Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. März 2005 - 4 S 2222/03

published on 10/03/2005 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. März 2005 - 4 S 2222/03
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Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2003 - 17 K 1792/03 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Richter im Dienst des Beklagten. Er leidet an progredienter androgenetischer Alopezie (erblich bedingtem Haarausfall). Er begehrt Beihilfe für das ihm ärztlich verordnete Mittel „Propecia“, das dem Haarausfall entgegenwirken soll. Mit Bescheid vom 26.09.2002 lehnte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg den Antrag ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, „Propecia“ sei kein Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts und gehöre zu den kosmetischen Mitteln. Der Kläger hat daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten des verwaltungsbehördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens macht der Senat sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang zu eigen und nimmt auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug (§ 130b Satz 1 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.08.2003 stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger Beihilfe in Höhe von 299,25 EUR entsprechend den ärztlichen Verordnungen zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe Anspruch auf die begehrte Beihilfe, da die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme beihilfefähiger Aufwendungen erfüllt seien. Nach dem vorliegenden ärztlichen Attest leide der Kläger an einer progredienten androgenetischen Alopezie. Dabei handele es sich um eine Krankheit im Sinne von § 6 Abs. 1 BVO, weil dem beihilferechtlichen Krankheitsbegriff entsprechend ein Körperzustand gegeben sei, der von der Norm, nämlich einem ungehinderten Haarwachstum, abweiche. Ein damit sich anbahnender weitgehender Verlust der Kopfhaare könne als ein das Wohlbefinden einschränkender Zustand angesehen werden, wie sich auch aus der teilweisen Erstattungsfähigkeit von Perücken oder Toupets nach Nr. 2.1. der Anlage zur Beihilfeverordnung ergebe. Das ärztlich verordnete Mittel „Propecia“ sei auch kein kosmetisches Mittel, sondern ein Arzneimittel im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BVO, da es nach der Fachinformation und den vom Kläger vorgelegten Beipackzetteln dazu bestimmt sei, seine Wirkung im Rahmen der Krankenbehandlung durch Anwendung im menschlichen Körper zu erzielen; die wegen der Hemmung des Haarausfalls ebenfalls bewirkte Verbesserung des Aussehens stehe der Eigenschaft als Arzneimittel nicht entgegen. Das Mittel „Propecia“ sei schließlich nicht geeignet, Güter des täglichen Bedarf zu ersetzen, so dass § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO der Beihilfefähigkeit der dadurch hervorgerufenen Aufwendungen nicht entgegenstehe.
Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. August 2003 - 17 K 1792/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Androgenetische Alopezie sei keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts, da sie keinen Körperzustand darstelle, der außerhalb der Bandbreite des „Normalen“ als regelwidrig bezeichnet werden könne. Dies folge sowohl daraus, dass etwa die Hälfte aller Männer davon betroffen sei, als auch daraus, dass durch Alopezie weder die körperliche Leistungsfähigkeit noch die psychische Gesundheit beeinträchtigt würden. Die Behandlung der Alopezie habe daher rein ästhetische Bedeutung und erfülle, wovon auch die Fachleute ausgingen, nicht die Kriterien einer medizinisch indizierten Heilbehandlung. Bei den entstandenen Aufwendungen handele es sich vielmehr um Kosten der Lebenshaltung. Das Mittel „Propecia“ sei deshalb geeignet, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Unabhängig von der Frage, ob eine Krankheit vorliege, handele es sich auch nicht um notwendige Aufwendungen im Sinne des Beihilferechts, da der Kläger allein sein äußeres Erscheinungsbild subjektiv als nachteilig empfinde.
Der Kläger ist der Berufung entgegengetreten. Er hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend.
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die darauf gerichtete Klage ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet.
10 
Nach den im Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung maßgeblichen Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung vom 29.10.2001 (GBl. S. 622) - Beihilfeverordnung - BVO a.F. - sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten schriftlich verordnete Arzneimittel. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F.).
11 
Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das Mittel „Propecia“ nicht beihilfefähig. Dies folgt bereits daraus, dass die progrediente androgenetische Alopezie, zu deren Behandlung dem Kläger dieses Mittel ärztlich verordnet worden ist, keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts ist.
