Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 03. Jan. 2018 - 7 L 14107/17.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2018:0103.7L14107.17.00
bei uns veröffentlicht am03.01.2018

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig, bis zum Abschluss eines erneuten fehlerfreien Auswahlverfahrens, dem Antragsteller eine Ausbildungsstelle zum Brandmeister freizuhalten.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerin zu ¾ und der Antragsteller zu ¼.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.992,64 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller, der als Soldat auf Zeit im Dienst der Bundeswehr steht, begehrt den Erhalt einer von insgesamt fünfzehn von der Antragsgegnerin ausgeschriebenen Ausbildungsstellen zum Brandmeister als zweites Einstiegsamt der Besoldungsgruppe A 7 (Stufe 6).

2

Im Hinblick auf das geäußerte Begehr ist der von ihm gestellte Antrag gemäß § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – dahingehend auszulegen, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm bis zum Abschluss eines erneuten fehlerfreien Auswahlverfahrens einen Ausbildungsplatz freizuhalten und bei dem neuen Auswahlverfahren zwei Vorbehaltsstellen für Soldaten auf Zeit bereitzustellen.

3

Der zulässige Antrag hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg.

4

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Voraussetzung ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund sowie einen Anordnungsanspruch im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 936 ZivilprozessordnungZPO – glaubhaft macht. Vorliegend ist dies dem Antragsteller in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gelungen.

5

Er kann sich auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes berufen, da ihm ohne ein sofortiges gerichtliches Eingreifen Rechtsnachteile drohen würden, die in einem späteren Hauptsacheverfahren nicht zu beheben wären (vgl. OVG RP, Beschluss vom 16. März 2017 – 10 B 11626/16 –, Rn. 3 ff., juris).

6

Die Erklärung der Antragsgegnerin, im Falle eines Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren eine unbesetzte Stelle in eine Ausbildungsstelle umzuwidmen, führt weder zum Entfallen des Rechtschutzinteresses noch zum Entfallen des Anordnungsgrundes. Es unterliegt nicht der Dispositionsbefugnis des Dienstherrn, für einen rechtsschutzsuchenden Bewerber eine andere als die zu besetzende Stelle als „Reserve“ freizuhalten und später mit dem im Auswahlverfahren zunächst unterlegenen Bewerber zu besetzen, wenn sich im Gerichtsverfahren die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung herausstellen sollte, weil auch die anderweitig freigehaltene Stelle erst nach einem auf sie bezogenen Vergabeverfahren besetzt werden dürfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2002 - C 14.02 -, Rn. 21, juris).

7

Dem Antragsteller steht ein Anordnungsanspruch zur Seite, da er den aus der Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs folgenden Anspruch auf erneute Durchführung des Auswahlverfahrens glaubhaft gemacht hat (I.). Ein Anspruch auf Schaffung einer weiteren Vorbehaltsstelle steht dem Antragsteller demgegenüber nicht zu (II.).

8

I. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG – und Art. 19 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – verleihen dem Bewerber das Recht, eine getroffene Auswahlentscheidung dahingehend gerichtlich überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Leistung, Eignung und Befähigung über seine Bewerbung entschieden hat. Wird dieses subjektive Recht durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung verletzt, so kann der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung verlangen, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal gewählt zu werden, offen sind; dies wird bejaht, wenn seine Auswahl wenigstens möglich erscheint (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 –, Rn. 13, juris).

9

Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, zu überprüfen, ob die einschlägigen Verfahrensvorschriften sowie allgemein gültige Wertungsmaßstäbe beachtet und der gesetzliche Rahmen sowie die anzuwendenden Rechtsbegriffe zutreffend gewürdigt worden sind, ob von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist und, ob sich der Dienstherr nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (OVG RP, Beschluss v. 2. Juli 2014 – 10 B 10320/14.OVG –, Rn. 5, juris).

10

Nach diesen Maßstäben hält die Entscheidung der Antragsgegnerin, die streitgegenständliche Ausbildungsstelle anderweitig zu besetzen, der gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar sind weder die vom Dienstherr an die zu besetzende Stelle gestellten Anforderungen (1.) noch das an den Grundsätzen des Leistungsprinzips und der Bestenauslese orientierte Auswahlverfahren (2.) rechtlich zu beanstanden. Allerdings mangelt es an einer hinreichend nachvollziehbaren Dokumentation durch die Antragsgegnerin (3.).

11

1. Die Antragsgegnerin hat die Zugangsvoraussetzungen zulässigerweise in dem von ihr erstellten Anforderungsprofil konkretisiert.

12

Das Ministerium des Innern und für Sport hat für Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes im Sinne von § 117 des Landesbeamtengesetzes vom 20. Oktober 2010 (GVBl. 2010, 319) – LBG – die Einstellungsvoraussetzungen in § 2 der Landesverordnung über die Ausbildung und Prüfung für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst vom 1. März 1996 (GVBl. 1996, 161) – APOmFwD – festgelegt. Da darin insbesondere im Hinblick auf Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerber keine allgemeinverbindlichen Vorgaben getroffen werden, ist dem Dienstherrn diesbezüglich ein Organisationsermessen eingeräumt. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) entscheidet er, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Mindestanforderungen der Bewerber erfüllen muss (sog. Anforderungsprofil), um eine bestmögliche Besetzung gewährleisten zu können. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils legt der Dienstherr die (wesentlichen) Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber für den zu besetzenden Dienstposten bemessen. (vgl. zu Vorstehendem: BVerfG, Beschluss vom 2. Oktober 2007 – 2 BvR 2457/04 –, Rn. 16 ff., juris; BVerwG, Urteil vom 16. August 2001 – 2 A 3/00 –, Rn. 32, juris).

13

Das von der Antragsgegnerin in ihrer Stellenausschreibung aufgestellte Anforderungsprofil (Blatt 1 der Verwaltungsakte) ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die hier streitgegenständliche Eigenschaft der „körperlichen Fitness“ mit Blick auf das berufliche Tätigkeitsfeld des künftigen Stelleninhabers nachvollziehbar. Ausweislich des vom Ministerium des Inneren und für Sport aufgestellten Aufgabenprofils der rheinland-pfälzischen Feuerwehren liegt deren Tätigkeitsschwerpunkt in der Abwehr verschiedenster Gefahrentypen (abrufbar unter: https://mdi.rlp.de/ar/unsere-themen/sicherheit/feuerwehr/aufgaben/). Dies fordert von dem jeweiligen Stelleninhaber ein hohes Maß an sportlicher Vielseitigkeit in verschiedensten Disziplinen, um auf jedwede Situation innerhalb kürzester Zeit angepasst reagieren zu können. Die Anknüpfung an die körperliche Leistungsfähigkeit ist berufsadäquat und sinnvoll.

14

2. Auch das von der Antragsgegnerin durchgeführte Auswahlverfahren ist rechtlich nicht zu beanstanden, da weder Inhalt und Umfang der Ausschreibung (a.) noch die von der Antragsgegnerin dem Verfahren zugrunde gelegten Kriterien rechtlichen Bedenken begegnen (b.).

15

a. Zur Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, welcher sich nicht nur auf die konkrete Besetzungsentscheidung, sondern auch auf alle vorbereitenden Maßnahmen bezieht, müssen den Bewerbern die entscheidenden Leistungskriterien, auf die abgestellt werden soll, so rechtzeitig bekannt gegeben werden, dass diese sich darauf einstellen und ihre Bewerbung danach ausrichten können (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 22. April 2013 – 22 BV 12.1722 –, Rn. 30, juris m. w. N.). Es soll vermieden werden, dass der Dienstherr den Zugang zu einem öffentlichen Amt wesentlich erschwert oder gar vereitelt, indem er die an den Bewerber gestellten Anforderungen unter Verschluss hält.

16

Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin hinreichend nachgekommen. Durch den in der Stellenausschreibung enthaltenen Verweis auf die Website www.feuerwehr.trier.de/berufsfeuerwehr/ausbildung erhält der Bewerber die Möglichkeit, sich im Vorfeld umfassend über das Auswahlverfahren und die an ihn gestellten Anforderungen zu informieren. So werden mit Blick auf den Sporttest nicht nur die einzelnen Disziplinen genannt, sondern je nach Disziplin auch die geforderten Mindestleistungen unter Angabe konkreter Anzahl-, Zeit- und/oder Streckenvorgaben. Entgegen der Ansicht des Antragstellers würde es zu weit führen, dem Dienstherrn bereits im Vorfeld die Offenlegung der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Teile des Auswahlverfahrens oder gar einzelner Disziplinen aufzuerlegen. Anhand der dem Bewerber zugänglich gemachten Informationen ist es ihm ermöglicht, sich umfassend und ausreichend auf den Test vorzubereiten; Kenntnis von Bewertung und Gewichtung sind hierzu nicht erforderlich. Überdies ist weder vorgetragen, noch erkennbar, inwieweit dem Antragsteller bei Detailkenntnis des Bewertungsvorgangs bessere Leistungen gelungen wären.

17

b. Das der Auswahlentscheidung zu zugrunde gelegte Auswahlverfahren begegnet keinem rechtlichen Zweifel. Als Ausfluss des dem Dienstherrn zukommenden Organisationsermessens ist es diesem anheimgestellt, die Eignung der Bewerber, zu der vorliegend u. a. die „körperliche Fitness“ zählt, mittels eigens aufgestellter Disziplinen im Rahmen eines Testverfahrens festzustellen und die von den Bewerbern erzielten Ergebnisse, je nach Bedeutung und Wichtigkeit für das künftige Tätigkeitsfeld, unterschiedlich stark zu gewichten.

18

Dass der Antragsteller in der Kategorie „Schwimmen“ die geforderte Leistung von 500 m in einer Zeit von 13.29 Minuten nicht hat erbringen können, führt – wie die Antragsgegnerin richtigerweise erkennt – noch nicht dazu, dass dieser wegen fehlender Eignung von dem, im Rahmen der Bestenauslese, vorzunehmenden Gesamtvergleich auszuschließen war. Zwar nennt sie in diesem Zusammenhang wiederholt den Begriff der „Mindestleistung“; in der Praxis bewertet sie die Überschreitung der Zeitvorgabe letztlich allerdings nur mit einer Punktzahl von Null und führt auch diese Bewerber weiterhin im Gesamtranking mit den übrigen Bewerbern. Dadurch eröffnet sie die bewerberfreundliche Möglichkeit, das nachteilige Ergebnis einer Disziplin durch eine hohe Punktzahl in einer anderen Disziplin ausgleichen zu können.

19

Die Wahl der Disziplinen „Schwimmen“ und „Tauchen“ ist nicht zu beanstanden. Zum einen bilden sie in Zusammenhang mit den übrigen Disziplinen ein probates Mittel, die sportliche Vielseitigkeit und Flexibilität der Bewerber zu testen. Der Antragsteller verkennt dabei, dass die Antragsgegnerin durch diese Disziplinen zusätzlich Fähigkeiten wie Ausdauer und Koordinationsfähigkeit feststellen kann. Zum anderen haben diese Kriterien – entgegen den Ausführungen des Antragstellers – durchaus einen Bezug zu dem Beruf des Brandmeisters und sind nicht willkürlich gewählt. Dies ergibt sich aus dem eingangs erwähnten Aufgabenprofil, wonach die Abwehr von Gefahren in, auf und an Gewässern zu einer der grundlegenden Tätigkeiten der Feuerwehren zählt, weshalb die Berufsanwärter während ihrer 18-monatigen Ausbildung auch die Prüfung zum Rettungsschwimmer ablegen müssen (§ 6 APOmFwD i.V.m. Anlage zur APOmFwD Einführungsabschnitt 2).

20

Die Gewichtung der einzelnen Disziplinen beziehungsweise Leistungskriterien, welche ebenfalls Ausdruck des dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffneten Beurteilungsspielraums ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 – 2 C 16/09 –, BVerwGE 138, 102-122, Rn. 22, juris). So ist es bei lebensnaher Betrachtung und mit Blick auf die das Tätigkeitsfeld erfordernde gute körperliche Konstitution nachvollziehbar, dass die Ergebnisse des Sporttestes im Verhältnis zum theoretischen Teil mehr als doppelt so viel gewichtet wurden.

21

Ebenso verhält es sich mit der Gewichtung von Eignungstest zu Vorstellung. Nach Angaben der Antragsgegnerin können die Bewerber im Rahmen des Vorstellungsgesprächs eine Maximalpunktzahl von 100 erreichen, die hälftig gewichtet wird, um ein Verhältnis von Eignungstest zu Vorstellung von ca. 1:1 zu erhalten. Damit entfallen im Ergebnis 50 Punkte auf die Vorstellung und 46 Punkte auf den Eignungstest. Aufgrund seines Beurteilungsspielraums steht es dem Dienstherrn frei, den Vorstellungsgesprächen lediglich abrundenden Charakter oder wie vorliegend – zur Feststellung der persönlichen Eignung – ausschlaggebendes Gewicht beizumessen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 06. Dezember 2016 – W 1 K 15.402 –, juris).

22

3. Allerdings ist die seitens der Antragsgegnerin vorgenommene Dokumentation der Prüfungs- und Testergebnisse nicht ausreichend, womit die Auswahlentscheidung an einem Verfahrensfehler leidet (VG Dresden, Beschluss vom 9. Februar 2012 – 11 L 757/11 – Rn. 6 ff, juris). Nach ständiger Rechtsprechung trifft den Dienstherrn eine aus Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG folgende Dokumentationspflicht seiner wesentlichen Auswahlerwägungen. Erst durch diese Dokumentation kann der unterlegene Bewerber in die Lage versetzt werden, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen oder aber gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 –, Rn. 21, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. Dezember 2016 – 5 ME 153/16 –, Rn. 36, juris). Die wesentlichen Auswahlerwägungen bestehen vorliegend aus dem Ergebnissen des Eignungstests (a.) und den aus den Vorstellungsgesprächen gewonnenen Erkenntnissen (b.).

23

(a.) Die Darstellung des Gesamtergebnisses des Eignungstests, bestehend aus Sporttest und theoretischem Teil (Blatt 29, 30 der Gerichtsakte), begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es handelt sich um eine übersichtliche und nachvollziehbare Gegenüberstellung der von den Bewerbern in den einzelnen Disziplinen erzielten Ergebnisse sowie deren Umwandlung in Punkte. Ob die Aufzeichnungen zur Bewertung des schriftlichen Teils des Auswahlverfahrens (Berufseignungs- und Wissenstest) den Dokumentationspflichten des Dienstherrn genügen, bedarf keiner abschließenden Klärung, da es jedenfalls an der Dokumentation der aus den Vorstellungsgesprächen erlangten Erkenntnisse fehlt.

