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Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht begründet worden (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und genügt auch den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO (bestimmter Antrag, Darlegung der Berufungsgründe).
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Die Berufung ist jedoch nur teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht den zulässigen Verpflichtungsklagen der Kläger zu 2. und 3. auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen insoweit stattgegeben, als es den Bescheid der Beklagten vom 14.11.1997 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 5.7.2000 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet hat, über die Anträge der Kläger zu 2. und 3. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (dazu A.). Hinsichtlich der Klägerin zu 1. erweist sich das Urteil des Verwaltungsgerichts hingegen als zutreffend (dazu B.).
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Zu Recht ist Verwaltungsgericht freilich bei allen Klägern davon ausgegangen, dass sie weder einen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihrer diesbezüglichen Anträge auf der Grundlage von § 32 AuslG in Verbindung mit den Härtefallregelungen des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 15.5.1996 und vom 12.1.2000 haben. Wie im Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14.11.1997 ausgeführt, stand der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach der Härtefallregelung vom 15.5.1996 im letztmöglichen Entscheidungszeitpunkt am 31.12.1996, bis zu dem über sämtliche Anträge aufgrund der Härtefallregelung abschließend zu entscheiden war (vgl. Ziff. 3.3 der Anordnung), entgegen, dass die Klägerin damals mit noch nicht tilgungsreifen Eintragungen im Bundeszentralregister verzeichnet war, die die Höchstgrenze einer Geldstrafe von bis zu 50 Tagessätzen überschritten. Auf den Bescheid der Beklagten vom 14.11.1997 wird insoweit ergänzend verwiesen (§§ 125 Abs. 1, 117 Abs. 5 VwGO). Da somit der Klägerin nach § 32 AuslG i.V.m. der Härtefallregelung vom 15.5.1996 keine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden konnte, kam auch ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht der Kläger zu 2. und 3. als Familienangehörige nicht in Betracht.
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Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Aufenthaltsbefugnisse mit Blick auf die Härtefallregelung in der Anordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg nach § 32 AuslG vom 12.1.2000 zu. Denn sie müssen sich den Ausschlussgrund der langjährigen selbstverursachten Passlosigkeit entgegenhalten lassen. Dies hat das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zu Recht festgestellt. Den dortigen Ausführungen schließt sich der Senat an und sieht gemäß § 130b Satz 2 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
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A. Die Kläger zu 2. und 3. haben keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 AuslG und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht darauf, dass die Beklagte erneut über ihre diesbezüglichen Anträge entscheidet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 5.7.2000 ist in Bezug auf die Kläger zu 2. und 3. daher rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten (§§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2, 114 VwGO).
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Der Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen an die Kläger zu 2. und 3. steht bereits die Rechtsschranke des § 11 Abs. 1 AuslG entgegen. Danach „kann“, d.h. darf einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens grundsätzlich keine Aufenthaltsgenehmigung - dazu zählt nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AuslG auch die Aufenthaltsbefugnis - erteilt werden. Asylantrag in diesem Sinne ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch ein Asylfolgeantrag (vgl. Senatsurteile vom 18.1.1996 - 11 S 3001/94 - [Juris] und vom 17.4.1996 - 11 S 156/96 -, InfAuslR 1996, 303; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 6.11.1996 - 17 B 1743/96 - [Juris]; Hamburgisches OVG, Urteil v. 27.11.1998 - Bf IV 45/96 -, EZAR 017 Nr. 18). Das Asylfolgeverfahren des Klägers zu 2. und das Asyl(erst)verfahren des Klägers zu 3. sind indessen noch nicht bestandskräftig abgeschlossen. Ausnahmen vom Verbot des § 11 Abs. 1 AuslG gelten nur im Falle eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung sowie bei Zustimmung der obersten Landesbehörde, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Erteilung erfordern. Bei den Klägern zu 2. und 3. liegt weder eine derartige Zustimmung vor noch sind wichtige Interessen im genannten Sinne ersichtlich. Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ist nicht gegeben. Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis käme bei den Klägern zu 2. und 3. allenfalls im Ermessenswege nach § 30 Abs. 2-5 AuslG in Betracht. Selbst wenn dieses Ermessen eröffnet und der Ermessensspielraum „auf Null“ reduziert wäre, würde dies nicht ausreichen, um einen - unmittelbar sich aus dem Gesetz ergebenden - Anspruch nach § 11 Abs. 1 AuslG zu begründen.
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B.. Hinsichtlich der Klägerin zu 1. folgt der Senat dem Verwaltungsgericht darin, dass der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 14.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.7.2000 rechtswidrig, weil ermessensfehlerhaft, ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, mit der Folge, dass der Klägerin ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zusteht (§§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2, 114 VwGO).
