I.
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Entziehung des akademischen Grades „Dr. med. dent.“.
1. Der Kläger ist praktizierender Zahnarzt in Bayern und erhielt seine Approbation mit Wirkung vom 27. Juli 1993. Im Jahr 1997 begann er zum Zwecke der Promotion unter der Betreuung von Prof. K. am Institut für Geschichte der Medizin der Beklagten mit der Bearbeitung des Themas „Die ‚Würzburger Wundarznei‘. Ein chirurgisches Arzneimittel-Handbuch des Spätmittelalters, Teil III: Edition des dritten Segmentes (Pulverrezepturen).“ Der Kläger fertigte eine 59-seitige Promotionsschrift zuzüglich eines 9-seitigen Literaturverzeichnisses an. Mit Schreiben vom 23. März 1999 beantragte er die Zulassung zur Promotion mit dem angestrebten Doktorgrad „Dr. med. dent.“ und gab die ehrenwörtliche Erklärung ab, die Dissertation selbständig angefertigt und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben. Der Erstgutachter Prof. K. und der Zweitgutachter Prof. T. bewerteten die Dissertation mit der Note „magna cum laude“ (= eine sehr gute Leistung). Nach der Durchführung der mündlichen Prüfung am 9. Juni 1999 verlieh die Beklagte dem Kläger mit Urkunde vom 20. Dezember 1999 den akademischen Grad „Dr. med. dent.“ mit der Gesamtbewertung „magna cum laude“.
2. Im Rahmen der von der Beklagten eingeleiteten Untersuchungen einer Reihe von Promotionsvorgängen aus dem Bereich des Institut für Geschichte der Medizin fand sich in den Unterlagen dieses Instituts eine schriftliche Vorlage mit der Handschrift des Doktorvaters des Klägers, die inhaltlich mit der Dissertation des Klägers im Wesentlichen übereinstimmt.
Am 1. Februar 2006 erfolgte eine Besprechung zwischen Prof. K., dem Ombudsmann der Medizinischen Fakultät, dem Vorsitzenden der Promotionskommission der Medizinischen Fakultät und dem Vorsitzenden der Fakultätskommission „Gute wissenschaftliche Praxis“. Anlass für die Unterredung waren Bedenken von Prof. St. (Lehrstuhlinhaber für Geschichte der Medizin und medizinische Ethik), der nach Durchsicht von jüngeren Dissertationsschriften, die unter der Ägide von Prof. K. angefertigt worden waren, zu dem Ergebnis gelangt war, dass diese weitgehend der Diktion und dem Stil von Prof. K. entsprächen.
Am 14. März 2007 versicherte der Kläger an Eides statt, seine Promotion selbständig verfasst zu haben. Zudem versicherte er an Eides statt: „Prof. K. stand mir dabei als Doktorvater beratend zur Verfügung; die Doktorarbeit wurde von ihm – auch in Teilen – nicht verfasst. Ferne bestätige ich im Zusammenhang mit meiner Promotion keine Zahlungen an Prof. K., Würzburg, getätigt zu haben.“
Am 23. März 2007 wurde Prof. K. vor der Ständigen Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens der Universität W. angehört. Im Bericht der Ständigen Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens vom 8. Juni 2007, auf dessen Inhalt verwiesen wird, findet sich unter anderem folgende Feststellung: „[…] kann zumindest davon ausgegangen werden, dass die Fassungen der fraglichen Dissertationen […] Wort für Wort zwischen dem Doktoranden bzw. der Doktorandin und dem Doktorvater, Herrn Prof. K., abgestimmt und von ihm persönlich niedergeschrieben waren.“ Dabei gelangte die Ständige Kommission zu dem Ergebnis, dass unter anderem die Erstellung der Dissertation des Klägers auf diesem Wege erfolgt sei.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2011 beauftragten der Präsident der Beklagten und der Dekan der Medizinischen Fakultät die Leiterin der Abteilung für Pharmazie- und Wissenschaftsgeschichte der Technischen Universität Braunschweig, Prof. W., mit der Begutachtung von fünf Promotionsschriften (unter anderem der Dissertation des Klägers). Prof. W. gelangt in ihrem Gutachten vom 30. September 2011 zu dem Ergebnis, dass der Aufbau der begutachteten Texte einem gemeinsamen Schema folge. Des Weiteren hob sie hervor: „Mit dieser offensichtlich extrem gering ausgeprägten Selbständigkeit der philologischen Arbeit kontrastiert in allen Arbeiten ein Stil, der angesichts der beigefügten Lebensläufe der Autoren (Studium der Medizin oder Zahnmedizin; im Anschluss daran praktische Arbeit im Beruf) doch sehr verwundert. Die Sprache ist blumig und voller Pointen, die man eher einem mit mittelalterlicher Philologie und Medizin-/Pharmaziegeschichte intim Vertrauten als einem naturwissenschaftlich Ausgebildeten, der erste Schritte in diesem Gebiet unternimmt, zuschreiben würde, und die Arbeiten sind untereinander stilistisch verwandt.“ Prof. W. machte außerdem auf partielle wörtliche Übereinstimmungen der Dissertation des Klägers mit der Promotionsschrift von Frau H. (Klägerin im Verfahren W 2 K 14.228) – „Die Arzneiform ‚Pulver‘ in der chirurgischen Fachliteratur des Hoch- und Spätmittelalters, unter besonderer Berücksichtigung der ‚Würzburger Wundarznei‘ “ aus dem Jahr 2001 aufmerksam. Auch bei Letzterer hatte Prof. K. als Doktorvater fungiert. Des Weiteren konstatierte Prof. W., dass sich lange Passagen der Arbeit des Klägers in folgendem Aufsatz wiederholten: Prof. K., Frau H., Frau R.: „Die Arzneiform ‚Pulver‘ in der chirurgischen Fachliteratur des Hoch- und Spätmittelalters“, in: Ditor ut ditem. Tanulmanyok Schultheisz Emil Professor 80. születesnapjara, Budapest 2003, S. 55-104. Prof. W. gelangte im Hinblick auf die begutachteten Dissertationen zu der Folgerung, dass „keine der […] Arbeiten die Mindeststandards, die im Fach Geschichte der Medizin, […] innerhalb des Zeitraums […] gefordert waren“, erfülle.
