Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 11. Juni 2015 - W 1 K 14.30274

published on 11/06/2015 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 11. Juni 2015 - W 1 K 14.30274
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Tenor

I.

Die Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24. Februar 2014 (Unzulässigkeit des Asylantrags) wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklage kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1. Der Kläger wurde nach eigenen Angaben am ... in K. geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit. Er verließ nach eigenen Angaben etwa im August 2012 seinen langjährigen Aufenthaltsort im Iran und reiste über die Türkei und Griechenland auf dem Landweg nach Ungarn. Von dort aus reiste er am 21. Juli 2013 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein, wo er am 5. August 2013 Asyl beantragte.

2. Aufgrund eines EURODAC-Treffers wurde festgestellt, dass der Kläger am 5. Oktober 2012 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte. Daraufhin ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die ungarischen Behörden am 27. November 2013 um die Wiederaufnahme des Klägers.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 erklärten die ungarischen Behörden die Wiederaufnahme des Klägers unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1c) der Dublin II-VO.

In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens vor dem Bundesamt am 5. Februar 2014 gab der Kläger u. a. an, dass seine Krankheit nur in Deutschland behandelt werden könne und dass er nur in Deutschland als Mensch behandelt werde. In Ungarn habe man sich nicht um ihn gekümmert, er sei in einen Raum gesperrt worden unter ständiger Polizeikontrolle. Zur Glaubhaftmachung der geltend gemachten Erkrankungen wurden verschiedene fachärztliche Stellungnahmen vorgelegt.

3. Mit Bescheid vom 24. Februar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziffer 1), und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1e Dublin II-VO erklärt hätten. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich.

4. Gegen diesen ihm am 1. März 2014 zugestellten Bescheid ließ der Kläger mit am 10. März 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage erheben. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, es bestünden bereits aufgrund der langen Verfahrensdauer Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Der Kläger habe bereits im Rahmen der Befragung zur Registrierung der persönlichen Daten am 21. Juli 2013 und auch bei der Befragung durch die Regierung von Oberbayern am 8. August 2013 angegeben, dass er über Ungarn eingereist sei und dort einen Asylantrag gestellt habe. Er habe auch Unterlagen aus Ungarn vorgelegt. Der EURODAC-Treffer bezüglich Ungarn sei der Beklagten spätestens seit Anfang August 2013 bekannt gewesen. Aus welchen Gründen aber erst am 27. November 2013, mehr als drei Monate nach Kenntnis von dem EURODAC-Treffer, ein Übernahmeersuchen an Ungarn gerichtet worden sei, sei nicht erkennbar. Der Kläger habe die verzögerte Bearbeitung nicht mitverursacht.

Der Kläger beantragt zuletzt,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Februar 2014 aufzuheben.

5.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6. Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sowie auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung hat das Gericht mit Beschluss vom 1. Dezember 2014 (Az.: W 1 S 14.30275) abgelehnt.

7. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2014 wurde ein Attest einer die Muttersprache des Klägers sprechenden Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vom 1. Dezember 2014 vorgelegt, wonach der Kläger unter einer schweren depressiven Symptomatik mit Antriebsstörung, Vitalstörung und sozialer Rückzugstendenz leide. Die begonnene medikamentöse Behandlung habe bis jetzt keine anhaltende Besserung erzielen können. Der Patient benötige weiterhin dringend engmaschige psychiatrische Betreuung und Behandlung in seiner Muttersprache. Im Falle einer Abschiebung müsse mit einer wesentlichen Verschlechterung der Symptomatik gerechnet werden. Dies bedeute sehr wahrscheinlich eine Gefahr für Leib und Leben.

8. Mit Beschluss vom 19. Januar 2015 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

9. In der mündlichen Verhandlung am 24. März 2015 hat der Kläger eine weitere fachärztliche Bescheinigung derselben Ärztin vom 23. März 2015 vorgelegt, wonach er weiterhin in regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung sei, sein Zustand unverändert sei und sowohl die medikamentöse Therapie als auch die begleitende Psychotherapie fortgeführt werden sollten.

10. Auf Anfrage des Gerichts nahm die behandelnde Ärztin unter dem 17. April 2015 u. a. zur Frage der Reisefähigkeit des Klägers Stellung.