24

(b.) Die im Rahmen der Gespräche gewonnenen Erkenntnisse bilden unter Beachtung der vom Dienstherrn vorgenommenen Gewichtung von Eignungstest zu Vorstellung (siehe unter 2.) ebenfalls einen Teil der wesentlichen Auswahlerwägungen. Ungeachtet dessen, wie weit die Dokumentationspflichten, deren Mindestinhalt und Begründungstiefe sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmen (BremOVG, Beschluss vom 18. März 2013 – 2 B 294/12 –, Rn. 14, juris), im hiesigem Fall reichen, sind diese jedenfalls dadurch verletzt, dass es an einer Dokumentation dieses Teilabschnitts des Auswahlverfahrens fehlt. Es entzieht sich damit bereits der Kenntnis des Gerichts, welche Punktzahl der Antragsteller in diesem Verfahrensabschnitt erreicht hat, welche Gesamtergebnisse insgesamt von den Bewerbern erzielt werden konnten und wie die Antragsgegnerin zu ihrer abschließenden Entscheidung gelangt ist.

25

Im Hinblick auf den Umfang und Inhalt der Vorstellungsgespräche führt die Antragsgegnerin einzig an, dass diese aus neun Fragen sowie einer Rubrik „Gesamteindruck“ bestünden und die Bewerber eine Maximalpunktzahl von 100 erreichen könnten. Weder lässt die Antragsgegnerin erkennen, auf welche Eigenschaften oder Merkmale sie die Bewerber durch dieses Frage-Antwort-System zu überprüfen gedenkt, noch gibt sie Aufschluss über das Bewertungssystem im Einzelnen.

26

An einer Dokumentation der aus den Gesprächen gewonnenen Erkenntnisse oder gar einer verständlichen und für das Gericht nachvollziehbaren Umwandlung in Punkte fehlt es in Gänze. Einziger Anhaltspunkt ist die Übersicht auf Blatt 28 der Gerichtsakte, wonach alle drei Bewerber auf die Vorbehaltsstelle mit null Punkten bewertet worden sein sollen. Dass sich diese Darstellung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht mit der tatsächlichen Bewertung decken wird, ergibt sich aus einer Anmerkung der Antragsgegnerin, wonach der Antragsteller seine mangelnden sportlichen Leistungen nicht im Rahmen des Vorstellungsgesprächs hat ausgleichen können. Dies erlaubt den Schluss, dass der Antragsteller diesen Teil des Auswahlverfahrens jedenfalls mit einer Bewertung von mehr als null Punkten abgeschlossen haben muss.

27

Aus diesem Grunde ist es ohne Belang, dass der Antragsteller im Hinblick auf den Eignungstest im Gesamtranking lediglich Platz 36 von 41 und innerhalb des Rankings der ehemaligen Zeitsoldaten Platz 3 belegt hat. Unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin der Vorstellung beigemessenen Wichtigkeit, ist es im Hinblick auf das Endergebnis – bei hypothetischer Einbeziehung der vom Antragsteller im Rahmen des Vorstellungsgesprächs erzielten Punktzahl – mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen, dass ein ausreichender Platz im Ranking möglich war.

28

Daraus folgt auch, dass bei einer Wiederholung des Auswahlverfahrens die Erfolgschancen des Antragstellers aufgrund des jetzigen Kenntnisstandes jedenfalls offen sind.

29

II. Allerdings irrt der Antragsteller mit der Auffassung, dass die Antragsgegnerin dazu verpflichtet wäre, eine weitere Vorbehaltsstelle bei der Feuerwehr der Stadt Trier einzurichten und damit seine Bewerbungschancen zu verbessern. Der darauf bezogene Antragsteil war daher abzulehnen. Nach § 10 Abs. 1 Ziff. 1 des Soldatenversorgungsgesetzes, in seiner Fassung vom 16. September 2009 (BGBl I 2009, 3054) – SVG –, haben Bund, Länder und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern bei Einstellungen in den Vorbereitungsdienst für den mittleren Dienst (nunmehr: zweites Einstiegsamt) die Pflicht, jede sechste Stelle für ehemalige Soldaten auf Zeit vorzuhalten. Dahinter steht der Gedanke, die Unterbringung ehemaliger Zeitsoldaten im öffentlichen Dienst zu verbessern, um Berufsanwärtern einen Anreiz zu liefern, sich als Soldaten auf Zeit verpflichten zu lassen (BT-Drucks. V/4113, S. 6). Als Bezugsgröße für die Berechnung der Anzahl vorbehaltener Stellen sind gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 1 Stellenvorbehaltsverordnung vom 24. August 1999 (BGBl I 1999, 1906) – StVorV – die bei den Einstellungsbehörden innerhalb eines Kalenderjahres zu besetzenden Stellen für Beamte im Vorbereitungsdienst, getrennt nach den Laufbahngruppen des einfachen, mittleren und höheren Dienstes, zusammenzufassen. Dies gilt nach § 2 Abs. 1 Ziff. 3 StVorV entsprechend dem Ausbildungsziel für Ausbildungsverhältnisse im Beamtenverhältnis auf Probe. Mit der Neuerung des Laufbahnrechts in Rheinland-Pfalz zum 1. Juli 2012 wurden die bisherigen Laufbahngruppen des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes in einer Laufbahn mit mehreren unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengefasst (LT-Drucks. 15/4465); eine dieser insgesamt sechs Fachrichtungen ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 4 LBG der Bereich „Polizei und Feuerwehr“. Soweit in, bereits vor dem 1. Juli 2012, geltenden landesrechtlichen Vorschriften noch immer auf eine Laufbahngruppe Bezug genommen wird, sehen die vom Gesetzgeber geschaffenen Übergangsbestimmungen vor, dass an die Stelle der vier Laufbahngruppe das erste, zweite, dritte und vierte Einstiegsamt treten sollen (vgl. §§ 131 Abs. 1, 130 Abs. 1 LBG). Dies gilt gemäß § 131 Abs. 2 LBG entsprechend für bundesrechtliche Vorgaben. Demnach sind sämtliche von der Stadt Trier bereitgestellte Ausbildungsstellen im zweiten Einstiegsamt für das Kalenderjahr 2018 zusammenzurechnen; auf die Summe der bei der Feuerwehr der Stadt Trier ausgeschriebenen Ausbildungsstellen zum Brandmeister kommt es demgegenüber nicht an.

30

Zudem verkennt der Antragsteller, dass ihm kein subjektives Recht und damit kein klagbarer Anspruch auf Schaffung einer Vorbehaltsstelle zusteht, da § 10 SVG lediglich eine objektiv-rechtliche Verpflichtung zum Stellenvorbehalt normiert. Dies folgt aus dem Wortlaut von §§ 9, 10 SVG, der nicht ausdrücklich ein subjektives Recht des Zeitsoldaten formuliert, in Verbindung mit der systematischen Stellung der Vorschriften im Abschnitt „Eingliederung in das spätere Berufsleben“ und den nachfolgenden Regelungen zur Dienstzeitversorgung, §§ 11, 12 SVG. Letztgenannte Vorschriften sehen bei Dienstzeitende zeitlich befristete Übergangsgebührnisse sowie eine einmalige Übergangsbeihilfe als finanzielle Unterstützung vor. Dies soll u. a. dem Umstand Rechnung tragen, dass lediglich eine angemessene Zahl von Zeitsoldaten in ein Beamtenverhältnis übernommen werden kann und es andernfalls einer gewissen Übergangszeit bedarf, bis die Eingliederung in das zivile Erwerbsleben gelingt. Dem Zeitsoldaten steht nur insoweit ein subjektives Recht zu, als dass er darüber entscheiden kann, ob er ein vorgeschaltetes (gegebenenfalls erfolgreiches) Stellenvorbehaltsverfahren nach § 9 Abs. 4 SVG durchlaufen oder unmittelbar finanzielle Unterstützung in Anspruch nehmen will. (vgl. zu Vorgenanntem: VG Bremen, Beschluss vom 17. Januar 2007 – 6 V 2517/06 – BeckRS 2009, 30869)

31

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Danach sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Ob bei Vorliegen dieser Voraussetzungen das Gericht die Kosten verhältnismäßig verteilt oder gegeneinander aufhebt, steht in seinem Ermessen und beurteilt sich nach den Gesamtumständen des Einzelfalles (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 155 Rn. 3). Vorliegend ist eine Kostenteilung mit einer Quote von ¼ zulasten des Antragstellers und ¾ zulasten der Antragsgegnerin sachgerecht, da die irrige Annahme des Antragstellers, dass ihm ein Anspruch auf Schaffung einer weiteren Vorbehaltsstelle zustünde gegenüber der, mangels hinreichender Dokumentation, insgesamt fehlerhaften Auswahlentscheidung, nicht höher ins Gewicht fällt.

32

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes ergibt sich aus §§ 53 Abs. 1 Ziff. 1, 52 Abs. 1, 6 Gerichtskostengesetz – GKG –. Da Eilverfahren in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren nach aktueller Rechtsprechung regelmäßig die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernehmen (OVG RP, Beschluss vom 14. September 2017 – 2 B 11207/17 –, Rn. 64, juris), ist für die Streitwertberechnung der sog. kleine Gesamtstatus maßgeblich, ohne den sich hieraus ergebenden Wert nach Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges nochmals zu vermindern. Nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Ziff. 2 GKG ist Ausgangsgröße die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der erstrebten Besoldungsgruppe (hier A 7, Stufe 6) mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wobei das Endgrundgehalt zugrunde zu legen ist (vgl. VG Trier, Urteil vom 12. September 2017 – 7 K 9764/16.TR –, Rn. 68 ff., juris). Die monatlich gewährte „Allgemeine Zulage“ ist dem hinzuzurechnen, da diese gemäß § 12 Abs. 1 Ziff. 2 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vom 18. Juni 2013 (GVBl. 2013, 157) – LBeamtVG – einen Teil der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bildet.

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(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.


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Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. November 2016 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 48.978,30 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu Recht untersagt, den Beigeladenen mit der Wahrnehmung der Aufgaben des mit der Besoldungsgruppe B 4 bewerteten Dienstpostens „Leiter-/in der Wehrtechnischen Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik“ (WTD ...) zu beauftragen (A.) sowie den vorgenannten Dienstposten mit dem Beigeladenen förderlich zu besetzen (B.), bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist.

2

A. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, den Beigeladenen mit der Wahrnehmung der Aufgaben des mit der Besoldungsgruppe B 4 bewerteten Dienstpostens „Leiter-/in der Wehrtechnischen Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik“ (WTD ...) zu beauftragen, bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist, ist begründet, da insoweit sowohl ein Anordnungsgrund (I.) als auch ein Anordnungsanspruch (II.) vorliegt.

3

I. In beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens im Zusammenhang mit einem Auswahlverfahren zur Verleihung eines höheren Statusamtes besteht auch mit Blick auf die im vorliegenden Verfahren so bezeichnete „kommissarische Vakanzvertretung“ ein Anordnungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –. Denn der ausgewählte Bewerber für die Besetzung des Dienstpostens kann durch dessen Wahrnehmung einen Erfahrungsvorsprung sammeln, der ihm bei der späteren Vergabe des Statusamts einen Vorteil verschafft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 VR 1/09 –, juris Rn. 4; Beschluss vom 27. September 2011 – 2 VR 3/11 –, juris Rn. 17). Hieran ist auch mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 –, juris) festzuhalten. Danach fehlt es für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verhinderung einer Dienstpostenvergabe zwar an einem Anordnungsgrund, weil ein durch die Wahrnehmung des Dienstpostens erlangter Bewährungsvorsprung zur Vermeidung einer unzulässigen Bevorzugung des ausgewählten Bewerbers im anschließenden Verfahren zur Besetzung eines höherwertigen Statusamtes „ausgeblendet“ werden muss (Leitsatz 2). Die Ausblendung eines etwaigen Bewährungsvorsprungs bei rechtswidriger Dienstposteninhaberschaft kann nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Wege der „fiktiven Fortschreibung“ der dienstlichen Beurteilung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 BundeslaufbahnverordnungBLV – dadurch erfolgen, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung des höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten in der dienstlichen Beurteilung unberücksichtigt bleiben (Leitsatz 3). Jedoch überzeugt diese Rechtsprechung nicht.

4

Insbesondere ist § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV weder direkt noch analog auf die Vergabe von Dienstposten im Zusammenhang mit einem Auswahlverfahren zur Verleihung eines höheren Statusamtes anwendbar. § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV sieht fiktive Fortschreibungen von dienstlichen Beurteilungen vor bei Beurlaubungen nach § 9 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, wenn die Vergleichbarkeit der Beurteilung der öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung oder der Verwaltung oder einer Einrichtung eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union nicht gegeben ist (Nr. 1), bei Elternteilzeit mit vollständiger Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit (Nr. 2) und bei Freistellungen von der dienstlichen Tätigkeit wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat, als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen oder als Gleichstellungsbeauftragte, wenn die dienstliche Tätigkeit weniger als 25 % der Arbeitszeit beansprucht (Nr. 3). Zu diesen ausdrücklich von § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV normierten Fälle zählt die rechtswidrige Übertragung eines Dienstpostens nicht.

5

Auch eine erweiterte Auslegung oder analoge Anwendung des § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV scheidet aus (a.A. Kenntner, ZBR 2016, 181 [194f]; Kathke, RiA 2016, 197 [199]; Bracher, DVBl. 2016, 1236 [1240]). Zwar enthält § 33 Abs. 3 BLV keine abschließende Aufzählung der Fälle, in denen eine fiktive Fortschreibung einer dienstlichen Beurteilung möglich sein soll. Dies folgt aus der Formulierung, nach welcher die fiktive Fortschreibung einer Beurteilung „jedenfalls“ in den unter Nrn. 1 bis 3 genannten Fällen zu erfolgen hat. Jedoch erlaubt § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV eine erweiterte/analoge Anwendung nur auf solche Fälle, die mit den geregelten Fällen von den tatbestandlichen Voraussetzungen her vergleichbar sind. Dies ist bei der rechtswidrigen Dienstpostenübertragung im Rahmen eines Auswahlverfahrens nicht der Fall.