Mit Schreiben vom 6. August 2013 bat die Beklagte Prof. Wa. um einen Abgleich der Dissertation des Klägers mit der in den Unterlagen des Instituts für Geschichte der Medizin aufgefunden schriftlichen Vorlage mit der Handschrift des Doktorvaters. Dieser nahm mit Schreiben vom 9. September 2013 Stellung und gelangte zu folgendem Ergebnis: „In allen überprüften Kategorien besteht eine inhaltliche und formale Übereinstimmung zwischen der Druckfassung und der handschriftlichen Fassung in einem Maße, so dass man die zu vergleichenden Textfassungen als identisch werten muss. Die benannten inhaltlichen und formalen Abweichungen sind marginal.“
Mit Schreiben vom 24. Januar 2014 lud der Dekan der Medizinischen Fakultät die Promotionsausschussmitglieder zu der Sitzung am 3. Februar 2014 unter Beifügung der Tagesordnung (TOP 5: „Abstimmung über die Eröffnung des Prüfverfahrens zur Dissertation von Dr. H.“). In der Sitzung des Promotionsausschusses vom 3. Februar 2014 beschloss der Promotionsausschuss einstimmig die Eröffnung des Prüfverfahrens zur Dissertation des Klägers.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2014 setzte die Beklagte den Kläger über die Einleitung eines Prüfverfahrens seiner Promotionsschrift wegen des Verdachts des Vorliegens einer Täuschung im Dissertationsverfahren in Kenntnis und gab Gelegenheit zur Stellungnahme.
In der Sitzung des Promotionsausschusses vom 2. Juni 2014 gelangte der Promotionsausschuss zu der Überzeugung, dass der Kläger „entgegen seiner Versicherung keine eigene wissenschaftliche Leistung erbracht habe bzw. sein Eigenanteil zu gering sei.“ Der Promotionsausschuss beschloss mehrheitlich, dem Kläger den Doktortitel zu entziehen.
Mit Bescheid vom 17. Juli 2014, dem Kläger zugestellt am 30. Juli 2014, entzog die Beklagte dem Kläger den akademischen Grad „Dr. med. dent“ gemäß § 11 Abs. 5 der Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät vom 29. März 1983 i.V.m. Art. 48 BayVwVfG rückwirkend und ordnete die Rückgabe der verliehenen Doktorurkunde an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Verleihung des Doktorgrades sei rechtswidrig erfolgt. Der Kläger habe den Nachweis der Befähigung zu vertiefter und „selbständiger“ wissenschaftlicher Arbeit nicht erbracht. Es sei insbesondere aufgrund der Ausführungen von Prof. K. in seiner Anhörung vom 23. März 2007 vor der Ständigen Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens davon auszugehen, dass der Doktorvater des Klägers wesentliche intellektuelle Leistungen erbracht habe, sodass eine Mitautorenschaft vorliege. Ab der Textseite 2 der Handschrift des Doktorvaters finde sich an zahlreichen Stellen unter dem Namen des Klägers der Name „S.“. In den Unterlagen des Aktenordners des Instituts für Geschichte der Medizin finde sich zudem ein Schreiben von Prof. K. an Frau S. vom 2. September 1998, worin er ihr „zur Bewältigung des Pulver-Abschnitts der Würzburger Wundarznei noch einmal gratulieren dürfe“ und von der baldigen Einleitung des Promotionsverfahrens ausgehe. Gleichwohl sei mit dieser Arbeit nicht Frau S. promoviert worden, sondern der Kläger. Zudem habe Prof. K. Frau S. in dem Schreiben darüber informiert, dass er „die Ergebnisse mit der Forschungsliteratur interferiert, das Manuskript entsprechend ergänzt und morgen oder spätestens übermorgen eine Reinschrift-Vorlage so weit haben werde, dass er sie Dr. Sch. zur Ausdruck-Erstellung in die rechnerunterstützte Textverarbeitung geben könne. Eine Ablichtung der handschriftlichen Vorlage gehe ihr in den nächsten Wochen zu.“ Demzufolge erscheine die Zurechenbarkeit der gesamten Dissertationsleistung zweifelhaft. Der Kläger habe über das Vorliegen einer selbständigen wissenschaftlichen Leistung getäuscht. Aufgrund der vorsätzlichen Täuschung könne er sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen.