12 
Da die Beihilfevorschriften den Begriff der „Krankheit“ nicht ausdrücklich regeln, ist es sachgerecht, insoweit sinngemäß den sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff heranzuziehen, wie er in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, BVerwGE 65, 87 ff. = ZBR 1982, 157; Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -). Danach ist unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, a.a.O.; Urteil des Senats vom 19.10.1979, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -; BSG, Urteil vom 20.10.1972, BSGE 35, 10, 12).
13 
Danach lag bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum der Behandlung mit dem Mittel „Propecia“ kein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand vor, der ärztlicher Behandlung bedurfte oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Denn die androgenetische Alopezie hatte bei ihm einen Körperzustand zur Folge, der von der durch das Leitbild einer gesunden männlichen Person geprägten Norm nicht wesentlich abwich. Dem Kläger war nämlich trotz des fortschreitenden Verlustes seiner Kopfhaare die Ausübung der sonstigen körperlichen und geistigen Funktionen weiterhin möglich. Auch wenn der erblich bedingte allmähliche Verlust des Haupthaares die Ausübung der körperlichen Funktion der Neubildung und des Wachstums der Haare des Klägers beeinträchtigte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2002, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45), kann dieser Umstand allein die Annahme einer Krankheit des Klägers nicht rechtfertigen. Denn die androgenetische Alopezie liegt, da sie unstreitig bei einem Großteil aller Männer auftritt und deshalb weit verbreitet ist, bei der wertenden Betrachtung, wie sie der maßgebliche funktionelle Krankheitsbegriff erfordert, noch innerhalb der Bandbreite des Normalen, d.h. die insoweit zu bejahende Regelwidrigkeit einer körperlichen Funktion hält sich innerhalb dieser Bandbreite. Solange der in diesem Sinne „normale“ und deshalb als solcher nicht krankhafte Haarausfall bei einem Mann nicht ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen führt, wird seiner Eigenart nach Überzeugung des erkennenden Senats dadurch angemessen Rechnung getragen, dass man ihn als genetisch bedingte, auf besonderen Erbanlagen beruhende geschlechtstypische Erscheinung ansieht (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, DÖD 1995, 118).
14 
Hinzu kommt, dass der Haarausfall des Klägers im maßgeblichen Zeitraum bei der gebotenen wertenden Betrachtung keiner ärztlichen Behandlung bedurfte und keine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten, wie es bereits im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich wurde, gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Kläger von seinem behandelnden Arzt Dr. S. wiederholt das Mittel „Propecia“ verordnet bekam, rechtfertigt für sich genommen die Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit nicht. Denn die dadurch bezweckte Hemmung des Haarausfalls sollte nach Lage der Akten allein dem Ziel dienen, das äußere Erscheinungsbild des Klägers und damit das dadurch hervorgerufene ästhetische Empfinden eines Betrachters zu verbessern. Sinn und Zweck der Beihilfegewährung ist aber nicht die Beseitigung ästhetischer Einbußen, sondern die Heilung oder Linderung einer Krankheit. Arbeitsunfähigkeit als Folge des Haarausfalls hat der Kläger ohnehin nicht geltend gemacht.
