Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 1 S 472/16

published on 30/11/2016 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 30. Nov. 2016 - 1 S 472/16
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Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Januar 2016 - 4 K 1915/15 - wird teilweise geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Löschung von Daten, die der Polizeivollzugsdienst über ihn in dem polizeilichen Auskunftssystem POLAS-BW gespeichert hat.
Gegen den am 04.11.1989 geborenen Kläger wurden wegen verschiedener Vorfälle aus dem Zeitraum 2010 bis Oktober 2012 folgende strafrechtliche Ermittlungsverfahren geführt:
- Das Amtsgericht Freiburg verurteilte ihn zu einer Geldauflage wegen einer am 12.06.2010 begangenen Körperverletzung (Az.: ......).
- Am 08.02.2012 gab es gegen 21.50 Uhr eine Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seiner früheren Freundin ..., in deren Verlauf ... den Kläger angespuckt und ihm eine Ohrfeige versetzt haben soll. Dem Kläger wurde vorgeworfen, ... gewaltsam festgehalten, sie am Einsteigen in ihren Pkw gehindert sowie ihr und ihrem neuen Freund gedroht zu haben, sie und ihre Familien umzubringen. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 16.03.2012 (Az: ...) wurde das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die Tatbeteiligten die Vorwürfe jeweils bestritten und den Sachverhalt kontrovers geschildert hätten und keine unabhängigen Zeugen vorhanden seien.
- Zu einem weiteren Vorfall vom 08.02.2012 wurde dem Kläger vorgeworfen, gegen 23.00 Uhr ... mehrfach mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihm mehrere Fußtritte gegen Beine und Oberkörper versetzt zu haben, sodass dieser eine Gehirnerschütterung erlitten habe. Das Verfahren wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 26.07.2012 (Az: ...) mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil nicht zweifelsfrei zu belegen sei, dass der Kläger sich nicht nur gegen Angriffe des... habe schützen und zur Wehr setzen wollen.
- Am 27.10.2012 gab es gegen 01.00 Uhr eine Auseinandersetzung zwischen zwei Türstehern einer Diskothek in Person des Klägers und eines Kollegen von ihm auf der einen Seite und einer Gruppe mehrerer Männer auf der anderen Seite, in deren Verlauf der Kläger einem ...... mit einem Schlagstock auf die Hand geschlagen habe. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 05.03.2013 (Az: ......) wurde das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da dem Kläger aufgrund kontroverser Aussagen der am Geschehen Beteiligten nicht habe nachgewiesen werden können, dass er nicht in Notwehr gehandelt habe.
Am 21.02.2012 kreuzte ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Freiburg auf dem Formblatt „Aussonderungsprüfung / Einzelfalllöschung" an: Keine Änderungen der Speicher- und Aufbewahrungsfristen; das Feld für eine Begründung wurde nicht ausgefüllt. Auf einem solchen Formblatt kreuzte ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Freiburg am 20.08.2012 wiederum an, dass sich die Speicher- und Aufbewahrungsfristen nicht ändern, und vermerkte handschriftlich zur Begründung unter a) Tatverdacht „§ 170 (2) StPO, Restverdacht aufgrund d. Aussagen der Beteiligten selbst sowie Zeugenaussagen" und unter b) Wiederholungsgefahr „ja, Vortaten im gleichen Deliktsbereich, Aggressionspotential". Am 08.05.2013 kreuzte ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Freiburg auf einem solchen Formblatt erneut an, dass sich die Speicher- und Aufbewahrungsfristen nicht ändern, und führte zur Begründung maschinenschriftlich unter a) Tatverdacht: „Angaben des Geschädigten" und unter b) Wiederholungsgefahr: „Ja Mehrfachtäter, einschlägig" an.
Am 20.11.2012 stellte der Kläger bei der Polizeidirektion Freiburg einen Antrag auf Löschung seiner personenbezogenen Daten. Diesen Antrag lehnte die Polizeidirektion Freiburg mit Bescheid vom 25.11.2012 ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen für die Speicherung von Daten lägen bei dem Kläger weiterhin vor. Er sei einmal wegen einer am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung zu einer Geldauflage verurteilt worden und gegen ihn sei wegen zweier Körperverletzungsdelikte am 08.02.2012 und wegen einer gefährlichen Körperverletzung und Beleidigung am 27.10.2012 strafrechtlich ermittelt worden. Die Verfahren wegen der Körperverletzungen am 08.02.2012 seien von der Staatsanwaltschaft Freiburg gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, das Verfahren wegen der Taten am 27.10.2012 sei noch anhängig. Nach kriminalistischer Erfahrung und unter Einbeziehung aller Tatsachen zu Art und Ausführung der Taten und seiner Persönlichkeit bestehe bei dem Kläger eine Wiederholungsgefahr. Die gespeicherten Daten seien geeignet, künftige polizeiliche Ermittlungen zu fördern. Falls keine neuen Erkenntnisse hinzuträten, sei eine Überprüfung der Löschung dieser Daten zum 08.02.2017 vorgesehen. Gegen den Bescheid vom 25.11.2012 legte der Kläger keinen Rechtsbehelf ein.
Im Anschluss daran wurde dem Kläger bezüglich eines Vorfalls vom 22.12.2012 vorgeworfen, ebenfalls in seiner Eigenschaft als Türsteher einer Diskothek Gäste dieser Diskothek, die ihrerseits andere Gäste angegriffen hätten, durch Faustschläge verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft stellte dieses Verfahren gegen den Kläger mit Verfügung vom 30.07.2013 (Az: ......) wegen fehlenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO ein, weil sein Einschreiten zur Verhinderung der Verletzung anderer gerechtfertigt gewesen sei.