3. Dagegen ließ der Kläger durch seinen (damaligen) Bevollmächtigten mit Schreiben vom 29. August 2014, eingegangen bei der Beklagten per Telefax am selben Tag, Widerspruch einlegen. Zur Begründung ließ er im Wesentlichen ausführen: Die schriftliche Abfassung mit dem Inhalt der Dissertation des Klägers besage nicht, dass Prof. K. die Arbeit verfasst habe und nicht der Kläger. Es seien zwei Versionen denkbar. Der Bericht der Fehlverhaltenskommission vom 8. Juni 2007 könne nicht maßgeblich sein. Insbesondere könne auf die Feststellungen von Prof. St. nicht zurückgegriffen werden. Dieser sei kein Literatur- und Sprachwissenschaftler, sondern ein Mediziner. Dem Kläger sei eine Frau S. nicht bekannt. Sie sei im Zusammenhang mit der Dissertation des Klägers auch nicht in irgendeiner Weise beteiligt. Der streitgegenständliche Bescheid beruhe auf Zweifeln, nicht aber auf festen Tatsachen, auf deren Grundlage eine Täuschung des Promotionsausschusses und der Medizinischen Fakultät bejaht werden könne.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2015 lud der Dekan die Mitglieder des Promotionsausschusses unter Beifügung der Tagesordnung (TOP 2: „Entscheidung über Widerspruchsverfahren betreffend Entzug des Doktorgrades; hier: Dr. H.“) zur Ausschusssitzung am 18. Mai 2015. Der Promotionsausschuss beschloss in dieser Sitzung mehrheitlich, dem Widerspruch nicht abzuhelfen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2015, dem (damaligen) Klägerbevollmächtigten zugestellt am 14. Juli 2015, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Wahl der unzutreffenden Rechtsgrundlage im Bescheid vom 17. Juli 2014 stehe der Rechtmäßigkeit der Entziehung des Doktorgrades nicht entgegen. Sowohl nach der Promotionsordnung 1983 als auch nach der einschlägigen Promotionsordnung 2011 sei für die Entziehung des Doktorgrades die allgemeine Bestimmung des Art. 48 BayVwVfG maßgeblich. Der Kläger habe keine Beweise vorgelegt, die den Vorwurf der Täuschung entkräften könnten. Der Promotionsausschuss dürfe aufgrund des Prima-facie-Beweises davon ausgehen und sei überzeugt, dass die vorliegende Handschrift auch in ihrer geistigen Gestaltung von Prof. K. stamme. Die erfolgten Anhörungen des Doktorvaters ließen den Schluss zu, dass sich dieser unangemessen stark beteiligt habe. Dem Kläger sei es nicht gelungen, den Vorwurf der Täuschung zu widerlegen.
II.
Dagegen ließ der Kläger mit Schriftsatz seines (damaligen) Bevollmächtigten vom 13. August 2015, eingegangen bei Gericht am 14. August 2015, Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben.
Zur Begründung ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte im Wesentlichen ausführen:
Die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sei abgelaufen. Die Beklagte habe bereits im Jahr 2006 Kenntnis von den Vorkommnissen in Bezug auf die „Würzburger Doktorfabrik“ besessen. Es liege ausschließlich an der Beklagten, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Promotion des Klägers aufzuklären und nachzuweisen, dass der Kläger eine Täuschungshandlung begangen habe, was nicht der Fall sei. Einen „Prima-facie-Beweis“ der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes gebe es nicht. Die Tatsache, dass ein handschriftliches Exemplar der Promotion des Klägers vorliege, besage nichts darüber, ob dieses dem Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung der Doktorarbeit vorgelegen habe. Schließlich könne auch der Doktorvater des Klägers dessen Promotion als Grundlage genommen zu haben, um für seine Veröffentlichungen den Promotionstext sprachlich noch etwas anzupassen. Es erscheine im Übrigen äußerst unwahrscheinlich, dass der Doktorvater die Arbeit für den Kläger und andere Doktoranden erledigt habe, denn dies wäre ihm bei der Betreuung von annähernd 40 Promotionen pro Jahr nicht möglich gewesen. Des Weiteren habe die Beklagte dem Vertrauensschutz des Klägers nicht hinreichend Rechnung getragen.
Der Kläger ließ durch seine Bevollmächtigte beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2014 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7. Juli 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verwies die Beklagte auf den Inhalt des Entzugsbescheides und des Widerspruchsbescheides. Ergänzend hob sie hervor, dass aufgrund der arglistigen Täuschung keine Verjährung vorliege. Der Umstand, dass lediglich drei Handschriften in den Akten des Instituts für Geschichte der Medizin gefunden worden seien, spreche für eine Autorenschaft des Doktorvaters, da er die Vielzahl seiner Doktoranden auch so nicht zu bewältigen vermocht habe.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 9. März 2016 und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 17. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.1 Für die Entziehung des Doktorgrades ist die Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät der Universität W. (PromO) vom 10. Juni 2011 und nicht die von der Beklagten zugrunde gelegte Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät der Universität W. vom 29. März 1983 (PromO a.F.) maßgeblich. Die Rechtmäßigkeit der Entziehung des Doktorgrades bestimmt sich mangels einer abweichenden Regelung nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids (BVerwG, U.v. 29.9.1982 – 8 C 138/81 – BVerwGE 66, 178/182; U.v. 28.7.1989 – 7 C 39/87 – BVerwGE 82, 260/261; VGH BW, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 7. Juli 2015 befand sich die aufgrund der Art. 13 Abs. 1, Art. 64 Abs. 1 Satz 5 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) i.d.F. d. Bek. vom 23. Mai 2006 (GVBl S. 245), zuletzt geändert durch § 1 Nr. 212 Verordnung zur Anpassung des Landesrechts an die geltende Geschäftsverteilung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), erlassene Promotionsordnung für die Medizinische Fakultät der Universität W. vom 10. Juni 2011 in Kraft. Die Übergangsbestimmung des § 16 Satz 1 PromO findet keine Anwendung. Danach werden Promotionsverfahren, in denen die Dissertation bereits abgegeben wurde, nach den Bestimmungen derjenigen Promotionsordnung durchgeführt, die zum Zeitpunkt der ersten Abgabe der Dissertation in Kraft war. Vorliegend war das Promotionsverfahren jedoch mit der Verleihung des Doktorgrades an den Kläger mit Urkunde vom 20. Dezember 1999 vollständig abgeschlossen. Das Entziehungsverfahren, welches auf den „actus contrarius“ gerichtet ist, stellt ein hiervon unabhängiges Verfahren dar.