15 
Der Senat verkennt nicht, dass androgenetische Alopezie, auch wenn sie selbst nicht als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist, bei einer entsprechenden individuellen Befindlichkeit zu einer Gefahr für die psychische Gesundheit des Betroffenen und damit zu einer krankhaften Folgeerscheinung anderer, nämlich psychischer Art führen könnte (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, a.a.O.). Insoweit könnte bereits das Mittel „Propecia“, weil es möglicherweise dem Haarausfall als der Ursache eines derartigen psychischen Leidens entgegenwirken würde, die Funktion eines Arzneimittels haben. Voraussetzung einer Beihilfegewährung wäre dann freilich, dass die therapeutische Maßnahme im Einzelfall geeignet und erforderlich ist, um von dem Beamten oder seinen berücksichtigungsfähigen Angehörigen die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des psychischen Gesundheitszustandes abzuwenden oder einer schon eingetretenen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, BSGE 39, 167). Nach Lage der Akten, insbesondere auch dem Vorbringen des Klägers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, gibt es für eine derartige psychische Folgeerkrankung oder eine dahingehende Gefahr im maßgeblichem Zeitabschnitt keine Anhaltspunkte, denen der Senat nachzugehen hätte. Ein psychischer Leidensdruck, der so erheblich wäre, dass ihm Krankheitswert einschließlich der Behandlungsbedürftigkeit zuerkannt werden müsste, ist aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers oder aus sonstigen Umständen nämlich nicht ersichtlich. Eine bloße Beeinträchtigung des Wohlbefindens als Folge des Haarausfalls, die bereits daraus deutlich wird, dass der Kläger sich einer Behandlung mit dem Präparat „Propecia“ unterzogen hat, reicht für die Annahme einer psychischen Folgeerkrankung nicht aus. Denn eine derartige Beeinträchtigung müsste so erheblich gewesen sein, dass sie über die Herabsetzung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck verursacht hätte, der behandlungsbedürftig gewesen wäre. Dies hätte entsprechende Anhaltspunkte erfordert, dass eine Beeinträchtigung über die bloße Störung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck in der Art einer gesundheitlichen Belastung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, a.a.O.). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Seine Ausführungen geben keine Veranlassung anzunehmen, im maßgeblichen Zeitraum sei er wegen des Haarausfalls psychisch so belastet gewesen, dass sein Zustand das Ausmaß einer Krankheit erreicht habe.
16 
Sollte im Beihilferecht das Erfordernis ärztlicher Maßnahmen und damit die Behandlungsbedürftigkeit eines über die Bandbreite des Normalen hinausgehenden regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands nicht als zum Begriff der „Krankheit“ gehörend angenommen werden, weil insoweit im Zusammenhang mit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. eine eigenständige verordnungsrechtliche Regelung, nach der die Aufwendungen „notwendig“ und „angemessen“ sein müssen, getroffen worden ist (vgl. das Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, a.a.O.), würde sich im Ergebnis nichts ändern. Denn bei dieser Annahme wären die durch das Mittel „Propecia“ verursachten Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift nicht notwendig gewesen, weil der Kläger, wie vorstehend ausgeführt, auch ohne sie zur Ausübung der wesentlichen psycho-physischen Funktionen in der Lage war.
17 
Der Einordnung der androgenetischen Alopezie als einer lediglich geschlechtstypischen Erscheinung steht schließlich nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht den dauerhaften totalen Verlust des Haupthaares bei einer Frau als eine krankheitsbedingte „Behinderung“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX angesehen hat, weil eine Frau in einem derartigen Zustand in ihrer „körperlichen Funktion“ beeinträchtigt sei. Das Bundessozialgericht hat diese Einschätzung allerdings nicht nur darauf gestützt, dass bei der damaligen Klägerin eine Einbuße der körperlichen Funktion „Neubildung und Wachstum der Haare“ eingetreten sei, sondern auch darauf, dass die darin liegende Krankheit bei Frauen eine entstellende Wirkung habe, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führe, es einer Frau aber erschwere oder gar unmöglich machte, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen, weil eine kahlköpfige Frau naturgemäß ständig alle Blicke auf sich ziehe und zum Objekt der Neugier werde (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002, a.a.O.). Diese Sach- und Rechtslage ist mit derjenigen einer androgenetischen Alopezie bei einer männlichen Person nicht vergleichbar. Denn bereits die genetischen Ursachen des Haarausfalles bei einem Mann unterscheiden sich wesentlich von den Ursachen des totalen Haarverlusts bei einer Frau, weil bei einem Mann mit androgenetisch bedingtem Haarausfall die Kopfhaut verkleinerte Haarfollikel und erhöhte Mengen an Dihydrotestosteron (DHT) enthält (vgl. die Sachinformation Propecia-Finasterid Nr. 5.1, AS 31 der VG-Akten). Deshalb kommt ein genetisch bedingter, auf besonderen Erbanlagen beruhender totaler Verlust des Haupthaares bei Männern deutlich häufiger vor als bei Frauen, die davon nur selten betroffen sind. Die körperlich bedingte Kahlköpfigkeit ist bei einer Frau deshalb keine geschlechtstypische Erscheinung, sondern liegt, anders als bei einem Mann, als regelwidriger körperlicher Zustand außerhalb der Bandbreite des Normalen, so dass die Annahme einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nach den vorstehenden Maßstäben berechtigt erscheint. Hinzu kommt, dass das Bundessozialgericht der bloßen Kahlköpfigkeit bei Frauen auch eine entstellende Wirkung mit nachteiligen gesellschaftlichen Folgen beimisst, wovon bei Männern nach Auffassung des Senats generell nicht die Rede sein kann.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
19 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Gründe

 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Verpflichtungsklage des Klägers zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Beihilfe (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die darauf gerichtete Klage ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unbegründet.