10 
Am 26.02.2015 stellte der Kläger beim Polizeipräsidium Freiburg erneut einen Antrag auf Löschung des Vorfalls aus dem Jahr 2010 aus dem Polizeiregister. Mit Schreiben vom 02.03.2015 teilte das Polizeipräsidium Freiburg dem Kläger mit: Derselbe Antrag sei bereits mit Bescheid vom 25.11.2012 abgelehnt worden. Es seien keine Gesichtspunkte für eine andere Bewertung und für eine Verkürzung der Löschungsfrist zu erkennen. Im Gegenteil sei der Kläger durch einen neuen Datensatz erfasst worden. Dadurch verlängere sich die Frist zur Datenaussonderung vom 08.02.2017 bis zum 22.12.2017.
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Mit Schreiben vom 31.03.2015 wiederholte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten seinen Antrag auf Löschung seiner personenbezogenen Daten. Er lebe seit dem 12.06.2010 straffrei. Der Verdacht der Köperverletzung am 08.02.2012 habe sich nicht erhärten lassen. Das Verfahren sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Deshalb sei keine Speicherung nach § 38 PolG zulässig.
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Darauf antwortete das Polizeipräsidium Freiburg mit Schreiben vom 09.04.2015: Der neuerliche Antrag könne als Antrag auf Wiederaufgreifen des durch Bescheid vom 25.11.2012 bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens ausgelegt werden. Dafür sei jedoch die Frist des § 51 Abs. 3 LVwVfG verstrichen. Dem Antrag könne aber auch aus materiellen Gründen nicht entsprochen werden. Denn aus den Verfügungen über die Einstellung der Strafverfahren gegen den Kläger ergebe sich nicht, dass er die ihm vorgeworfen Straftaten nicht oder nicht in rechtswidriger Weise begangen habe.
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Mit Schreiben vom 29.04.2015 bat der Kläger ausdrücklich um Neubescheidung seines Löschungsantrags. Die Bestandskraft des alten (rechtswidrigen) Bescheids stehe dem nicht entgegen. Falls nicht bis zum 13.05.2015 über seinen Antrag entschieden sei, werde er Klage auf Löschung beim Verwaltungsgericht erheben.
14 
Mit Schreiben vom 05.05.2015 teilte das Polizeipräsidium Freiburg dem Kläger mit, dass es sein Schreiben als Antrag auf Löschung der Daten im Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen Körperverletzung vom 22.12.2012 auslege und dass es zeitnah darüber entscheiden werde. Für eine Neubescheidung des bestandskräftigen Bescheids vom 25.11.2012 bestehe keine Veranlassung. Mit weiterem Schreiben vom 12.05.2015 teilte das Polizeipräsidium Freiburg dem Kläger mit, dass die Daten im Zusammenhang mit dem Strafverfahren wegen Körperverletzung vom 22.12.2012 gelöscht würden, da nach der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg insoweit kein Restverdacht gegen den Kläger mehr vorliege.
15 
Am 30.07.2015 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht auf Löschung sämtlicher vom Polizeivollzugsdienst über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten. Zur Begründung trug er vor, dass er sich beim Staat bewerben wolle und wegen der Eintragungen Nachteile bei der Bewerberauswahl befürchte. Wegen der Eintragungen in den polizeilichen Informationssystemen sei er bereits drei Mal mit Bewerbungen bei Behörden gescheitert. Er beabsichtige, sich weiterhin zu bewerben. Aus den Verfügungen der Staatsanwaltschaft über die Einstellung der gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren ergäben sich keine Gründe für das Bestehen eines Restverdachts gegen ihn. Es sei unzulässig, wenn die Polizei immer von einem solchen Restverdacht ausgehe, selbst wenn der Betroffene völlig unschuldig sei und die strafrechtlichen Vorwürfe auf falschen Beschuldigungen beruhten. Gewissheit über das Vorliegen einer Straftat habe man erst nach einer Hauptverhandlung. Wenn aber die Staatsanwaltschaft die Verfahren aus Gründen der Opportunität und der Prozessökonomie einstelle, könne dies bei der polizeilichen Datenverarbeitung zu Lasten des Betreffenden gehen. Speziell bei der ihm vorgeworfenen Tat am 27.10.2012 habe es sich um Notwehr gehandelt. Bei der Tat am 08.02.2012 um 21.50 Uhr sei die Aussage seiner Ex-Freundin falsch gewürdigt worden. Die Formulierung in einer Einstellungsverfügung könne nicht entscheidend sein. Aus einer Einstellung wegen widersprechender Aussagen von Beteiligten ließen sich keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Tat ziehen und damit keine Restzweifel begründen. Seit 2012 sei er in keiner Weise mehr aufgefallen. Sein familiäres Umfeld spreche gegen eine Negativprognose; sein jüngerer Bruder sei Beamter beim Finanzamt.
