Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 27. Nov. 2018 - W 10 E 18.32095
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig zeitweise auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen bzw. dem Antragsgegner mitzuteilen,
bzw. dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis zur Entscheidung über den Eilantrag nicht durchgeführt werden dürfen, ist unzulässig. Dem Antrag fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da sich das mit dem gerichtlichen Verfahren verfolgte Ziel auf einfacherem Wege erreichen lässt (vgl. VG München, B.v. 17.11.2008 - M 10 E 08.3261 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, 24. A. 2018, § 123 Rn. 22). Denn nach dem Schreiben der Regierung von Unterfranken vom 11. Oktober 2018 erscheint es nicht ausgeschlossen, dass dem Antragsteller im Falle der persönlichen Vorsprache bei der Zentralen Ausländerbehörde eine Duldung erteilt würde, weil die Behörde offenbar vom Vorliegen tatsächlicher Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG ausgeht. Es ist regelmäßig - und so auch hier - nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörde eine Duldungsbescheinigung nur im Rahmen einer persönlichen Vorsprache an den Ausländer aushändigt. Die Notwendigkeit einer Vorsprache folgt bereits aus dem Umstand, dass die Duldungsbescheinigung vom Ausländer zu unterschreiben ist und mit einem Passbild versehen wird. In diesem Zusammenhang ist insbesondere etwaigen Manipulationen dadurch vorzubeugen, dass die Identität des Duldungsnehmers vor Ort überprüft wird (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2015 - 21 C 15.30131 - juris Rn. 8; OVG NRW, B.v. 10.3.2015 - 18 B 1316/14 - juris Rn. 18 ff. m.w.N.). Die persönliche Vorsprache, gegebenenfalls mit einer Begleitperson, ist dem Antragsteller auch zumutbar. In den vorgelegten ärztlichen Attesten (zuletzt v. 15.11.2018) wird ihm Antragsteller zwar eine derzeitige Reiseunfähigkeit sowie die Unzumutbarkeit der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft bescheinigt. Es geht daraus jedoch nicht hervor, dass es dem Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich wäre, gegebenenfalls mit einer Begleitperson persönlich bei der zuständigen Ausländerbehörde zur Verlängerung seiner Duldung vorzusprechen.
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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 27. Nov. 2018 - W 10 E 18.32095 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
3Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) führt nicht zu deren Änderung. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge,
4den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern den Zuzug nach C. zu erlauben,
5hilfsweise den Antragstellern eine Duldungsbescheinigung gem. § 60a AufenthG ohne Wohnsitzauflage zu erteilen,
6jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
7Der Zulässigkeit des Hauptantrags steht allerdings – wie mit Blick auf den rechtlichen Hinweis des Berichterstatters vom 2. Dezember 2014 angemerkt sei – nicht entgegen, dass es der begehrten einstweiligen Anordnung für den Zuzug nach C. nicht bedürfte. Die Antragsteller unterliegen vielmehr einer asylrechtlichen räumlichen Beschränkung nach § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG auf den Bezirk des Antragsgegners mit der Folge, dass der derzeitige Aufenthalt der Antragsteller in C. rechtswidrig ist.
8Nach § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG gilt - solange keine andere Entscheidung ergeht - im Falle der Stellung eines Asylfolgeantrags die letzte räumliche Beschränkung fort, wenn der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt war. Die Antragsteller zu 1. und 2. waren während ihres im Jahre 1992 eingeleiteten Asylerstverfahrens gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG im Wege einer Vorabzuweisung aufgefordert worden, in der Gemeinde W. Wohnsitz zu nehmen. Zugleich wurde ihr Aufenthalt auf den Bereich des Kreises C1. beschränkt. Diese – in späteren Asylverfahren nicht geänderte - räumliche Beschränkung galt folglich nach Stellung des Asylfolgeantrags mit Schriftsatz vom 13. November 2013 fort. Nach § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG gilt die Beschränkung allerdings nur solange fort, bis eine andere Entscheidung ergeht. Die Beschränkung ist also nicht unabänderlich. Allerdings kommt insoweit nach der gesetzlichen Konzeption in zeitlicher Hinsicht nur eine „andere Entscheidung“ nach Eintritt der Fortgeltung, also nach Stellung des Asylfolgeantrags in Betracht. § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG knüpft ausdrücklich an die letzte räumliche Beschränkung „während des früheren Asylverfahrens“ an. Ob die räumliche Beschränkung in der Zeit zwischen dem Abschluss des früheren Asylverfahrens und der Stellung des Asylfolgeantrags aufgehoben worden ist, ist deshalb im Rahmen des § 71 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG ohne Belang. Die eingetretene Fortgeltung wird deshalb weder dadurch in Frage gestellt, dass den Antragstellern nach Abschluss des früheren Asylverfahrens am 27. Mai 2008 Aufenthaltstitel nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt und schließlich bis zum 31. Dezember 2009 verlängert worden sind, noch dadurch, dass die Kläger vor Stellung des Asylfolgeantrags am 13. November 2012 in ihr Heimatland abgeschoben worden waren. Der Gesetzeswortlaut „gilt…fort“ setzt nicht voraus, dass die vormalige räumliche Beschränkung aus dem früheren Asylverfahren bei Stellung des Asylfolgeantrags noch gegolten haben muss oder jedenfalls zuvor nicht erloschen ist oder aufgehoben worden ist.
9OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Januar 2012 – 7 B 11408/11,7 D 1147 D 11409/11-, juris Rn. 9 m.w.N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. November 2012 – OVG 11 S 62.12,OVG 11 OVG 11 M 32.12-, juris Rn. 10.
10Die Anträge sind aber unbegründet. Die Antragsteller haben nicht i.S.v. §123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht, dass ihnen die mit dem Haupt- und Hilfsantrag geltend gemachten Anordnungsansprüche zustehen.
11Als Rechtsgrundlage für den mit dem Hauptantrag verfolgten Anordnungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner kommt allein § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG in Betracht. Die ggf. auch einschlägigen Bestimmungen der §§ 58 Abs. 1 und 51 Abs. 1 AsylVfG scheiden hier jedenfalls schon deshalb aus, weil der Streit um eine danach zu erteilende „Zuzugserlaubnis“ dem Beschwerdeausschluss des § 80 AsylVfG unterläge. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen dieser Normen nicht vor. Die Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor.
12§ 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG sehen ein Abweichen von der räumlichen Beschränkung vor zur Ausübung einer Beschäftigung, zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus-und Weiterbildung oder des Studiums sowie zur Aufrechterhaltung der Familieneinheit. Eine allgemeine Härteklausel, wie sie § 58 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG mit dem Verweis auf zwingende Gründe oder eine unbillige Härte enthält, weist § 61 Abs. 1 AufenthG allerdings nicht auf. Der Senat kann offenlassen, ob § 61 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erweiternd dahingehend ausgelegt werden kann, dass auch sonstige dringende familiäre Gründe wie z.B. Hilfsbedürftigkeit eine Änderung der räumlichen Beschränkung rechtfertigen oder gar gebieten können.
13Vgl. Allg. VerwVorschrift zum AufenthG zu § 61 Nr. 61.1.1.2
14Derartige dringende familiäre Gründe sind hier nicht glaubhaft gemacht. Sie folgen weder aus der Beziehung der Antragsteller zu 1. und 2. zu ihrer in C. lebenden volljährigen Tochter N. I. , noch aus dem Umstand, dass diese durch Beschlüsse des Amtsgerichts C. vom 24. Juni 2014 (46 XVII H 80/14 und 81/14) zur rechtlichen Betreuerin der Antragsteller zu 1. und 2. in den Bereichen Sorge für die Gesundheit, Wohnungsangelegenheiten sowie Rechts/Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellt worden ist. Ebenso wenig ergeben sich zwingende Gründe daraus, dass es den Antragstellern zu 1. und 2. aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar wäre, sich in C1. aufzuhalten.
15Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern entfalten sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen nur unter der Voraussetzung, dass ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist bzw. wenn über die sonst üblichen Bindungen hinaus zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit vorhanden sind.
16Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1995 ‑ 2 BvR 901/95 ‑, juris Rn. 8; EGMR, Urteile vom 12. Januar 2010 ‑ 47486/06 [Abdul Waheed Khan] ‑, InfAuslR 2010, 369 und vom 15. Juli 2003 ‑ 52206/99 [Mokrani] ‑ InfAuslR 2004, 183.