6

§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 BLV fordert die fiktive Fortschreibung einer dienstlichen Beurteilung, wenn eine aktuelle dienstliche Beurteilung nicht möglich ist, weil eine beurteilungsfähige Dienstleistung tatsächlich nicht erbracht wurde. Bei einer rechtswidrigen Übertragung eines Dienstpostens und dem dadurch erlangten Erfahrungsvorsprung liegt aber gerade eine erbrachte Dienstleitung vor, die auch tatsächlich beurteilt werden kann, aus rechtlichen Gründen aber nicht beurteilt werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 –, juris Rn. 31). Indem § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV ausschließlich auf Fälle abstellt, in denen eine Beurteilung wegen fehlender Dienstleistung tatsächlich nicht erfolgen kann, scheidet eine erweiterte Anwendung des § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV auf Fälle, in denen eine Beurteilung tatsächlich möglich ist, jedoch aus rechtlichen Gründen nicht erfolgen soll, aus. Darüber hinaus handelt es sich bei § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV um eine Ausnahmeregelung, die deshalb eng auszulegen ist und nicht auf Fälle erweitert/analog angewandt werden kann, welche mit der Zielrichtung der Vorschrift nicht vergleichbar sind (vgl. Lorse, ZBR 2017, 11 [16ff]). Hinzu kommt, dass die fiktive Fortschreibung einer Beurteilung nach § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV trotz tatsächlich erbrachter Dienstleistung den von Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG - umfassten grundsätzlichen Anspruch eines Beamten auf lückenlose Beurteilung sämtlicher dienstlicher Leistungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 VR 1/09 –, juris Rn. 4) verletzt und dessen Bedeutung für zu treffende Auswahlentscheidungen verkennt (vgl. Herrmann, NVwZ 2017, 105 [108]). Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Rechtsinstitut der fiktiven Beurteilungsfortschreibung löse das Problem einer Stellenblockade und diene damit der ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung (vgl. Kenntner, a.a.O., S. 194). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass es sich bei Stellenblockaden um mehr als Einzelfälle handelt und dass das bisherige System des Konkurrentenrechtsschutzes im Allgemeinen nicht zu sachgerechten Lösungen kam (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 3. Januar 2017 – 5 ME 157/16 -, juris Rn. 23). Schließlich spricht gegen die Ausblendung tatsächlich erbrachter Leistungen und die an ihre Stelle tretende fiktive Fortschreibung einer Beurteilung in erweiterter/analoger Anwendung des § 33 Abs. 3 BLV, dass erhebliche Zweifel an der Wirklichkeitstauglichkeit dieser Vorgehensweise bestehen. Die bei der fiktiven Fortschreibung insbesondere der dienstlichen Entwicklung freigestellter Personalratsmitglieder auftretenden Umsetzungsschwierigkeiten, die ein hohes Fehlerpotential zum Beispiel bei der Bildung von Vergleichsgruppen zur Folge haben (vgl. Lorse, a.a.O., S. 16), sollten Rechtsprechung und Verwaltung davon abhalten, solche komplizierten Rechtskonstruktionen auf Fälle zu übertragen, für welche sie der Normgeber nicht ausdrücklich vorgesehen hat.

7

Da der Senat die Anwendbarkeit des § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV auf den vorliegenden Fall und damit eine Ausblendung tatsächlich erbrachter Dienstleistungen sowie ihre Ersetzung durch eine fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung ausschließt, kann auch die Erklärung der Antragsgegnerin vom 29. August 2016, mit welcher sie die „Berücksichtigung der Vorgaben des Beschlusses vom 10. Mai 2016 (Az: 2 VR 2.15)“ zugesagt hat, den Anordnungsgrund nicht beseitigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 2 VR 1/16 –, juris Rn. 14). Deshalb folgt aus dem Vorstehenden entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 -, juris), dass dem Antragsteller hinsichtlich der Übertragung des in Rede stehenden Dienstpostens WTD ... ein Anordnungsgrund zusteht, da die Gefahr besteht, dass der Beigeladene bei rechtswidriger Dienstpostenübertragung einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der dem Antragsteller auch entgegengehalten werden kann (im Ergebnis ebenso: OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Juni 2016 – 1 B 201/16 -, juris Rn. 47, vom 12. Juli 2016 – 6 B 487/16 -, juris Rn. 18 und vom 14. Juli 2016 – 6 B 653/16 -, juris Rn. 13; OVG Nds., Beschluss vom 3. Januar 2017 – 5 ME 157/16 -, juris Rn. 17f; a.A: VGH BW, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 4 S 1083/16 -, juris Rn. 10; SaarlOVG, Beschluss vom 9. September 2016 – 1 B 60/16 -, juris 23; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Januar 2017 – 4 S 40.16 -, juris, Rn. 6).

8

II. Der Antragsteller kann sich auch auf einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO berufen, da die Auswahl des Beigeladenen für die Übertragung des in Rede stehenden Dienstpostens den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Denn die Auswahlentscheidung ist deshalb fehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage, nämlich der rechtswidrigen Fortschreibung der letzten Beurteilung des Antragstellers vom 10. Juni 2016 (1.) sowie der nicht mehr aktuellen Beurteilung des Beigeladenen vom 30. Juli 2015 zum Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 (2.) beruht. Bei fehlerfreien Beurteilungen, insbesondere der des Antragstellers ist nicht ausgeschlossen, dass der in Rede stehende Dienstposten an ihn vergeben wird (3.).

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1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dieser Grundsatz der Bestenauswahl dient zwar primär dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; er vermittelt den Bewerbern aber zugleich ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl ("Bewerbungsverfahrensanspruch"; vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 - 2 BvR 2453/15 – juris Rn. 18).

10

Zur Frage, wie und in welchem Verfahren Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber festzustellen und zu vergleichen sind, enthalten die Beamtengesetze keine Regelung. Der in § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG enthaltenen Bestimmung ist aber zu entnehmen, dass die Auswahlentscheidung auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen erfolgen kann. § 33 Abs. 1 Satz 1 BLV gibt dies als Regel vor. Ebenso ist in der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 – juris Rn. 11 f und vom 9. August 2016 - 2 BvR 1287/16 -, juris Rn. 78 m.w.N.) und Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21 m.w.N.) geklärt, dass der Vergleich der Bewerber im Rahmen einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG vor allem anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat. Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell (BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2.15 -, juris Rn. 22 f.) und inhaltlich aussagekräftig (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 -, juris Rn. 14) sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 –, juris Rn. 21).

11

Sofern keine aktuelle dienstliche Beurteilung im Sinne des § 33 Abs. 1 BLV vorliegt und vom Dienstherrn auch nicht – etwa als Anlassbeurteilung - erstellt werden kann, sieht § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV für bestimmte Fälle eine fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung vor. So ist gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung fiktiv fortzuschreiben bei Beurlaubungen nach § 9 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, wenn die Vergleichbarkeit der Beurteilung der öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung oder der Verwaltung oder einer Einrichtung eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union nicht gegeben ist. In diesen Fällen sollen nach § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV für die fiktive Fortschreibung auch Beurteilungen der aufnehmenden Stelle herangezogen werden.

12

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV liegen beim Antragsteller vor, da er vom 16. Juli 2010 bis zum 15. Juli 2016 zur Dienstleistung bei der europäischen Verteidigungsagentur (EDA) beurlaubt war. Dass die Vergleichbarkeit der während dieser Zeit über den Antragsteller gefertigten drei Beurteilungen nicht gegeben ist, wird auch vom Antragsteller nicht in Frage gestellt. Deshalb ist dem Grunde nach eine fiktive Fortschreibung der letzten von der Antragsgegnerin erstellten dienstlichen Beurteilung über den Antragsteller angezeigt.

13

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur fiktiven Fortschreibung des beruflichen Werdegangs freigestellter Personalratsmitglieder, welche auf die Beurteilungsfortschreibung übertragbar ist, handelt es sich hierbei um die Prognose über den beruflichen Werdegang ohne Freistellung. Für die Wahl der Methode und des Verfahrens zur Erstellung dieser Prognose steht dem Dienstherrn ein Einschätzungsspielraum zu. Er muss ein Regelungskonzept entwickeln, das geeignet ist, Benachteiligungen zu vermeiden, indem es durch die Anwendung nachvollziehbarer Kriterien zu einer durch Tatsachen fundierten Aussage über die fiktive Leistungsentwicklung und des sich hieraus ergebenden Werdegangs führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 – 1 WB 6/13 –, juris Rn. 30). Dementsprechend hat sich die Antragsgegnerin gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV eines sogenannten Vergleichsgruppen-/Referenzgruppenmodells bedient, das vom Bundesverwaltungsgericht als grundsätzlich geeignet für die fiktive Fortschreibung eines beruflichen Werdegangs angesehen wird. Hinsichtlich der Größe der Vergleichsgruppe hat das Bundesverwaltungsgericht für den Soldatenbereich entschieden, dass die Vergleichsgruppe einschließlich der freigestellten Person aus mindestens fünf Soldaten bestehen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 – 1 WB 6/13 –, juris Rn. 38). Hiervon ausgehend ist die für den Antragsteller gebildete Vergleichsgruppe aus insgesamt fünf Beamten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu klein.

14

Stellt demnach die von der Antragsgegnerin für den Antragsteller gebildete Vergleichsgruppe eine geeignete Grundlage für die Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung vom 31. Januar 2005 dar, leidet die fortgeschriebene Beurteilung vom 10. Juni 2016 daran, dass sie entgegen § 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m Satz 2 BLV die Beurteilungen der aufnehmenden Stelle inhaltlich nicht herangezogen hat.

15

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die erste Beurteilung der EDA vom 30. August 2011, habe keine Berücksichtigung finden können, weil sie sich auf einen Zeitraum (16. Juli 2010 bis 15. Januar 2011) erstreckt, der vor dem Regelbeurteilungszeitraum liegt, und weil der Antragsteller als Beamter der Besoldungsgruppe A 16, wäre er im nationalen Dienst verblieben, erst zum Stichtag 31. Januar 2014 wieder der Regelbeurteilungspflicht unterlegen hätte. Diese von der Antragsgegnerin angenommene Einschränkung ihrer Pflicht, die Beurteilungen der EDA bei der Fortschreibung heranzuziehen, lässt sich weder dem Wortlaut des § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV entnehmen noch würde sie dem Zweck einer fiktiven Beurteilungsfortschreibung entsprechen. Ausgangspunkte für die Fortschreibung nach § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV sind die letzte dienstliche Beurteilung und der sich daran anschließenden Zeitraum. Denn die fiktive Fortschreibung soll die Leistungsentwicklung nachzeichnen, die in dem Zeitraum stattgefunden hat, für den dienstliche Beurteilungen des Dienstherrn nicht vorliegen. Deshalb sind zur Absicherung der zu treffenden Prognosen möglichst alle belastbaren Tatsachen zu berücksichtigen, die verfügbar sind. Hierzu gehören grundsätzlich sämtliche Beurteilungen der aufnehmenden Stelle bis zum Beurteilungsstichtag, auch wenn der Antragsteller im Bundesdienst für diese Zeit nicht beurteilt worden wäre. Insofern verkennt die Antragsgegnerin, dass es bei der fiktiven Beurteilungsfortschreibung nicht darum geht, dienstliche Leistungen vor dem Regelbeurteilungszeitraum zu bewerten. Vielmehr erfolgt bei der fiktiven Fortschreibung unter Einbeziehung einer in der Vergangenheit stattgefundenen Leistungsentwicklung die Beurteilung des Beamten allein bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungsstichtag.

16

Des Weiteren war die Beurteilung der EDA vom 30. Mai 2013, welche sich auf die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Februar 2013 bezieht, vollständig für die fiktive Fortschreibung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV heranzuziehen. Dem kann die Antragsgegnerin nicht entgegen halten, die EDA lege andere Maßstäbe als sie – die Antragsgegnerin - bei ihren Regelbeurteilungen an und kenne keine Quotierung. Dieser Vortrag, der - was im Ergebnis zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - die Vergleichbarkeit der Beurteilungen der EDA mit denen der Antragsgegnerin verneint, schließt die Heranziehung der den Zeitraum 1. Februar 2011 bis zum 31. Februar 2013 betreffenden Beurteilung der EDA nicht aus. Denn die Anwendung des § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV setzt gerade die Nichtvergleichbarkeit der Beurteilungen der aufnehmenden Stelle und der der Antragsgegnerin voraus, weil ansonsten eine fiktive Fortschreibung der letzten von der Antragsgegnerin erstellten Beurteilung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV von vornherein ausscheiden würde. Allerdings ist die Antragsgegnerin berechtigt und verpflichtet, im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums zu prüfen sowie näher darzulegen, welcher inhaltliche Aussagewert den Beurteilungen der aufnehmenden Stelle für die Fortschreibung der letzten regelmäßigen dienstlichen Beurteilung zukommt. Diesen Anforderungen wird der pauschale Hinweis in der fortgeschriebenen Beurteilung vom 10. Juni 2016, wonach „Anhaltspunkte dafür, dass sich der Leistungsstand des Beamten bis zum 31. Januar 2014 deutlich positiver bzw. negativer entwickelt hätte als das der Angehörigen der Vergleichsgruppe, nicht vorliegen“, nicht gerecht. Dass dies zutrifft, erschließt sich angesichts der letzten beiden Beurteilungen der EDA, welche mit der Höchstnote endet, nicht ohne weiteres.

17

Entsprechendes gilt für die letzte, sich auf den Zeitraum vom 6. Juni 2013 bis 5. Juni 2015 beziehende Beurteilung der EDA vom 29. Juni 2015. Sie hat in die fiktive Fortschreibung einzufließen, soweit sie den Regelbeurteilungszeitraum noch erfasst und deshalb diesbezüglich Rückschlüsse auf das in der fiktiven Fortschreibung festzustellende Gesamturteil zulässt. Dem kann die Antragsgegnerin nicht entgegenhalten, die fiktive Fortschreibung sei am 10. Juni 2016 erfolgt und die letzte Beurteilung der EDA erst am 29. Juni 2016 abgeschlossen worden. Letzteres trifft nicht zu, denn diese Beurteilung wurde ausweislich der vom Antragsteller zur Gerichtsakte gereichten Kopie am 29. Juni 2015 unterschrieben.

18

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die fiktive Fortschreibung der Beurteilung des Antragstellers vom 10. Juni 2016 rechtsfehlerhaft ist und er deshalb einen Anspruch auf eine erneute Fortschreibung seiner letzten regelmäßigen Beurteilung, diesmal unter hinreichender inhaltlicher Heranziehung der von der EDA erstellten drei Beurteilungen nach § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV hat. Deshalb durfte die Beurteilung vom 10 Juni 2016 der Entscheidung über die Besetzung des Dienstpostens WTD ... nicht zugrunde gelegt werden.