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Zunächst ist festzustellen, dass eine bestehende Anordnung nach § 32 AuslG die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach §§ 30, 31 AuslG nicht von vorne herein ausschließt. Eine Anordnung nach § 32 AuslG stellt vielmehr regelmäßig eine die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis erleichternde, aber keine abschließende Regelung dar. Sie lässt die §§ 30, 31 AuslG unberührt, so dass unter den dort genannten Bedingungen eine Aufenthaltsbefugnis nach Ermessen erteilt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 19.9.2000 - 1 C 19.99 -, NVwZ 2001, 210; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 5.1.2001 - 11 S 2034/00 -; Beschluss v. 10.9.2001 - 11 S 2212/00 -, InfAuslR 2002, 20).
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Bei der Klägerin, deren Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, kommt gemäß § 30 Abs. 5 AuslG lediglich die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach Maßgabe von § 30 Abs. 3 und 4 AuslG in Betracht. Nach § 30 Abs. 3 AuslG kann einem Ausländer, der unanfechtbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltsbefugnis abweichend von § 8 Abs. 1 AuslG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 AuslG für eine Duldung vorliegen, weil seiner freiwilligen Ausreise und seiner Abschiebung Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat. Gemäß § 30 Abs. 4 AuslG kann im Übrigen einem Ausländer, der seit mindestens zwei Jahren unanfechtbar ausreisepflichtig ist und eine Duldung besitzt, abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AuslG eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, es sei denn, der Ausländer weigert sich, zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses zu erfüllen.
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Die Klägerin erfüllt im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 30 Abs. 3 AuslG.
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I. Die Klägerin ist zunächst seit langem unanfechtbar ausreisepflichtig, nachdem der Asylablehnungsbescheid des Bundesamtes vom 22.10.1990 am 26.3.1993 unanfechtbar wurde, was zum Erlöschen der Aufenthaltsgestattung der Klägerin führte (vgl. §§ 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG, 42 Abs. 1 und 2 Satz 2 AuslG). Im Übrigen wurde auch die Abschiebungsandrohung vom 9.6.1994 vollziehbar (vgl. §§ 67 Abs. 1 Nr. 4, 71 Abs. 4 i.V.m. §§ 34, 36 AsylVfG).
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II. Die Klägerin kann sich auch auf das Vorliegen eines Duldungsgrundes nach § 55 Abs. 2 AuslG berufen, weil ihrer freiwilligen Ausreise und ihrer Abschiebung von ihr nicht zu vertretende Hindernisse entgegen stehen.
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§ 30 Abs. 3 AuslG fordert insoweit zweierlei. Zum einen müssen eine Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG begründende Abschiebungshindernisse vorliegen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat. Dabei ist zwischen rechtlichen und tatsächlichen Abschiebungshindernissen zu unterscheiden. Zu den rechtlichen Abschiebungshindernissen gehören außer den insbesondere durch höherrangiges Verfassungs- oder supranationales Recht gebotenen inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen auch zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG. Die tatsächlichen Abschiebungshindernisse betreffen Fälle der faktisch unmöglichen Rückübernahme durch den Herkunfts- oder einen Drittstaat, z.B. wegen Passlosigkeit. § 30 Abs. 3 AuslG verlangt zum anderen, dass der Ausländer nicht freiwillig ausreisen kann, weil einer solchen freiwilligen Ausreise nicht zu vertretende Hindernisse entgegenstehen (nicht zu vertretendes Ausreisehindernis). Für die Trennung dieses Merkmals vom Merkmal des „nicht zu vertretenden Abschiebungshindernisses“ spricht schon der eindeutige, oben zitierte Wortlaut des § 30 Abs. 3 AuslG (ausführlich hierzu Senatsurteil v. 21.6.2004 - 11 S 770/04 - m.w.N.). Zusammengefasst kommt es mithin darauf an, dass nicht nur die Beseitigung von Abschiebungshindernissen, sondern auch die freiwillige Ausreise unmöglich oder unzumutbar sein muss (vgl. Senatsurteil v. 21.6.2004, a.a.O.; ebenso OVG Lüneburg, Beschluss v. 27.1.1997 - 12 L 264/97 -, NVwZ-Beilage 1997, 28). Beides ist bei der Klägerin der Fall.
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1. Der Klägerin steht zunächst ein nicht zu vertretendes Abschiebungshindernis zur Seite. Zwar fehlt es an einem tatsächlichen Abschiebungshindernis, denn die Klägerin besitzt einen bis 14.4.2005 gültigen angolanischen Reisepasses. Es liegt jedoch ein
rechtliches
Abschiebungshindernis vor.
