Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 03. Mai 2006 - 3 S 787/06

published on 03/05/2006 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 03. Mai 2006 - 3 S 787/06
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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 09. März 2006 - 6 K 104/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts auf 3.750,-- EUR je Rechtszug festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragstellers ist statthaft (§ 146 Abs. 4 VwGO) und zulässig. Insbesondere ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht dadurch entfallen, dass die Beigeladenen von der ihnen erteilten Baugenehmigung inzwischen Gebrauch und die mit der Nutzungsänderung verbundenen Umbaumaßnahmen abgeschlossen haben. Das Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn der Rechtsuchende mit seinem Begehren eine Verbesserung seiner Rechtslage nicht erreichen kann, d.h. wenn eine Inanspruchnahme des Gerichts sich als für seine subjektive Rechtsstellung nutzlos darstellt. So können etwa die von einem Baukörper hervorgerufenen negativen Auswirkungen nach dessen Fertigstellung durch eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die hierfür erteilte Baugenehmigung regelmäßig nicht mehr verhindert werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 12.01.2005 - 8 S 2720/04 -, BauR 2005, 1762 und vom 06.03.2006 - 3 S 148/06 -). Vorliegend macht der Antragsteller indessen eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch die mit der Baugenehmigung ermöglichte neue Nutzung geltend (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 18.02.2002 - 3 M 107/01 -, NordÖR 2002, 364). In diesem Fall entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nicht mit Fertigstellung etwaiger Umbaumaßnahmen und Aufnahme der geänderten Nutzung.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Beschwerdegerichts zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 2 VwGO), hat das Verwaltungsgericht zu Recht den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die den Beigeladenen am 28.10.2005 vom Landratsamt Rastatt erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines Stehimbisses in eine Gaststätte mit Umbau auf dem Grundstück Flst.-Nr. 62 (...) in Lichtenau abgelehnt. Auch nach Auffassung des erkennenden Senats überwiegen vorliegend das öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212 a BauGB) die gegenläufigen privaten Interessen des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung verschont zu bleiben. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht davon ausgegangen werden, dass unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe die angefochtene Baugenehmigung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz des Antragstellers zu dienen bestimmt sind.
Die genehmigte Nutzungsänderung dürfte den Antragsteller insbesondere in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht in seinen Rechten verletzen. Dabei kann dahinstehen, ob die nähere Umgebung des Bauvorhabens - wie vom Antragsteller behauptet - faktisch einem Mischgebiet entspricht und sich die planungsrechtliche Zulässigkeit damit nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO richtet. Denn Schank- und Speisewirtschaften sind in einem Mischgebiet allgemein zulässig (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO).
Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann nicht davon ausgegangen werden, dass das genehmigte Bauvorhaben in einem Mischgebiet mit dessen Zweckbestimmung nicht zu vereinbaren wäre und dem Antragsteller daher zum Zwecke des Erhalts des Gebietscharakters ein über das Gebot der Rücksichtnahme hinausgehender Schutz- und Abwehranspruch auf Bewahrung der Gebietsart zusteht. Was in einem Mischgebiet zulässig ist, richtet sich nicht nur nach § 6 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung dieses Gebiets. Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche Funktionen den einzelnen Baugebieten im Verhältnis zu anderen Baugebieten der Baunutzungsverordnung zukommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.12.2000 - 4 B 4.00 -, NVwZ-RR 2001, 217). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist bei typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass eine Schank- und Speisewirtschaft mit dem Charakter eines Mischgebiets regelmäßig zu vereinbaren ist. Mischgebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO (gleichberechtigt) dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Mit diesem Gebietscharakter ist eine Gaststätte - in der vorliegend genehmigten Größe - grundsätzlich zu vereinbaren. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren rechtfertigt insoweit keine andere Beurteilung.