19

2. Auch die bei der Entscheidung über die Besetzung des Dienstpostens WTD ... berücksichtigte Beurteilung des Beigeladenen vom 30. Juli 2015 zum Stichtag 31. Januar 2014 ist rechtlich zu beanstanden, da sie nicht hinreichend aktuell ist. Zwar ist grundsätzlich eine Regelbeurteilung über den Regelbeurteilungszeitraum von drei Jahren im Sinne der Ziffer II. 4 der Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen/Beamten und Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer im nachgeordneten Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Beurteilungsbestimmung – BeurtBest –) als aktuell anzusehen. Nach Ziffer 7 BeurtBest kann ein Beamter auf Anforderung der personalbearbeitenden Dienststelle jedoch beurteilt werden, wenn aktuelle Erkenntnisse über sein Leistungs- und Befähigungsbild benötigt werden. Dies ist dann der Fall, wenn der Beamte nach dem Regelbeurteilungsstichtag über einen Zeitraum von mindestens eineinhalb Jahren seit der letzten Beurteilung und bis zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung eine wesentlich andere Aufgabe wahrgenommen hat. In einem solchen Fall muss eine Anlassbeurteilung erstellt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2/15 –, juris Rn. 23 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen beim Beigeladenen vor.

20

Der Beigeladene wurde im Statusamt Besoldungsgruppe A 16 zum Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 zuletzt dienstlich mit „S“ hervorragend beurteilt. Zum 1. August 2014 wurde ihm der Dienstposten eines Gruppenleiters Besoldungsgruppe B 2 übertragen und er wurde am 1. Februar 2015 in das Statusamt Besoldungsgruppe B 2 befördert. Damit hat er bis zur Auswahlentscheidung am 18. Juli 2016 nahezu zwei Jahre lang ein höherwertiges Amt wahrgenommen, sodass die der Auswahlentscheidung zugrunde liegende Beurteilung nicht mehr hinreichend aktuell war. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Hinweis der Antragsgegnerin auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris Rn. 23, da der dem zugrundeliegende Sachverhalt eine vollständig andersartige Beurteilungs- und Beförderungssituation betrifft. Im Übrigen ist nicht substantiiert vorgetragen worden und auch nicht erkennbar, dass auf der Ebene der Gruppenleiter (Besoldungsgruppe B 2) ein Leistungsvergleich mit anderen Beamten nicht möglich ist. Somit durfte auch die Beurteilung des Beigeladenen zum Stichtag 31. Januar 2014 der Entscheidung über die Vergabe des Dienstposten WTD ... nicht zugrunde gelegt werden.

21

3. Bei fehlerfreien Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen ist es nicht ausgeschlossen, dass der in Rede stehende Dienstposten an den Antragsteller vergeben wird. Denn bei Heranziehung der durch die EDA erstellten Beurteilungen, in denen der Antragsteller zunächst für den Zeitraum 16. Juli 2010 bis 15. Januar 2011 im Gesamturteil noch mit der Note „2“ von fünf Noten, anschließend aber für den Zeitraum ab 1. Februar 2011 bis zum hier maßgeblichen Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 die Höchstnote „1“ = „outstanding“ erhalten hat, ist es möglich, dass er bei erneuter fiktiver Fortschreibung der letzten regelmäßigen Beurteilung unter Berücksichtigung der Beurteilungen der EDA einen Leistungsgleichstand mit dem Beigeladen, aber auch mit dem Bewerber M... erreicht. Dies gilt sowohl mit Blick auf die nicht mehr aktuelle Beurteilung des Beigeladenen zum Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 im Statusamt Bundesbesoldungsgruppe A 16, deren Gesamturteil die Höchstnote ausweist, als auch für die nach Ziffer 7 BeurtBest erforderliche Anlassbeurteilung. Da diese aufgrund einer geänderten Vergleichsgruppe, bestehend aus Beamten in dem höheren Statusamt der Bundesbesoldungsgruppe B 2, zu erfolgen hat, ist nicht ausgeschlossen, dass das Gesamturteil selbst bei gleichgebliebenen Leistungen mit einer schlechteren Note endet. Denn es entspricht dem nicht von der Hand zu weisenden Erfahrungssatz, dass vielfach nach einer Beförderung das Gesamturteil um eine Notenstufe schlechter ausfällt (OVG RP Beschlüsse vom 12. September 2000 - 10 A 11056/00 -, juris Rn. 2 und vom 23. Mai 2007 - 10 B 10318/07 -, juris Rn. 21). Auch in diesem Fall spricht einiges dafür, dass Antragsteller und Beigeladener unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Statusämter einen Leistungsgleichstand aufweisen. Angesichts dessen ist es nicht ausgeschlossen, dass die erneute zu treffende Auswahlentscheidung zur Besetzung des Dienstpostens WTD ... zugunsten des Antragstellers ausfällt.

22

B. Da die Auswahlentscheidung zur Vergabe des Statusamts der Besoldungsgruppe B 3 an den gleichen Mängeln leidet wie die zur Besetzung des Dienstpostens WTD ... ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch gegeben. Der Anordnungsgrund folgt daraus, dass die Antragsgegnerin die Beförderung des Beigeladenen zeitnah vornehmen möchte und lediglich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Eilverfahrens aufgeschoben hat. Auch insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine einstweilige Anordnung erlassen.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

24

Die Festsetzung des Streitwertes findet ihre Rechtsgrundlage in § 47 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 Gerichtskostengesetz.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf die nach R 8 besoldete Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts in Koblenz. Die Stelle war frei geworden, weil der Amtsinhaber Justizminister des beklagten Landes geworden war.

2

Der Justizminister gab dem Beigeladenen aufgrund einer von ihm selbst erstellten Anlassbeurteilung den Vorzug. Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sprach sich wegen der fehlenden Erfahrung des Beigeladenen im Bereich dieser Gerichtsbarkeit gegen ihn aus. Nach dem Landesrichtergesetz bedurfte der Besetzungsvorschlag der Zustimmung des Richterwahlausschusses, wofür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. In der Sitzung des Ausschusses vom 8. Februar 2007 stimmten in der gesetzlich vorgesehenen offenen Abstimmung fünf Mitglieder für und vier Mitglieder gegen den Besetzungsvorschlag. Die beiden richterlichen Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Sie waren unmittelbar vor der Sitzung des Ausschusses von der Staatssekretärin des Justizministeriums zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer gebeten worden.

3

Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu untersagen, blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 13. Juni 2007 zurück. Darin heißt es, der Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag zugestimmt, weil die Zahl der Ja-Stimmen die Zahl der Nein-Stimmen überwogen habe. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte für eine sachwidrige Beeinflussung der richterlichen Ausschussmitglieder durch die Staatssekretärin. Die Auswahlentscheidung des Justizministers sei frei von Rechtsfehlern. Dessen Anlassbeurteilung für den Beigeladenen sei auf zureichende tatsächliche Erkenntnisse gestützt. Der Justizminister habe statistische Unterlagen über die Arbeitsergebnisse der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verwertet. Darüber hinaus habe er seinen persönlichen Eindruck von dem Beigeladenen zugrunde gelegt, den er aufgrund der regelmäßigen Kontakte der Präsidenten der Obergerichte gewonnen habe. Da sowohl der Kläger als auch der Beigeladene mit der bestmöglichen Gesamtnote beurteilt worden seien, habe der Justizminister die Auswahl des Beigeladenen zu Recht auf bestimmte aussagekräftige Gesichtspunkte gestützt. Er habe rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits jahrelang Präsident eines Obergerichts gewesen sei, während seiner Amtszeit die Sozialgerichtsbarkeit des Landes nach den Statistiken über die Bearbeitung sozialgerichtlicher Verfahren in die Spitzengruppe der Sozialgerichtsbarkeiten geführt habe und nur ihm die ständige Bereitschaft zur Modernisierung der Justiz und zur Innovation bescheinigt worden sei.

4

Während des Beschwerdeverfahrens hatte der Kläger angekündigt, er werde im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen.

5

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Justizministerium des Beklagten jeweils am 22. Juni 2007 zur Mittagszeit per Telefax übermittelt. Ungefähr eine halbe Stunde später händigte der Justizminister in seinem Dienstzimmer dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde aus. Die danach eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. September 2007 nicht zur Entscheidung an. In den Gründen heißt es, die Ernennung des Beigeladenen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung trotz der dem Beklagten mitgeteilten Absicht des Klägers, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Jedoch sei dem Kläger zuzumuten, den Rechtsweg auszuschöpfen, weil eine Hauptsacheklage angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als offensichtlich aussichtslos bewertet werden könne.

6

Mit seiner Klage will der Kläger hauptsächlich die Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts erreichen. Hilfsweise strebt er seine Ernennung zusätzlich zu derjenigen des Beigeladenen an. Weiter hilfsweise will er festgestellt wissen, dass ihn sowohl die Ernennung des Beigeladenen und die zugrunde liegende Auswahlentscheidung als auch die Vornahme der Ernennung vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinen Rechten verletzten.

7

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie in Bezug auf sämtliche Klagebegehren als unzulässig angesehen. Sein Berufungsurteil ist im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

8

Die Ernennung des Beigeladenen könne nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht rückgängig gemacht werden. Es sei auch rechtlich unmöglich, den Kläger zum weiteren Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen. Die Planstellen für die Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte des Beklagten seien rechtsbeständig besetzt. Die Bereitstellung einer dritten Planstelle komme nicht in Betracht. Auch habe der Justizminister die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht verhindert. Er habe nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung keinen Grund zu der Annahme gehabt, er müsse mit der Ernennung des Beigeladenen nach Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens weiter zuwarten, um dem Kläger die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er durch Auswahl und Ernennung des Beigeladenen in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die vorzeitige Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 sei nicht möglich, weil das vor Klageerhebung erforderliche Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden habe.

9

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zudem erhebt er Besetzungs-, Aufklärungs- und Gehörsrügen.

10

Der Kläger beantragt mit dem Hauptantrag,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2009 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2008 aufzuheben sowie die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dessen Einweisung in die Planstelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen und in die dazugehörende Planstelle einzuweisen, hilfsweise über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

13

Der Beigeladene beteiligt sich nicht am Revisionsverfahren.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Revisionsbegründung form- und fristgerecht als elektronisches Dokument eingereicht (§ 55a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof - ERVVO - vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091).

15

Bei elektronisch übermittelten Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, tritt die qualifizierte elektronische Signatur an die Stelle der Unterschrift (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO; § 2 Abs. 6 ERRVO). Die Signatur soll die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Sie soll Gewähr dafür bieten, dass das anstelle eines Schriftstücks eingereichte Dokument von einem bestimmten Verfasser stammt und mit seinem Willen übermittelt worden ist. Daher reicht es bei Übermittlung des Dokuments als Anlage einer Datei aus, dass diese in einer Weise signiert ist, die keinen Zweifel an dem Verfasser des Dokuments zulässt. Es ist dann nicht erforderlich, dass er das Dokument gesondert signiert. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Einklang mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur die Datei signiert, mit der er die Revisionsbegründung fristgemäß elektronisch übermittelt hat.

16

Die Revision des Klägers ist mit dem Hauptantrag im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und seine Einweisung in die dazugehörende Planstelle beim Oberlandesgericht Koblenz sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil die Ernennung die Rechte der Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt und der Grundsatz der Ämterstabilität der Aufhebung nicht entgegensteht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Beklagte muss über die Vergabe des Amtes des Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals entscheiden.

17

1. Der Kläger kann die Ernennung des Beigeladenen anfechten, weil sie in seine Rechte eingreift. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten.

18

Einer Ernennung bedarf es, um einem Richter oder Beamten auf Lebenszeit ein höherwertiges, nämlich einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt im statusrechtlichen Sinne zu verleihen (Beförderung; vgl. § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes Rheinland Pfalz - LRiG RP - i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz - LBG RP -; nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG RP; § 8 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Dadurch wird der Richter oder Beamte Inhaber des höherwertigen Amtes mit den daran geknüpften Rechten und Pflichten aus dem Richter- oder Beamtenverhältnis. Die Ernennung begründet Ansprüche auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei dem Gericht oder der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist (Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 Rn. 12).

19

Darüber hinaus ist die Ernennung nach ihrem Regelungsgehalt auf unmittelbare Rechtswirkungen für diejenigen Bewerber gerichtet, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens.

20

Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 22 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 17 f.).

21

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O).

22

Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes.

23

Aufgrund seiner Zielrichtung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch an ein laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Leistungsgrundsatz vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes, d.h. des Leistungsvermögens der Mitbewerber, inhaltlich konkretisiert. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Dies gilt umso mehr, je weniger Bewerber um das Amt konkurrieren.

24

Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kann sich daraus ergeben, dass ein Leistungsvergleich gar nicht möglich ist, weil es bereits an tragfähigen Erkenntnissen über das Leistungsvermögen, d.h. an aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen, fehlt. Der eigentliche Leistungsvergleich verletzt Art. 33 Abs. 2 GG, wenn nicht unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte in die Auswahlentscheidung einfließen oder die Leistungsmerkmale fehlerhaft gewichtet werden. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben. Voraussetzung ist nur, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2).

25

Der wechselseitige inhaltliche Bezug der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG schlägt sich in der Entscheidung des Dienstherrn nieder, welchen Bewerber er für am besten geeignet für das zu vergebende Amt hält. Diese Auswahlentscheidung betrifft nach ihrem Inhalt alle Bewerber gleichermaßen: Mit der Auswahl eines Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der Mitbewerber einher. Hat der Dienstherr die Auswahl in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen, so sind die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber erfüllt. Die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, stellen keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen dar, sondern geben die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekannt. Ihre Begründung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen.

26

Der Regelungsgehalt der Ernennung stimmt inhaltlich mit der Auswahlentscheidung überein. Die Ernennung folgt der Auswahlentscheidung, setzt diese rechtsverbindlich um und beendet das Auswahlverfahren. Sie ist an keine weiteren Voraussetzungen als an die Auswahlentscheidung gebunden, sondern bestätigt diese nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Entscheidung des Dienstherrn auch im Hinblick auf die Bewerbungsverfahrensansprüche.

27

Ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 Rn. 45). Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen durch die Ernennung unter, wenn diese das Auswahlverfahren endgültig abschließt. Dies ist regelmäßig der Fall, weil die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. unter 2.).

28

Die rechtliche Bedeutung der Ernennung wird nunmehr durch den Wortlaut des hier noch nicht anwendbaren § 9 BeamtStG verdeutlicht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Darin kommt zum Ausdruck, dass nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die daran anknüpfende Ernennung in die Rechte aller Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift (vgl. zum Ganzen Schenke, in: Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>). An der gegenteiligen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest (vgl. Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 S. 7 f. und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <372 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 7 f.).

29

2. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung scheitert nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.

