Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 07. Feb. 2006 - 3 S 60/06

published on 07/02/2006 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 07. Feb. 2006 - 3 S 60/06
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Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. Dezember 2005 - 9 K 3220/05 - mit Ausnahme der Festsetzung des Streitwerts geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30.8.2005 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 24.8.2005 wird angeordnet, soweit diese die vier Garagen auf dem Grundstück Flst.-Nr. .../2 betrifft.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die statthafte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und im Wesentlichen begründet. Unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 24.8.2005 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Garagen auf den Grundstücken Flst.-Nrn. .../32, .../2 und .../41 der Gemarkung der Antragsgegnerin zu Unrecht abgelehnt. Denn bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist nach den in den Akten befindlichen genehmigten Planvorlagen derzeit zumindest offen, ob mit den auf dem Grundstück Flst.-Nr. .../2 geplanten vier Garagen die Maße eingehalten werden, die für eine nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und 4 LBO abweichend von § 5 LBO ohne Einhaltung einer Abstandsfläche privilegiert zulässigen Garage vorgeschrieben sind. Bei dieser Sachlage wertet der Senat das Interesse des Antragstellers, bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung über die Baugenehmigung vor vollendeten Tatsachen verschont zu bleiben, gewichtiger als das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung auch im Hinblick auf die Errichtung der vier Garagen sofortigen Gebrauch machen zu dürfen. Da sich der Antragsteller der Sache nach nur gegen die Errichtung dieser Garagen an der Grenze zu seinem Grundstück Flst.-Nr. .../12 wendet, hingegen gegen die Errichtung des Mehrfamilienhauses auf dem Flurstück-Nr. .../32 als solches keine Einwände erhebt, überwiegt insofern das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung sofortigen Gebrauch machen zu dürfen, soweit diese die Errichtung des Mehrfamilienhauses betrifft. Dabei geht der Senat davon aus, dass die für das Bauvorhaben notwendigen Stellplätze auch ohne die Errichtung des Garagengebäudes auf dem Flurstück-Nr. .../2 unproblematisch hergestellt werden können, z.B. indem die Garagen 4 und 5 durch Stellplätze ersetzt werden.
Der Senat sieht es zumindest als offen an, ob die doppelstöckigen Garagen an der Grundstücksgrenze zum Flurstück-Nr. .../12 des Antragstellers hin die für eine im Grenzabstand privilegiert zulässige Garage erforderlichen Maße nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBO einhalten, wonach die Wandhöhe nicht mehr als 3 m betragen darf. In ihrer Verfügung vom 24.8.2005 geht die Antragsgegnerin zwar davon aus, dass die maßgebende Wandhöhe der an der östlichen Grenze geplanten Garagen lediglich 2,70 m beträgt. Bei der Berechnung der Wandhöhe hat sie die Geländeoberfläche zugrunde gelegt, die in den Planvorlagen vorgesehen ist, und nicht den natürlichen Geländeverlauf (Seite 9 der Verfügung vom 24.8.2005). Indessen spricht im vorliegenden Fall vieles dafür, den natürlichen Geländeverlauf als maßgebend zu erachten. Mit Urteil vom 14.7.2004 - 3 S 315/04 - hat sich der Senat der Auffassung des 8. Senats des erk. Gerichtshofs angeschlossen, wonach grundsätzlich die im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben geplanten Veränderungen der Geländeoberfläche nur dann beachtlich sind, wenn es für ihre Vornahme einen rechtfertigenden Grund gibt, etwa weil der Geländeverlauf einer sinnvollen Bebauung des Grundstücks entgegensteht oder um den Sicherheits- oder Gestaltungsvorschriften widersprechende Zustände zu vermeiden. Nicht zu berücksichtigen sind Aufschüttungen, wenn sie nicht aus baulichen Gründen, sondern nur deshalb zur Genehmigung gestellt worden sind, um einen sonst gegebenen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften zu beseitigen. Denn andernfalls hätte es der Bauherr in der Hand, durch „künstliche“ Veränderungen des bisherigen Geländeverlaufs die Anforderungen der Abstandsvorschriften zu unterlaufen (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 20.2.2004 - 8 S 336/04 -, vom 8.10.1996 - 8 S 2566/96 -, BauR 97, 92 und vom 5.5.1998 - 8 S 864/98 -, BRS 60, Nr. 108; a.A. noch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.8.1994 - 3 S 1798/94 -, BRS 56, Nr. 113).
Davon ausgehend dürfte im vorliegenden Fall mangels abweichender Anhaltspunkte auf den vorhandenen natürlichen Geländeverlauf abzustellen sein. Dieser lässt sich zwar an Hand der am 24.8.2005 genehmigten Planvorlagen nicht eindeutig bestimmen. Aus der Ansicht „Ost“ lassen sich indessen im Zusammenhang mit einer in den Bauakten der Antragsgegnerin vorhandenen Planzeichnung (AS 12 der Bauakten) Anhaltspunkte für den vorhandenen natürlichen Geländeverlauf entnehmen. Danach dürfte die Wandhöhe der geplanten Garage gemessen vom ursprünglichen Gelände aus etwa 3,20 m betragen und würde damit die für eine privilegierte Grenzgarage zulässige Wandhöhe (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBO) überschreiten. Demgegenüber vermittelt die besondere Höhendarstellung mit den Geländehöhen zum angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. .../12 (letztes Blatt des Baugesuchs) den Eindruck, als würde das Gelände auf dem Baugrundstück bereits jetzt zum Grundstück des Antragstellers hin ansteigen, ohne dass daraus allerdings ersichtlich ist, in welchem Ausmaß hierfür Geländeveränderungen in Form von Aufschüttungen erforderlich sind. Die Klärung dieser Frage muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 waren die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auch insofern aufzuerlegen, als der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen wurde. Denn dessen Begehren war der Sache nach lediglich auf die Verhinderung der doppelstöckigen Garagen gerichtet, gegen die Errichtung des Mehrfamilienhauses auf Flurstück-Nr. .../32 als solches hat der Antragsteller keine Einwände erhoben, sodass die Abweisung seines Antrags im Übrigen lediglich aus formellen Gründen und zur Klarstellung erfolgt ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 GKG (Ziff. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004), wobei eine Minderung des Streitwerts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. Ziff. 1.5) im Hinblick auf die Vorwegnahme der Hauptsache nicht angezeigt ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Über den Antrag auf Eröffnung des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr und der Auslagen für die öffentliche Bekanntmachung entschieden werden.