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a) Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen, kann sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren gegenüber der Beklagten allerdings nicht auf ein rechtliches
zielstaatsbezogenes
Abschiebungshindernis berufen. Denn dem steht das gesetzliche System der ausschließlichen Entscheidungsbefugnis und Entscheidungspflicht des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge entgegen (Konzentrationsprinzip). Dazu ist im Einzelnen folgendes auszuführen:
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aa) Nach § 24 Abs. 2 AsylVfG obliegt dem Bundesamt nach Stellung eines förmlichen Asyl- oder Asylfolgeantrags (§§ 13, 14 AsylVfG) auch die Entscheidung, ob zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bestehen. Dies gilt auch dann, wenn auf einen Asylfolgeantrag hin, weil die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Asylverfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, kein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 7.9.1999 - 1 C 6.99 -, InfAuslR 2000, 16; Beschluss v. 23.11.1999 - 9 C 3.99 -, NVwZ 2000, 941, Urteil v. 21.3.2000 - 9 C 41.99 -, BVerwGE 11, 77; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 20.7.1999 - A 9 S 96/99 - [Juris]; Urteil v. 10.7.2002 - 13 S 1871/01 -, EZAR 043 Nr. 55; Urteil v. 15.5.2003 - 13 S 1113/02 -, VBlBW 2003, 486, Urteil v. 21.6.2004 - 11 S 770/04 - [Juris]). Die Zuständigkeit des Bundesamtes besteht „von Amts wegen“, auch wenn der Asylsuchende sich nur auf einen Asylantrag beschränkt und diesen nicht ausdrücklich um einen Antrag auf Feststellung von Abschiebungshindernissen ergänzt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 30.5.2000 - A 6 S 281/00 -, AuAS 2000, 201). Durch die Entscheidungskonzentration beim Bundesamt sollen Doppelprüfungen mit unter Umständen widersprechenden Ergebnissen und dadurch bedingte Verfahrensverzögerungen vermieden werden. Zudem hat das Bundesamt gemäß § 73 Abs. 3 AsylVfG die Feststellung nach § 53 Abs. 1, 2, 4 und 6 AuslG zurückzunehmen, wenn sie fehlerhaft ist und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen der damaligen Erteilung nicht mehr vorliegen. Das Bundesamt hat also auch von Amts wegen die Statusentscheidung nach § 53 AuslG unter Kontrolle zu halten. Korrespondierend zur Alleinzuständigkeit erlegt der Gesetzgeber dem Bundesamt nach § 24 Abs. 2 i.V.m. §§ 31 ff. AsylVfG auch eine Entscheidungspflicht über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 AuslG auf. Das Feststellungsverfahren betreffend Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG ist dabei - wie das Verfahren auf Anerkennung als Asylberechtigter und als Flüchtling nach § 51 Abs. 1 AuslG - als Statusverfahren ausgestaltet (vgl. §§ 31 Abs. 3, 32, 39 AsylVfG). Das Asylverfahrensgesetz schreibt verbindlich vor, in welchen Verfahrenskonstellationen eine Feststellung zu § 53 AuslG zu treffen ist und wann davon abgesehen werden kann. Bei ablehnenden Entscheidungen zur Flüchtlingsankerkennung oder bei sonstigen Verfahrensbeendigungen (Rücknahme des Asylantrags, Nichtbetreiben des Verfahrens) muss die Feststellung nach § 53 AuslG getroffen werden (vgl. §§ 31 Abs. 3 Satz 1, 32, 33 AsylVfG). Wird der Ausländer als Asylberechtigter oder als Flüchtling anerkannt, kann von Feststellungen zu § 53 AuslG zwar abgesehen werden (§ 31 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 1 und 2 AsylVfG). Diese Statusentscheidung ist vom Bundesamt jedoch nachzuholen, wenn das Verwaltungsgericht die Anerkennung aufgehoben hat (§ 39 Abs. 2 AsylVfG). Hieraus lässt sich die gesetzliche Konzeption ableiten, dass die Frage des Abschiebungsschutzes immer vom Bundesamt geklärt werden muss, wenn „höherrangiger“ Verfolgungsschutz nach Art. 16a Abs. 1 GG oder § 51 Abs. 1 AuslG nicht gewährt wird (vgl. BVerwG, Urteil v. 21.3.2000, a.a.O.; Beschluss v. 23.11.1999, a.a.O.; ebenso VGH Bad.-Württ., Urteil v. 20.7.1999, a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Konzeption zutreffend auch für die Zeit nach dem Abschluss des Asylverfahrens weiterentwickelt und dem Bundesamt die Kompetenz (und Pflicht) zuerkannt, Statusentscheidungen über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG erstmals auch nachträglich zusammen mit dem Widerruf einer Asylanerkennung nach § 73 Abs. 1 AsylVfG zu treffen. Diese Berechtigung leitet das Bundesverwaltungsgericht aus einer Rechtsanalogie zu den - oben erwähnten - Regelungen in §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 2 Satz 1, 31 Abs. 3 Satz 1, 32, 39 Abs. 2 und 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG her. Ihnen entnimmt das Gericht den gemeinsamen Leitgedanken, dass in einem Asylverfahren eine umfassende Entscheidung über „alle Arten des Schutzes vor zielstaatsbezogenen Gefahren“ zu ergehen hat und namentlich nach der Beendigung eines Asylverfahrens nicht offen bleiben soll, ob und in welcher Form dem Ausländer Abschiebungsschutz gewährt wird. Aufgrund der Sachnähe zum Asylverfahren und der besonderen Sachkunde des Bundesamts sei es sinnvoll, dieser Fachbehörde auch im Widerrufsverfahren - gleichermaßen wie bei der Ablehnung des Asylantrags - die Befugnis zur zusätzlichen und erstmaligen Prüfung der Voraussetzungen des Abschiebungsschutzes nach § 53 AuslG zuzuerkennen (vgl. BVerwG, Urteil v. 20.4.1999 - 9 C 29.98 -, InfAuslR 1999, 373; ebenso schon Urteil v. 27.2.1996 - 9 C 145.95 -, InfAuslR 1996, 322).