30

Der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Aufhebung einer Ernennung nicht entgegen, wenn ein herkömmlicher gesetzlicher Rücknahmetatbestand erfüllt ist. Diese Tatbestände erfassen vor allem Fallgestaltungen, in denen der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung der Ernennung als unerträglich ansieht (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Ansonsten soll das Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ernennung mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 62.85 - BVerwGE 80, 127 <130 f.> = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4 S. 5 f. und vom 9. März 1989 a.a.O. S. 7 f.; Beschluss vom 30. Juni 1993 - BVerwG 2 B 64.93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 49; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - BGHZ 165, 139 <142 f.>).

31

Auch wenn die Ernennung in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift, ist deren Rechtsbeständigkeit aus Gründen der Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können. Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen (vgl. zum Abbruch: Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <115>). Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt.

32

Dieses von den Verwaltungsgerichten allgemein praktizierte Modell des vor die Ernennung gezogenen Rechtsschutzes im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur dann gerecht, wenn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Das Verfahren darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten. Auch dürfen die Verwaltungsgerichte die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannen. Stellen sie eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs fest, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 -BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <106 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 31 f.).

33

Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren:

34

Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <374 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 10 f.).

35

Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG auch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG zu erwirken oder Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nimmt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber diese Möglichkeit, indem er den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist ernennt, so verhindert er die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 - NJW-RR 2005, 998 <999>; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - NVwZ 2008, 70 und vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - NVwZ 2009, 1430).

36

Nach alledem verhindert der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz, wenn er den ausgewählten Bewerber ernennt, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist. Gleiches gilt, wenn er die Ernennung während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vornimmt. Darüber hinaus liegen Fälle der Rechtsschutzverhinderung vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vornimmt.

37

Verstößt der Dienstherr vor der Ernennung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG, so muss der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz nach der Ernennung nachgeholt werden. Der Dienstherr kann sich auf die Ämterstabilität nicht berufen, um Verletzungen des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu decken. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Grundrechte unterlegener Bewerber durch vorzeitige Ernennungen auszuschalten. Gefährdungen der Funktionsfähigkeit von Justiz oder Verwaltung kann der Dienstherr vermeiden, indem er die Anforderungen der Rechtsschutzgarantie beachtet. Im Übrigen liegen sie wegen der überschaubaren Zahl der Fälle der Rechtsschutzverhinderung fern.

38

Dies gilt auch, wenn der Ämterstabilität als Ausdruck des Lebenszeitprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht nur als Schutz gegen die Entziehung des Amtes durch den Dienstherrn, sondern auch in Konkurrentenstreitigkeiten Verfassungsrang zukäme (bejahend etwa Wernsmann, DVBl 2005, 276<282>; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 475 ff; ablehnend Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <688 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <295>).

39

Nach der Ernennung des ausgewählten Bewerbers kann unterlegenen Bewerbern gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung gewährt werden. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs besteht nicht. Verstößt die Ernennung gegen die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, so ist sie mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme scheidet aus, weil die mit der Ernennung verbundene Statusänderung jedenfalls ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden kann. Die insoweit auch für Richter geltenden Beamtengesetze sehen die Aufhebung für die Vergangenheit nur in den Fällen vor, in denen ein Rücknahmetatbestand erfüllt ist (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Zudem erklären sie die Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt für unzulässig und insoweit unwirksam (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 LBG RP; nunmehr § 8 Abs. 4 BeamtStG). Gleiches muss für die Aufhebung der Ernennung gelten, zumal diese zeitliche Beschränkung Rechte übergangener Bewerber nicht berührt.

40

Aus den dargelegten Gründen führt der Senat die Rechtsprechung nicht weiter, dass in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung zwar die Ernennung rechtsbeständig sei, jedoch der Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers mit verändertem Inhalt fortbestehe (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - a.a.O.). Aufgrund seiner Abhängigkeit von dem konkreten Auswahlverfahren ist dieser Anspruch nicht darauf gerichtet, eine weitere Planstelle zu schaffen. Deren Bereitstellung ergibt für funktionsgebundene Ämter keinen Sinn, weil es an der Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung fehlt (vgl. Schnellenbach, ZBR 2004, 104 <105>). Hinzu kommt, dass auch das neue Amt nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden muss.

41

Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte nicht auf die Ämterstabilität berufen, weil er die Gewährung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes für den Kläger verhindert hat. Durch die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Justizminister des Beklagten dem Kläger die Möglichkeit genommen, die Ernennung durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern. Er hat die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht missachtet. Diesen Verfassungsverstoß hat bereits das Bundesverfassungsgericht in den Gründen des Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) festgestellt.

42

Dem Justizminister musste zum Zeitpunkt der Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 auch bekannt sein, dass er die Ernennung noch nicht vornehmen durfte. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das Bundesverfassungsgericht die Wartepflicht für seine eigene Anrufung erstmals in dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - (NVwZ 2007, 1178) postuliert habe, sind unrichtig. Dieser Beschluss nimmt ausdrücklich auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - (NJW-RR 2005, 998) Bezug. Dort heißt es, eine Verletzung der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG liege vor, wenn einem unterlegenen Bewerber um eine Notarstelle durch umgehende Ernennung des ausgewählten Bewerbers die Möglichkeit genommen werde, die Besetzung der Stelle durch eine verfassungsgerichtliche Eilentscheidung zu verhindern. Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Kläger die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte.

43

3. Die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Erwägungen, auf die der Beklagte die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gestützt hat, werden den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Ernennung zur Folge, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beigeladene aus anderen als den vom Beklagten angeführten Gründen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG hätte ausgewählt werden können. Die Ernennung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, weil es zumindest ernsthaft möglich erscheint, dass dieser bei rechtsfehlerfreiem Verlauf anstelle des Beigeladenen ausgewählt und ernannt worden wäre.

44

Zwar enthält das Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen zur Auswahlentscheidung. Der Senat kann diese Entscheidung jedoch aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 im einstweiligen Anordnungsverfahren inhaltlich nachprüfen, weil diese von der Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf die Akten der Gerichtsverfahren umfasst werden.

45

Wie dargelegt dürfen der Entscheidung über die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f.).

46

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f.; vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - a.a.O. S. 151 und S. 18).

47

Der dienstlichen Beurteilung fehlt die erforderliche Aussagekraft, wenn sie auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertungen erforderlichen Tatsachen beruht. Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen. In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt werden. Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Bewerber zutreffend einzuschätzen. Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35 ).

48

Danach erweist sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil dessen Anlassbeurteilung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Der für die Beurteilung zuständige Justizminister hat sich kein Bild über die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verschafft. Hierfür reichen weder die statistischen Angaben über die Entwicklung der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen noch die Eindrücke aus, die der Justizminister in seiner Amtszeit als Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz aufgrund der Zusammenarbeit der Präsidenten der Obergerichte des Landes von dem Beigeladenen gewonnen hat.

49

Statistische Angaben über Erledigungszahlen und Verfahrenslaufzeiten im Bereich einer Gerichtsbarkeit lassen für sich genommen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Leistungen eines Gerichtspräsidenten und seine Eignung für das Amt des Präsidenten eines Obergerichts zu. Da sie dem Präsidenten nicht unmittelbar zugerechnet werden können, sind sie allenfalls geeignet, das Werturteil über die Führung der Dienstgeschäfte abzurunden.

50

Dass persönliche Eindrücke von einer Person aufgrund von Begegnungen bei Tagungen und vergleichbaren Veranstaltungen nicht geeignet sind, um auf weitere Erkenntnisse über dessen dienstliche Tätigkeit zu verzichten, liegt auf der Hand. Derartige Zusammenkünfte können keine Tatsachengrundlage liefern, auf die ein Gesamturteil über dienstliche Leistungen und über die Eignung für ein höherwertiges Amt gestützt werden kann.

51

Da dem Justizminister eigene Tatsachenkenntnisse fehlten, um Leistung und Eignung des Beigeladenen erschöpfend beurteilen zu können, war er verpflichtet, auf andere Erkenntnisquellen zurückzugreifen. Es hätte nahegelegen, Beurteilungsbeiträge hinreichend sachkundiger Mitarbeiter der Personalabteilung des Justizministeriums anzufordern. Der Beklagte hat zu keiner Zeit behauptet, dass derartige Beiträge eingeholt wurden. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Justizminister die Beurteilung des Beigeladenen vor der Eröffnung der Personalreferentin des Justizministeriums zur Prüfung zugeleitet hat. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil von einer entsprechenden Feststellung in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 abgerückt (Urteilsabdruck S. 40). Jedenfalls hat die Personalreferentin keinen Beurteilungsbeitrag erstellt.

52

Darüber hinaus verletzt auch der Leistungsvergleich, auf den der Beklagte die Auswahlentscheidung gestützt hat, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers. Zum einen sind die zugrunde gelegten Leistungskriterien nicht aussagekräftig, zum anderen fehlt es an gleichen Bewertungsmaßstäben für Kläger und Beigeladenen.

53

Da beide das bestmögliche Gesamturteil erhielten, war es dem Beklagten möglich, die Auswahlentscheidung auf bestimmte, als besonders bedeutsam angesehene Leistungsgesichtspunkte zu stützen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits seit sieben Jahren Präsident eines Obergerichts war, in dieser Eigenschaft ein höher bewertetes Richteramt als der Kläger wahrnahm, die Sozialgerichtsbarkeit im statistischen Ländervergleich in die Spitzengruppe geführt habe und ihm eine stetige Innovations- und Modernisierungsbereitschaft eigen sei.

54

Das Amt des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts kann hier für sich genommen keinen entscheidenden Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger begründen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Einstufung der Richterämter. Denn das zu besetzende Amt ist in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt, in der nur der Kläger, nicht aber der Beigeladene über dienstliche Erfahrungen als Richter und Gerichtspräsident verfügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 29 zur Bedeutung eines höherwertigen Dienstpostens).

55

Die statistisch erfassten Verbesserungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen können einen Eignungsvorsprung nicht begründen, weil sie nicht lediglich das Werturteil über die Amtsführung des Beigeladenen abrunden. Vielmehr wird die Bewertung, der Beklagte verfüge über herausragende Fähigkeiten, ausschließlich mit den Statistiken belegt. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die Besonderheiten des Amtes eines Gerichtspräsidenten außer Acht lässt. Aufgrund der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit der Richter, die alle Bestandteile der Rechtsprechungstätigkeit umfasst, übt ein Gerichtspräsident keine Leitungsfunktion für diese Tätigkeit aus. Da er auf die Arbeitsweise der Richter nicht unmittelbar einwirken kann, ist er auch nicht für deren Arbeitsergebnisse verantwortlich, wie dies bei einem Behördenleiter in Bezug auf die Arbeit der Mitarbeiter der Behörde der Fall sein mag. Ein Gerichtspräsident kann nur Vorschläge machen und motivierend tätig werden, etwa mit gutem Beispiel vorangehen, um auf höhere Erledigungszahlen und kürzere Verfahrenslaufzeiten hinzuwirken. Er muss zu erkennen geben, dass er Verbesserungen in diesem Bereich nicht Vorrang um jeden Preis einräumt, sondern die Bedeutung der statistisch nicht erfassbaren inhaltlichen Qualität der Rechtsprechung, etwa der Bemühungen um eine erschöpfende Sachverhaltsaufklärung, nicht aus dem Blick verliert. Die Feststellung und Bewertung derartiger Bemühungen eines Gerichtspräsidenten kann nicht durch eine undifferenzierte Hervorhebung statistischer Angaben ersetzt werden.

56

Insoweit hat der Beklagte auch das Gebot gleicher Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die statistische Entwicklung im Bereich des ... während der Amtszeit des Beklagten in vergleichbarer Weise festzustellen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten und Instanzen mit den statistischen Angaben über die Sozialgerichtsbarkeit zu vergleichen.

57

Auf die dem Beigeladenen zugeschriebene Modernisierungs- und Innovationsbereitschaft konnte die Auswahlentscheidung nicht gestützt werden, weil dieses Merkmal inhaltlich gänzlich unbestimmt geblieben ist. Der Beklagte hat nicht deutlich gemacht, auf welche Tatsachen diese Wertung gestützt ist. Demzufolge hat er auch nicht dargelegt, auf welche Weise sich der Beigeladene hier vom Kläger abgehoben haben könnte.

58

Die dargestellten Defizite der Auswahlentscheidung haben zur Folge, dass der Beklagte ein neues Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts durchführen muss. Aus diesem Grund kann der Antrag des Klägers, den Beklagten zu seiner Ernennung anstelle des Beigeladenen zu verpflichten, keinen Erfolg haben. Für die erneute Bewerberauswahl müssen aktuelle Anlassbeurteilungen der Bewerber erstellt werden, wobei auch der seit 2007 verstrichene Zeitraum einzubeziehen ist. Dies bedeutet, dass auch die Amtsführung des Beigeladenen als Präsident des Oberlandesgerichts im Falle seiner erneuten Bewerbung zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 S. 16).

59

4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet nicht, im vorliegenden Fall von der Aufhebung der Ernennung abzusehen und es bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung zu belassen. Eine Änderung der Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248 <277 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Auffassung, die Aufhebung der Ernennung scheitere in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, schließt eine Entwicklung ab, die der Senat durch die Urteile vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 39.00 - (BVerwGE 115, 89 = Buchholz 237.3 § 41a BrLBG Nr. 1) und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - (BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27) eingeleitet hat. Die Gründe des auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers ergangenen Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) lassen darauf schließen, dass auch die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts angenommen hat, die Rechtsprechung des Senats sei im Wandel begriffen. Im Schrifttum ist die Anfechtbarkeit der Ernennung seit langem gefordert worden, wobei die Beschränkung auf Fälle der Rechtsschutzverhinderung überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 692 ff.; Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>; Battis, Kommentar zum BBG, 4. Auflage 2009, § 9 Rn. 30 f.; Höfling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand: August 2007, Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 367 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 325; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 16. Auflage 2009, § 42 Rn. 49).

60

Davon abgesehen ist ein Vertrauen des Beklagten in die Rechtsbeständigkeit der Ernennung auch wegen des Verfassungsverstoßes des Justizministers nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene erhebliche Nachteile zu tragen. Er kann in dem Amt des Präsidenten des ...gerichts nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden. Auch dies ist auf das Vorgehen des Beklagten zurückzuführen, der die einzige Stelle nach der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts trotz Warnungen zügig besetzt hat. Der Beklagte ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen für den Beigeladenen soweit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt der Besoldungsgruppe R 6 versetzen. Aus diesem Grund hat der Senat die Wirksamkeit seines Urteils hinsichtlich der Aufhebung der Ernennung auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung hinausgeschoben. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewerben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass einer weiteren, allein der Ämterstabilität geschuldeten Amtsführung des Beigeladenen ein Makel anhaften würde, wenn es der Senat bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung beließe. Seinen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Auswahlentscheidung in einem neuen Bewerbungsverfahren unter seiner Beteiligung dann unter Berücksichtigung einer dienstlichen Beurteilung zu treffen ist, die seine Leistungen im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewertet (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 Rn. 4).