11. Mit Schriftsatz vom 23. April 2015 hob die Beklagte die Ziffer 2 des Bescheides vom 24. Februar 2014 auf. Insoweit wurde der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und das Verfahren nach Abtrennung mit Beschluss vom 13. Mai 2015 eingestellt (Az.: W 1 K 15.30365).

Im Übrigen haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand der Klage ist nur noch die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes vom 24. Februar 2014 (sinngemäß) ausgesprochene Ablehnung des Asylantrags als unzulässig.

Insoweit ist die zulässige Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), begründet.

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage mit dem Ziel, die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides aufzuheben, statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beklagte ist nach Aufhebung der Ziffer 1 kraft Gesetzes verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers in eigener Zuständigkeit fortzuführen. Einer auf ein weitergehendes Ziel gerichteten Verpflichtungsklage würde deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen.

Gegen die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig bzw. die Feststellung der Unzulässigkeit gemäß § 27a AsylVfG, die einen eigenständigen Verwaltungsakt darstellt, ist eine isolierte Anfechtungsklage statthaft. Denn im Falle der Aufhebung der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist die Beklagte bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet (st. Rspr., z. B. BayVGH, B.v. 30.3.2015 - 21 ZB 15.50026 Rn. 4; B.v. 6.3.2015 - 13a ZB 15.50000 - juris Rn. 7; B.v. 5.3.2015 - 11 ZB 14.50046 - juris Rn. 11; B.v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris; U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 22; VGH BW, B.v. 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 - UA S. 5/6; jeweils m. w. N. zur obergerichtlichen Rspr.; VG Würzburg, U.v. 31.3.2015 - W 1 K 14.30151 - juris Rn. 23). Denn nach Sinn und Zweck des § 27a AsylVfG und des dahinter stehenden Gebotes, im Interesse der Verfahrensbeschleunigung schnellstmöglich Klarheit über den zuständigen Mitgliedstaat für die Prüfung eines im Geltungsbereich der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrags zu gewinnen (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 - juris Rn. 84, 98), ist die Zuständigkeitsprüfung durch das Bundesamt der Prüfung des Asylantrags vorgelagert und von dem Verfahren zur (inhaltlichen) Prüfung des Asylantrags zu unterscheiden (BayVGH, B.v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris Rn. 6).

Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, die Sache insoweit spruchreif zu machen, besteht nicht (BayVGH, B.v. 23.1.2015 a. a. O.). Statthaft ist daher die Anfechtungsklage mit dem Ziel, die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig aufzuheben, damit die Beklagte in eigener Zuständigkeit über den Asylantrag (inhaltlich) entscheiden muss. Einer auf ein weitergehendes Ziel gerichteten Verpflichtungsklage würde deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen.

2. Die Klage ist auch begründet, weil die Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides rechtswidrig ist (2.1) und den Kläger in seinen Rechten verletzt (2.2).

2.1 Die auf § 27a AsylVfG gestützte Ablehnung des Asylantrags als unzulässig bzw. Feststellung der Unzulässigkeit desselben ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) objektiv rechtswidrig.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft (nunmehr: der Europäischen Union) oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Der von der Beklagten um Wiederaufnahme des Klägers ersuchte Staat, Ungarn, ist jedoch infolge Fristablaufs nicht mehr für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und hat sich auch nicht mit einer Fristverlängerung bzw. Wiederaufnahme des Klägers ungeachtet des Fristablaufs einverstanden erklärt. Die internationale Zuständigkeit ist damit auf die Beklagte übergegangen. Der Ablauf der Überstellungsfrist bewirkte gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 v. 18.2.2003, ABl Nr. L 50, S. 1) einen Zuständigkeitsübergang kraft Gesetzes (st. Rspr., z. B. BayVGH, B.v. 30.3.2015 - 21 ZB 15.50026 - Rn. 3; B.v. 6.3.2015 - 13a ZB 15.50000 - juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 - UA S. 5; U.v. 27.8.2014 - A 11 S 1285/14 - juris Rn. 36; U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 33; B.v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 12), so dass eine individuelle Entscheidung der Beklagten, die Zuständigkeit zu übernehmen, nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO weder notwendig noch zuständigkeitsbegründend (konstitutiv) ist.

