - nicht schon kraft Gesetzes vollziehbare - weitere Anordnung, die zur Beurteilung des begonnenen Vorhabens notwendigen Bauvorlagen vorzulegen, ist die sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) nicht angeordnet. Der Antragsteller hat insoweit auch keinen faktischen Vollzug geltend gemacht.
14 
2. Die Einstellung der Bauarbeiten (a)) und die Androhung der Versiegelung (b)) sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.
15 
a) Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 LBO kann die Baurechtsbehörde die Einstellung von Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder abgebrochen werden. Dies gilt nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO insbesondere, wenn bei der Ausführung eines Vorhabens von der erteilten Baugenehmigung abgewichen wird, es sei denn die Abweichung ist nach § 50 verfahrensfrei. In diesem Fall sichert die Baueinstellung die strikte Durchsetzung der formellen Genehmigungspflicht nach § 49 LBO und die damit bezweckte Ordnungsfunktion des Genehmigungsverfahrens. Zugleich beugt sie der Schaffung vollendeter Tatsachen vor. Anlass für ihre Anordnung kann mithin der bloße Verstoß gegen die formelle Genehmigungspflicht sein, ohne dass die Baurechtsbehörde verpflichtet ist, auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bauens zu prüfen (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1970 - II 274/67 - BRS 23 Nr. 203; Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Auflage, § 64 Rn. 1 m.w.N.). Ausreichend ist ein durch Tatsachen belegter "Anfangsverdacht". Es genügt, dass objektiv konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass ein mit der Rechtsordnung unvereinbarer Zustand geschaffen wird. Die Errichtung einer formell baurechtswidrigen (ungenehmigten) Anlage darf demgemäß vorbeugend gestoppt werden, wenn ihre Genehmigungsbedürftigkeit jedenfalls ernstlich zweifelhaft ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 20.09.1988 - 8 S 2171/88 - juris und vom 28.06.2010 - 8 S 708/10 - ESVGH 61, 34 ). Die Anordnung der Baueinstellung steht im Entschließungs- und Auswahlermessen der Baurechtsbehörde, das sie pflichtgemäß (§ 40 LVwVfG) auszuüben hat.
16 
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 64 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a) LBO sind erfüllt. Der Antragsteller ist bei der Ausführung seines Vorhabens von der am 21.07.2009 erteilten Baugenehmigung abgewichen und diese abweichende Bauausführung ist nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei.
17 
aaa) Die Abweichung liegt darin, dass der Antragsteller eine Innenwand, die drei Außenwände und die Decke des Anbaus abgebrochen und damit begonnen hat, neue Wände zu errichten. Diese Baumaßnahmen sind weder Gegenstand des Bauantrags vom 25.02.2009 noch der Baugenehmigung vom 21.07.2009. Im genehmigten Grundriss des Erdgeschosses vom 18.02.2009 sind eine Innenwand und die drei Außenwände des Anbaus, soweit sie nicht durch Fenster und Türen unterbrochen werden, grau und rot dargestellt, also als vorhandene (bleibende) Bauteile sowie als neues Mauerwerk (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 LBOVVO in der bei Einreichung und Genehmigung des Bauantrags noch geltenden a.F.). Lediglich das durch Vergrößerung alter oder Einbau neuer Fenster wegfallende Mauerwerk der alten Außenwände und eine weitere Innenwand (zwischen “Spülküche“ und “Chemielager“ des ehemaligen Chemischen Instituts) sind als zu beseitigende Bauteile gelb dargestellt (§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 LBOVVO). Der Einwand des Antragstellers, die Erneuerung der Außenwände sei in den Konstruktionsplänen dargestellt, die nach Erteilung der Baugenehmigung zur Erteilung des Baufreigabescheins eingereicht worden seien und dem Prüfingenieur vorgelegen hätten, greift schon deshalb nicht durch, weil für diese abweichende Ausführung des Bauvorhabens keine (Nachtrags-/Änderungs-) Baugenehmigung erteilt worden ist. Eine solche Genehmigung liegt insbesondere nicht in der Erteilung des Baufreigabescheins (§ 59 Abs. 1 LBO). Denn damit wird lediglich festgestellt, dass die in der Baugenehmigung für den Baubeginn enthaltenen Auflagen und Bedingungen erfüllt sind (§ 59 Abs. 1 Satz 2 LBO), und die Ausführung des Bauvorhabens - durch Aufhebung des mit der Genehmigungspflicht verbundenen präventiven Bauverbots - nur im Umfang der zuvor erteilten Baugenehmigung freigegeben. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin den Baufreigabeschein erteilt, nachdem der beauftragte Prüfingenieur am 11.03.2010 u.a. bestätigt hatte, dass die Ausführungsplanung der Baugenehmigung entspricht. Ob diese Bestätigung unzutreffend war - darauf könnte evtl. die Telefonnotiz über ein Gespräch mit dem Büro des Prüfingenieurs (Bauakte, Blatt 56) hindeuten, in der es heißt “In Schalplan sind neue Wände eingetragen als KSV-Wände“ - kann deshalb offen bleiben.