61

Auf die Verfahrensrügen des Klägers braucht der Senat nicht einzugehen, weil sie für den Ausgang des Revisionsverfahrens unerheblich sind. Da die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat, ist über die hilfsweise gestellten Verpflichtungs-, Bescheidungs- und Feststellungsanträge nicht zu entscheiden.

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 2. April 2015 verpflichtet, über die Einstellung des Klägers in den Vorbereitungsdienst für den Einstieg in die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahne Verwaltung und Finanzen fachlicher Schwerpunkt Steuer zum nächstmöglichen Einstellungstermin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Verfahrens haben der Beklagte 2/3 und der Kläger 1/3 zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der am … geborene Kläger nahm am 7. Juli 2014 an dem besonderen Auswahlverfahren des Landespersonalausschusses für die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt Steuer, im Einstellungsjahr 2015 teil, wobei er die Platzziffer 6 von 8279 Prüfungsteilnehmern erreichte. Am 3. Oktober 2014 bewarb sich der Kläger beim Bayerischen ... um die Einstellung als Steuersekretäranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf zum 1. September 2015. Am 27. Oktober 2014 fand beim Finanzamt B … ein Vorstellungsgespräch statt, in welchem intern festgestellt wurde, dass der Kläger für den Einstieg in die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen nicht geeignet sei. Am 5. Februar 2015 fand auf Einladung des Bayerischen Landesamts für Steuern „aufgrund des Vorstellungsgespräches im Finanzamt B … ein weiteres Gespräch“ mit dem Kläger bei dieser Behörde statt. Der Gesprächsverlauf wurde in einem Aktenvermerk vom 25. Februar 2015 festgehalten, auf dessen Inhalt verwiesen wird. Abschließend wurde festgestellt, dass aufgrund des gezeigten Verhaltens während des Vorstellungsgesprächs erhebliche Zweifel an der persönlichen wie der charakterlichen Eignung des Klägers für eine Einstellung bestünden. Von einer Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf sei daher abzusehen.

Mit Schreiben vom 2. April 2015 teilte das ... dem Kläger mit, dass er für eine Einstellung mit Einstieg in der zweiten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt Steuer, nicht geeignet sei, so dass von einer Einstellung als Steuersekretäranwärter abgesehen werden müsse. Mit Schreiben vom 28. April 2015 wurden dem Kläger die Gründe für die Feststellung der persönlichen Nichteignung mitgeteilt.

Unter dem 24. August 2015 stellte der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag, den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn zum 1. September 2015 bzw. zum nächstmöglichen Zeitpunkt zum Vorbereitungsdienst unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf einstweilen zuzulassen.

Mit Beschluss vom 28. August 2015 lehnte das Gericht den Antrag ab. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg am 7. Mai 2015, erhob der Kläger Klage und beantragte zuletzt,

  • 1.Der Bescheid des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 2. April 2015 wird aufgehoben

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Steuersekretäranwärter zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzustellen.

Hilfsweise:

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, über die Einstellung des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Hilfsweise:

  • 4. Es wird festgestellt, dass die Nichteinstellung des Klägers als Steuersekretäranwärter rechtswidrig war.

Zur Begründung wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, das zur Feststellung der persönlichen Eignung mit dem Kläger geführte Vorstellungsgespräch bedürfe einer mit dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes in Einklang stehenden Rechtsgrundlage, welche vorliegend nicht gegeben sei, so dass die Nichteignung des Klägers nicht auf dieses Vorstellungsgespräch gestützt werden dürfe. Insbesondere seien § 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG sowie § 9 BeamtStG hierfür keine ausreichenden Rechtsgrundlagen. Das Vorliegen der persönlichen Eignung für öffentliche Ämter könne nach Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG nur entweder Gegenstand von Prüfungen nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 LlbG oder eines gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens nach Art. 22 Abs. 8 LlbG sein. Nachdem der Beklagte ein solches wissenschaftlich fundiertes Verfahren objektiv und nach eigenem Bekunden nicht angewandt habe, habe die Überprüfung der persönlichen Eignung allenfalls noch Gegenstand einer Einstellungsprüfung sein können. Eine solche habe der Beklagte jedoch „abgewählt“, indem er sich an deren Stelle gemäß Art. 22 Abs. 2 Satz 2 LlbG für die Durchführung des besonderen Auswahlverfahrens entschieden habe. Dieses Verfahren habe – im Einklang mit Art. 22 Abs. 2 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 LlbG sowie der Verordnung zur Regelung der besonderen Auswahlverfahren für den Einstieg in der zweiten und dritten Qualifikationsebene im nichttechnischen Bereich der Leistungslaufbahn (AVfV) – nur eine schriftliche Prüfung sowie die Berücksichtigung schulischer Leistungen in bestimmten Fächern zum Gegenstand, jedoch keine mündliche Überprüfung der persönlichen Eignung. Die möglichen Regelungsorte für ein Vorstellungsgespräch mit Prüfungscharakter seien auch gesetzlich abschließend benannt, so dass für eine weitere alternative Verfahrensweise zur Feststellung der persönlichen Eignung kein Raum bleibe. Es existiere nach alledem keine Rechtsgrundlage für das durchgeführte Vorstellungsgespräch im Leistungslaufbahngesetz oder aufgrund dieses Gesetzes. Eine normative Grundlage sei jedoch aufgrund der Wesentlichkeitstheorie, wonach der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen müsse, zwingend erforderlich. Wesentliche Entscheidungen lägen mit Blick auf die Regelung des Berufszugangs und den damit verbundenen Grundrechtseingriff in Art. 12 GG, welcher vorliegend über Art. 33 Abs. 2 GG hinaus anwendbar sei, hier vor. Dies gelte unter anderem für Fragen des Prüfungsverfahrens, die Bewertung der Leistungen, die Wiederholungsmöglichkeit sowie die Voraussetzungen für das Bestehen/Nichtbestehen der Prüfung. Im Übrigen dürfe bei Anwendung des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 LlbG – wie vorliegend – nicht die in Art. 22 Abs. 8 Satz 1 LlBG geregelte Rechtsfolge des Nichtbestehens angewandt werden, da dort explizit nur auf die Alternative 2 des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlBG verwiesen werde. Im Verfahren nach der Alternative 1 könne die Einstellung somit nur nach dem Nichtbestehen der Einstellungsprüfung in ihrer Gesamtheit verweigert werden und nicht allein bei einem Nichtvorliegen der persönlichen Eignung. Nach der 2. Alternative des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG werde die Überprüfung der persönlichen Eignung im Rahmen einer eigenständigen mündlichen Prüfung zwar gestattet. Diese dürfe aber nur unter Heranziehung wissenschaftlicher Maßstäbe erfolgen. Ein derartiges Verfahren sei jedoch vorliegend nicht zur Anwendung gekommen.

Darüber hinaus sei der Kläger über den Charakter insbesondere des zweiten Vorstellungsgesprächs am 5. Februar 2015 vor dem ... als Teil der Prüfung bewusst oder unbewusst im Unklaren gelassen worden. Es sei ihm mit Schreiben vom 16. Januar 2016 lediglich mitgeteilt worden, dass aufgrund seines Vorstellungsgespräches im Finanzamt B … beabsichtigt sei, mit ihm ein Gespräch zu führen. Er habe dementsprechend für die Vorbereitung nicht den zeitlichen Rahmen aufgebracht, den er aufgebracht hätte, wenn er gewusst hätte, dass es sich um eine Prüfung handelt.

Des Weiteren trug der Kläger vor, dass er im Rahmen des Einstellungsverfahrens aufgrund seines Alters, gegebenenfalls auch seiner regionalen Herkunft, diskriminiert worden sei. So sei er trotz seiner sehr guten Platzziffer überhaupt erst auf seine eigene Initiative hin zu einem ersten Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Auch die weiteren zeitlichen Abläufe wiesen eindeutig auf eine Diskriminierung wegen Alters hin. So habe zwischen dem ersten und dem zweiten Vorstellungsgespräch ein Zeitraum von (ursprünglich) etwa vier Monaten gelegen, was vor dem Hintergrund seiner sehr guten Platzziffer im besonderen Auswahlverfahren und der Pflicht zur Einstellung nach der Reihenfolge in der Rangliste nur den Schluss einer Diskriminierung zulasse. Auch der Zeitraum von zwei Monaten zwischen dem zweiten Auswahlgespräch und der ablehnenden Entscheidung bekräftige diese Annahme. Diese werde zusätzlich dadurch gestützt, dass er auch bei anderen Gebietskörperschaften, bei denen er sich beworben habe, nicht einmal auf seine persönliche Eignung hin überprüft worden sei, was angesichts der dort nur wenigen bekannten persönlichen Daten mit großer Sicherheit auf sein höheres Lebensalter zurückzuführen sei.

Schließlich rügt der Kläger die Begründung und das Ergebnis des beim ... durchgeführten Vorstellungsgespräches. Dieses sei stark von persönlichen Befindlichkeiten seitens der Vertreter des Beklagten gegenüber dem Kläger geprägt gewesen. Dies zeige im Nachhinein etwa die Wortwahl in der ihm übersandten Begründung. Die Einschätzungen des Beklagten seien von Ungenauigkeiten, Behauptungen, Spekulationen und Unterstellungen geprägt. Nachweise für die Behauptungen würden nicht erbracht. Der Kläger setzte sich in diesem Zusammenhang mit den einzelnen Formulierungen aus der Begründung der ablehnenden Entscheidung auseinander.

Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2015 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

In Begründung dessen wurde vorgetragen, dass der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers nicht verletzt worden sei. Nach § 9 BeamtStG seien Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Vorliegend habe der Kläger sich als persönlich nicht geeignet erwiesen, so dass seine Einstellung in den Vorbereitungsdienst nicht möglich sei. Die Beurteilung der Eignung stelle einen Akt wertender Erkenntnis dar, der gerichtlich nicht voll überprüfbar sei. Es bestehe seitens des Dienstherrn ein breiter Beurteilungsspielraum sowie Ermessen. Die gerichtliche Kontrolle sei darauf beschränkt, ob ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften vorliege, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe missachtet worden seien, ein unzutreffender Sachverhalt zugrunde gelegt oder sachfremde Erwägungen angestellt worden seien. Derartige Fehler seien vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere stellten Vorstellungsgespräche Einstellungsprüfungen i.S.d. Art. 22 Abs. 1 Satz 1 LlbG dar und seien somit ein nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 LlbG zulässiges Instrument zur Überprüfung der persönlichen Eignung. Eine wissenschaftliche Fundiertheit des Vorstellungsgespräches sei gerade nicht erforderlich, da der Beklagte nicht von der 2. Alternative des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG Gebrauch gemacht habe, sondern von dessen 1. Alternative. Diese Vorschrift stelle auch eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Durchführung von Vorstellungsgesprächen dar. Vorstellungsgespräche stellten ein anerkanntes Mittel zur Feststellung der persönlichen Eignung eines Bewerbers dar, der noch nicht bei einem Dienstherrn beschäftigt sei und für dessen persönliche Eignung dem Dienstherrn daher andere Erkenntnisquellen nicht zur Verfügung stünden. Auch verkenne der Kläger, dass für die Überprüfung der fachlichen Eignung und der persönlichen Eignung unterschiedliche Prüfungsverfahren wählbar seien. Eine weitergehende normative Ermächtigungsgrundlage für die Durchführung von Vorstellungsgesprächen sei auch unter Berücksichtigung der Wesentlichkeitstheorie nicht erforderlich. Art. 12 GG sei vorliegend nicht einschlägig; dieser gelte prinzipiell nicht für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse. Etwas anderes gelte nur, wenn eine staatliche organisierte Ausbildung nicht nur der Deckung des eigenen staatlichen Bedarfes diene, sondern rechtlich oder faktisch Voraussetzung für die Ausübung von Berufen auch außerhalb des öffentlichen Dienstes sei, mithin die Ausbildung eine allgemeine Ausbildungsstätte i.S.d. Art. 12 GG darstelle, was bei der Ausbildung in der zweiten Qualifikationsebene der Steuerverwaltung nicht der Fall sei. Selbst bei Vorliegen aller erforderlichen Voraussetzungen bestehe im Übrigen kein Anspruch auf die Einstellung in den Vorbereitungsdienst, was sich aus Art. 25 LlbG ergebe; ein Ausnahmefall der Ermessensreduzierung auf Null sei vorliegend nicht gegeben.

Aus der gewählten Formulierung in der Einladung zum Vorstellungsgespräch am 5. Februar 2015 habe der Kläger ersehen können, dass sein Einstellungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei und das anberaumte Gespräch Einfluss auf seine Einstellung haben würde. Die Erwähnung des Begriffs „Prüfung“ sei nicht notwendig gewesen, vielmehr habe der Kläger selbst erklärt, dass er sich auf das Gespräch vorbereitet habe, was er nicht getan hätte, wenn er davon ausgegangen wäre, dass diesem im Rahmen des Einstellungsverfahrens keine Bedeutung zukommt. Sämtliche Bewerber, die sich einem zweiten Vorstellungsgespräch unterzogen hätten, hätten hierfür eine Einladung mit demselben Wortlaut erhalten. Ein Verstoß gegen ein faires Verfahren oder die Chancengleichheit liege somit nicht vor.

Die Beklagte erläutert, dass eine Diskriminierung wegen Alters nicht vorgenommen worden sei. Aufgrund des durch den Bayerischen Landespersonalausschuss durchgeführten besonderen Auswahlverfahrens habe das ... erst durch die Initiativbewerbung vom 7. Oktober 2014 vom Einstellungsinteresse des Klägers erfahren. Nach dem ersten Vorstellungsgespräch habe sodann zunächst die Personalakte des Klägers beigezogen werden müssen, wie dies regelmäßig bei Bewerbern mit Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst der Fall sei. Darüber hinaus sei eine große Vielzahl von Arbeiten betreffend das Bewerbungsverfahren für die Einstellung in die zweite und dritte Qualifikationsebene in der Steuerverwaltung durchzuführen gewesen. Auch sei der Posten der Ausbildungsreferentin aufgrund eines Stellenwechsels ab Februar 2015 mehrere Monate unbesetzt gewesen. Das Einstellungsverfahren des Klägers habe sich nicht außergewöhnlich lange hingezogen. Die ersten Einstellungszusagen seien zwar bereits am 21. November 2014 versandt worden, die letzten jedoch erst am 25. August 2015. Die Vorstellungsgespräche beim ... seien zwischen Dezember 2014 und August 2015 durchgeführt worden, das Gros bis Ende Februar 2015. Die Arbeitsabläufe, welche ganz überwiegend durch lediglich zwei Mitarbeiterinnen durchzuführen seien, wurden eingehend geschildert. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass die Verfahrensgestaltung im Ermessen des Beklagten liege.