16 
Der Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, der Antrag des Klägers auf Löschung seiner Daten sei bereits mit Bescheid vom 25.11.2012 bestandskräftig abgelehnt worden. Er habe aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anspruch auf die begehrte Löschung seiner Daten. Die Daten hätten nach § 38 Abs. 1 bis 3 PolG gespeichert werden dürfen. Bei den beiden am 08.02.2012 und der am 27.10.2012 begangenen Körperverletzung ergebe sich aus den Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft nicht, dass er die Taten nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe, wie das nach § 38 Abs. 2 Satz 2 PolG für eine Löschung der Daten erforderlich sei. Diese Taten seien deshalb anders zu beurteilen als der gelöschte Vorwurf der Körperverletzung am 22.12.2012, bei dem der Kläger nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft gerechtfertigt gehandelt habe. Die drei eingestellten Verfahren wegen Körperverletzungsdelikten am 08.02.2012 und 27.10.2012 hätten daher neben der abgeurteilten Tat vom 12.06.2010 nach § 38 Abs. 3 Satz 1 und 3 PolG auch über zwei Jahre hinaus gespeichert werden dürfen, weil wegen der wiederholten Tatbegehung innerhalb von zwei Jahren tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger auch künftig eine Straftat begehen werde. Darüber hinaus sei während der Dauer des gerichtlichen Verfahrens ein weiterer Eintrag über den Kläger wegen einer Körperverletzung und Beleidigung am 24.05.2015 erfolgt. Das Ermittlungsverfahren sei inzwischen durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Freiburg vom 11.12.2015 (Az. ...) nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, weil der Geschädigte keinen Strafantrag gestellt habe und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung nicht bejaht worden sei, da es zu keinen erheblichen Verletzungen gekommen sei und die Beteiligten die Situation als Durcheinander und mehr als Gerangel statt als Schlägerei bezeichnet hätten.
17 
Das Verwaltungsgericht verpflichtete mit Urteil vom 12.01.2016 den Beklagten, die vom Polizeivollzugsdienst über den Kläger gespeicherten Eintragungen zum Vorfall vom 12.06.2010 im System POLAS-BW zu löschen und die dazugehörigen Unterlagen zu vernichten, und wies im Übrigen die Klage ab. Bezüglich des Vorfalls vom 12.06.2010 habe der Kläger einen Löschungsanspruch nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG und/oder § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG. Ermächtigungsgrundlage für die Speicherung dieses Vorfalls sei § 38 PolG in der ab dem 22.11.2008 geltenden Fassung des Gesetzes vom 18.11.2008. Dass die Daten über die Verurteilung des Klägers wegen der am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung zu Recht gespeichert worden seien, werde auch vom Kläger im Grunde nicht bestritten. Die genannten Vorschriften erlaubten eine Speicherung von Daten über einen Vorfall jedoch zunächst nur für die Dauer von zwei Jahren. Eine Speicherung über diesen Zeitraum hinaus sei nur nach Maßgabe von § 38 Abs. 3 PolG zulässig. Bei der Beurteilung der nach § 38 Abs. 3 PolG erforderlichen Wiederholungsgefahr stehe dem Polizeivollzugsdienst ein Prognosespielraum zu. Insoweit überprüften die Gerichte, ob eine ausreichende Rechtsgrundlage für den Beurteilungsspielraum bestehe und ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, Verfahrensvorschriften eingehalten, den gesetzlichen Rahmen zutreffend erkannt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt habe. Zur Rechtmäßigkeit der Prognose der Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 3 PolG bedürfe es daher einer auf den Einzelfall bezogenen, auf schlüssigen, verwertbaren nachvollziehbar dokumentierten Tatsachen beruhenden Entscheidung. Danach lägen die Voraussetzungen für eine Speicherung des Vorfalls vom 12.06.2010 über die Dauer von zwei Jahren hinaus nicht vor. Denn es fehle an einer nach den vorstehenden Ausführungen erforderlichen rechtzeitigen Dokumentation der Bejahung bzw. Begründung einer Wiederholungsgefahr. Nach den von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen habe der Polizeivollzugsdienst erstmals am 20.08.2012 stichwortartig in den Akten vermerkt, dass bei dem Kläger eine Wiederholungsgefahr bestehe. Der Vermerk sei damit erst nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraum für die Speicherung eines Prüffalls erstellt worden. Der Zeitpunkt, an dem der Polizeivollzugsdienst den Vorfall vom 12.06.2010 in POLAS-BW eingetragen habe, und damit auch der genaue Zeitpunkt, ab dem der Zwei-Jahreszeitraum exakt zu laufen begonnen habe, lasse sich den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht sicher entnehmen. Die gesamten Umstände des Falls und die Einlassungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ließen aber den Schluss zu, dass die Speicherung tatsächlich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Tat vom 12.06.2010 erfolgt sei. Der Zwei-Jahreszeitraum für die Speicherung des ersten den Kläger betreffenden Vorfalls vom 12.06.2010 ende damit im Juni 2012. Der Vermerk vom 20.08.2012 sei daher verspätet erstellt worden und stehe nicht in dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums. Auf die Bestandskraft des Bescheids der Polizeidirektion Freiburg vom 25.11.2012 könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil sich die Sach- und Rechtslage danach unter anderem insoweit auch zu Gunsten des Klägers verändert habe, als die Zweijahresfrist für die Speicherung des Vorfalls abgelaufen und eine weitere Speicherung nur nach Prüfung der Wiederholungsgefahr und Dokumentation dieser Prüfung zulässig gewesen sei. Abgesehen davon müsse die Polizei dem mit einer langjährigen Datenspeicherung einhergehenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fortlaufend Rechnung tragen und entweder aufgrund konkreter Erkenntnisse oder im Rahmen gesetzlicher Überprüfungsfristen sowie nach Ablauf anderer gesetzlicher Prüfzeiträume, wie zum Beispiel des Zwei-Jahreszeitraums nach § 38 Abs. 2 Satz 1 PolG die Rechtmäßigkeit gespeicherter personenbezogener Daten unter Kontrolle halten und gegebenenfalls auch nach Erlass eines bestandskräftigen Bescheids, mit dem eine Datenlöschung abgelehnt worden sei, im Wege von Ermessensentscheidungen nach Maßgabe der § 51 Abs. 5, § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG überprüfen. Demgegenüber habe der Kläger keinen Anspruch auf Löschung der Daten über die zwei Vorfälle vom 08.02.2012 sowie die Vorfälle vom 27.10.2012 und vom 24.05.2015. Die Speicherung dieser Daten sei rechtmäßig erfolgt. Die Voraussetzungen für ihre Löschung lägen nicht vor.