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bb) Aus diesem das Asylverfahren prägenden Konzentrationsgrundsatz folgt weiterhin, dass das Bundesamt auch dann nach - negativem - Abschluss des Asylverfahrens für die Feststellung der Voraussetzungen nach § 53 AuslG zuständig bleibt, wenn es im Ablehnungsbescheid entgegen dem gesetzlichen Gebot nach § 31 Abs.2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylVfG eine derartige Entscheidung nicht getroffen hat (für eine solche umfassende Zuständigkeit „für die Zukunft“ auch GK-AsylVfG, § 71 Rdnr. 204 m.w.N.). Das Bundesamt ist nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, von dieser Zuständigkeit Gebrauch zu machen und seine Entscheidung von Amts wegen gegebenenfalls nachzuholen. Der Ausländerbehörde ist es auch während dieses durch einen rechtlichen Schwebezustand gekennzeichneten Zeitraums verwehrt, die Voraussetzungen des § 53 AuslG von sich aus zu prüfen, ihre Zuständigkeit wird verdrängt. Die Ausländerbehörde kann aber zumindest beim Bundesamt anregen, dass die Feststellung nachgeholt wird. Dem Ausländer steht das Recht zu, die unterlassene Entscheidung nach § 53 AuslG gegenüber dem Bundesamt einzuklagen.
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Nur vor oder ohne Stellung eines Asylantrags dürfen und müssen die Ausländerbehörden über das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG entscheiden und die Ergebnisse entsprechend den Vorgaben des Ausländergesetzes berücksichtigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 10.7.2002, a.a.O.). Die Ausländerbehörden haben dann inhaltlich die volle Prüfungskompetenz. Eine selbstständige Statusfeststellung wie das Bundesamt treffen die Ausländerbehörden hingegen nicht, ihre Prüfung erfolgt inzident als Vorfrage im Rahmen des jeweiligen Verfahrensgegenstands. Das Zuständigkeitsmonopol des Bundesamts besteht freilich nur so lange, wie dafür nach dem Gesetzeszweck ein Bedürfnis besteht. Dieses Bedürfnis entfällt dann, wenn der Ausländer nach Abschluss des Asylverfahrens ein asylunabhängiges Aufenthaltsrecht erhält.
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cc) Für den vorliegenden Rechtsstreit folgt daraus, dass mit Stellung des Asylfolgeantrags der Klägerin und nach der Entscheidung des Bundesamtes im Bescheid vom 9.6.1994, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, die Befugnis und gleichzeitig auch die Pflicht auf das Bundesamt übergegangen ist, über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG bei der Klägerin zu entscheiden.