Für die Entziehung des Doktorgrades sind als Rechtsgrundlagen die § 11 Abs. 2, 5 PromO i.V.m. Art. 48 BayVwVfG heranzuziehen. Hat sich der Doktorand im Promotionsverfahren einer Täuschung schuldig gemacht und wird diese erst nach Aushändigung der Urkunde bekannt, so kann nachträglich die Doktorprüfung für nicht bestanden erklärt werden (§ 11 Abs. 2 PromO). Gemäß § 11 Abs. 5 PromO richtet sich die Entziehung des Doktorgrades nach Art. 69 BayHSchG. Diese Bestimmung regelt jedoch ausschließlich den Fall, dass sich der Inhaber eines akademischen Grades durch ein späteres Verhalten der Führung unwürdig erweist. Zugleich macht der Verweis des Art. 69 BayHSchG auf Art. 48 BayVwVfG deutlich, dass letztere Vorschrift für die Entziehung eines rechtswidrig erworbenen Doktorgrades Anwendung findet (VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris; BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl. 2007, 281; Reich, BayHSchG, 5. Aufl. 2007, Art. 69 Rn. 1). Die Vorschrift des Art. 48 BayVwVfG genügt auch bei der Rücknahme einer Promotionsentscheidung dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67/06 – juris).
Die Wahl der unzutreffenden Rechtsgrundlage in Gestalt des § 11 Abs. 5 PromO a.F. durch die Beklagte steht der Rechtmäßigkeit der Entziehung des Doktorgrades nicht entgegen. Vorliegend sind sowohl nach der Promotionsordnung aus dem Jahr 1983 als auch nach der einschlägigen Promotionsordnung aus dem Jahr 2011 für die Entziehung des Doktorgrades die allgemeine Vorschrift des Art. 48 BayVwVfG und infolgedessen dieselben Ermessenserwägungen maßgeblich (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2008 – 7 ZB 08.1402 – juris; BVerwG, U.v. 19.8.1988 – 8 C 29/87 – BVerwGE 80, 96; VG Regensburg, U.v. 31.07.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Nach der von der Beklagten herangezogenen Bestimmung des § 11 Abs. 5 PromO a.F. richtete sich die Entziehung des Doktorgrades „nach den gesetzlichen Bestimmungen (Art. 48 und 49 BayVwVfG).“ Dies ist unter Zugrundelegung der Nachfolgebestimmung in Gestalt des § 11 Abs. 5 PromO gleichermaßen der Fall. Zwar verweist § 11 Abs. 5 PromO im Gegensatz zur Vorgängernorm auf Art. 69 BayHSchG. Diese Bestimmung regelt jedoch ausschließlich den Fall der nachträglichen Unwürdigkeit und erklärt im Übrigen Art. 48 BayVwVfG für anwendbar. Darüber hinaus beinhalten sowohl § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO a.F. als auch die Nachfolgebestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO die Vorgabe einer „selbständigen“ Arbeit. Zudem sah bereits die Promotionsordnung aus dem Jahr 1983 in § 11 Abs. 2 die Möglichkeit vor, im Falle der Täuschung im Promotionsverfahren die Doktorprüfung nachträglich für Nichtbestanden zu erklären.
1.2 Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig.
Der Promotionsausschuss der Medizinischen Fakultät der Beklagten war für die Entziehung des Doktorgrades zuständig. Gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG ist die Hochschulleitung für alle Angelegenheiten zuständig, für die im Bayerischen Hochschulgesetz oder in der Grundordnung nicht eine andere Zuständigkeit festgelegt ist. Für die Entziehung eines akademischen Grades ist gemäß Art. 69 Satz 2 BayHSchG diejenige Hochschule zuständig, die den Grad verliehen hat. Innerhalb der Hochschule richtet sich die Zuständigkeit nach der Promotionsordnung i.S.v. Art. 64 Abs. 1 Satz 5 BayHSchG. Vorliegend war der Promotionsausschuss, der sich aus den dem Fakultätsrat der Medizinischen Fakultät angehörenden Hochschullehrern und Hochschullehrerinnen zusammensetzt, für die Entziehung des Grades „Dr. med. dent.“ zuständig (§§ 3, 11 Abs. 5 Satz 2 PromO).
Die Einleitung des Entziehungsverfahrens erfolgte durch den Beschluss des Promotionsausschusses in der Sitzung vom 3. Februar 2014. Dieser weist keine Verfahrensfehler auf. Der Promotionsausschuss war beschlussfähig. Die Beschlussfähigkeit setzt neben einer ordnungsgemäßen Ladung voraus, dass die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist (§ 3 Abs. 3 PromO). Eine ordnungsgemäße Ladung erfordert die Einhaltung einer Frist von acht Tagen; sie muss schriftlich oder per E-Mail unter Angabe der Tagesordnung an sämtliche Mitglieder ergehen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 PromO). Diese Kriterien erfüllt die per E-Mail versandte Ladung vom 24. Januar 2014. Entsprechend der Niederschrift war auch die Mehrheit der Mitglieder des Promotionsausschusses anwesend. Die Entziehung des Doktorgrades des Klägers wurde in der Sitzung des Promotionsausschusses vom 2. Juni 2014 beschlossen. Dieser Beschluss ist ebenfalls verfahrensgemäß i.S.d. § 3 Abs. 3 PromO ergangen.