18 
bbb) Die abweichende Bauausführung ist, wie die Beschwerdebegründung im Ansatz zutreffend einwendet, nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei, insbesondere nicht als Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO.
19 
(1) Fraglich erscheint bereits, ob die mit der abweichenden Bauausführung verbundenen Baumaßnahmen überhaupt als Instandhaltungsarbeiten i.S. des § 50 Abs. 4 LBO angesehen werden können, wie der Antragsteller und ihm folgend das Verwaltungsgericht annehmen.
20 
Der mit der LBO-Novelle 1995 in Anlehnung an die Musterbauordnung, die Bauproduktenrichtlinie sowie § 5 BauPG übernommene Begriff “Instandhalten“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) umfasst die bis dahin in der Landesbauordnung verwendeten Begriffe Instandsetzung und Unterhaltung (LT-Drucks. 11/5337 S. 78). Dies sind bauliche Maßnahmen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs einer Anlage oder ihrer baulichen Substanz, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinflüsse entstandenen baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen, ohne die Identität der Anlage einschließlich ihres Nutzungszwecks zu ändern (Senatsurteil vom 27.01.1987 - 8 S 3427/86 - juris sowie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983 - 3 S 2040/83 - juris; Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 130 sowie § 50 Rn. 227; vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.01.2009 - 3 L 124/08 - NordÖR 2009, 134 und 179). Daran fehlt es, wenn die Baumaßnahmen ihrer Qualität nach so intensiv sind, dass sie die Standfestigkeit der Anlage berühren, so dass eine statische Nachberechnung der gesamten Anlage erforderlich wird, oder wenn der Arbeitsaufwand seiner Quantität nach den für eine neue Anlage erreicht oder gar übersteigt. Dabei kann auch das teilweise Auswechseln tragender Gebäudeteile im Einzelfall eine Instandsetzungs- oder Unterhaltungsmaßnahme sein, etwa wenn beschädigte Mauerteile eines Gebäudes nur zu einem Viertel bis einem Drittel der alten Bausubstanz erneuert werden (Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Instandhaltungsarbeiten sind zudem von der “Errichtung“ und dem “Ändern“ (§ 2 Abs. 12 Nr. 1 LBO) einer baulichen Anlage abzugrenzen, also insbesondere vom Wiederaufbau nach Zerstörung sowie von An- und Umbauten oder Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 126, 128).
