Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2013 - 2 S 598/13

bei uns veröffentlicht am22.04.2013

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 1. März 2013 - 1 K 821/12 - geändert. Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 287,67 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin auf der Grundlage der mittlerweile gegebenen Sach- und Rechtslage zu Unrecht stattgegeben.
I.
Die Antragstellerin legte gegen die durch die Antragsgegnerin erfolgte Festsetzung einer Abwassergebühr für das Jahr 2000 in Höhe von 6.236,67 EUR Widerspruch ein. Gegenüber dem Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis als Widerspruchsbehörde erklärte sie das Widerspruchsverfahren unter dem 25.8.2005 für erledigt. Hiervon wurde die Antragsgegnerin weder von der Widerspruchsbehörde noch von der Antragstellerin in Kenntnis gesetzt.
Mit Schreiben vom 12.4.2011 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, nach der inzwischen in Kraft getretenen neuen Abwassergebührensatzung ergebe sich für das Jahr 2000 eine Abwassergebühr in Höhe von 5.086,-- EUR statt der festgesetzten 6.236,67 EUR. Daraus resultiere eine Erstattung zu Gunsten der Antragstellerin in Höhe von 1.150,67 EUR für das Jahr 2000, die in den nächsten Tagen überwiesen werde.
Mit dem hier streitgegenständlichen „Leistungsbescheid“ vom 3.2.2012 forderte die Antragsgegnerin diesen Erstattungsbetrag zurück, da sie zum Zeitpunkt der Erstattung keine Kenntnis davon gehabt habe, dass das Widerspruchsverfahren bereits erledigt gewesen sei. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und beantragte - erfolglos - die Aussetzung der Vollziehung.
Auf Antrag der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 1.3.2013 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 3.2.2012 angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei dem Schreiben vom 12.4.2011 handele es sich um einen Verwaltungsakt. Mit dem Schreiben habe die Antragsgegnerin eine Neuberechnung der Abwassergebührenschuld vorgenommen und diese Gebühren in Anwendung der neuen Gebührensatzung vom 6.10.2010 konkret berechnet. Ferner habe sie einen konkreten Rückerstattungsbetrag zugunsten der Antragstellerin ermittelt und eine baldige Zahlung angekündigt. Der objektive Erklärungswert sei damit auf die (Neu-)Regelung bzw. Konkretisierung des Abgabenschuldverhältnisses mit daraus folgenden Zahlungs- bzw. Erstattungspflichten gerichtet gewesen. Daran ändere nichts, dass die Antragsgegnerin die übliche äußere Bescheidform ebenso weggelassen habe wie eine Rechtsbehelfsbelehrung. Dass die Antragsgegnerin irrtümlich davon ausgegangen sei, der Widerspruch gegen den ursprünglichen Gebührenbescheid aus dem Jahr 2001 sei noch anhängig, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum. Der Verwaltungsakt vom 12.4.2011 sei folglich Rechtsgrund der sich aus der Neufestsetzung der für das Gebührenjahr 2000 geschuldeten Gebühr folgenden Rückerstattung von 1.150,67 EUR gewesen. Im Leistungsbescheid vom 3.2.2012 habe die Antragsgegnerin zwar zugleich „die Erstattung zurückgenommen“. Indessen fehle es an deren Vollziehbarkeit kraft Gesetzes - die Rücknahme der Festsetzung und Erstattung sei zweifelsohne keine Anforderung einer öffentlichen Abgabe - sowie ferner an einer Anordnung des Sofortvollzugs im Einzelfall. Der rechtzeitig von der Antragstellerin erhobene Widerspruch vom 1.3.2012 entfalte deshalb aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO.
Unter dem 15.3.2013 hat die Antragsgegnerin den Sofortvollzug des Bescheids vom 3.2.2012 insoweit angeordnet, als darin eine Rücknahme der mit Schreiben vom 12.4.2011 verfügten Erstattung zu sehen sei.
II.
Unter Berücksichtigung der mittlerweile erfolgten Anordnung des Sofortvollzugs des Bescheids vom 3.2.2012 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag der Antragstellerin zu Unrecht stattgegeben.