Der Beklagte widersprach den Einwendungen des Klägers hinsichtlich der Durchführung und Begründung sowie dem Ergebnis des Vorstellungsgesprächs.

Der Kläger wiederum gab am 26. August 2016 zu der aus seiner Sicht teilweise inkorrekten und unzutreffenden Wiedergabe seiner Einlassungen und Reaktionen im Vorstellungsgespräch vom 5. Februar 2015 eine eidesstattliche Versicherung ab.

Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2016 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG i.V.m. § 173 VwGO.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der zum Verfahren beigezogenen Akte aus dem Verfahren W 1 E 15.787 sowie der ebenfalls beigezogenen Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang im Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung unter Ziffer 3 hilfsweise gestellten Antrag begründet. Dieser Antrag ist dergestalt auszulegen, dass mit ihm auch die Aufhebung des Bescheides vom 2. April 2016 begehrt wird (§ 88 VwGO). Der Kläger hat daher einen Anspruch darauf, dass über seine Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Einstieg in die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt Steuer, zum nächstmöglichen Einstellungstermin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden wird. Der Bescheid des Beklagten vom 2. April 2015 steht diesem Anspruch entgegen; er ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist daher aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit der Kläger darüber hinaus begehrt hat, ihn als Steuersekretäranwärter zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzustellen, war die Klage abzuweisen, da ein diesbezüglicher gebundener Anspruch gegen den Beklagten nicht besteht. Über den weiteren Hilfsantrag auf Feststellung, dass die Nichteinstellung des Klägers als Steuersekretäranwärter rechtswidrig war, musste aufgrund des Erfolges des vorrangigen Hilfsantrages nicht mehr entschieden werden.

I.

Der Bewerberverfahrensanspruch des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 BV wird vorliegend dadurch verletzt, dass der Beklagte die Nichteinstellung des Klägers wegen fehlender persönlicher und charakterlicher Eignung auf das negative Ergebnis des mit diesem geführten Vorstellungsgespräches beim... gestützt hat, ohne dass für die Durchführung eines solchen Vorstellungsgespräches sowie die hieran vom Beklagten geknüpfte Rechtsfolge der Nichteignung und nachfolgende Nichteinstellung eine normative Ermächtigung existiert.

Der Kläger hat im Rahmen seiner Bewerbung um die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt Steuer, aus Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 BV einen grundrechtsgleichen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Verbescheidung seines Einstellungsgesuchs unter Beachtung des Leistungsprinzips, so genannter Bewerberverfahrensanspruch. Jeder Bewerber hat ein formelles subjektives Recht auf sachgerechte Auswahl unter Einhaltung eines rechtsstaatlichen Verfahrens (stRspr, vgl. etwa BVerfG, B.v. 4.10.2012 – 2 BvR 1120/12 – juris Rn. 11; BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris; BayVGH, B.v. 14.8.2015 – 3 CE 15.993 – juris Rn. 21). Der im Rahmen der Einstellung zu beachtende Begriff der Eignung i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtenStG umfasst neben den geistigen Anlagewerten, den körperlichen und gesundheitlichen Verhältnissen auch charakterliche Eigenschaften und Persönlichkeitswerte (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/ Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Band I, § 9 BeamtStG Rn. 33). Bei der Feststellung der persönlichen und charakterlichen Eignung handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, weshalb die Einstellungsbehörde über einen Beurteilungsspielraum verfügt, welcher auf der Rechtsfolgenseite um ein Auswahlermessen ergänzt und teilweise überlagert wird (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Rn. 23 ff.). Die gerichtliche Kontrolle ist daher darauf beschränkt, ob die Entscheidung der Einstellungsbehörde Beurteilungs- oder Ermessensfehler aufweist, insbesondere, ob sie gegen Verfahrensvorschriften verstößt, den gesetzlichen Rahmen oder die anzuwendenden Begriffe verkennt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde legt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen anstellt (vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2014 – 7 BV 14.191 – juris Rn. 24).

1. Die Feststellung der persönlichen Eignung hat dabei rechtsstaatlichen Grundsätzen zu genügen. So ist insbesondere der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes auch bei beamtenrechtlichen Prüfungen strikt zu beachten. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratiegebot des Grundgesetzes verpflichten den Gesetzgeber, in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Dieser Grundsatz gilt auch für das Prüfungswesen (vgl. BVerfG, B.v. 20.10.1981 – 1 BvR 640/80 – juris; BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – juris). Die vorliegend von dem Beklagten aufgestellte Anforderung, die Einstellung in den Vorbereitungsdienst vom Bestehen eines Vorstellungsgesprächs zur Feststellung der persönlichen Eignung abhängig zu machen, stellt eine Regelung des Zugangs zum Vorbereitungsdienst und damit letztlich für den Einstieg in die entsprechende Fachlaufbahn dar und berührt damit das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG, das vorliegend durch das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Maßgabe der Eignung und Befähigung (Art. 33 Abs. 2 GG) gewährleistet wird (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.1995 – 2 C 16/94 – juris). Der Gesetzgeber muss auch in einem solchen grundrechtsrelevanten Bereich nicht alle Details des Prüfungsverfahrens selbst regeln; es genügt, wenn aufgrund einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage die näheren Regelungen durch Rechtsverordnung getroffen werden. Dagegen wäre eine Regelung insbesondere der Bestehensanforderungen in Verwaltungsvorschriften nicht ausreichend (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.1995 a.a.O.; BayVGH, U.v. 19.3.2004 – 7 BV 03.1953 – juris; BayVGH, B.v. 17.6.2010 – 7 ZB 10.375 – juris).

2. Das vorliegend mit dem Kläger durchgeführte Vorstellungsgespräch stellte eine Prüfung in dem dargestellten Sinne dar und bedurfte daher der normativen Ermächtigung. Den Prüfungscharakter des Vorstellungsgespräches hat der Beklagte im Laufe des gerichtlichen Verfahrens selbst ausdrücklich bestätigt, indem er etwa im Klageerwiderungsschriftsatz vom 10. Juni 2015 (Bl. 96 der Akte) ausgeführt hat, die Vorstellungsgespräche stellten „Einstellungsprüfungen i.S.d. Art. 22 Abs. 1 Satz 1 LlbG“ dar. Weiter wurde in demselben Schriftsatz erklärt, dass in dem Einladungsschreiben für das Vorstellungsgespräch am 5. Februar 2015 beim ... die (ausdrückliche) Erwähnung des Begriffs „Prüfung“ nicht notwendig gewesen sei. Darüber hinaus wird auch im Beklagtenschriftsatz vom 3. August 2016 vom „Prüfungscharakter der Vorstellungsgespräche“ gesprochen (Bl. 232 der Akte). Derselbe ergibt sich auch daraus, dass die Vorstellungsgespräche flächendeckend mit sämtlichen Einstellungsbewerbern geführt wurden und eine Ergänzung zu dem als Prüfung durchgeführten besonderen Auswahlverfahren, in welchem die fachliche Eignung der Bewerber festgestellt wird, darstellen sollen. Dieser ergänzende Charakter zum besonderen Auswahlverfahren spricht ebenso für das Vorliegen einer Prüfung wie die Tatsache, dass dem erfolgreichen Bestehen des Vorstellungsgespräches konstitutive Bedeutung für die Einstellung zukommt (vgl. zu beiden Aspekten die Broschüre des Bayerischen Landesamtes für Steuern unter http://www...de...pdf, abgerufen am 6. Dezember 2016). Schließlich ergibt sich der Prüfungscharakter des Vorstellungsgespräches zur Feststellung der persönlichen Eignung auch bereits aus dem gesetzlichen Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG, wonach das Vorliegen der persönlichen Eignung für öffentliche Ämter Gegenstand von „Prüfungen nach Satz 1 oder eines gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens“ sein kann. Nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2 kann bei einem Einstieg in der zweiten und dritten Qualifikationsebene an die Stelle der Einstellungsprüfung ein besonderes Auswahlverfahren treten. Nachdem sich der Beklagte nach eigenem Bekunden für die erste Alternative des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG (i.V.m. Abs. 2 Satz 2 LlbG) entschieden hat und kein gesondertes wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren durchgeführt wurde (vgl. dazu näher unten), muss die Feststellung der persönlichen Eignung nach dem Willen des Gesetzgebers Gegenstand der Einstellungsprüfung bzw. des an deren Stelle tretenden besonderen Auswahlverfahrens sein, welches ebenfalls eine Prüfung darstellt. Der Gesetzgeber geht durch die explizite Benennung des Begriffs „Prüfung“ offensichtlich selbst davon aus, dass der Feststellung der persönlichen Eignung ein Prüfungscharakter innewohnt, so dass die wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Feststellung der persönlichen Eignung sowie die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen durch förmliches Gesetz oder durch Rechtsverordnung, welche auf einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Ermächtigung beruht, festzulegen sind.

3. Das Erfordernis einer normativen Ermächtigung wird darüber hinaus nicht dadurch obsolet, dass dem mit dem Kläger geführten Vorstellungsgespräch nur eine „abrundende Bedeutung“ im Sinne der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 17. Juni 2010 (Az: 7 ZB 10.375 – juris Rn. 20) zukäme. Dieser hat in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt, dass zwar die ergänzende Berücksichtigung eines Vorstellungsgesprächs, bei dem sich der Dienstherr für das zu findende Eignungsurteil einen Eindruck von der Persönlichkeit des Bewerbers verschaffe, zur Abrundung der Einstellungsentscheidung auch ohne normative Grundlage möglich sei. Er hat jedoch zugleich eindeutig darauf hingewiesen, dass für flächendeckend eingeführte und formalisierte Auswahlprüfungen bei Beamtenbewerbern verwaltungsinterne Regelungen ohne hinreichend bestimmte normative Vorgaben nicht ausreichend seien. Auch wenn öffentliche Ämter nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 BV und § 9 BeamtStG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergeben seien, bedürften Prüfungen, von deren Ergebnis die Bewertung der Eignung des Bewerbers abhängen solle, einer normativen Grundlage, die zumindest die grundlegenden Eignungsanforderungen und Auswahlgesichtspunkte einschließlich des Auswahlverfahrens regeln müsse. Für eine Wertung des Ergebnisses eines strukturierten Interviews als „k.o.-Kriterium für die Einstellungsentscheidung“ seien die (seinerzeit) geltenden Bestimmungen jedenfalls nicht ausreichend. Auch wenn der Bayer. Verwaltungsgerichtshof den Begriff und die Situation der „Abrundung einer Einstellungsentscheidung“ nicht näher erläutert hat, so hat er doch klar und eindeutig für eine flächendeckend eingeführte und formalisierte Auswahlprüfung, deren Ergebnis konstitutive Wirkung für die Einstellung im Sinne eines „k.o.-Kriteriums“ haben soll, ausdrücklich eine hinreichend bestimmte normative Grundlage gefordert. Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer für das vorliegende Verfahren an. Die vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof beschriebene Situation ist bei den Einstellungsprüfungen für die zweite Qualifikationsebene im Fachbereich des Landesamtes für Steuern gegeben, da in diesem Rahmen – wie bereits ausgeführt – eine Prüfung hinsichtlich der persönlichen Eignung mittels Vorstellungsgespräch abgehalten wird, welche flächendeckend und formalisiert eingeführt ist (vgl. wiederum die Broschüre des Bayerischen Landesamtes für Steuern unter http://www...bayern.de/i...pdf sowie den in der mündlichen Verhandlung übergebenen internen Leitfaden des Bayerischen Landesamtes für Steuern zum Vorstellungsgespräch). Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass dem Bestehen des Vorstellungsgesprächs konstitutive Wirkung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst zukommt, wie gerade der vorliegende Fall zeigt. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung unbehelflich, wonach dem Gespräch beim Bayerischen ... lediglich abrundende Wirkung im Hinblick auf das zuvor geführte Vorstellungsgespräch beim Finanzamt Bad Kissingen zugekommen sei. Entscheidend ist vielmehr, dass das Nichtbestehen des Vorstellungsgespräches beim ... als k.o.-Kriterium für die Nichteinstellung des Klägers diente. Rechtlich relevante Unterschiede der vorliegenden Fallgestaltung zu dem vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof am 17. Juni 2010 entschiedenen Verfahren sind im Übrigen nicht erkennbar.

4. Dem steht nach Überzeugung des Gerichts auch die Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 26. Juni 2014 (Az: BV 14.191 – juris Rn. 19 ff. m.w.N.) nicht entgegen. Wenn dort ausgeführt wird, dass dann, wenn keine anderen aussagekräftigen Erkenntnisquellen über die persönliche Eignung des Bewerbers vorliegen, ein strukturiertes Interview wie auch ein Vorstellungsgespräch ausschlaggebende Bedeutung für die Beurteilung der persönlichen Eignung durch den Dienstherrn haben könnten, so wird damit nämlich nicht gleichzeitig festgestellt, dass diese ausschlaggebende Bedeutung ohne gesetzliche Grundlage für ein strukturiertes Interview oder ein Vorstellungsgespräch erfolgen darf. Folgerichtig macht der Bayer. Verwaltungsgerichtshof im Anschluss an die oben getroffene Feststellung eingehende Ausführungen zum Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für das strukturierte Interview und kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass dieses angemessen ausgestaltet sei und eine Durchsetzung des in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechtes sichere. In diesem Zusammenhang weist der Bayer. Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich auch auf die Regelungen in Art. 22 Abs. 8 LlbG zum gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren hin. Die diesbezüglichen Ausführungen des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs führen jedoch im hier zu entscheidenden Verfahren nicht weiter, da der Beklagte vorliegend – wie bereits erwähnt – nach eigenem Bekunden weder ein gesondertes wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren im Allgemeinen noch ein strukturiertes Interview im Besonderen durchgeführt hat (vgl. Bl. 96, 211 der Akte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung). Vielmehr hat sich der Beklagte zur Überprüfung der persönlichen Eignung der 1. Alternative des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG bedient. Soweit anderweitig in der Rechtsprechung die Nichteignung auf ein Vorstellungsgespräch ohne normative Grundlage gestützt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 30.1.2003 – 2 A/02 – juris; OVG Bremen, B.v. 18.3.2013 – 2 B 294/12 – juris), so unterscheiden sich die dortigen Fallgestaltungen von der vorliegenden dadurch, dass dem Vorstellungsgespräch dort kein Prüfungscharakter zukam (vgl. insoweit ausdrücklich OVG Bremen, a.a.O., Rn. 29), was jedoch – wie oben dargelegt – hier zur Überzeugung des Gerichts der Fall war, so dass es entsprechend obiger Ausführungen einer normativen Grundlage bedarf.