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Dieser Pflicht hat das Bundesamt indes nicht genügt. Im Bescheid vom 9.6.1994 hat es das Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG nur in der Begründung des Bescheids den Hinweis aufgenommen, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bei der Klägerin nicht feststellbar sind, die es rechtfertigen würden, die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung zu beschränken. Damit hat das Bundesamt die verfahrensrechtlichen Anforderungen der §§ 24 Abs. 2, 31 Abs. 3 AsylVfG nicht erfüllt. Nach § 24 Abs. 2 AsylVfG obliegt dem Bundesamt die „Entscheidung“ über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG, und nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG hat es „festzustellen“, ob diese Abschiebungshindernisse gegeben sind; mit dieser Feststellung wird ein Rechtsstatus des Ausländers begründet (vgl. auch §§ 32 und 39 AsylVfG). Schon aus diesen terminologischen Gründen folgt, dass das Bundesamt nach §§ 24 Abs. 2 AsylVfG verpflichtet ist, eine ausdrückliche - positive oder negative - Feststellung über das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG im Tenor seines Bescheids zu treffen; insofern kann nichts anderes gelten als für die Statusentscheidung über den eigentlichen Asylantrag nach §§ 13 Abs. 2, 14 Abs. 1 AsylVfG, die wirksam nur im Tenor ergehen kann. Eine bloße Inzidentprüfung der Voraussetzungen des § 53 AuslG in den Entscheidungsgründen - auf der Ebene der Prüfung des Abschiebezielstaats bei der Abschiebungsandrohung nach §§ 71 Abs. 4, 34 Abs. 1 AsylVfV, 50 Abs. 3 Satz 2 AuslG - ist nicht ausreichend (offen gelassen von OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 24.2.1997 - 25 A 3389/95.A -, EZAR 224 Nr. 27). Für die Notwendigkeit einer eindeutigen Statusentscheidung im Tenor sprechen zudem Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Im Hinblick auf die weitreichende - positive wie negative - Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesamts nach § 42 Satz 1 AsylVfG für die Ausländerbehörde darf kein Zweifel über ihren gewollten Inhalt bestehen. Solche Zweifel wären aber in der Verwaltungspraxis nahezu vorprogrammiert, wenn man Erwägungen zu § 53 AuslG in den Entscheidungsgründen ausreichen ließe, da das Bundesamt den Ausländerbehörden nach den Erfahrungen des Senats häufig nur die erste Seite seines Bescheids mit den Entscheidungssätzen übersendet.
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dd) Dass das Bundesamt mithin im Bescheid vom 9.6.1994 keine „Feststellung“ zu § 53 AuslG getroffen hat, eröffnet jedoch nicht für die Ausländerbehörde die Möglichkeit, nunmehr entsprechende Feststellungen zu treffen. Dies würde nämlich dem dargestellten Konzept der ausschließlichen Kompetenz und der damit einhergehenden Pflicht des Bundesamtes für Statusfeststellungen nach § 53 AuslG widersprechen. Der Klägerin bleibt es jedoch - ebenso wie der Beklagten - unbenommen, vom Bundesamt eine Ergänzung des Bescheides vom 9.6.1994 um die Feststellung über das (Nicht-)Vorliegen von Abschiebungshindernissen zu verlangen und gegebenenfalls auch gerichtlich zu erstreiten.
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b) Die Klägerin kann sich jedoch auf einen Duldungsgrund nach § 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und damit auf ein
inlandsbezogenes
rechtliches Abschiebungshindernis berufen. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK stellen rechtliche Gründe dar, die die Abschiebung der Klägerin im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG unmöglich machen. Der aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK fließende Schutzgedanke für die Familie und das Elternrecht gebieten es vorliegend, die Klägerin so lange zu dulden, wie der Kläger zu 3. sich wegen seines Asylverfahrens gestattet im Bundesgebiet aufhält. Es wäre mit den Verbürgungen des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK unvereinbar, die Klägerin und den 12-jährigen Kläger zu 3., der schon angesichts seines Alters der Betreuung durch seine allein erziehende Mutter bedarf und dem während des laufenden Asylverfahrens ein freiwilliges Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zuzumuten ist, zu trennen.
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Das somit bestehende Abschiebungshindernis hat die Klägerin nicht zu vertreten. Das „Vertretenmüssen“ hinsichtlich des Bestehens von Abschiebungshindernissen beschränkt sich nicht auf schuldhaftes (vorsätzliches oder fahrlässiges) Handeln oder Unterlassen. Es genügt, dass der Ausländer durch ihm zurechenbares vorwerfbares - in seinem Verantwortungsbereich liegendes - Handeln die Ursache für das Abschiebungshindernis gesetzt hat oder eine solche Ursache mit zumutbaren Bemühungen wieder beseitigen könnte (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Urteil v. 13.6.2001 - 13 S 1983/00 - [Juris]; Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Bd. 2, § 30 AuslG Rdnr. 32 mit Rechtsprechungsnachweisen). Die zu stellenden Anforderungen und zumutbaren Mitwirkungspflichten hängen von der Art des jeweiligen Hindernisses -rechtliches oder tatsächliches - ab. Der Klägerin kann es nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass für den Kläger zu 3. überhaupt ein Asylantrag gestellt wurde und sich hieraus für diesen ein Aufenthaltsrecht ergibt. Die Wahrnehmung eines von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechts vermag keinen solchen Vorwurf zu begründen. Die Beseitigung des Abschiebungshindernisses durch Rücknahme des Asylantrags ist vor diesem Hintergrund nicht zumutbar. Ein zurechenbares vorwerfbares Verhalten der Klägerin kann wegen der spezifischen Verhältnisse des Einzelfalls auch nicht aus einer Verzögerung der Asylantragstellung hergeleitet werden. Zwar fällt bei den Klägern auf, dass sie ihre Asylanträge jeweils zeitlich versetzt gestellt haben und gerade auch mit dem Asylantrag des Klägers zu 3. über Jahre zugewartet wurde. Eine solche Verhaltensweise wird es im Regelfall nahe legen, eine Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 3 AuslG zu versagen, sofern nicht im Einzelfall plausible und nachvollziehbare Gründe für die späte Asylantragstellung dargelegt werden können. Solche besonderen Gründe sind hier bezüglich des Klägers zu 3. gegeben. Dass dessen Asylantrag erst im Jahre 2003 gestellt wurde, hat die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung überzeugend und für den Senat nachvollziehbar damit erklärt, dass sich die Rechtsprechung im Hinblick auf das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 AuslG wegen Verlustes der so genannten Semi-Immunität nach Auslandsaufenthalt geändert habe (vgl. zu diesem Problembereich etwa neuerdings auch Hess. VGH, Beschluss v. 14.10.2003 - 3 UE 466/02.A - [Juris]) .