18 
Der Beklagte hat die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt, mit der er die vollständige Abweisung der Klage begehrt. Zur Begründung trägt er vor, das angefochtene Urteil erfasse die Regelungssystematik des § 38 Abs. 3 PolG nicht vollständig. § 38 Abs. 3 PolG habe zwei Alternativen. Die weitere Speicherung sei zum einen zulässig, wenn bezüglich der betroffenen Person die Prognose der Wiederholungsgefahr gestellt werden könne. In Fällen mittlerer und leichter Kriminalität sei es jedoch nach der alten Rechtslage im Zeitpunkt der Speicherung der Daten häufig schwierig gewesen, diese positiv anzustellen. Um praktische Schwierigkeiten bei der Anwendung der Vorschrift zu vermeiden und mit dem Ziel, den Kreis der Personen, über die Daten gespeichert würden, auf diejenigen zu begrenzen, der für die polizeiliche Arbeit tatsächlich relevant sei, sei durch das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 die zweite Alternative in § 38 Abs. 3 Satz 3 eingefügt worden. Seither sei eine über die Zwei-Jahresfrist hinausgehende Weiterverwendung der Daten auch dann zulässig, wenn die betroffene Person während der zweijährigen Prüffrist in den Verdacht geraten sei, eine weitere Straftat begangen zu haben. Die Person gelte nach dieser gesetzlichen Fiktion per se als Wiederholungstäter. Damit werde in diesen Fällen die Negativprognose auf eine sichere Basis gestellt und lasse sich in der Praxis anhand objektiver Kriterien eindeutig und überprüfbar stellen.
19 
Das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Urteil zwar beide Varianten von § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG zutreffend dargestellt, die zweite Variante finde bei der weiteren Würdigung jedoch keine Beachtung. Unstreitig sei die Rechtmäßigkeit der Speicherung der am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung, da die Schuld des Klägers aufgrund eines rechtskräftigen Urteils feststehe. Dieser Vorgang sei gemäß § 38 Abs. 2 PolG als sogenannter Prüffall in POLAS-BW erfasst worden und wäre insoweit nach Ablauf einer Speicherfrist von zwei Jahren am 12.06.2012 wieder gelöscht worden. Der Kläger sei jedoch am 08.02.2012, also vier Monate vor Ablauf der zweijährigen Prüffrist, erneut in den Verdacht geraten, eine weitere Körperverletzung begangen zu haben. Es sei bezüglich dieses Vorgangs nicht rechtskräftig freigesprochen worden, aus der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 19.03.2012 ergebe sich auch nicht positiv, dass der Kläger die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen habe. Daher sei dieser zweite Vorgang rechtmäßig in POLAS-BW erfasst worden. Wegen dieses einschlägigen Verdachts aufgrund des Vorfalls vom 08.02.2012 gelte der Kläger gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG hinsichtlich der am 12.06.2010 begangenen gefährlichen Körperverletzung per se als Wiederholungstäter. Insoweit komme es auf die weitergehende Prüfung und Begründung einer Wiederholungsgefahr nach § 38 Abs. 3 Satz 1 PolG vorliegend nicht an.
20 
Der Beklagte beantragt,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12.01.2016 - 4 K 1915/15 - teilweise zu ändern und die Klage abzuweisen.
22 
Der Kläger beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts, des Beklagten und der Staatsanwaltschaft Freiburg zu den Verfahren ...... vor.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist teilweise zu ändern. Die Klage ist vollständig abzuweisen.
26 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
27 
2. Die Berufung ist begründet. Die auf Löschung aller über den Kläger in POLAS-BW gespeicherten personenbezogenen Daten gerichtete Klage ist vollständig abzuweisen. Der Kläger hat auch bezüglich der über den Vorfall vom 12.06.2010 in POLAS-BW über ihn gespeicherten Daten keinen Anspruch auf Löschung nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG oder § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG. Denn ein etwaiger Löschungsanspruch ist durch den Bescheid der Polizeidirektion Freiburg vom 25.11.2012 bestandskräftig abgelehnt worden (a). Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren (b) oder im weiteren Sinne (c) besteht nicht.
28 
Dem Senat ist nicht verwehrt, die Klage im Hinblick auf die Bestandskraft des Bescheids vom 25.11.2012 vollständig abzuweisen, obwohl sich der Beklagte zweitinstanzlich hierauf nicht beruft. Mit der zulässigen Berufung ist dem Berufungsgericht innerhalb des Streitgegenstands die vollständige Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils eröffnet. Das Berufungsurteil muss sich auch im Falle des Erfolgs der Berufung nicht auf die mit der Berufungsbegründung angeführten Punkte stützen. Denn die Berufungsbegründung wird nicht dadurch mangelhaft, dass die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils und die Berufungsbegründung nicht übereinstimmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.2000 - 9 M 170/00 - NVwZ 2000, 1042).