Nach der maßgeblichen gesetzlichen Regelung in § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO hängt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in abgabenrechtlichen Verfahren davon ab, ob nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Solche Zweifel sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann anzunehmen, wenn ein Erfolg von Rechtsbehelf oder Klage wahrscheinlicher ist als deren Misserfolg, wobei ein lediglich als offen erscheinender Verfahrensausgang die Anordnung nicht trägt (ausführl.: Beschluss vom 18.8.1997 - 2 S 1518/97 - m.w.N.). Einem Abgabenschuldner ist es bei offenem Verfahrensausgang regelmäßig zuzumuten, die Abgabe zunächst zu begleichen und sein Begehren im Hauptsachverfahren weiterzuverfolgen, falls in seinem Fall nicht ausnahmsweise eine besondere Härte - für deren Vorliegen hier keine Anhaltspunkte bestehen - gegeben ist.
Solche ernstlichen Zweifel bestehen hier nicht (mehr). Es spricht Überwiegendes dafür, dass der Rechtsbehelf der Antragstellerin keinen Erfolg haben wird. Im Einzelnen:
10 
1. Das Verwaltungsgericht ist voraussichtlich zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass es sich bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 12.4.2011 um einen Verwaltungsakt i.S.v. § 118 Satz 1 AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3b KAG) handelt. Trotz der gewählten äußeren Form eines schlichten Anschreibens enthält es insbesondere eine Regelung. Die ursprünglich festgesetzten Abwassergebühren - u.a. für das Jahr 2000 - wurden neu berechnet und festgesetzt; außerdem wurde eine Erstattung des sich hieraus ergebenden Differenzbetrags verbindlich zugesagt. Nach seinem objektiven Erklärungswert stellt das Schreiben daher nicht nur eine bloße unverbindliche Ankündigung dar. Das Schreiben war bei objektiver Würdigung seines Inhalts vielmehr darauf gerichtet, eine Rechtsfolge zu setzen, und stellte somit aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände einen Verwaltungsakt dar.
11 
Der Ansicht der Antragsgegnerin, es habe sich bei dem Schreiben vom 12.4.2011 um eine bloße - nicht anfechtbare - Teilabhilfe im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gehandelt, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil zu diesem Zeitpunkt kein Widerspruchsverfahren mehr anhängig war, nachdem die Antragstellerin bereits im Jahr 2005 ihren Widerspruch für erledigt erklärt hatte. Dabei spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass der Antragsgegnerin die Erledigung des Widerspruchsverfahrens bei Erlass des Schreibens vom 12.4.2011 nicht bekannt gewesen ist, da auf die Sicht des Empfängers des Schreibens abzustellen ist.
12 
2. Weiter ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das als Verwaltungsakt auszulegende Schreiben vom 12.4.2011 (zunächst) dem mit dem angegriffenen Bescheid geltend gemachten Erstattungsanspruch der Antragsgegnerin entgegenstand, da es einen die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grund i.S.v. § 37 Abs. 2 AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2b KAG) darstellte. Die Auffassung des Antragsgegnerin, hierfür komme es allein auf die materielle Rechtslage und nicht auf den formalen Bestand eines rechtfertigenden Bescheids an, beruht auf einem fehlerhaften Verständnis der materiellen Rechtsgrundtheorie.
13 