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers verstößt das Bauvorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch nicht im konkreten Einzelfall gegen das § 15 BauNVO zu entnehmende Gebot der Rücksichtnahme. Dieses Gebot hat sowohl eine objektiv- als auch eine subjektiv-rechtliche Seite. Die an das Gebot (objektiv-rechtlich) zu stellenden Anforderungen hängen wesentlich von den konkreten Umständen des einzelnen Falles ab. Dabei kann grundsätzlich umso mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit seinem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Die hierbei vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran auszurichten, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei muss allerdings demjenigen, der sein eigenes Grundstück in einer sonst zulässigen Weise baulich nutzen will, insofern ein Vorrang zugestanden werden, als er berechtigte Interessen nicht deshalb zurückzustellen braucht, um gleichwertige fremde Interessen zu schonen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122). Diesem (objektiv-rechtlichen) Rücksichtnahmegebot kommt ausnahmsweise eine drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.02.1977, a.a.O.). Da das Rücksichtnahmegebot keine allgemeine Härteklausel ist, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts ist, kann es nur verletzt sein, wenn ein Vorhaben objektiv gegen die einschlägigen Vorschriften verstößt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.1999 - 4 B 128.98 -, NVwZ 1999, 879).
In diesem Sinne dürfte vorliegend hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung - ungeachtet der generellen Zulässigkeit von Schank- und Speisewirtschaften in einem Mischgebiet - auch im konkreten Einzelfall kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vorliegen. Bei der hierbei vorzunehmenden Interessenabwägung dürfte zu Lasten des Antragstellers u.a. die Vorbelastung durch den bisher betriebenen Stehimbiss zu berücksichtigen sein. Soweit der Antragsteller befürchtet, dass durch die genehmigte Nutzungsänderung die Lärmbeeinträchtigungen weiter zunehmen werden, wurde hiergegen in der Baugenehmigung Vorsorge getroffen. Danach ist durch bauliche und maschinentechnische Maßnahmen sicherzustellen, dass in Wohnungen, die mit dem Betrieb baulich verbunden sind - hierzu dürften auch angrenzende Wohnräume des Antragstellers zählen, soweit beide Gebäude wie vom Antragsteller vorgetragen tatsächlich nur über eine gemeinsame Hauswand verfügen -, die Lärmimmissionen tagsüber 35 dB(A) und nachts 25 dB(A) nicht überschreiten; ferner dürfen die für Mischgebiete festgelegten Immissionsrichtwerte der TA-Lärm in der Nachbarschaft - also auch auf dem Grundstück des Antragstellers - gemessen 0,5 m vor dem geöffneten, vom Lärm am stärksten betroffenen Fenster des nächstgelegenen Wohnhauses durch die Summe der auf den Immissionsort einwirkenden Lärmanteile nicht überschritten werden (vgl. Auflage 132 A). Durch diese Forderungen wird - ungeachtet des vorangestellten Zusatzes „Hinweis“ - auf Grund der imperativen Formulierung und der Stellung unter „Auflagen 132 A - Gewerberechtliche Nebenbestimmungen“ - die zugelassene Nutzung entsprechend eingeschränkt. Damit werden die durch die geänderte Nutzung zugelassenen Lärmimmissionen für den Antragsteller auf ein zumutbares Maß reduziert.
Soweit der Antragsteller rügt, die Beigeladenen hätten im Zuge der Baumaßnahmen keine Lärmschutzmaßnahmen ergriffen und es sei in tatsächlicher Hinsicht mit weitergehenden Lärmimmissionen zu rechnen, kommt es hierauf im vorliegenden Verfahren nicht an, da Gegenstand allein die den Beigeladenen von der Baurechtsbehörde erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines Stehimbisses in eine Gaststätte ist. Dass diese Baugenehmigung in planungsrechtlicher Hinsicht drittschützende Rechte des Antragstellers verletzt, ist nach den obigen Ausführungen nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
Der Streitwert war nach §§ 63 Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG für beide Instanzen auf 3.750,-- EUR festzusetzen. Dabei geht der Senat unter Zugrundelegung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, der bei Nachbarklagen im Baurecht einen Streitwert von mindestens 7.500,-- EUR vorsieht (vgl. Ziff. 9.7.1), im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren, in dem die vom Antragsteller geltend gemachten Beeinträchtigungen die Nutzung der genehmigten Anlage betreffen, von einer Halbierung des im Streitwertkatalog für das Hauptsacheverfahren vorgesehenen Mindestbetrages aus.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di
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published on 12/01/2005 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Oktober 2004 - 6 K 2409/04 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtli
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published on 13/08/2009 00:00

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. 3. Der Streitwert für dieses Verfahren wird auf EUR 7.500,-- fe
published on 06/07/2006 00:00

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. 3. Der Streitwert für dieses Verfahren wird auf EUR 3.750,-- festge
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.