17Ein entsprechender Maßstab gilt auch im vorliegenden Zusammenhang, in dem es nicht um die Frage geht, ob, sondern lediglich wo die Antragsteller zu 1. und 2. sich im Bundesgebiet aufhalten dürfen. Dass die – vollziehbar ausreisepflichtigen – Antragsteller zu 1. und 2. im Bundesgebiet gerade auf die Lebenshilfe ihrer in C. lebenden Tochter N. angewiesen wären, ist schon deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil nach den unwidersprochenen Angaben des Antragsgegners im Kreis C1. ebenfalls volljährige Kinder der Antragsteller zu 1. und 2. leben. Dass diese nicht in der Lage wären, die etwa erforderliche Lebenshilfe zu leisten, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen geht nicht hervor, weshalb dies nicht möglich sein sollte. Nichts anderes folgt aus der Bestellung der vorgenannten Tochter zur rechtlichen Betreuerin. Das Betreuungsverhältnis ist, wie schon die Überschrift vor §§ 1896 ff. BGB ausdrücklich klarstellt, vom Gesetzgeber als eine ausschließlich rechtliche Betreuung konzipiert und nicht als eine auch die tatsächliche Fürsorge- und Betreuung umfassende Form der Lebenshilfe ausgestaltet worden. Abgesehen davon führt die rechtliche Betreuung nicht zur Geschäftsunfähigkeit des Betreuten. Schließlich kommt hier ausschlaggebendes Gewicht auch dem Umstand zu, dass weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, weshalb die Betreuung nicht durch die im Kreis C1. lebenden Kinder der Antragsteller zu 1. und 2. ausgeübt werden könnte. Einer räumlichen Beschränkung unterliegende Ausländer können diese nicht dadurch unterlaufen, dass sie eine rechtliche Betreuung durch eine gerade am Ort des gewünschten Zuzugs lebende Person einrichten lassen. Vielmehr hat sich die Wahl des Betreuers an der bestehenden räumlichen Beschränkung auszurichten bzw. ist eine bereits für den Ort des gewünschten Zuzugs eingerichtete Betreuung entsprechend abzuändern.
18Der ärztlichen Stellungnahme des Klinikums C. -Nord vom 2. Oktober 2014 zufolge führt die diagnostizierte Erkrankung (posttraumatische Belastungsstörung und depressive Entwicklung) dazu, dass keine Reisefähigkeit in den Kosovo besteht. Darum geht es im vorliegenden Zusammenhang indes nicht. Die weitere Feststellung, die Antragsteller zu 1. und 2. seien mit alltäglichen Verrichtungen völlig überfordert, auf die Hilfe ihrer Tochter N. angewiesen und ein Leben ohne diese Unterstützung sei nicht möglich, ist nicht nachvollziehbar, weil – wie bereits ausgeführt – nicht ersichtlich ist, weshalb eine erforderliche Unterstützung nicht durch die im Kreis C1. lebenden volljährigen Kinder der Antragsteller zu 1. und 2. erbracht werden könnte. Dass eine Rückführung nach Nordrhein-Westfalen zu einer Überforderung führen würde, ist deshalb nicht plausibel. Die frühere Stellungnahme des Klinikums C. -Nord vom 30. Mai 2014 legt die Annahme nahe, dass der Verfasser der Stellungnahmen, der Facharzt für Psychiatrie H. , Angaben der Antragsteller ungeprüft übernommen hat. Insoweit heißt es nämlich in der letztgenannten Stellungnahme, es sei aus Sicht des Arztes völlig glaubhaft, wenn die Antragsteller zu 1. und 2. artikulierten, dass sie ein Leben in C1. ohne ihre Tochter nicht sichern, nicht organisieren könnten. Nichts anderes gilt für die von demselben Arzt verfasste Stellungnahme vom 17. November 2014.
19Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Der insoweit geltend gemachte Duldungsanspruch scheitert an der Weigerung der Antragsteller zu 1. und 2., bei dem Antragsgegner zur Entgegennahme einer Duldung vorzusprechen. Es ist regelmäßig – und so auch hier – nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörde eine Duldungsbescheinigung nur im Rahmen einer persönlichen Vorsprache an den Ausländer aushändigt.
20Vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2006 – 11 B 5005/06 -, juris Rn. 5.
21Die Notwendigkeit einer Vorsprache folgt bereits aus dem Umstand, dass die Duldungsbescheinigung vom Ausländer zu unterschreiben ist und mit einem Passbild versehen wird. In diesem Zusammenhang ist etwaigen Manipulationen dadurch vorzubeugen, dass die Identität des Duldungsnehmers vor Ort überprüft wird. Auf diese persönliche Vorsprache ist entgegen der Ansicht der Antragsteller auch nicht etwa deshalb zu verzichten, weil sie für die Antragsteller zu 1. und 2. unzumutbar wäre. Sind nach den vorstehenden Ausführungen durchgreifende Gründe für die Erforderlichkeit eines Aufenthalts der Antragsteller in C. nicht glaubhaft gemacht, so stehen solche auch der Vorsprache in C1. nicht entgegen. Sollte der Antragsgegner den Antragsteller zu 1. in Haft nehmen lassen wollen, so führte dies nicht zur Unzumutbarkeit der Vorsprache. Vielmehr wären etwa gegen die Freiheitsentziehung sprechende Gründe wie z.B. eine Haftunfähigkeit mit den insoweit gegebenen Rechtsmitteln geltend zu machen.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 GKG.
23Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.