21 
Gemessen daran erscheint zweifelhaft, ob Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke noch als Instandhaltungsarbeiten angesehen werden können. Zwar mag es sein, dass das Mauerwerk der Wände wegen Durchfeuchtung und Alterung zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des Anbaus und seiner baulichen Substanz erneuerungsbedürftig war, wie dies in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers beschrieben wird. Auch könnte sich der Umfang des erneuerten Mauerwerks möglicherweise noch in dem vom Senat im Urteil vom 27.01.1987 (a.a.O.) bezeichneten Rahmen von einem Viertel bis zu einem Drittel alter Bausubstanz halten. Bezugsanlage dürfte insoweit nicht nur - wie die Antragsgegnerin meint - der Anbau, sondern das Hauptgebäude zusammen mit dem Anbau sein, da die Räume des Anbaus nach den in der Vergangenheit erteilten Baugenehmigungen funktional in das Hauptgebäude integriert waren, der Anbau also gerade kein selbständiges Gebäude (§ 2 Abs. 2 LBO) war (vgl. Sauter, a.a.O. § 2 Rn. 37). Zudem hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass die Erneuerung der Außenwände des Anbaus keine statische Neuberechnung des Gesamtgebäudes erfordert. Gleichwohl dürfte die Identität des Gesamtgebäudes nicht mehr gewahrt sein. Zum einen führt der vollständige Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Außenwände des Anbaus zu Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild. Zum anderen spricht gegen eine bloße Instandhaltung der in den Stellungnahmen des Architekten des Antragstellers angedeutete Umstand, dass die Erneuerung der Außenwände gerade auch durch die genehmigten Änderungen und Umbauten im Ober- und Dachgeschoss und die damit einhergehende, jedoch offenbar erst nachträglich erkannte Notwendigkeit bedingt ist, die Tragfähigkeit der Außenwände des Anbaus im Erdgeschoss zu erhöhen. Denn damit bezweckt die Erneuerung der Außenwände qualitativ wohl mehr als nur den Erhalt der baulichen Substanz des Anbaus in seiner bisherigen Bestimmung.
22 
(2) Aber selbst wenn es sich um Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO handeln sollte, wären sie hier jedenfalls deshalb nicht i. S. des § 64 Abs. 1 Nr. 3 a) LBO “nach § 50 verfahrensfrei“, weil sie als unselbständiger Teil einer gleichzeitig ausgeführten genehmigungspflichtigen Änderung des gesamten Gebäudes und nicht als selbständiges Vorhaben ausgeführt werden sollen, das auch noch nach Fertigstellung des genehmigten Bauvorhabens jederzeit verfahrensfrei vorgenommen werden könnte (vgl. Sauter, a.a.O: § 64 Rn. 12).
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Die Genehmigungsplicht eines Vorhabens nach § 49 Abs. 1 LBO erstreckt sich auch auf verfahrensfreie Anlagen oder Einrichtungen, soweit sie unselbständige Teile dieses Vorhabens sind. Denn handelt es sich tatsächlich um ein einheitliches Vorhaben, dann ist auch in rechtlicher Hinsicht nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.09.1979 - III 1553/79 - juris; Sauter, a.a.O. § 49 Rn. 21). Dementsprechend erfasst die Verfahrensfreiheit nach § 50 Abs. 1 LBO nur selbständige Einzelvorhaben (Sauter, a.a.O. § 50 Rn. 4 m.w.N.). Für Instandhaltungsarbeiten i. S. des § 50 Abs. 4 LBO kann grundsätzlich nichts Anderes gelten, da auch insoweit nur eine einheitliche Behandlung und Entscheidung möglich ist. Sie sind deshalb ebenfalls genehmigungspflichtig, wenn sie unselbständiger Teil eines einheitlichen genehmigungspflichtigen Gesamtvorhabens sind (so auch schon Senatsurteil vom 27.01.1987, a.a.O.). Zwar ist es an sich Sache des Bauherrn, durch seinen Bauantrag festzulegen, was das Vorhaben und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (vgl. § 29 baugb> BVerwG, Urteil vom 04.07.1980 - 4 C 99.77 - DÖV 1980, 921; im Anschluss daran auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.06.2007 - 3 L 368/04 - NordÖR 2007, 458). Unter diesem Blickwinkel könnte man die Äußerungen des Antragstellers im Widerspruchs- und Eilverfahren möglicherweise so verstehen, dass er Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke als gesondertes eigenständiges Vorhaben abtrennen möchte. Eine derartige subjektive Trennung ist materiell-rechtlich jedoch nur erheblich, wenn ihr objektive Gegebenheiten nicht entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.07.1980, a. a. O.). Mit anderen Worten, was nach objektiven Kriterien baulich und funktional zusammengehört, kann nicht willkürlich auf Grund einer Willensentscheidung des Bauantragstellers in Einzelteile zerlegt werden (Senatsurteil vom 25.11.2009 - 8 S 2038/08 -; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.07.1998 - 3 S 1935/98 - juris). So liegt es hier. Abriss und Wiederaufbau der aufsteigenden Wände des Anbaus sowie von dessen Decke sind objektiv sowohl baulich als auch funktional Teil der genehmigungspflichtigen (Nutzungs-)Änderung des gesamten Gebäudes, insbesondere der beabsichtigten Aufstockung des Anbaus. Sie sollen und können nicht unabhängig von der Fertigstellung des genehmigten Gesamtvorhabens ausgeführt werden.