10 
Nach den im Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung maßgeblichen Vorschriften der §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (GBl. S. 561) in der Fassung vom 29.10.2001 (GBl. S. 622) - Beihilfeverordnung - BVO a.F. - sind aus Anlass einer Krankheit beihilfefähig die Aufwendungen für von Ärzten schriftlich verordnete Arzneimittel. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Mittel, die geeignet sind, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 BVO a.F.).
11 
Danach sind die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das Mittel „Propecia“ nicht beihilfefähig. Dies folgt bereits daraus, dass die progrediente androgenetische Alopezie, zu deren Behandlung dem Kläger dieses Mittel ärztlich verordnet worden ist, keine Krankheit im Sinne des Beihilferechts ist.
12 
Da die Beihilfevorschriften den Begriff der „Krankheit“ nicht ausdrücklich regeln, ist es sachgerecht, insoweit sinngemäß den sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff heranzuziehen, wie er in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, BVerwGE 65, 87 ff. = ZBR 1982, 157; Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, DÖD 1980, 229; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -). Danach ist unter Krankheit auch im beihilferechtlichen Sinne ein regelwidriger Zustand des Körpers oder des Geistes zu verstehen, der der ärztlichen Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig ist ein Körper- oder Geisteszustand anzusehen, der von der durch das Leitbild eines gesunden Menschen geprägten Norm abweicht, d.h. außerhalb der Bandbreite des Normalen liegt, oder bei welchem die Körperfunktionen außerhalb der Bandbreite des Normalen regelwidrig sind. Dabei ist der Begriff der Gesundheit mit dem Zustand gleichzusetzen, der dem Einzelnen die Ausübung körperlicher und geistiger Funktionen ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 24.02.1982, a.a.O.; Urteil des Senats vom 19.10.1979, a.a.O.; Beschluss des Senats vom 15.07.2002 - 4 S 1031/02 -; BSG, Urteil vom 20.10.1972, BSGE 35, 10, 12).
13 
Danach lag bei dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum der Behandlung mit dem Mittel „Propecia“ kein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand vor, der ärztlicher Behandlung bedurfte oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Denn die androgenetische Alopezie hatte bei ihm einen Körperzustand zur Folge, der von der durch das Leitbild einer gesunden männlichen Person geprägten Norm nicht wesentlich abwich. Dem Kläger war nämlich trotz des fortschreitenden Verlustes seiner Kopfhaare die Ausübung der sonstigen körperlichen und geistigen Funktionen weiterhin möglich. Auch wenn der erblich bedingte allmähliche Verlust des Haupthaares die Ausübung der körperlichen Funktion der Neubildung und des Wachstums der Haare des Klägers beeinträchtigte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2002, SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 45), kann dieser Umstand allein die Annahme einer Krankheit des Klägers nicht rechtfertigen. Denn die androgenetische Alopezie liegt, da sie unstreitig bei einem Großteil aller Männer auftritt und deshalb weit verbreitet ist, bei der wertenden Betrachtung, wie sie der maßgebliche funktionelle Krankheitsbegriff erfordert, noch innerhalb der Bandbreite des Normalen, d.h. die insoweit zu bejahende Regelwidrigkeit einer körperlichen Funktion hält sich innerhalb dieser Bandbreite. Solange der in diesem Sinne „normale“ und deshalb als solcher nicht krankhafte Haarausfall bei einem Mann nicht ursächlich zu weiteren krankhaften Folgestörungen führt, wird seiner Eigenart nach Überzeugung des erkennenden Senats dadurch angemessen Rechnung getragen, dass man ihn als genetisch bedingte, auf besonderen Erbanlagen beruhende geschlechtstypische Erscheinung ansieht (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, DÖD 1995, 118).