Voraussetzung eines jeden Erstattungsanspruchs ist das Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes. § 37 Abs. 2 AO enthält keine ausdrückliche Regelung, wann die Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Nach der materiellen Rechtsgrundtheorie ist der rechtliche Grund allein in der materiellen Rechtslage begründet. Die formelle Rechtsgrundtheorie sieht demgegenüber in der die materiellen Rechtslage konkretisierenden Steuerfestsetzung den Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung, auch wenn der Bescheid nicht der materiellen Rechtslage entspricht. Im Ergebnis führen jedoch beide Auffassungen regelmäßig - und auch hier - zum gleichen Ergebnis. Denn auch nach der materiellen Rechtsgrundtheorie ist die Erstattung eines nach materiellem Recht ohne rechtlichen Grund gezahlten Betrages nur dann mit Erfolg durchsetzbar, wenn der Bescheid, der der Zahlung zugrunde gelegen hat, nach formellem Recht aufgehoben oder geändert wird; die formelle Bestandskraft eines Verwaltungsakts überlagert also die materielle Fehlerhaftigkeit (vgl. zum Ganzen: BFH, Urteil vom 29.10.2002 - VII R 2/02 - BeckRS 2002, 24001213; Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 37 Rn. 29ff.; Drüen in: Tipke/Kruse, AO, § 37 Rn. 27ff., insbes. Rn. 37).
14 
Nach beiden Auffassungen stand das als Verwaltungsakt auszulegende Schreiben der Antragsgegnerin vom 12.4.2011 also zunächst dem Rückforderungsbegehren der Antragsgegnerin entgegen.
15 
3. Allerdings hat die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 3.2.2012 nicht nur den aufgrund des Schreibens vom 12.4.2011 erstatteten Betrag von der Antragstellerin zurückgefordert, sondern zugleich auch noch dieses Schreiben als Grundlage der damals erfolgten Erstattung aufgehoben. Zwar hatte der Widerspruch der Antragstellerin gegen die in dem Bescheid vom 3.2.2012 verfügte Aufhebung zunächst aufschiebende Wirkung. Mittlerweile hat die Antragsgegnerin jedoch unter dem 15.3.2013 gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO den Sofortvollzug des Bescheids vom 3.2.2012 insoweit angeordnet, als darin eine Rücknahme der mit Schreiben vom 12.4.2011 verfügten Erstattung zu sehen ist. Damit trifft die tragende Annahme des Verwaltungsgerichts nicht (mehr) zu, es fehle an der Vollziehbarkeit der Rücknahme der Erstattung, weil diese aufgrund des Fehlens einer Anordnung des Sofortvollzugs nicht sofort vollziehbar sei.
16 
Die zeitlich erst nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts ergangene Anordnung des Sofortvollzugs ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin kann nicht darauf verwiesen werden, die geänderte Sachlage in einem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO geltend zu machen. Die Frage, ob und in welchem Umfang ein neuer Vortrag im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden kann, ist zwar umstritten (für eine Berücksichtigung: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8.11.2004 - 9 S 1536/04 - NVwZ-RR 2006, 74; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 146 Rn. 42; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 82; a.A.: OVG Sachs.-Anh., Beschluss vom 20.12.2004 - 2 M 574/04 - juris; jeweils m.w. Nachw.). Nach Ansicht des Senats ist diese Frage jedoch im Grundsatz zu bejahen.
17 
Zur Klärung der Frage ist vom Zweck der Beschwerde auszugehen. Sie hat ebenso wie die Berufung die Aufgabe einer zweiten Tatsacheninstanz und bezweckt eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Daher kann es für den Erfolg der Beschwerde nicht entscheidend sein, ob das Ausgangsgericht auf der Grundlage der ihm bekannten Tatsachen richtig entschieden hat, sondern ob die Entscheidung über den Streitgegenstand im Ergebnis richtig ist. Hiervon ausgehend ist es nur folgerichtig, dass das Beschwerdegericht auch neue Tatsachen oder Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen hat, auf die sich der Beschwerdeführer fristgerecht beruft und die nach materiellem Recht im Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts maßgeblich sind.
18 