Die Anhörung des Klägers gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erfolgte ordnungsgemäß. Dem Kläger wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 27. Februar 2014 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
1.3 Der Bescheid vom 17. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2015 ist auch materiell rechtmäßig. Gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67.06 – juris). So verhält es sich hier. Die Verleihung des Doktorgrades an den Kläger war rechtswidrig. Die Promotionsschrift des Klägers stellt keine selbständige wissenschaftliche Arbeit dar. Die Beklagte hat auch ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
1.3.1 Bei der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts richtet sich die Beweislast nach den allgemeinen Grundsätzen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 48 Rn. 170). Vorliegend steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger zumindest den Zweitgutachter sowie die an dem Zulassungsverfahren beteiligten Stellen (vgl. § 5 PromO a.F.) darüber täuschte, dass es sich bei seiner Arbeit nicht um eine selbständige wissenschaftliche Leistung handelte, sondern diese vielmehr aus einer Kooperation (Mitautorenschaft) mit seinem Doktorvater hervorgegangen war.
Der in § 11 Abs. 2 PromO verwendete Begriff der „Täuschung“ ist als eine Bezugnahme auf den Betrugstatbestand des § 263 Strafgesetzbuch (StGB) zu erachten (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 RO 9 K 13.1442 – juris). Erforderlich sind eine Täuschungshandlung, durch die ein Irrtum erregt wird, sowie ein Täuschungsvorsatz. Eine Täuschungshandlung liegt vor, wenn Textstellen der Promotionsschrift nicht vom Doktoranden selbst, sondern von einem anderen Autor herrühren und dies nicht ausreichend kenntlich gemacht wird (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Berlin, U.v. 15.4.2009 – 12 A 319.08 – juris; BayVGH, B.v. 19.8.2004 – 7 CE 04.2058 – juris). Hierzu zählt auch die unerlaubte Hilfe Dritter (Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 713). Die Anforderungen, die an den Nachweis der Eigenständigkeit wissenschaftlichen Arbeitens zu stellen sind, ergeben sich aus dem Gebot der wissenschaftlichen Redlichkeit und dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1 GG (VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Der Grundsatz, dass „nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmittel erbrachte wissenschaftliche Leistung den Anforderungen an eine eigenständige Dissertation genügt“ (VGH BW, B.v. 13.10.2008 – 9 S 494/08 – VBlBW 2009, 191), bzw. „die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne hinreichende Kennzeichnung gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstößt und die Annahme als Dissertation im Regelfall ausschließt“ (BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl 2007, 281), war bereits in § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PromO a.F. niedergelegt. Danach musste die Dissertation selbständig angefertigt, die benutzte Literatur und die sonstigen Hilfsmittel vollständig angegeben sowie wörtliche oder nahezu wörtliche Übernahmen aus dem Schrifttum kenntlich gemacht werden.
Vorliegend agierte der Kläger entgegen der von ihm gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 PromO a.F. mit Schreiben vom 23. März 1999 abgegebenen ehrenwörtlichen Erklärung sowie der am 14. März 2007 erteilten Versicherung an Eides statt, die Dissertation selbständig angefertigt und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt zu haben. Sowohl die mit der Promotionsschrift des Klägers weitestgehend identische Handschrift von Prof. K. als auch die von der Fehlverhaltenskommission und den Gutachtern gewonnen Erkenntnisse belegen eine Mitautorenschaft des Doktorvaters.
Zunächst ist die von Prof. K. angefertigte Handschrift (Bl. 60 der Verwaltungsakte) bis auf minimale Abweichungen identisch mit der Dissertation des Klägers. Zu diesem Ergebnis gelangte auch Prof. Wa. In seinem Schreiben an die Beklagte vom 9. September 2013 führte er aus: „In allen überprüften Kategorien besteht eine inhaltliche und formale Übereinstimmung zwischen der Druckfassung und der handschriftlichen Fassung in einem Maße, so dass man die zu vergleichenden Textfassungen als identisch werten muss. Die benannten inhaltlichen und formalen Abweichungen sind marginal.“ Der Vortrag des Klägers, wonach auch Prof. K. die Promotion des Klägers als Grundlage genommen haben könne, um für seine Veröffentlichungen den Promotionstext sprachlich noch etwas anzupassen, dringt nicht durch. Dem steht bereits das von Prof. K. angefertigte Deckblatt entgegen, das den Titel der Promotionsschrift des Klägers – einschließlich des Vermerks „vorgelegt von F. H.“ – trägt. Des Weiteren ist die Handschrift von Prof. K. auf November 1998 datiert, während der Kläger erst mit Schreiben vom 23. März 1999 seine Zulassung zur Promotion beantragt hatte. Zudem ist in der Handschrift von Prof. K. an vielen Stellen unter dem Namen des Klägers der Name „S.“ vermerkt (vgl. die diesbezüglichen Feststellungen im Bericht der Fehlverhaltenskommission vom 8. Juni 2007, Bl. 172 der Verwaltungsakte). In diesem Zusammenhang hat die Beklagte ein Schreiben von Prof. K. an Frau S. vom 2. September 1998 zur Vorlage gebracht, worin er Frau S. „zur Bewältigung des Pulver-Abschnitts der Würzburger Wundarznei gratuliert“. Außerdem teilt Prof. K. Frau S. darin mit, dass er „die Ergebnisse mit der Forschungsliteratur interferiert, das Manuskript entsprechend ergänzt und morgen oder spätestens übermorgen eine Reinschrift-Vorlage so weit haben werde, dass er sie Dr. Sch. zur Ausdruck-Erstellung in die rechnerunterstützte Textverarbeitung geben könne.“ Eine Ablichtung der „handschriftlichen Vorlage“ gehe ihr in den nächsten Wochen zu. Dieses Schreiben begründet die Annahme, dass die Promotionsschrift zu den Pulverrezepturen der Würzburger Wundarznei ursprünglich für Frau S. gedacht war. Allerdings promovierte Frau S. unter der Betreuung von Prof. K. letztlich nicht über die Pulverrezepturen, sondern erst im Jahr 2001 zu den Salbenverbänden der Würzburger Wundarznei. Die Fehlverhaltenskommission gelangt in ihrem Bericht vom 8. Juni 2007 (Bl. 171 der Verwaltungsakte) zu dem Ergebnis, es „dränge sich jedenfalls der Eindruck auf, dass bei Auswahl und Zuordnung der Dissertationsthemen variiert wurde und werden konnte.“ Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.