14 
Hinzu kommt, dass der Haarausfall des Klägers im maßgeblichen Zeitraum bei der gebotenen wertenden Betrachtung keiner ärztlichen Behandlung bedurfte und keine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten, wie es bereits im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren deutlich wurde, gibt es dafür keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der Kläger von seinem behandelnden Arzt Dr. S. wiederholt das Mittel „Propecia“ verordnet bekam, rechtfertigt für sich genommen die Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit nicht. Denn die dadurch bezweckte Hemmung des Haarausfalls sollte nach Lage der Akten allein dem Ziel dienen, das äußere Erscheinungsbild des Klägers und damit das dadurch hervorgerufene ästhetische Empfinden eines Betrachters zu verbessern. Sinn und Zweck der Beihilfegewährung ist aber nicht die Beseitigung ästhetischer Einbußen, sondern die Heilung oder Linderung einer Krankheit. Arbeitsunfähigkeit als Folge des Haarausfalls hat der Kläger ohnehin nicht geltend gemacht.
15 
Der Senat verkennt nicht, dass androgenetische Alopezie, auch wenn sie selbst nicht als Krankheit im Sinne des Beihilferechts anzusehen ist, bei einer entsprechenden individuellen Befindlichkeit zu einer Gefahr für die psychische Gesundheit des Betroffenen und damit zu einer krankhaften Folgeerscheinung anderer, nämlich psychischer Art führen könnte (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.09.1994, a.a.O.). Insoweit könnte bereits das Mittel „Propecia“, weil es möglicherweise dem Haarausfall als der Ursache eines derartigen psychischen Leidens entgegenwirken würde, die Funktion eines Arzneimittels haben. Voraussetzung einer Beihilfegewährung wäre dann freilich, dass die therapeutische Maßnahme im Einzelfall geeignet und erforderlich ist, um von dem Beamten oder seinen berücksichtigungsfähigen Angehörigen die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung des psychischen Gesundheitszustandes abzuwenden oder einer schon eingetretenen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit zu begegnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, BSGE 39, 167). Nach Lage der Akten, insbesondere auch dem Vorbringen des Klägers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, gibt es für eine derartige psychische Folgeerkrankung oder eine dahingehende Gefahr im maßgeblichem Zeitabschnitt keine Anhaltspunkte, denen der Senat nachzugehen hätte. Ein psychischer Leidensdruck, der so erheblich wäre, dass ihm Krankheitswert einschließlich der Behandlungsbedürftigkeit zuerkannt werden müsste, ist aus dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers oder aus sonstigen Umständen nämlich nicht ersichtlich. Eine bloße Beeinträchtigung des Wohlbefindens als Folge des Haarausfalls, die bereits daraus deutlich wird, dass der Kläger sich einer Behandlung mit dem Präparat „Propecia“ unterzogen hat, reicht für die Annahme einer psychischen Folgeerkrankung nicht aus. Denn eine derartige Beeinträchtigung müsste so erheblich gewesen sein, dass sie über die Herabsetzung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck verursacht hätte, der behandlungsbedürftig gewesen wäre. Dies hätte entsprechende Anhaltspunkte erfordert, dass eine Beeinträchtigung über die bloße Störung des Wohlbefindens hinaus einen psychischen Leidensdruck in der Art einer gesundheitlichen Belastung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.1975, a.a.O.). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Seine Ausführungen geben keine Veranlassung anzunehmen, im maßgeblichen Zeitraum sei er wegen des Haarausfalls psychisch so belastet gewesen, dass sein Zustand das Ausmaß einer Krankheit erreicht habe.