Wie sich aus dem EURODAC-Treffer zweifelsfrei ergibt, hat der Kläger bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt. Aus der Bezugnahme der ungarischen Behörden auf die Regelung des Art. 16 Abs. 1 c) Dublin II-VO folgt des Weiteren, dass er vor der Entscheidung über seinen Asylantrag durch die ungarischen Behörden illegal ins Bundesgebiet weitergereist ist. Nach der zuletzt genannten Vorschrift ist der nach der Dublin II-VO zuständige Mitgliedstaat gehalten, einen Antragsteller, der sich während der Prüfung seines Asylantrags unerlaubt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates aufhält, nach Maßgabe des Art. 20 wieder aufzunehmen. Die Maßgeblichkeit der Dublin II-VO insoweit ergibt sich aus Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 v. 26.6.2013, ABl Nr. L 180, S. 31). Da das Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurde, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO. Die Dublin III-VO ist dem gegenüber - jedenfalls für die Zuständigkeit und das zu beachtende Verfahren - anzuwenden auf (Wieder-) Aufnahmegesuche, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (BVerwG, U.v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - juris Rn. 27). Da die mit dem Wiederaufnahmegesuch zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere die gegebenenfalls zu beachtenden Fristen, systematisch den Bestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zuzuordnen sind (Zuständigkeitsregelungen im weiteren Sinne), sind damit im vorliegenden Fall die Vorschriften des Art. 20 Dublin II-VO anzuwenden.

Die in Art. 20 Abs. 1 d) Dublin II-VO vorgesehene Überstellungsfrist von sechs Monaten ab der Zustimmung Ungarns zur Wiederaufnahme des Klägers ist - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - im vorliegenden Falle im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) abgelaufen.

Die Rechtsfolge des Zuständigkeitsübergangs ist nach der Überzeugung des Gerichts die Rechtswidrigkeit und Aufhebbarkeit der Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides (VG Würzburg, U.v. 31.3.2015 - W 1 K 14.30151 - juris). Das Gericht folgt dem gegenüber nicht der Rechtsprechung, wonach die Ziffer 1 durch den Ablauf der Überstellungsfrist nach § 43 Abs. 2 VwVfG gegenstandslos geworden sei (BayVGH, B.v. 30.3.2015 - 21 ZB 15.50026). Denn eine Erledigung i. S. des § 43 Abs. 2 VwVfG liegt vor, wenn die mit dem Verwaltungsakt verbundene tatsächliche oder rechtliche Beschwer nachträglich weggefallen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 113 Rn. 102). Dies ist jedoch im Falle des Ablaufs der Überstellungsfrist nicht ohne Weiteres der Fall. Zwar wurde der Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte, wie bereits dargelegt, kraft Gesetzes durch die Regelung des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO bewirkt. Die Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides enthält dem gegenüber die verbindliche Feststellung, dass die Beklagte für die Prüfung des materiellen Asylbegehrens nicht zuständig ist. Diese Feststellung bleibt bis zu ihrer Aufhebung wirksam und beschwert den Kläger, weil sie der Prüfung des materiellen Asylbegehrens durch die Beklagte als Verfahrenshindernis entgegen gehalten werden könnte. Zudem besteht aufgrund der Feststellung, dass die Beklagte nicht zuständig sei, für den Kläger eine erhebliche Unsicherheit über die Zuständigkeit, die in Anbetracht des für das Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung geltenden Beschleunigungsgrundsatzes nicht hingenommen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2015 - 11 ZB 15.50033 - juris Rn. 15 f.). Denn der Kläger hat ein Grundrecht auf materielle Prüfung seines Asylbegehrens durch einen Dublin-Mitgliedstaat aus Art. 18 GR-Charta (vgl. unten 2.2).

Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist auch nicht im Wege eines Austausches der Rechtsgrundlage oder der Umdeutung in einen anderen Verwaltungsakt nach § 47 VwVfG aufrecht zu erhalten. Zwar beinhaltet die vom Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorzunehmende Prüfung, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, auch die Befugnis, denselben, wenn er nach Lage der Dinge nicht auf die von der Behörde gewählte Rechtsgrundlage gestützt werden durfte, auf der Grundlage einer anderen Rechtsgrundlage aufrecht zu erhalten. Dies schließt auch die Umdeutung in einen anderen Verwaltungsakt unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 47 VwVfG ein (st. Rspr., z. B. BVerwG, U.v. 19.8.1988 - 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96, juris Rn. 12; BayVGH, U.v. 9.2.2014 - 20 B 13.30332 - juris Rn. 20). Ein Austausch der Rechtsgrundlage kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der anderen Rechtsgrundlage vorliegen, der Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert würde und der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung nicht unzumutbar beeinträchtigt würde. Sind für die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen weitere Ermittlungen erforderlich, so scheidet ein Austauschen durch das Gericht deshalb regelmäßig aus (BayVGH a. a. O.). Eine Umdeutung der streitgegenständlichen Entscheidung in eine solche nach § 71a AsylVfG kommt hier gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG nicht in Betracht. Denn zum einen fehlt es - ungeachtet der unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Anforderungen des § 27a AsylVfG und des § 71a AsylVfG - bereits an der Voraussetzung, dass der Verwaltungsakt, in den der streitgegenständliche Verwaltungsakt umgedeutet werden soll, auf dasselbe Ziel gerichtet ist (BayVGH, B.v. 2.2.2015 - 13a ZB 14.50068 - juris Rn. 9; B.v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris Rn. 9; VGH BW, B.v. 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 - UA S. 6/7). Denn die vorliegende Entscheidung nach § 27a AsylVfG stellt allein - als der Sachprüfung vorgelagerte Zwischenentscheidung - die Unzuständigkeit der Beklagten für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens fest, während die Entscheidung nach § 71a AsylVfG letztendlich auf die materielle Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gerichtet ist. Die beiden Entscheidungen betreffen daher verschiedene Stadien eines gestuften Verwaltungsverfahrens. Des Weiteren scheitert die Umdeutung auch daran, dass sie - entgegen § 47 Abs. 2 VwVfG - der erkennbaren Absicht des Bundesamtes als erlassender Behörde widerspräche, weil dieses unter der Annahme seiner Unzuständigkeit gerade keine Entscheidung über den Zweitantrag treffen wollte (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 11 ZB 14.50046 - juris Rn. 16; B.v. 2.2.2015 - 13a ZB 14.50069 - juris Rn. 9; B.v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris Rn. 9), und dass die Entscheidung über einen Zweitantrag - nach Ablauf der Überstellungsfrist - in ihren Rechtsfolgen für den Kläger ungünstiger wäre, weil dann in der Regel eine Abschiebungsandrohung in seinen Herkunftsstaat erginge und nicht eine Abschiebungsanordnung in den (primär) zuständigen Mitgliedstaat (VG Würzburg, U.v. 13.1.2015 - W 3 K 14.30092 - juris Rn. 20 ff.; U.v. 27.11.2014 - W 3 K 13.30553 - juris Rn. 27 f.; VG Augsburg, GB.v. 12.11.2014 - Au 7 K 14.50047 - juris Rn. 41; VG Regensburg, U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - UA S. 8). Nach dem oben (siehe 1.) Dargelegten besteht auch keine Pflicht des Gerichts, die Voraussetzungen der Umdeutung durch Herbeiführen der Spruchreife herzustellen (so auch VG Augsburg a. a. O.; VG Regensburg a. a. O.).

2.2 Der angefochtene Verwaltungsakt verletzt den Kläger auch in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, weil ihm wegen des gesetzlichen Zuständigkeitsübergangs ein Rechtsanspruch darauf zusteht, dass die Beklagte über seinen Asylantrag entscheidet.