Darüber hinaus belegen Aussagen von Prof. K., dass er als Mitautor der Dissertation des Klägers fungierte. Bereits in der am 1. Februar 2006 erfolgten Besprechung mit Mitgliedern der Medizinischen Fakultät versicherte Prof. K gemäß dem Protokoll (vgl. B. 170 der Verwaltungsakte), „dass die Doktoranden etwa 80% der Gesamtarbeit […] eigenständig durchführten und einen vollständigen Entwurf der Doktorarbeit erstellten. Seine Aufgabe bestehe dann darin, den Entwurf textlich und redaktionell zu bearbeiten und fachlich zu optimieren, so dass er zwanglos in das geplante publikatorische Gesamtwerk eingefügt werden könne.“ Eine derartige Vorgehensweise begründet eine Mitautorenschaft des Doktorvaters und steht gleichermaßen einer selbständigen Leistung des betreffenden Doktoranden entgegen. Die von Prof. K. getätigten Beanstandungen des Protokolls dieser Besprechung führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr hat er seine Aussage innerhalb der am 23. März 2007 erfolgten Anhörung vor der Fehlverhaltenskommission manifestiert. Hierbei führte er aus (Bl. 176 der Verwaltungsakte): „[…] Diese Doktoranden hätten ihm die von ihnen jeweils geleistete Arbeit vorgestellt. Diese Arbeitsergebnisse seien dann in ein Protokoll übernommen worden, das auf diese Weise – je nachdem wie schnell der Doktorand oder die Doktorandin vorangekommen sei – sukzessive entstanden sei. Die jeweilige Problemstellung sei zuvor mit dem Doktoranden erörtert worden und die Durchführung der Arbeitung seien im Detail besprochen worden. Mit dem Doktoranden sei ein exakter Arbeitsplan abgesprochen worden. Die Arbeitsergebnisse selbst habe der Doktorand oder die Doktorandin vorformuliert und er, Prof. K., habe sie dann selbst protokolliert. Damit sei ein Achetyp vorhanden gewesen. Die Protokollierung habe in Klausur stattgefunden. Wort für Wort seien Vorformulierungen mit dem Doktoranden durchgegangen worden und das jeweilige Ergebnis von ihm, Prof. K., protokolliert worden. […] sei bei diesen Arbeiten eine exakte Niederschrift äußerst wichtig, und zwar bis aufs Komma, weshalb er selbst die Protokollierung geleistet habe. […] Die Vorformulierungen der Doktoranden seien von ihnen schriftlich fixiert gewesen und er habe kein Wort in das Protokoll übernommen, das nicht die Zustimmung des jeweiligen Doktoranden gefunden habe.“ Aus diesen Angaben geht hervor, dass die Promotionsleistung einer engen Zusammenarbeit („in Klausur“) zwischen Prof. K. und dem jeweiligen Doktoranden entsprang, was dem Erfordernis der Selbständigkeit i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PromO a.F. (nunmehr niedergelegt in Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO) zuwiderläuft.
Auch der Bericht der Fehlverhaltenskommission vom 8. Juni 2007 macht deutlich, dass die Doktoranden von Prof. K. nicht selbständig agierten. Schließlich gelangte die Fehlverhaltenskommission zu folgendem Ergebnis (Bl. 174 der Verwaltungsakte): „[…] kann zumindest davon ausgegangen werden, dass die Fassungen der fraglichen Dissertationen, die im Promotionsprüfungsverfahren zur Begutachtung und zur Bewertung eingereicht worden sind, Wort für Wort zwischen dem Doktoranden und dem Doktorvater, Prof. K., abgestimmt und von ihm persönlich niedergeschrieben waren […]. Insbesondere die Bearbeitung der einzelnen Teile des Arzneimittel-Handbuchs „Die Würzburger Wundarznei“ erscheint auf diesem Wege erfolgt zu sein. Nachweislich kann dies mit den Dissertationen […] belegt werden, insofern sie handschriftlich vollständig von Prof. K. von der ersten bis zur letzten Zeile per Hand geschrieben und wortidentisch mit diesem Text als gedruckte Dissertation veröffentlich worden sind.“ Zudem führte die Fehlverhaltenskommission aus: „Legt man die von Prof. K. beschriebene Verfahrensweise zugrunde, so mag das inhaltliche Ergebnis der wissenschaftlichen Arbeit selbständig erbracht sein, nicht aber die Art und Weise seiner (schriftlichen) Darstellung, denn insoweit haben Doktorand und Doktorvater den Text gemeinsam verfasst.“ Zudem betonte die Fehlverhaltenskommission (Bl. 173 der Verwaltungsakte): „Die Ständige Kommission hat indessen erhebliche Zweifel, ob die Darstellung des Zustandekommens durch Prof. K. glaubwürdig ist.“ Demzufolge wurden die von Prof. K. betreuten Dissertationen zur „Würzburger Wundarznei“ detailliert zwischen dem Doktoranden und dem Doktorvater abgestimmt und von Letzterem niedergeschrieben. Ein derartiges Vorgehen läuft einer selbständigen Anfertigung zuwider. Darüber hinaus geht die Fehlerhaltenskommission unter anderem im Hinblick auf die Promotionsschrift des Klägers explizit davon aus, dass diese von Prof. K. niedergeschrieben worden sei (Bl. 173 der Verwaltungsakte).