29 
a) Der Beklagte hat mit Bescheid vom 25.11.2012 auch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Löschung der in POLAS-BW über den Kläger gespeicherten Daten zum Vorfall vom 12.06.2010 entschieden. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid ist unanfechtbar geworden, da der Kläger hiergegen keinen Widerspruch eingelegt hat. Die Bestandskraft des Bescheides hat - in den Grenzen der Regelungen über das Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und das Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (s. dazu unter b und c) - zur Folge, dass der Kläger aufgrund der abschließenden Entscheidung im genannten Bescheid nicht erneut geltend machen kann, er habe einen Anspruch auf Löschung dieser Daten.
30 
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG. Die Behörde hat nach § 51 Abs. 1 LVwVfG auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 LVwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 LVwVfG).
31 
Eine nachträgliche Änderung der Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG liegt nur vor, wenn sich die Sachlage nach Erlass des Verwaltungsakts geändert hat. Insoweit reicht es nicht aus, wenn Tatsachen erst nachträglich bekannt werden, aber im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts bereits vorlagen (vgl. Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 51 Rn. 33; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl., § 51 Rn. 7; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 51 Rn. 25; Falkenbach, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 51 Rn. 30).
32 
Die Kenntnis vom Wiederaufgreifensgrund i.S.d. § 51 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG erhält der Betroffene, wenn er die sichere Kenntnis der Tatsachen gewinnt, die den Wiederaufgreifensgrund erfüllen. Ein rechtliche Einordnung als Wiederaufgreifensgrund ist für den Fristbeginn nicht erforderlich (vgl. Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 51 Rn. 43; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 47; je m.w.N).
33 
Ist ein Antrag nach § 51 Abs. 1 LVwVfG gestellt, sind die Verwaltungsgerichte nicht befugt, andere als vom Antragsteller selbst geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens der Prüfung des Antrags zugrunde zu legen.Denn das Erfordernis der Antragstellung und deren Fristgebundenheit nach § 51 Abs. 1 und 3 LVwVfG haben zur Folge, dass der Antragsteller die seiner Ansicht nach vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens selbst vortragen muss (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 30.08.1988 - 9 C 47/87 - NVwZ 1989, 161, m.w.N.; Beschl. v. 11.12.1989 - 9 B 320/89 - NVwZ 1990, 359; Baumeister, a.a.O., § 51 Rn. 47 f.).
34 
Im vorliegenden Fall scheidet die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG bereits deshalb aus, weil der Kläger mit seinen Schreiben vom 31.03.2015 und 29.04.2015 die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG nicht eingehalten hat. Der Antrag auf Neubescheidung ist - nachdem der Kläger im Schreiben vom 26.02.2015 lediglich die Löschung beantragt hat, ohne in irgendeiner Weise ein Wiederaufgreifen geltend zu machen - im Schreiben vom 31.03.2015 darauf gestützt, dass der Kläger seit dem 12.06.2010 straffrei lebe, sich der Verdacht der Körperverletzung vom 08.02.2012 nicht habe erhärten lassen und das Verfahren daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei und auch das Verfahren wegen Körperverletzung vom 27.10.2012 eingestellt worden sei. Die Einstellung des Verfahrens wegen des Vorfalls am 08.02.2012 um 21.50 Uhr erfolgte mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 16.03.2012, diejenige wegen des Vorfalls vom 08.02.2012 um 23.00 Uhr mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 26.07.2012. Das Verfahren wegen des Vorfalls am 27.10.2012 stellte die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 05.03.2013 ein. Mit Erhalt der Einstellungsverfügungen hatte der Kläger Kenntnis von den Tatsachen, auf die er seinen Wiederaufnahmeantrag stützt. Dieser wurde jedoch erst über zwei Jahre nach Kenntnis der geltend gemachten Umstände gestellt. Die Einstellungsverfügungen vom 16.03.2012 und vom 26.07.2012 können zudem keine neue Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG herbeiführen, da sie im Zeitpunkt des bestandskräftigen Bescheids vom 25.11.2012 bereits vorlagen.
35 
Auch eine fehlende bzw. verspätete Dokumentation der Wiederholungsgefahr nach Ablauf der Zwei-Jahresfrist im Anschluss an die Tat vom 12.06.2010 kann entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts einen Anspruch auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht begründen. Das Verwaltungsgericht hat - von den Beteiligten nicht angegriffen - zugrunde gelegt, dass die Speicherung des Vorfalls vom 12.06.2010 in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat erfolgt ist und daher die Dokumentation der Wiederholungsgefahr mit dem Vermerk vom 20.08.2012 nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums des § 38 Abs. 2 PolG erfolgt ist (UA S. 13, 14). Sowohl der Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums als auch der Vermerk vom 20.08.2012 liegen zeitlich vor Erlass des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 25.11.2012. Daher fehlt es insoweit es an einer nachträglich entstandenen neuen Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG.
36 
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf des Bescheids des Beklagten vom 25.11.2012 nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne).