4. Die Aufhebung bzw. Änderung des Bescheids vom 12.4.2011 ist voraussichtlich im Ergebnis zu Recht erfolgt. Dieser Bescheid war wohl objektiv rechtswidrig (a), sodass die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sein dürfte, ihn zu ändern (b).
19 
a) Der Bescheid vom 12.4.2011 enthält die Änderung eines Abgabenbescheids, nämlich der Festsetzung der Abwassergebühr für das Jahr 2000. Rechtlicher Maßstab der Änderung sind demnach die §§ 172 ff. AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG). Deren tatbestandliche Voraussetzungen dürften hier aber nicht gegeben sein.
20 
aa) Nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG) darf ein Abgabenbescheid zugunsten des Abgabenpflichtigen nur aufgehoben oder geändert werden, wenn dieser vor Ablauf der Widerspruchsfrist (vgl. § 3 Abs. 3 Nr. 4 KAG) zugestimmt oder einen entsprechenden Antrag gestellt hat oder soweit die Behörde einem Rechtsbehelf abhilft. Diese Voraussetzungen sind hier wohl nicht gegeben.
21 
Die zweite Alternative dieser Vorschrift - eine Abhilfe im Rahmen eines anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens - ist im vorliegenden Fall ersichtlich nicht erfüllt. Wie bereits dargelegt, handelte es sich bei dem Schreiben vom 12.4.2011 schon deshalb nicht um eine Teilabhilfe im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens, weil die Antragstellerin bereits im Jahr 2005 ihren Widerspruch für erledigt erklärt hatte.
22 
Aber auch die Voraussetzungen für eine Änderung auf Antrag oder mit Zustimmung des Abgabenpflichtigen liegen im vorliegenden Fall wohl nicht vor. Zwar ist in der Erhebung des Widerspruchs grundsätzlich eine (stillschweigende) Zustimmung zu einer Änderung des Verwaltungsakts zugunsten des Abgabenpflichtigen zu sehen (Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 172 Rn. 25; Rüsken in: Klein, AO, 9. Aufl., § 172 Rn. 34). Hier hat die Antragstellerin zunächst Widerspruch gegen die Festsetzung der Abwassergebühren für das Jahr 2000 erhoben; sie hat jedoch im Jahr 2005 dessen Erledigung erklärt. Mit dieser Erklärung der Erledigung des Widerspruchs durch die Antragstellerin ist bei sachdienlicher Auslegung zugleich die mit der Einlegung des Widerspruchs erklärte Zustimmung zu einer Änderung des Abwassergebührenbescheids hinfällig geworden. Denn die Abgabe einer Erledigungserklärung kann nach dem objektiven Empfängerhorizont nur so verstanden werden, dass der angefochtene Verwaltungsakt - ggf. in mittlerweile geänderter Form - nunmehr akzeptiert und seine Änderung nicht mehr angestrebt wird.
23 
bb) Der Änderungsbescheid vom 12.4.2011 lässt sich auch nicht auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG) stützen. Nach dieser Vorschrift können Abgabenbescheide auch dann zu Gunsten des Abgabenpflichtigen geändert werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Abgabe führen, und den Abgabenpflichtigen kein Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden trifft. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass in Bezug auf die Festsetzung der Abwassergebühren für das Jahr 2000 Tatsachen oder Beweismittel in diesem Sinne nachträglich bekannt geworden sind. Das im Jahr 2010 erfolgte rückwirkende Inkrafttreten einer neuen Satzung stellt eine Rechtsänderung und keine Tatsache in diesem Sinne dar (Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 173 Rn. 12).
24 
Die mit Schreiben vom 12.4.2011 erfolgte Änderung ist schließlich auch nicht von § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO gedeckt. Danach ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Der rückwirkende Erlass der neuen Satzung stellt indes kein rückwirkendes Ereignis im Sinne dieser Vorschrift dar (Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 175 Rn. 38; Rüsken in: Klein, AO, 9. Aufl., § 175 Rn. 80).
25 