24 
Die Frage, ob die abweichend von der Baugenehmigung ausgeführten und noch auszuführenden Baumaßnahmen aus Gründen des Bestandsschutzes als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.03.1981 - 4 B 195.80 - NVwZ 1982, 38 m.w.N.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 17.01.1986 - 4 C 80.82 - BVerwGE 72, 362 <363> m.w.N.) rechtmäßig sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn sie ist eine solche des materiellen und nicht auch des formellen (Bau-)Rechts. Insbesondere gebietet Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht, solche noch vom Bestandsschutz umfassten Baumaßnahmen von vornherein verfahrensfrei zu stellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.12.1983, a.a.O.).
25 
bb) Die Baueinstellung dürfte auch ermessensfehlerfrei, insbesondere nicht unverhältnismäßig sein. Sie stützt sich tragend auf den Gesichtspunkt der formellen Illegalität sowie die Erwägung, dass die abweichende Bauausführung nach vorläufiger Prüfung zu Verstößen gegen Vorschriften der Ortsbausatzung sowie § 5 LBO führe, so dass die Fortsetzung der Bauarbeiten einen rechtswidrigen Zustand verfestigen und Rechtsschutzmöglichkeiten des Angrenzers verkürzen könnte. Dies alles entspricht dem Zweck von § 64 LBO und erscheint auch sonst sachgerecht. Zwar ist derzeit nicht völlig auszuschließen, dass sich die abweichende Bauausführung bei weiterer Überprüfung doch noch als Reparatur-, Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahme herausstellt, auch wenn dafür aus den oben genannten Gründen derzeit wenig spricht. In diesem Fall könnte sie sich trotz der von der Antragsgegnerin bezeichneten Rechtsverstöße aus Gründen des Bestandsschutzes möglicherweise als genehmigungsfähig erweisen. Zu einer solchen abschließenden Prüfung der materiellen Rechtslage ist die Antragsgegnerin vor Erlass der Baueinstellung aber nicht verpflichtet. Dem ist - ebenso wie der zugleich aufgeworfenen Frage, ob die erteilte Baugenehmigung, soweit sie (nur) Umbau und Aufstockung des alten Anbaus zulässt, durch den Abbruch der aufsteigenden Außenwände und der Decke des Anbaus möglicherweise gegenstandslos geworden ist (vgl. Sauter, a.a.O. § 64 Rn. 13) - im Verfahren zur Erteilung einer (Änderungs-/Nachtrags-) Baugenehmigung nachzugehen.
26 
b) Die Androhung der Versiegelung der Baustelle nach § 64 Abs. 2 LBO als spezialgesetzlich geregelter Fall der Anwendung unmittelbaren Zwangs (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.09.1981 - 3 S 1274/81 - juris) findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 2 Nr. 2 LVwVG sowie § 64 Abs. 1 Satz 3 LBO. Rechtliche Bedenken sind insoweit weder geltend gemacht noch ersichtlich.
27 
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG (entsprechend der Wertfestsetzung in erster Instanz).
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All
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published on 28/06/2010 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. März 2010 - 13 K 45/10 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
published on 15/01/2009 00:00

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 24.01.2008 wird abgelehnt. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren
published on 29/06/2007 00:00

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 29. April 2004 geändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die
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published on 26/10/2016 00:00

Tenor Die Baueinstellungsverfügung der Beklagten vom 09.01.2014 und die Ablehnungsverfügung der Beklagten vom 06.02.2014 sowie die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidiums Freiburg vom 08.01.2015 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflicht
published on 26/07/2016 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die V
published on 18/02/2015 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt vom Beklagten ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladenen. 2 Er ist seit 1998 Eigentümer des Grundstücks R-Straße 24 im Ortsteil (...) der Stadt E. (Gemarkung D., Flur A, Flurstück 71). Die Beigelade
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.