37 
Nach § 51 Abs. 5 LVwVfG bleiben die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG und des § 49 Abs. 1 LVwVfG unberührt. Die in § 51 Abs. 5 LVwVfG verankerte Ermächtigung der Behörde, nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren im Ermessenswege wiederaufzugreifen, ermöglicht auch bei rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren die nachträgliche Kontrolle inhaltlich unrichtiger Entscheidungen. Trifft die Behörde eine positive Entscheidung zum Wiederaufgreifen, wird hierdurch die Bestandskraft durchbrochen und der Weg für eine neue Sachentscheidung eröffnet. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung. Dabei handelt die Behörde grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie ein Wiederaufgreifen im Hinblick auf die rechtskräftige Bestätigung ihrer Entscheidung in dem früheren Verwaltungsverfahren und das Fehlen der Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG ablehnt. In diesen Fällen bedarf es regelmäßig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserwägungen der Behörde. Umstände, die ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten, müssen in ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht mit einem der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG geregelten zwingenden Wiederaufgreifensgründe vergleichbar sein. Allein der Umstand, dass der bestandskräftige Verwaltungsakt nicht rechtmäßig verfügt werden durfte, genügt hierfür nicht. Dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kommt nämlich prinzipiell kein größeres Gewicht zu als dem Gebot der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Behörde zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121; Urt. v. 13.12.2011 - 5 C 9.11 - juris Rn. 29; BayVGH, Beschl. v. 09.03.2015 - 12 ZB 12.1640 - juris; je m.w.N.; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 6).
38 
Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens unter Hinweis auf den Bescheid vom 25.11.2012 und die versäumte Frist für einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG abgelehnt hat. Das Festhalten am bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 ist nicht schlechthin unerträglich. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Freiburg vom 30.11.2010 steht fest, dass der Kläger am 12.06.2010 eine gefährliche Körperverletzung begangen hat. Wie das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Urteil zutreffend und vom Kläger nicht angegriffen ausgeführt hat, ist bezüglich der beiden Vorfälle vom 08.02.2012 ebenso wie bezüglich der Vorfälle vom 17.10.2012 und 24.05.2015 ein Restverdacht zulasten des Klägers gegeben. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 und 2 PolG für die Speicherung der Daten aus der Tat vom 12.06.2010 sind daher insoweit erfüllt. Auch der vom Verwaltungsgericht beanstandete Umstand, dass die Dokumentation der Wiederholungsgefahr für den Vorfall vom 12.06.2010 erst am 20.08.2012 erfolgte, macht das Festhalten am Bescheid vom 25.11.2012 nicht schlechthin unerträglich. Denn die Dokumentation der Wiederholungsgefahr erfolgte relativ bald nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums. Zudem setzt § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG nach seinem Wortlaut keine gesonderte Feststellung einer Wiederholungsgefahr voraus.
39 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht dem Festhalten an dem rechtskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 nicht entgegen, dass die Polizei dem mit einer langjährigen Datenspeicherung einhergehenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fortlaufend Rechnung tragen müsse. Zwar trifft der Ausgangspunkt zu, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG während der Speicherdauer einen dauerhaften Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bewirkt. Dies führt jedoch nicht zu von § 51 LVwVfG abweichenden Rechtsfolgen. Denn der Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG kann von vornherein nur für Veränderungen gelten, die die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung unmittelbar berühren. Die Regelung erfasst somit praktisch nur Dauerverwaltungsakte (vgl. Ramsauer, § 51 Rn. 27). Der Umstand, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG zu einer dauerhaften Belastung des Betroffenen führt, ist somit im Hinblick auf § 51 Abs. 1 LVwVfG kein Ausnahmefall, sondern die typischerweise gegebene Situation. Dieser Umstand bewirkt insoweit eine Pflicht der Behörde, die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung unter Kontrolle zu halten, als sie zum einen über einen Wiederaufgreifensantrag unter Beachtung der Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG zu entscheiden und zum anderen die Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen zu prüfen hat. Nur im Ausnahmefall ist die Löschung vor Ablauf der Regelspeicherfristen geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (vgl. dazu ausf. Senat, Urt. v. 10.02.2015 - 1 S 554/13 - VBlBW 2015, 506). Für einen solchen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich. Mit den Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG sowie der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen ist dem Umstand, dass ein dauernder Eingriff vorliegt, daher ausreichend Rechnung getragen.
40 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 30. November 2016
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
25 
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist teilweise zu ändern. Die Klage ist vollständig abzuweisen.
26 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim Verwaltungsgericht eingelegt (vgl. § 124 a Abs. 2 VwGO). Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO).
27 
2. Die Berufung ist begründet. Die auf Löschung aller über den Kläger in POLAS-BW gespeicherten personenbezogenen Daten gerichtete Klage ist vollständig abzuweisen. Der Kläger hat auch bezüglich der über den Vorfall vom 12.06.2010 in POLAS-BW über ihn gespeicherten Daten keinen Anspruch auf Löschung nach § 38 Abs. 1 Satz 4 PolG oder § 46 Abs. 1 Satz 1 PolG. Denn ein etwaiger Löschungsanspruch ist durch den Bescheid der Polizeidirektion Freiburg vom 25.11.2012 bestandskräftig abgelehnt worden (a). Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren (b) oder im weiteren Sinne (c) besteht nicht.