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2. Die Klägerin kann sich des weiteren auch auf ein von ihr nicht zu vertretendes Ausreisehindernis im Sinne von § 30 Abs. 3 AuslG berufen.
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Ob die freiwillige Ausreise möglich und zumutbar ist, ist - wie die Feststellung von Abschiebungshindernissen - in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu beurteilen, wobei auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen ist (etwa: Möglichkeit und Zumutbarkeit der Einreise in den Herkunftsstaat auch ohne Pass [dazu VGH Bad.-Württ., Urteil v. 13.6.2001- 13 S 1983/00 - und Urteil v. 6.5.2003 - 13 S 1234/01 -], ohne Besitz der betreffenden Staatsangehörigkeit, unter Umgehung der Grenzkontrollen etc.). Bei der Frage der rechtlichen Möglichkeit und Zumutbarkeit einer freiwilligen Ausreise kommt es auf die jeweilige Wertung des Gesetzgebers an. Entscheidend ist, ob die Rechtsordnung es dem Betroffenen ansinnt, die - faktisch mögliche - freiwillige Ausreise anzutreten (vgl. Senatsurteil v. 21.6.2004, a.a.O.). Maßgeblich für diese Beurteilung können das materielle Gewicht des das Ausreisehindernis bildenden Duldungsgrundes oder verfahrensrechtliche Entscheidungen des Gesetzgebers sein, die es im Hinblick auf den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung verbieten, dem Ausländer die freiwillige Ausreise abzuverlangen.
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Gemessen daran kann sich die Klägerin zwar nicht auf ein tatsächliches Ausreisehindernis berufen, da sie im Besitz eines gültigen angolanischen Passes ist. Ihrer freiwilligen Ausreise stehen jedoch - ebenso wie ihrer Abschiebung - Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als rechtliche Hindernisse entgegen, die zugunsten der Klägerin einen Duldungsgrund bilden, den sie aus den oben genannten Gründen auch nicht zu vertreten hat. Denn es liegt auf der Hand, dass ihr die Ausreise unter Zurücklassung ihres hier sein Asylverfahren betreibenden minderjährigen Sohnes, des Klägers zu 3., nicht zumutbar ist.
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3. Der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an die Klägerin steht, wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgeführt hat, auch nicht der Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG entgegen, wonach die Aufenthaltsgenehmigung in der Regel versagt wird, wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht aus eigener Erwerbstätigkeit, eigenem Vermögen oder sonstigen eigenen Mitteln, aus Unterhaltsleistungen von Familienangehörigen oder Dritten, aus Stipendien, Umschulungs- oder Ausbildungsbeihilfen, aus Arbeitslosengeld oder sonstigen auf einer Beitragsleistung beruhenden öffentlichen Mitteln bestreiten kann. In gleicher Weise ist auch der Regelversagungsgrund nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG, nämlich das Vorliegen eines auf Sozialhilfebezug beruhenden Ausweisungsgrundes nach § 46 Nr. 6 AuslG, zu verneinen.