b) Die Antragsgegnerin war wohl verpflichtet, den hiernach mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrigen Änderungsbescheid vom 12.4.2011 aufzuheben. Bei diesem Änderungsbescheid handelt es sich seinerseits ebenfalls um einen abgabenrechtlichen Verwaltungsakt, da er einen Abgabenbescheid geändert hat (vgl. BFH, Urteil vom 12.1.1989 - IV R 8/88 - BFHE 156, 4). Demzufolge ist auch seine Rechtmäßigkeit anhand der §§ 172 ff. AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG) zu beurteilen.
26 
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG) sind Abgabenbescheide zu ändern, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Abgabe führen. Tatsache im Kontext des § 173 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen oder Eigenschaften sowohl materieller als auch immaterieller Art (Koenig in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 173 Rn. 7). Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift vor, muss der Abgabenbescheid geändert werden, ohne dass der Behörde insoweit ein Ermessen eingeräumt wäre (Loose in: Tipke/Kruse, AO, § 173 Rn. 104).
27 
In der 2005 erfolgten Erklärung der Antragstellerin, ihr gegen den Abwassergebührenbescheid für das Jahr 2000 eingelegter Widerspruch habe sich erledigt, ist voraussichtlich eine relevante Tatsache in diesem Sinne zu sehen. Die Frage, ob noch ein offenes Widerspruchsverfahren anhängig war, ist für die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids vom 12.4.2011 relevant. Insoweit kann auf die Ausführungen unter II.4.a)aa) Bezug genommen werden.
28 
Diese Tatsache war der Antragsgegnerin bei Erlass des Änderungsbescheids vom 12.4.2011 nicht bekannt. Aus den Formulierungen im Betreff („Widersprüche gegen die Abwassergebühren…“) und in der Begründung („…werden die Gebühren für die Jahre in denen noch Widersprüche offen sind…“) geht eindeutig hervor, dass die Antragsgegnerin von offenen Widerspruchsverfahren ausging und ihr nicht bekannt war, dass diese bereits im Jahr 2005 für erledigt erklärt worden waren. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass das Landratsamt als Widerspruchsbehörde über die Erledigungserklärung der Antragstellerin informiert war, denn es ist grundsätzlich auf den Kenntnisstand der für die Erhebung der Abgabe örtlich und sachlich zuständigen Behörde - hier also der Antragsgegnerin - abzustellen (vgl. Loose in: Tipke/Kruse, AO, § 173 Rn. 28).
29 
Schließlich dürfte die erneute Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG) auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen sein (vgl. hierzu: Rüsken in: Klein, AO, 9. Aufl., § 173 Rn. 80 ff.). Zwar wurzelt einerseits die unterbliebene Information der Antragsgegnerin über die Beendigung des Widerspruchsverfahrens durch das Landratsamt als Widerspruchsbehörde letztlich in der Sphäre der Behörden. Dafür erscheint andererseits die Antragstellerin aber auch nicht als besonders schutzwürdig. Sowohl aus dem Anschreiben der Antragsgegnerin vom 11.2.2011 als auch aus dem Bescheid vom 12.4.2011 selbst geht eindeutig hervor, dass die Antragsgegnerin bei Erlass dieses Bescheids von offenen Widerspruchsverfahren ausgegangen ist. Auch wenn man gegenüber der Antragstellerin wohl nicht den Vorwurf der arglistigen Täuschung im Sinne von § 172 Abs. 1 Nr. 2c AO erheben kann, hat sie jedenfalls sehenden Auges einen für sie offenkundigen Irrtum der Behörde ausgenutzt.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8.7.2004 (VBlBW 2004, 467).
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2013 - 2 S 598/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2013 - 2 S 598/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2013 - 2 S 598/13 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Abgabenordnung - AO 1977 | § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel


(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,1.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,2.soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen


(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,1.soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,2.soweit ein Ereignis eintritt, das steu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 37 Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregel

Abgabenordnung - AO 1977 | § 172 Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden


(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,1.wenn er Verbrauchsteuern betrifft,2.wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artik

Abgabenordnung - AO 1977 | § 118 Begriff des Verwaltungsakts


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2013 - 2 S 598/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2013 - 2 S 598/13 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Nov. 2004 - 9 S 1536/04

bei uns veröffentlicht am 08.11.2004

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 02. Juni 2004 - 8 K 772/04 - wird verworfen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert des Beschwerdever
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2013 - 2 S 598/13.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 31. Aug. 2016 - 2 S 279/16

bei uns veröffentlicht am 31.08.2016

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 13. Januar 2016 - 8 K 2109/14 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverf

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 07. März 2016 - 4 A 152/15

bei uns veröffentlicht am 07.03.2016

Tenor Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Tatbestand 1 Die Kläger begehren nunmehr letztlich d

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 11. Nov. 2015 - 1 K 2954/14

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Tatbestand 1 Die Kläger begehren die Neufestsetzung der Abwassergebühren für das Jahr 1998.2 Mit Bescheid vom 10.02.1999 zog die Beklagte die Kläger fü

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 02. Juni 2004 - 8 K 772/04 - wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist unzulässig, denn sie genügt nicht dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Danach muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, ferner müssen die Gründe dargelegt werden, aus denen die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sie muss sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Zwar enthält die Antragsschrift vom 08.07.2004 einen bestimmten Antrag, mit dem begehrt wird, die Antragstellerin „... im vierten Fachsemester des Studienganges Internationale Betriebswirtschaftslehre im Sommersemester 2004 und in nachfolgenden Semestern weiterhin zu beteiligen“ und sie „... zu den Prüfungen im Sommersemester 2004 und den nachfolgenden Semestern - bis zur Entscheidung in der Hauptsache - vorläufig zuzulassen“. Es fehlt aber an einer Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Aus der Entstehungsgeschichte der mit Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess - RMBereinVpG - vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3987) in die VwGO eingefügten Vorschrift folgt, dass diese an die Auslegungskriterien zum Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) anknüpft (siehe hierzu ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.07.2002 - 11 S 1293/02 - m.w.N., EzAR 625 Nr. 2 = NVwZ 2002, 1388; Thüringer OVG, Beschluss vom 11.02.2003, Az: - 3 EO 387/02 -, AuAS 2003, 119 = DVBl. 2003, 879 und Beschluss vom 26.11.2003, Az: - 4 EO 627/02 -, KStZ 2004, 57). Die Beschwerdebegründung muss zwar anders als beim Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine Bedenken mit dem Gewicht ernstlicher Zweifel an dem Ausgangsbeschluss des Verwaltungsgerichts aufzeigen. Sie muss aber jedenfalls erkennen lassen, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen dieser Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss nicht nur die Punkte bezeichnen, in denen der Beschluss angegriffen werden soll, sondern auch angeben, aus welchen Gründen er die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt für unrichtig hält. Hierfür reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, außer in Fällen der Nichtberücksichtigung oder des Offenlassens des früheren Vortrags, grundsätzlich ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.2002 - 1 S 705/02 - NVwZ-RR 2002, 797 und vom 16.12.2003 - 7 S 2465/03 - zitiert nach juris).
Ob und in welchem Umfang hingegen ein neuer Vortrag im Rahmen des Darlegungsgebotes nach § 146 Abs. 3 VwGO berücksichtigt werden kann, ist umstritten (für eine unbeschränkte Berücksichtigung: Thüringer OVG, Beschluss vom 26.11.2003, Az. 4 EO 627/02, a.a.O.; für dessen generellen Ausschluss: Bader in Bader, VwGO, 2. Aufl., § 146 RN. 36). Zur Klärung dieser Frage ist vom Zweck der Beschwerde auszugehen. Sie hat ebenso wie die Berufung die Aufgabe einer zweiten Tatsacheninstanz. Das Rechtsmittel umfasst daher eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, weshalb vom Beschwerdegericht auch neue Tatsachen oder Änderungen der Rechtslage zu berücksichtigen sind, auf die sich der Beschwerdeführer fristgerecht beruft und die nach materiellem Recht im Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts maßgeblich sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu der vergleichsweise heranzuziehenden Vorschrift des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausgeführt, es seien - auch - solche Tatsachen zu berücksichtigen, die nach der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung eingetreten seien (BVerwG, Beschluss vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 32 = NVwZ 2004, 744 und Beschluss vom 11.11.2002 - 7 AV 3/02 - Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 31). Ebenso seien Tatsachen zu berücksichtigen, die vom Verwaltungsgericht deshalb im Zeitpunkt seiner Entscheidung außer Betracht gelassen worden sind, weil sie von den Beteiligten nicht vorgetragen und mangels entsprechender Anhaltspunkte auch nicht von Amts wegen zu ermitteln gewesen seien (BVerwG, Beschluss vom 14.06.2002, Buchholz § 124b VwGO Nr. 1 = NVwZ-RR 2002, 894). Ob diese Rechtsprechung ohne Einschränkungen auch auf das Beschwerdeverfahren zu übertragen ist, mag dahin stehen.