Zwar ist den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin-Verordnungen (im engeren und weiteren Sinne) grundsätzlich kein individualschützender Gehalt zu entnehmen. Denn die einschlägigen Regelungen dienen der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und begründen daher staatengerichtete Rechte und Pflichten (VGH BW, B.v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13; VG Würzburg, B.v. 30.10.2014 - W 3 E 14.50144 - juris Rn. 13). Auch Art. 18 GR-Charta beinhaltet kein eigenständiges Asylgrundrecht (vgl. Rossi in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV Art. 18 GR-Charta Rn. 2 f.; Streinz in Streinz, EUV/AEUV, Art. 18 GR-Charta Rn. 5; differenzierend Jarass, GR-Charta Art. 18 Rn. 2), sondern nimmt auf die für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten verbindliche Genfer Flüchtlingskonvention und auf die entsprechenden Bestimmungen in den Gründungsverträgen (EUV und AEUV) Bezug. Auf europarechtlicher Ebene ist jedoch kein Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens in dem vom Asylbewerber bestimmten Mitgliedstaat garantiert (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris Rn. 25, U.v. 26.9.2014 - W 7 K 13.30538 - UA S. 6). Aus Art. 18 GR-Charta folgt lediglich das Recht eines Asylbewerbers auf materielle Prüfung seines Asylantrags durch einen Mitgliedstaat des Dublin-Systems, weil aufgrund der gegenseitigen Vermutung, auf die sich das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Asylantrag in jedem Mitgliedstaat im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Grundrechtecharta der Europäischen Union behandelt wird (VGH BW, B.v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 13).

Dennoch besteht in einer Situation, in der - wie im vorliegenden Falle - infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat zurückfällt, ein schutzwürdiges Interesse des Asylbewerbers daran, dass die inhaltliche Prüfung seines Asylantrags nicht durch weitere Zuständigkeitsprüfungen verzögert wird (VGH BW a. a. O.; VG Augsburg, GB.v. 12.11.2014 - Au 7 K 14.50047 - juris Rn. 45; VG Sigmaringen, U.v. 22.10.2014 - 8 K 4481/14.A - UA S. 5 ff.; VG Regensburg, U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - UA S. 6; VG Düsseldorf, U.v. 23.9.2014 - 8 K 4481/14.A - juris Rn. 30; tendenziell a.A. VG Würzburg, B.v. 30.10.2014 - W 3 E 14.50144 - juris Rn. 14). Insofern beinhaltet das Grundrecht aus Art. 18 GR-Charta i. V. m. Art. 41 und 47 GR-Charta eine zeitliche Komponente. Diese verlangt, dass die Prüfung des Asylantrags und die darauf ergehende Entscheidung zeitnah erfolgen. Somit würden die Grundrechte des Klägers verletzt, wenn in der vorliegenden Situation trotz des Zuständigkeitsübergangs noch über einen unter Umständen längeren Zeitraum hinweg Ungewissheit darüber bestünde, welcher Mitgliedstaat sein Asylbegehren inhaltlich zu prüfen hat (VG Würzburg, U.v. 31.3.2015 a. a. O.; U.v. 26.9.2014 a. a. O.).

Etwas anderes folgt für den vorliegenden Fall nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts auch nicht aus der Rechtsprechung des 11. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach sich eine möglicherweise infolge überlanger Verfahrensdauer bewirkte Verschlimmerung einer Grundrechtsverletzung durch die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates erledige (BayVGH, U.v. 13.4.2015 - 11 B 15.50031 - juris Rn. 29). Denn diese Entscheidung bezieht sich auf die Fallgestaltung der (vom erstinstanzlichen Gericht angenommenen) überlangen Verfahrensdauer im Zeitraum zwischen der Kenntniserlangung von der Möglichkeit der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates (EURODAC-Treffer) und dem Wiederaufnahmeersuchen an diesen Staat bzw. dessen Beantwortung. Davon zu unterscheiden ist aber die vorliegende Fallgestaltung, in der - nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vertretenen Rechtsauffassung, an der das Gericht weiterhin festhält - keine überlange Verfahrensdauer und demzufolge auch keine Verpflichtung der Beklagten zum Selbsteintritt bzw. zu ermessensfehlerfreier Entscheidung angenommen wurde. Es bestanden also an der (ursprünglichen) Zuständigkeit des - mit der Wiederaufnahme des Klägers einverstandenen - ersuchten Mitgliedstaates (Ungarn) zunächst keine Zweifel. Davon ausgehend ist erst mit dem Ablauf der Überstellungsfrist und dem damit verbundenen Zuständigkeitsübergang, dem die streitgegenständliche Ziffer 1 des Bescheides vom 24. Februar 2014 widerspricht, eine Situation der Unsicherheit über die Zuständigkeit eingetreten. Diese verletzt den Kläger in seinen Rechten.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Kläger sind nach
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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.