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a) Zwar erfüllt die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen der Regelversagungsgründe des § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 46 Nr. 6 AuslG und des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG, die auch im Anwendungsbereich des § 30 Abs. 3 AuslG Geltung beanspruchen (vgl. BVerwG, Beschluss v. 26.3.1999 - 1 B 18.99 -, InfAuslR 1999, 332 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.12.1998 - 13 S 3121/96 -, VBlBW 1999, 150; Urteil v. 29.6.2000 - 13 S 2740/99 -, VBlBW 2001, 30; Beschluss v. 10.9.2001 - 11 S 2212/00 -, InfAuslR 2002, 20). Denn die Klägerin bezieht auch gegenwärtig noch Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von monatlich 89,22 EUR und zudem Arbeitslosenhilfe, die kein auf einer Beitragsleistung beruhendes Einkommen darstellt (vgl. Renner, AuslR, § 7 AuslG Rdnr. 19; Hailbronner, AuslR, § 7 AuslG Rdnr. 30). Die Klägerin kann sich aber, was der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 21.2.1994 - 1 S 1450/93 -, EZAR 017 Nr. 7 im Anschluss an BVerwG, Urteil v. 29.7.1993 - 1 C 25.93 -, DVBl. 1994, 52), auf einen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichneten Ausnahmefall berufen, der das sonst ausschlaggebende Gewicht des gesetzlichen Regelversagungsgrundes beseitigt. Dabei ist auf die Umstände zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht abzustellen, wenn - wie hier - das Ermessen noch nicht ausgeübt worden ist (BVerwG, Urteil v. 28.1.1997 - 1 C 23.94 -, InfAuslR 1997, 240; Urteil v. 15.2.2001 - 1 C 23.00 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss v. 10.9.2001, a.a.O.).
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b) Ein Ausnahmefall ist unter anderem gegeben, wenn es mit verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen unvereinbar wäre, die Aufenthaltsgenehmigung allein wegen des Vorliegens eines Regelversagungsgrundes ohne konkrete Abwägung der Interessen zu versagen (BVerwG, Urteil v. 27.8.1996 - 1 C 8.94 -, BVerwGE 102, 12, 17; st.Rspr.). Als solche Wertentscheidung kommt insbesondere Art. 6 Abs. 1 GG in Frage (vgl. BVerwG, Beschluss v. 26.3.1999, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 5.7.2000 - 13 S 1726/99 -, VBlBW 2001, 113; Urteil v. 29.6.2000, a.a.O.).
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So liegt es hier. Die Klägerin kann sich, wie schon dargelegt, auf eine nach Art. 6 GG geschützte familiäre Lebensgemeinschaft mit dem minderjährigen Kläger zu 3. im Bundesgebiet berufen. Der Kläger zu 3. ist auf Grund des von ihm betriebenen Asylverfahrens im Besitz einer Aufenthaltsgestattung, und ihm ist es während des laufenden Asylverfahrens nicht zumutbar, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Im Hinblick auf den Regelversagungsgrund und den Gewährleistungsgehalt des Art. 6 GG ist dabei zum einen zu berücksichtigen, dass derzeit nicht absehbar ist, wann das Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen und damit das Aufenthaltsrecht des Klägers zu 3. erloschen sein wird (vgl. § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG). Folglich zeichnet sich auch nicht ab, dass das der Klägerin aus Art. 6 GG zustehende Abschiebungshindernis demnächst entfallen wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.12.1998, a.a.O.; s. auch Beschluss v. 29.1.2001 - 13 S 413/00 -, InfAuslR 2001, 169). Zum anderen würden Kosten durch die Inanspruchnahme von Sozialhilfe auch dann nicht vermieden werden, wenn dem Abschiebungshindernis weiterhin nur durch Erteilung einer Duldung Rechnung getragen würde. Die Höhe der Kosten auch bei Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis wird zudem dadurch steuerbar, dass die Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis gegebenenfalls mit kurzen und an den Gang des Asylverfahrens des Klägers zu 3. angepassten Fristen erfolgen kann. Zudem scheidet eine Verlängerung zwingend aus, sobald das der Erteilung zugrunde liegende Abschiebungshindernis entfallen ist (§ 34 Abs. 2 AuslG). Durch die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen für jeweils kurze Zeiträume ist damit der Ausländerbehörde nicht nur die Möglichkeit eröffnet, beim Wegfall des Abschiebungshindernisses umgehend durch die Versagung der Verlängerung des Aufenthaltstitels zu reagieren, sondern auch einer ungerechtfertigten „überschießenden“ Aufenthaltsverfestigung nach § 35 AuslG vorzubeugen.
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Jedenfalls ist eine zwingende Versagung der Aufenthaltsbefugnis bei einer Fallgestaltung der vorliegenden Art nicht gerechtfertigt. Vielmehr kann das Spannungsverhältnis im Einzelfall nur durch ein Zurücktreten des Regelversagungsgrundes des Sozialhilfebezugs und der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts aufgelöst werden, wobei den Besonderheiten des Einzelfalls im Rahmen der von der Behörde zu treffenden Ermessensentscheidung Rechnung getragen werden muss (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 5.7.2000, a.a.O.). Damit wird auch nicht eine tatbestandliche Voraussetzung des § 30 Abs. 3 AuslG zugleich zur Begründung der Atypik herangezogen, denn nicht das aus Art. 6 Abs. 1 GG hergeleitete Abschiebungshindernis als solches, sondern dessen voraussichtlich länger andauernder Fortbestand beseitigt das Gewicht des gesetzlichen Regelversagungsgrunds (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 17.12.1998, a.a.O.).