28 
Dem Senat ist nicht verwehrt, die Klage im Hinblick auf die Bestandskraft des Bescheids vom 25.11.2012 vollständig abzuweisen, obwohl sich der Beklagte zweitinstanzlich hierauf nicht beruft. Mit der zulässigen Berufung ist dem Berufungsgericht innerhalb des Streitgegenstands die vollständige Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils eröffnet. Das Berufungsurteil muss sich auch im Falle des Erfolgs der Berufung nicht auf die mit der Berufungsbegründung angeführten Punkte stützen. Denn die Berufungsbegründung wird nicht dadurch mangelhaft, dass die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils und die Berufungsbegründung nicht übereinstimmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.04.2000 - 9 M 170/00 - NVwZ 2000, 1042).
29 
a) Der Beklagte hat mit Bescheid vom 25.11.2012 auch über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Löschung der in POLAS-BW über den Kläger gespeicherten Daten zum Vorfall vom 12.06.2010 entschieden. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid ist unanfechtbar geworden, da der Kläger hiergegen keinen Widerspruch eingelegt hat. Die Bestandskraft des Bescheides hat - in den Grenzen der Regelungen über das Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und das Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (s. dazu unter b und c) - zur Folge, dass der Kläger aufgrund der abschließenden Entscheidung im genannten Bescheid nicht erneut geltend machen kann, er habe einen Anspruch auf Löschung dieser Daten.
30 
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG. Die Behörde hat nach § 51 Abs. 1 LVwVfG auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 LVwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 Satz 1 und 2 LVwVfG).
31 
Eine nachträgliche Änderung der Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG liegt nur vor, wenn sich die Sachlage nach Erlass des Verwaltungsakts geändert hat. Insoweit reicht es nicht aus, wenn Tatsachen erst nachträglich bekannt werden, aber im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts bereits vorlagen (vgl. Engels, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 51 Rn. 33; Ziekow, VwVfG, 2. Aufl., § 51 Rn. 7; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 51 Rn. 25; Falkenbach, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 51 Rn. 30).
32 
Die Kenntnis vom Wiederaufgreifensgrund i.S.d. § 51 Abs. 3 Satz 2 LVwVfG erhält der Betroffene, wenn er die sichere Kenntnis der Tatsachen gewinnt, die den Wiederaufgreifensgrund erfüllen. Ein rechtliche Einordnung als Wiederaufgreifensgrund ist für den Fristbeginn nicht erforderlich (vgl. Baumeister, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl., § 51 Rn. 43; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 47; je m.w.N).
33 
Ist ein Antrag nach § 51 Abs. 1 LVwVfG gestellt, sind die Verwaltungsgerichte nicht befugt, andere als vom Antragsteller selbst geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens der Prüfung des Antrags zugrunde zu legen.Denn das Erfordernis der Antragstellung und deren Fristgebundenheit nach § 51 Abs. 1 und 3 LVwVfG haben zur Folge, dass der Antragsteller die seiner Ansicht nach vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens selbst vortragen muss (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 30.08.1988 - 9 C 47/87 - NVwZ 1989, 161, m.w.N.; Beschl. v. 11.12.1989 - 9 B 320/89 - NVwZ 1990, 359; Baumeister, a.a.O., § 51 Rn. 47 f.).
34 
Im vorliegenden Fall scheidet die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG bereits deshalb aus, weil der Kläger mit seinen Schreiben vom 31.03.2015 und 29.04.2015 die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG nicht eingehalten hat. Der Antrag auf Neubescheidung ist - nachdem der Kläger im Schreiben vom 26.02.2015 lediglich die Löschung beantragt hat, ohne in irgendeiner Weise ein Wiederaufgreifen geltend zu machen - im Schreiben vom 31.03.2015 darauf gestützt, dass der Kläger seit dem 12.06.2010 straffrei lebe, sich der Verdacht der Körperverletzung vom 08.02.2012 nicht habe erhärten lassen und das Verfahren daher gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei und auch das Verfahren wegen Körperverletzung vom 27.10.2012 eingestellt worden sei. Die Einstellung des Verfahrens wegen des Vorfalls am 08.02.2012 um 21.50 Uhr erfolgte mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 16.03.2012, diejenige wegen des Vorfalls vom 08.02.2012 um 23.00 Uhr mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 26.07.2012. Das Verfahren wegen des Vorfalls am 27.10.2012 stellte die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 05.03.2013 ein. Mit Erhalt der Einstellungsverfügungen hatte der Kläger Kenntnis von den Tatsachen, auf die er seinen Wiederaufnahmeantrag stützt. Dieser wurde jedoch erst über zwei Jahre nach Kenntnis der geltend gemachten Umstände gestellt. Die Einstellungsverfügungen vom 16.03.2012 und vom 26.07.2012 können zudem keine neue Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG herbeiführen, da sie im Zeitpunkt des bestandskräftigen Bescheids vom 25.11.2012 bereits vorlagen.
35 
Auch eine fehlende bzw. verspätete Dokumentation der Wiederholungsgefahr nach Ablauf der Zwei-Jahresfrist im Anschluss an die Tat vom 12.06.2010 kann entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts einen Anspruch auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht begründen. Das Verwaltungsgericht hat - von den Beteiligten nicht angegriffen - zugrunde gelegt, dass die Speicherung des Vorfalls vom 12.06.2010 in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat erfolgt ist und daher die Dokumentation der Wiederholungsgefahr mit dem Vermerk vom 20.08.2012 nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums des § 38 Abs. 2 PolG erfolgt ist (UA S. 13, 14). Sowohl der Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums als auch der Vermerk vom 20.08.2012 liegen zeitlich vor Erlass des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 25.11.2012. Daher fehlt es insoweit es an einer nachträglich entstandenen neuen Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG.
36 
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf des Bescheids des Beklagten vom 25.11.2012 nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne).