Der Befund der Fehlverhaltenskommission wird durch das Gutachten von Prof. W. vom 30. September 2011, das unter anderem die Dissertation des Klägers betraf, bestätigt, die gleichermaßen eine (Mit-)Autorenschaft von Prof. K. annimmt. Sie gelangte zu folgendem Ergebnis: „Mit dieser offensichtlich extrem gering ausgeprägten Selbständigkeit der philologischen Arbeit kontrastiert in allen Arbeit ein Stil, der angesichts der beigefügten Lebensläufe der Autoren (Studium der Medizin oder Zahnmedizin; im Anschluss daran praktische Arbeit im Beruf) doch sehr verwundert. Die Sprache ist blumig und voller Pointen, die man eher einem mit mittelalterlicher Philologie und Medizin-/Pharmaziegeschichte intim Vertrauten als einem naturwissenschaftlich Ausgebildeten, der erste Schritte in diesem Gebiet unternimmt, zuschreiben würde, und die Arbeiten sind untereinander stilistisch verwandt.“
Zu einem anderen Ergebnis führen auch nicht die Feststellungen des Gerichts im Verfahren W 2 K 14.228, wonach die dortige Klägerin Passagen aus der Arbeit des Klägers im hiesigen Verfahren ohne Kenntlichmachung übernommen hat (VG Würzburg, U.v. 25.3.2015 – W 2 K 14.228 – juris; BayVGH, B.v. 5.2.2016 - 7 ZB 15.1073 – juris; s.a. die gleichlautenden Feststellungen von Prof. W. in ihrem Gutachten vom 30.9.2011). Schließlich ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu Tage getreten, dass die Promotionsschrift des Klägers nicht auf seine alleinige geistige Leistung zurückzuführen ist.
Das Gericht verkennt nicht, dass einem Doktorvater im Rahmen der Erstellung der Promotionsschrift eine Betreuungsfunktion zukommt, die einen regelmäßigen Austausch mit dem Doktoranden über das Fortkommen der Arbeit beinhaltet. Demgegenüber läuft es dem Kriterium der Selbständigkeit i.S.v. Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PromO zuwider, wenn der Beitrag des Doktorvaters über eine punktuelle (mündliche) Anleitung hinausgeht und erhebliche Komponenten der Promotionsschrift – wie vorliegend – seiner geistigen Leistung entspringen. Auch die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 PromO a.F. führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach konnte eine von mehreren Autoren angefertigte Arbeit grundsätzlich nicht als Dissertation zugelassen werden, es sei denn, ausschließlich der Betreuer der Arbeit fungierte als Mitautor. Einer auf diese Bestimmung gestützten Zulässigkeit der Mitautorenschaft von Prof. K. steht bereits entgegen, dass diese nicht kenntlich gemacht wurde. Der Promotionsschrift des Klägers lässt sich nicht entnehmen, welche Passagen auf wessen geistige Leistung zurückzuführen sind. Vielmehr wird der Kläger vollumfänglich als geistiger Urheber der Arbeit angeführt. Sowohl in seiner ehrenwörtlichen Erklärung vom 23. März 1999 als auch in der Versicherung an Eides statt vom 14. März 2007 gab der Kläger an, die Dissertation selbständig verfasst zu haben. Er versicherte insbesondere an Eides statt: „Prof. K. stand mir dabei als Doktorvater beratend zur Verfügung; die Doktorarbeit wurde von ihm – auch in Teilen – nicht verfasst.“
Demnach spiegelte der Kläger durch das Unterlassen einer Kenntlichmachung der Mitautorenschaft von Prof. K. und der Abgabe der ehrenwörtlichen Erklärung vom 23. März 1999, wonach er die Arbeit selbständig angefertigt und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, den in das Promotionsverfahren involvierten Stellen vor, dass die Promotionsschrift ausschließlich auf seiner eigenständigen wissenschaftlichen Befähigung beruhe. Auf diese Weise rief er bei ihnen einen Irrtum über die geistige Urheberschaft hervor. Dieser war für die Verleihung des akademischen Grades „Dr. med. dent.“ kausal. Der Kläger handelte auch mit Täuschungsvorsatz.
1.3.2 Dem Promotionsausschuss steht ein Beurteilungsspielraum im Hinblick auf die Erheblichkeit der Täuschungshandlung zu (VGH BW, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). Diesbezüglich ist die gerichtliche Kontrolle darauf beschränkt, ob ein Verstoß gegen das Willkürverbot oder sachfremde Erwägungen vorliegen (VGH BW, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2015 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602). Hierfür bestehen in Anbetracht des Ausmaßes der Mitautorenschaft des Doktorvaters keine Anhaltspunkte.