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4. Bei der Klägerin ist danach ein atypischer Ausnahmefall anzunehmen, und die Beklagte hat über deren Aufenthaltsbefugnisantrag - erstmals - nach Ermessen zu entscheiden.
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Bei der gebotenen Ermessensausübung sind sämtliche einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gegeneinander abzuwägen, wobei auch die vorliegenden Regelversagungsgründe mit dem ihnen nach der Entscheidung des Gesetzgebers zukommenden Gewicht einbezogen werden dürfen. Sie haben nicht allein deshalb, weil ein von der Regel abweichender Fall vorliegt, zurückzutreten; es kommt ihnen allerdings nicht - wie im Regelfall - von vornherein ein ausschlaggebendes Gewicht zu (vgl. BVerwG, Urteil v. 29.7.1993, - 1 C 25.93 -, BVerwGE 94, 35; Beschluss v. 26.3.1999, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urteile v. 5.7.2000, v. 29.6.2000 und v. 17.12.1998, jeweils a.a.O.). Das gilt auch für den Regelversagungsgrund des Sozialhilfebezugs (VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.6.2000, a.a.O.). Wie der erkennende Gerichtshof entschieden hat, wirkt bei Vorliegen von Abschiebungshindernissen (Anwendungsbereich des § 30 Abs. 3 und 4 AuslG) die Regelversagung wegen Sozialhilfe in Fällen vermeidbarer Hilfebedürftigkeit als Druckmittel gegenüber dem Ausländer oder seinen nächsten, unterhaltspflichtigen Angehörigen, im Interesse der Legalisierung seines Aufenthaltes oder desjenigen des Angehörigen alle zumutbaren Anstrengungen zur Beseitigung der wirtschaftlichen Notlage (insbesondere Bemühungen um Aufnahme oder Aufrechterhaltung einer Erwerbstätigkeit) zu unternehmen. Mit Blick auf die Verhinderung des Missbrauchs der Sozialhilfe besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an dieser Anreizfunktion des Regelversagungsgrundes. Für die Ausübung des Ermessens in atypischen Fällen folgt daraus, dass die Frage der Vermeidbarkeit des Sozialhilfebezuges durch zumutbare Anstrengungen des Ausländers oder seiner unterhaltspflichtigen nächsten Familienangehörigen ein wesentlicher, wenn auch nicht allein maßgeblicher Gesichtspunkt sein kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil v. 29.6.2000, a.a.O.). Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung wird die Beklagte daher auch zu prüfen haben, ob die Klägerin sich in ausreichendem Maße bemüht hat, durch Erwerbstätigkeit unabhängig von Sozialhilfe und sonstigen öffentlichen Leistungen zu werden. Auch bei der Beantwortung der Frage, für welchen Zeitraum die Aufenthaltsbefugnis zu erteilen ist (vgl. § 34 Abs. 1 AuslG), sind die genannten Gesichtspunkte von der Beklagten in die zu treffende Ermessensentscheidung einzustellen.
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Nach alledem kann im vorliegenden Fall von einer Reduzierung des Ermessens auf Null und damit einem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis jedenfalls nicht ausgegangen werden. Denn dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung des Sozialhilfebezuges von Ausländern kann nicht von vorne herein ein geringeres Gewicht gegenüber dem privaten Interesse an der Legalisierung des grundrechtlich geschützten Aufenthalts und dem öffentlichen Interesse an einer funktionsgerechten Abgrenzung der Duldung von der Aufenthaltsbefugnis beigemessen werden. Zu berücksichtigen ist nämlich das weitere öffentliche Interesse, eine Aufenthaltsverfestigung (vgl. § 35 AuslG) trotz fehlender wirtschaftlicher Integration zu vermeiden und auch der Umstand, dass das bestehende Abschiebungshindernis vom Ausgang des Asylverfahrens des Klägers zu 3. abhängt und, da dieser Ausgang derzeit noch offen ist, sich die Klägerin auch nicht in einer derart aufenthaltsrechtlich gefestigten Position befindet wie in dem Fall, in dem ein Asylverfahren bereits zu einer positiven Entscheidung wie einer Asylanerkennung, der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft oder von Abschiebungshindernissen geführt hat.
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Nachdem der Klägerin ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 3 AuslG zusteht, kann offen bleiben, ob sich ein derartiger Anspruch auch im Hinblick auf § 30 Abs. 4 AuslG ergeben würde.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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