Eine Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO findet jedenfalls dann nicht statt, wenn in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO, um das es hier geht, der Anordnungsanspruch trotz Aufforderung des Verwaltungsgerichts nicht begründet worden ist und derart „aufgesparte“ Gründe erst im Beschwerdeverfahren vorgetragen werden. Es würde dem Zweck der Neuregelung widersprechen, im Rahmen der gebotenen Darlegung auch einen Vortrag zur Sachlage zu berücksichtigen, der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bereits zum Gegenstand der Prüfung hätte gemacht werden können. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Im Verfahren nach § 123 VwGO hat der Antragsteller den Anordnungsanspruch vorzutragen und glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Trotz dieser Verweisung auf zivilprozessuale Vorschriften gilt zwar auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht etwa der Beibringungsgrundsatz, sondern - wie allgemein in der Verwaltungsgerichtsordnung - der Untersuchungsgrundsatz (§ 86 VwGO; siehe hierzu Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 123 VwG0 Rz. 95 m.w.N.). Hat der Antragsteller aber weder von sich aus den geltend gemachten Anordnungsanspruch sachlich begründet noch in der Sache etwas auf eine entsprechende, dem Amtsermittlungsgrundsatz Rechnung tragende Aufforderung des Verwaltungsgerichts vorgetragen, können erst im Beschwerdeverfahren vorgetragene Gründe nicht mehr berücksichtigt werden. Denn der im Gesetzgebungsverfahren gefundene Kompromiss zwischen einerseits Zulassung der Beschwerde und andererseits Verschärfung der Zulässigkeitsschranken durch die eingeschränkte Begründetheitsüberprüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) ist Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, das Beschwerdeverfahren zu beschleunigen und eine Verfahrenskonzentration herbeizuführen (siehe hierzu auch Thüringer OVG, Beschluss vom 11.02.2003, Az: - 3 EO 387/02 -, a.a.O. m.w.N.) Ließe man das „aufgesparte“ Vorbringen zum Anordnungsanspruch zu, würde sich dem Beschwerdegericht eine vom Gesetzgeber nicht gewollte erstmalige und vollständige Prüfung des Falles stellen. Im Hinblick auf diesen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht mehr zu berücksichtigenden Tatsachenvortrag entsteht auch keine „Rechtsschutzlücke“, denn der Antragsteller kann seine Gründe entweder in einem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (analog) oder im Hauptsacheverfahren geltend machen.
In Anwendung dieser Grundsätze stellt der Vortrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung dar. Mit Verfügung vom 06.04.2004 hat das Verwaltungsgericht die Antragstellerin aufgefordert, zum Vorliegen eines Anordnungsanspruchs Angaben zu machen. Hierzu hat sich die Antragstellerin aber nicht geäußert. Erst mit der Beschwerdebegründung hat sie vorgetragen, sowohl bei dem ersten Prüfungsversuch im Fach Allgemeine Betriebswirtschaftslehre I als auch bei der Wiederholungsprüfung aufgrund der sie stark belastenden familiären Verhältnisse nicht in der Lage gewesen zu sein, die Prüfungen zu bestehen. Diese Umstände hätten aber von der Antragstellerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren mit der Antragstellung, spätestens aber auf die entsprechende Aufforderung des Gerichts vorgetragen und glaubhaft gemacht werden können. Es handelt sich insoweit nicht um Umstände, die nach Abschluss des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht „neu“ eingetreten sind, diese lagen vielmehr bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung vor und hätten bereits von dem Verwaltungsgericht geprüft werden können - wenn die Antragstellerin sie vorgetragen hätte.
Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Beschwerde auch unbegründet gewesen wäre. Bezüglich des Nichtbestehens der Prüfung kann insoweit auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 02.06.2004 verwiesen werden, deren Richtigkeit auch von Seiten der Antragstellerin nicht in Frage gestellt werden. Soweit die Antragstellerin nunmehr vorträgt, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen zu sein, die Prüfung abzulegen, ist auf die Vorschrift des § 13a der Prüfungsordnung der Universität Tübingen für den Diplom-Studiengang Internationale Betriebswirtschaftslehre hinzuweisen. Für die Antragstellerin hätte nämlich die Möglichkeit bestanden, aufgrund der von ihr nunmehr geltend gemachten familiären Belastungen den Antrag zu stellen, die Frist zur Ablegung der Orientierungsprüfung um zwei Semester zu verlängern (§ 13a Abs. 4 der Prüfungsordnung). Gerade im Hinblick darauf, dass bereits die erste Orientierungsprüfung nach ihren Angaben aufgrund ihrer familiären Situation fehlgeschlagen ist, hätte es nahe gelegen, einen entsprechenden Antrag auf „Herausschieben“ der Orientierungsprüfung zu stellen. Da sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das endgültige Nichtbestehen der Prüfung von ihr im Sinne von § 13a Abs. 3 der Prüfungsordnung nicht zu vertreten sei.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.