37 
Nach § 51 Abs. 5 LVwVfG bleiben die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG und des § 49 Abs. 1 LVwVfG unberührt. Die in § 51 Abs. 5 LVwVfG verankerte Ermächtigung der Behörde, nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren im Ermessenswege wiederaufzugreifen, ermöglicht auch bei rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren die nachträgliche Kontrolle inhaltlich unrichtiger Entscheidungen. Trifft die Behörde eine positive Entscheidung zum Wiederaufgreifen, wird hierdurch die Bestandskraft durchbrochen und der Weg für eine neue Sachentscheidung eröffnet. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung. Dabei handelt die Behörde grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie ein Wiederaufgreifen im Hinblick auf die rechtskräftige Bestätigung ihrer Entscheidung in dem früheren Verwaltungsverfahren und das Fehlen der Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG ablehnt. In diesen Fällen bedarf es regelmäßig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserwägungen der Behörde. Umstände, die ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten, müssen in ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht mit einem der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 LVwVfG geregelten zwingenden Wiederaufgreifensgründe vergleichbar sein. Allein der Umstand, dass der bestandskräftige Verwaltungsakt nicht rechtmäßig verfügt werden durfte, genügt hierfür nicht. Dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kommt nämlich prinzipiell kein größeres Gewicht zu als dem Gebot der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Behörde zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.2009 - 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121; Urt. v. 13.12.2011 - 5 C 9.11 - juris Rn. 29; BayVGH, Beschl. v. 09.03.2015 - 12 ZB 12.1640 - juris; je m.w.N.; Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 6).
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Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte ein Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens unter Hinweis auf den Bescheid vom 25.11.2012 und die versäumte Frist für einen Wiederaufgreifensantrag nach § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG abgelehnt hat. Das Festhalten am bestandskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 ist nicht schlechthin unerträglich. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Freiburg vom 30.11.2010 steht fest, dass der Kläger am 12.06.2010 eine gefährliche Körperverletzung begangen hat. Wie das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Urteil zutreffend und vom Kläger nicht angegriffen ausgeführt hat, ist bezüglich der beiden Vorfälle vom 08.02.2012 ebenso wie bezüglich der Vorfälle vom 17.10.2012 und 24.05.2015 ein Restverdacht zulasten des Klägers gegeben. Die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 und 2 PolG für die Speicherung der Daten aus der Tat vom 12.06.2010 sind daher insoweit erfüllt. Auch der vom Verwaltungsgericht beanstandete Umstand, dass die Dokumentation der Wiederholungsgefahr für den Vorfall vom 12.06.2010 erst am 20.08.2012 erfolgte, macht das Festhalten am Bescheid vom 25.11.2012 nicht schlechthin unerträglich. Denn die Dokumentation der Wiederholungsgefahr erfolgte relativ bald nach Ablauf des Zwei-Jahreszeitraums. Zudem setzt § 38 Abs. 3 Satz 3 PolG nach seinem Wortlaut keine gesonderte Feststellung einer Wiederholungsgefahr voraus.
39 
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht dem Festhalten an dem rechtskräftigen Bescheid vom 25.11.2012 nicht entgegen, dass die Polizei dem mit einer langjährigen Datenspeicherung einhergehenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung fortlaufend Rechnung tragen müsse. Zwar trifft der Ausgangspunkt zu, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG während der Speicherdauer einen dauerhaften Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bewirkt. Dies führt jedoch nicht zu von § 51 LVwVfG abweichenden Rechtsfolgen. Denn der Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG kann von vornherein nur für Veränderungen gelten, die die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung unmittelbar berühren. Die Regelung erfasst somit praktisch nur Dauerverwaltungsakte (vgl. Ramsauer, § 51 Rn. 27). Der Umstand, dass die Speicherung personenbezogener Daten nach § 38 PolG zu einer dauerhaften Belastung des Betroffenen führt, ist somit im Hinblick auf § 51 Abs. 1 LVwVfG kein Ausnahmefall, sondern die typischerweise gegebene Situation. Dieser Umstand bewirkt insoweit eine Pflicht der Behörde, die Rechtmäßigkeit der Datenspeicherung unter Kontrolle zu halten, als sie zum einen über einen Wiederaufgreifensantrag unter Beachtung der Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG zu entscheiden und zum anderen die Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen zu prüfen hat. Nur im Ausnahmefall ist die Löschung vor Ablauf der Regelspeicherfristen geboten, wenn die Überprüfung im Einzelfall ergibt, dass die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist (vgl. dazu ausf. Senat, Urt. v. 10.02.2015 - 1 S 554/13 - VBlBW 2015, 506). Für einen solchen Ausnahmefall ist hier nichts ersichtlich. Mit den Regelungen des § 51 Abs. 1 bis 3 LVwVfG und des § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 LVwVfG sowie der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der weiteren Speicherung der personenbezogenen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfristen ist dem Umstand, dass ein dauernder Eingriff vorliegt, daher ausreichend Rechnung getragen.
40 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
41 
Beschluss vom 30. November 2016
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 09/03/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe I. D
published on 10/02/2015 00:00

Tenor Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.10.2011 - 5 K 1777/09 -wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Speicherung von Daten des Klägers zu seinen PKWs und zu folgenden Anlässen rechtswidrig war:1) 12.08.1999/Bietigheim-Bissi
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published on 26/01/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme eines bauordnungsrechtlichen Verfahre
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Annotations

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.