Die Rücknahmeentscheidung weist weder in Bezug auf den Ausgangsnoch auf den Widerspruchsbescheid Ermessensfehler auf (§ 114 VwGO). Die Beklagte hat ihr Entschließungs- und Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen. Zwar müssen auch bei einem rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt i.S.d. Art. 48 Abs. 3 BayVwVfG, der keine Geld- oder Sachleistungen gewährt, innerhalb der Ermessensausübung Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigt werden (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67.06 – juris). Allerdings ist eine Berufung auf Vertrauensschutz ausgeschlossen, wenn eine arglistige Täuschung vorliegt. Eine Arglist besteht, wenn die vorsätzliche Irreführung eine Einwirkung auf den behördlichen Erklärungswillen bezweckt (OVG Hamburg, B.v. 28.8.2001 – 3 Bs 102/01 – NVwZ 2002, 885). Dies ist bei der auf einer Täuschung beruhenden Verleihung des Doktorgrades der Fall (BVerwG, U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 – KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris; VGH BW, B.v. 13.10.2008 – 9 S 494/08 – VBlBW 2009, 191; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Frankfurt a.M., U.v. 23.7.2007 – 12 E 2262/05 – juris; Reich, BayHSchG, 5. Aufl. 2007, Art. 69 Rn. 1). Darüber hinaus begründet der Umstand, dass der Zweitgutachter sowie die weiteren an dem Promotionsverfahren beteiligten Stellen die Mitautorenschaft von Prof. K. nicht bemerkten, keinen Vertrauensschutz dahingehend, die „elementaren Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitstechniken missachten zu dürfen“ (vgl. BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.3888 – BayVBl 2007, 281; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris).
Bei der Entziehung eines Doktorgrades haben in den Abwägungsvorgang die damit einhergehenden beruflichen Beeinträchtigungen Eingang zu finden (BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67/06 – juris). Der Promotionsausschuss hat ausweislich der Niederschrift der Sitzung vom 2. Juni 2014 eine Abwägung der widerstreitenden Interessen in Gestalt der zu erwartenden Nachteile für den Kläger und dem öffentlichen Interesse an der Entziehung getätigt. Es ist nicht zu beanstanden, dass er dem Schutz der wissenschaftlichen Lauterkeit und der Wahrung des Renommees der Medizinischen Fakultät ein größeres Gewicht beimaß als den von Art. 12 Abs. 1 GG erfassten beruflichen Interessen des Klägers (vgl. BVerwG, B.v. 20.10.2006 – 6 B 67/06 – juris; BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl 2007, 281; VG Frankfurt a.M., U.v. 23.5.2007 – 12 E 2262/05 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602). Schließlich stellt die Funktionsfähigkeit der Wissenschaft ein „überragend wichtiges und verfassungsrechtlich in dem objektiven Regelungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verankertes Gemeinschaftsgut dar“ (BVerwG, U.v. 31.7.2013 – 6 C 912 – BVerwGE 147, 292). Hingegen musste der Umstand, dass der Zweitgutachter innerhalb des Promotionsverfahrens die Täuschung nicht registriert hatte, nicht in die Abwägung einfließen (BayVGH, U.v. 4.4.2006 – 7 BV 05.388 – BayVBl. 2007, 281; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). In Anbetracht des Umfangs der Mitautorenschaft musste der Promotionsausschuss auch keine Nachbesserung der Arbeit als gegenüber der Entziehung milderes Mittel in Betracht ziehen (hierzu VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – juris). Eine Nachbesserung ist allenfalls bei Bagatellvergehen zu erwägen. Dies geht u.a. aus § 7 Abs. 2 PromO hervor, wonach ein Gutachter dem Promovenden die Dissertation zum Zwecke der Umarbeitung zurückgeben kann, wenn er sie „im Ganzen für befriedigend, jedoch in einigen nicht maßgeblichen Einzelheiten für verbesserungswürdig“ hält. Bei einer Mitautorenschaft des Doktorvaters war eine Nachbesserung ausgeschlossen.
1.3.3 Die Rücknahmemöglichkeit war auch nicht verfristet, wie der Kläger meint. Gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nur innerhalb eines Jahres seit der Kenntniserlangung der Behörde von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen zulässig. Allerdings findet diese Jahresfrist gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG keine Anwendung, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt wurde (vgl. VGH BW, B.v. 13.10.2008 – 9 S 494/08 – VBlBW 2009, 191; U.v. 19.4.2000 – 9 S 2435/99 KMK-HSchR/NF 21A Nr. 19; VG Karlsruhe, U.v. 4.3.2013 – 7 K 3335/11 – VBlBW 2013, 429; VG Frankfurt a.M., U.v. 23.5.2007 – 12 E 2262/05 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13 – ZUM 2014, 602; VG Regensburg, U.v. 31.7.2014 – RO 9 K 13.1442 – juris). So verhält es sich hier. Der Kläger hat die Verleihung des akademischen Grades „Dr. med. dent.“ durch eine bewusste Täuschung über die selbständige Erstellung der Promotionsschrift erwirkt, was ein arglistiges Vorgehen darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris).
Eine Verwirkung der Rücknahmemöglichkeit kommt ebenfalls nicht in Betracht. Das Rechtsinstitut der Verwirkung entspringt dem Grundsatz von Treu und Glauben. Es besagt, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung ein längerer Zeitraum vergangen ist und besondere Umstände bestehen, die die verspätete Geltendmachung treuwidrig erscheinen lassen (BVerwG, U.v. 23.5.1975 – IV C 73.73 – BVerwGE 48, 247; U.v. 15.5.1985 – 3 C 86/82 – BVerwGE 69, 237). Vorliegend fehlt es aufgrund der Täuschung über die Selbständigkeit der Anfertigung der Arbeit bereits an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers in ein Unterlassen der Entziehung des Doktorgrades (vgl. VG Köln, U.v. 6.12.2012 – 6 K 2684/12; VG Düsseldorf, U.v. 20.3.2014 – 15 K 2271/13).
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.