16 
Sollte im Beihilferecht das Erfordernis ärztlicher Maßnahmen und damit die Behandlungsbedürftigkeit eines über die Bandbreite des Normalen hinausgehenden regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustands nicht als zum Begriff der „Krankheit“ gehörend angenommen werden, weil insoweit im Zusammenhang mit der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen in § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO a.F. eine eigenständige verordnungsrechtliche Regelung, nach der die Aufwendungen „notwendig“ und „angemessen“ sein müssen, getroffen worden ist (vgl. das Urteil des Senats vom 19.10.1979 - IV 85/77 -, a.a.O.), würde sich im Ergebnis nichts ändern. Denn bei dieser Annahme wären die durch das Mittel „Propecia“ verursachten Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift nicht notwendig gewesen, weil der Kläger, wie vorstehend ausgeführt, auch ohne sie zur Ausübung der wesentlichen psycho-physischen Funktionen in der Lage war.
17 
Der Einordnung der androgenetischen Alopezie als einer lediglich geschlechtstypischen Erscheinung steht schließlich nicht entgegen, dass das Bundessozialgericht den dauerhaften totalen Verlust des Haupthaares bei einer Frau als eine krankheitsbedingte „Behinderung“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX angesehen hat, weil eine Frau in einem derartigen Zustand in ihrer „körperlichen Funktion“ beeinträchtigt sei. Das Bundessozialgericht hat diese Einschätzung allerdings nicht nur darauf gestützt, dass bei der damaligen Klägerin eine Einbuße der körperlichen Funktion „Neubildung und Wachstum der Haare“ eingetreten sei, sondern auch darauf, dass die darin liegende Krankheit bei Frauen eine entstellende Wirkung habe, die zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führe, es einer Frau aber erschwere oder gar unmöglich machte, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen, weil eine kahlköpfige Frau naturgemäß ständig alle Blicke auf sich ziehe und zum Objekt der Neugier werde (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2002, a.a.O.). Diese Sach- und Rechtslage ist mit derjenigen einer androgenetischen Alopezie bei einer männlichen Person nicht vergleichbar. Denn bereits die genetischen Ursachen des Haarausfalles bei einem Mann unterscheiden sich wesentlich von den Ursachen des totalen Haarverlusts bei einer Frau, weil bei einem Mann mit androgenetisch bedingtem Haarausfall die Kopfhaut verkleinerte Haarfollikel und erhöhte Mengen an Dihydrotestosteron (DHT) enthält (vgl. die Sachinformation Propecia-Finasterid Nr. 5.1, AS 31 der VG-Akten). Deshalb kommt ein genetisch bedingter, auf besonderen Erbanlagen beruhender totaler Verlust des Haupthaares bei Männern deutlich häufiger vor als bei Frauen, die davon nur selten betroffen sind. Die körperlich bedingte Kahlköpfigkeit ist bei einer Frau deshalb keine geschlechtstypische Erscheinung, sondern liegt, anders als bei einem Mann, als regelwidriger körperlicher Zustand außerhalb der Bandbreite des Normalen, so dass die Annahme einer Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nach den vorstehenden Maßstäben berechtigt erscheint. Hinzu kommt, dass das Bundessozialgericht der bloßen Kahlköpfigkeit bei Frauen auch eine entstellende Wirkung mit nachteiligen gesellschaftlichen Folgen beimisst, wovon bei Männern nach Auffassung des Senats generell nicht die Rede sein kann.
18 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
19 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Sonstige Literatur

 
20 
Rechtsmittelbelehrung
21 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
22 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
23 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
24 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
25 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
26 
Beschluss vom 10. März 2005
27 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG a.F. auf 299,25 EUR festgesetzt.
28 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 17/05/2010 00:00

Tenor Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für Aufwendungen für Cyclo-Progynova aufgrund der Rezepte vom 13.03.2009, 09.07.2009 und 06.10.2009 Beihilfe in Höhe von 46,75 EUR zu gewähren. Der Bescheid des Lande
published on 17/11/2006 00:00

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08. Dezember 2004 - 17 K 3752/04 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision
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Annotations

Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.