5. Unter anderem in Reaktion auf das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Juni 2010 hat der Bayer. Landesgesetzgeber Art. 22 Abs. 1 Satz 2 in das Leistungslaufbahngesetz eingefügt, wonach das Vorliegen der persönlichen Eignung für öffentliche Ämter, insbesondere soziale Kompetenz, Kommunikationskompetenz sowie Organisationskompetenz, Gegenstand von Prüfungen nach Satz 1 oder eines gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens, insbesondere eines Assessment-Centers oder eines strukturierten Interviews sein kann. Der Beklagte hat sich vorliegend – wie bereits festgestellt – für die erste Variante entschieden (Einstellungsverfahren; vgl. Bl. 96 und 211 der Akte), wobei hier an die Stelle der Einstellungsprüfung das besondere Auswahlverfahren getreten ist, Art. 22 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 7 LlbG. Es existiert vorliegend jedoch keine ausreichende normative Grundlage, um auf der Basis eines Vorstellungsgespräches die persönliche Nichteignung des Klägers festzustellen und ihm aus diesem Grunde die Einstellung in den Vorbereitungsdienst zu versagen.

a) Insbesondere kann diese Entscheidung nicht auf Art. 22 LlbG, insbesondere dessen Abs. 1 Satz 2, gestützt werden. Zwar werden in dieser Vorschrift Ziel und Inhalt der Prüfung in ausreichender Weise benannt, indem das Vorliegen der persönlichen Eignung als Ziel und Gegenstand der Überprüfung und darüber hinaus auch die dabei zu überprüfenden Kriterien beispielhaft bezeichnet werden (insbesondere soziale Kompetenz, Kommunikationskompetenz sowie die Organisationskompetenz). Bei diesen Regelungen handelt es sich jedoch noch nicht um alle wesentlichen Aspekte und Entscheidungen im Sinne des Vorbehalts des Gesetzes, die einer Regelung durch Gesetz oder Rechtsverordnung bedürfen. Als wesentlich in diesem Sinne erscheinen zur Überzeugung des Gerichts neben den grundlegenden Eignungsanforderungen und Auswahlgesichtspunkten insbesondere Regelungen zum Auswahlverfahren (vgl. BayVGH, B.v. 17.6.2010, a.a.O., Rn. 20). Zu der vom Gesetzgeber in ihren wesentlichen Leitlinien zu regelnden Materie zählt nämlich auch die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens. Wirkt sich ein Verfahren unmittelbar auf rechtlich geschützten Positionen aus – wie vorliegend auf Art. 33 Abs. 2 GG – müssen die Verfahrensvorschriften in deren Interesse rechtsatzförmig festgelegt sein (vgl. BVerfG, B.v. 27.11.1990 – 1 BvR 402 – 87 – juris). Als wesentlich erscheint vorliegend zunächst eine Regelung dahingehend, dass im Rahmen der Einstellungsprüfung bzw. dem besonderen Auswahlverfahren überhaupt von der in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG durch den Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit zur Überprüfung des Vorliegens der persönlichen Eignung („kann“) Gebrauch gemacht wird. Sodann wäre eine Regelung hinsichtlich der Art der Prüfung (z.B. schriftlich, mündlich etc.) erforderlich gewesen und – gerade mit Blick auf den vorliegenden Fall – insbesondere dazu, wie sich das Ergebnis der Überprüfung der persönlichen Eignung im Einstellungsverfahren auswirkt. Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass der Prüfungsteil zur persönlichen Eignung in eine Gesamtnote gemeinsam mit der Prüfung der fachlichen Eignung einfließt oder aber, dass – wie vorliegend tatsächlich gehandhabt – nur die Kategorien „geeignet/ungeeignet“ gebildet werden und die Nichteignung die Nichteinstellung zur Folge hat. Diese zentrale Frage wäre jedoch normativ zu regeln gewesen (vgl. auch Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Band III, Art. 22 Rn. 63). Schließlich erscheinen darüber hinaus mindestens noch eine Regelung zur Wiederholungsmöglichkeit der Überprüfung der persönlichen Eignung, die Frage der zuständigen Überprüfungsbehörde sowie spezifische Anforderungen an die Prüfer als wesentlich und damit zwingend regelungsbedürftig.

Dagegen, dass Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes hinreichend Rechnung trägt und eine ausreichende Grundlage für die angegriffene Entscheidung des Beklagten darstellt, spricht auch die Existenz der Vorschrift des Art. 22 Abs. 8 LlbG, in der der parlamentarische Gesetzgeber selbst explizit Verfahrensregelungen zum wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren über Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift hinaus getroffen hat, was nicht erforderlich gewesen wäre, wenn bereits Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG alle rechtlich notwendigen Regelungen beinhalten würde. Letztlich kann ein nicht wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur Prüfung der persönlichen Eignung – wie vorliegend erfolgt – keine geringere normative Regelungstiefe aufweisen als ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren, für welches mit Art. 22 Abs. 8 LlbG wesentliche Verfahrensleitlinien im oben beschriebenen Sinne normativ festgelegt wurden. Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG bedarf vielmehr der Ausfüllung durch eine Rechtsverordnung, um rechtstaatlichen Grundsätzen zu genügen, was vorliegend jedoch nicht erfolgt ist, wie noch auszuführen sein wird.

b) Vorliegend erscheint es mit Blick auf den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes vertretbar, in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG und damit im Rahmen des förmlichen Gesetzes nur den Prüfungsgegenstand in Form der persönlichen Eignung sowie beispielhaft die zu überprüfenden Kriterien als Maßstab festzulegen (vgl. insoweit BVerwG, U.v. 1.12.1978 – VII C 68.77 – juris, wonach mindestens Ziel und Inhalt der Juristenausbildung durch den parlamentarischen Gesetzgeber in den Grundzügen selbst zu bestimmen sind). Ziel und Inhalt der Überprüfung der persönlichen Eignung werden durch Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG hinreichend bestimmt vorgegeben. Wenn aber der Gesetzgeber einen Regelungsbereich nicht umfassend selbst ordnet, so muss er jedenfalls die Leitentscheidungen selbst treffen, welche die Regelungsbefugnis des zur weiteren Rechtsetzung ermächtigten Verordnungsgebers nach Tendenz und Programm berechenbar machen (vgl. BayVGH, B.v. 17.6.2010, a.a.O.). Rechtsverordnungen bedürfen vor diesem Hintergrund besonderer gesetzlicher Ermächtigung. Die Ermächtigung muss nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt und begrenzt sein. Dies ergibt sich – auch wenn die Bayerische Verfassung insoweit keine ausdrückliche Regelung wie Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG enthält – aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV), aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 5 BV) sowie aus dem in Art. 70 Abs. 3 BV enthaltenen Verbot der Übertragung des Gesetzgebungsrechts des Landtags auf die Exekutive. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß sich bereits vollständig aus dem Wortlaut der Ermächtigungsvorschrift selbst ergeben. Es gelten auch hier die allgemeinen Auslegungsregeln. Wie auch sonst bei der Auslegung von Rechtsvorschriften können das Ziel, das die gesetzlich Regelung insgesamt verfolgt, ihre Tendenz, ihr Programm, der Zusammenhang mit anderen Vorschriften und die Entstehungsgeschichte berücksichtigt werden (BayVerfG, E.v. 28.1.1988 – Vf. 13-VII-86 – juris; BayVGH, U. v. 19.3.2004 – VII BV 03.1953 – juris). In Art. 22 LlbG sind die oben als wesentlich bezeichneten Regelungsgegenstände hinsichtlich des Verfahrens zur Feststellung der persönlichen Eignung, die vom Verordnungsgeber zu regeln sind, vom Gesetzgeber nicht explizit benannt worden; insbesondere enthalten die Verordnungsermächtigungen nach Art. 22 Abs. 7 für das besondere Auswahlverfahren und nach Art. 22 Abs. 6 LlbG für die Grundsätze des Prüfungsverfahrens in einer allgemeinen Prüfungsordnung keine diesbezügliche ausdrückliche Ermächtigung. Allerdings erscheint es denkbar, vorliegend das Regelungsprogramm des Art. 22 Abs. 8 LlbG, welcher wesentliche Verfahrensvorschriften für das gesonderte wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren enthält, für die Auslegung der Ermächtigungsvorschriften heranzuziehen, nachdem darin Verfahrensvorschriften hinsichtlich der Überprüfung der persönlichen Eignung mittels eines anders gearteten Überprüfungsinstrumentes und somit ein paralleler Sachverhalt geregelt wird. Ob diese Auslegung tragfähig ist, kann jedoch dahinstehen, da auch der Verordnungsgeber keine normative Grundlage geschaffen hat, die die vorliegend angegriffene Entscheidung tragen würde.

6. Die Verordnung zur Regelung der besonderen Auswahlverfahren für den Einstieg in der zweiten und dritten Qualifikationsebene im nichttechnischen Bereich der Leistungslaufbahn (Auswahlverfahrensverordnung – AVfV) enthält keine normative Regelung für die Durchführung eines Vorstellungsgespräches zur Prüfung der persönlichen Eignung und eine auf dem Ergebnis des Vorstellungsgesprächs beruhende Nichteinstellung der Bewerber. Entgegen der klägerischen Auffassung erscheint eine Regelung zur Prüfung der persönlichen Eignung in der Auswahlverfahrensverordnung durchaus möglich, denn das besondere Auswahlverfahren tritt nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2 LlbG an die Stelle der Einstellungsprüfung nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 LlbG, deren Gegenstand die Überprüfung der persönlichen Eignung sein kann, vgl. Art. 22 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative LlbG. Nach dem Gesetzeswortlaut ist davon auszugehen, dass das besondere Auswahlverfahren vollständig an die Stelle der Einstellungsprüfung tritt und somit auch ein Element der Überprüfung der persönlichen Eignung enthalten kann. Dem steht nach Auffassung des Gerichts auch nicht Art. 22 Abs. 7 Satz 2 LlbG entgegen, wonach in dem besonderen Auswahlverfahren eine schriftliche Prüfung vorzusehen und zu regeln ist, in welcher Weise die in bestimmten Fächern erzielten schulischen Leistungen berücksichtigt werden. Denn nach der Einfügung des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 (i.V.m. Abs. 2 Satz 2) in das Leistungslaufbahngesetz kann – anders als noch in der Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Juni 2010 – nicht mehr davon ausgegangen werden, dass Art. 22 Abs. 7 Satz 2 LlbG hinsichtlich der Inhalte der Auswahlverfahrensverordnung als abschließend zu betrachten ist. Vielmehr könnte darin auch die Prüfung der persönlichen Eignung geregelt werden. Jedoch ist dies auch nach Aufnahme des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG in das Gesetz nicht geschehen. Gegenstand des besonderen Auswahlverfahrens für den Einstieg in die zweite Qualifikationsebene ist weiterhin allein eine schriftliche Prüfung hinsichtlich der fachlichen Eignung sowie die Berücksichtigung von schulischen Leistungen in bestimmten Fächern, §§ 7, 16, 17 AVfV. In § 12 AVfV wird explizit geregelt, unter welchen Voraussetzungen das Auswahlverfahren nicht erfolgreich abgeschlossen wird. Das Nichtbestehen einer mündlichen Prüfung zur persönlichen Eignung wird darin nicht genannt und fließt auch nicht in das Gesamtergebnis des Auswahlverfahrens ein, vgl. § 10 AVfV. Somit enthält die Auswahlverfahrensverordnung keine normative Grundlage für die ablehnende Entscheidung des Beklagten vom 2. April 2015.

7. Auch die Allgemeine Prüfungsordnung (APO), die gemäß § 6 AVfV für das besondere Auswahlverfahren entsprechend gilt, soweit sich aus der Auswahlverfahrensverordnung nichts anderes ergibt, enthält keine normative Grundlage. Da die Auswahlverfahrensverordnung – im Gegensatz zur Allgemeinen Prüfungsordnung – keinerlei Regelungen zu einer mündlichen Prüfung enthält, ist bereits davon auszugehen, dass die Auswahlverfahrensverordnung diesbezüglich als abschließend zu betrachten ist, vgl. auch § 15 Abs. 1, Abs. 2 APO. Darüber hinaus würden aber auch die §§ 23 ff. APO, welche die mündliche Prüfung regeln, keine Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten – nämlich die Nichteinstellung allein aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Prüfung zur persönlichen Eignung – beinhalten. Denn § 24 Abs. 1 APO sieht insoweit vor, dass die mündliche Prüfung sich auf das Prüfungsgebiet der schriftlichen Prüfung erstreckt, soweit Einzelprüfungsbestimmungen nichts anderes bestimmen. Vorliegend hat sich die mündliche Prüfung jedoch nicht auf den Gegenstand der schriftlichen Auswahlprüfung nach § 17 AVfV bezogen, welche die fachliche Eignung der Bewerber überprüft, sondern auf die persönliche Eignung, ohne dass dies in einer Einzelprüfungsbestimmung festgesetzt wäre. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 APO wird darüber hinaus die Gesamtprüfungsnote aus den Bewertungen der schriftlichen Prüfungsarbeiten sowie aus den Ergebnissen des mündlichen und eines praktischen Prüfungsabschnitts sowie einer Hausarbeit gebildet. Das Ergebnis einer mündlichen Prüfung kann dementsprechend nach der Allgemeinen Prüfungsordnung nicht allein ausschlaggebend für das Nichtbestehen der Gesamtprüfung sein. Vielmehr wird die Prüfung nach § 30 APO dann nicht bestanden, wenn ein Prüfungsteilnehmer im Durchschnitt schlechter als „ausreichend“ gearbeitet hat. Auch dies hat der Beklagte vorliegend nicht zur Grundlage seiner ablehnenden Entscheidung gegenüber dem Kläger gemacht.

8. Nachdem auch anderweitig keine Verordnungsregelungen ersichtlich sind, die die oben als im rechtsstaatlichen Sinne wesentlich bezeichneten Regelungsaspekte hinsichtlich des Verfahrens zur Feststellung der persönlichen Eignung enthalten, ist zur konstatieren, dass der Verordnungsgeber von der ihm in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative LlbG eingeräumten Möglichkeit zur Regelung eines Verfahrens zur Überprüfung der persönlichen Eignung keinen Gebrauch gemacht hat.

9. Darüber hinaus stellt auch § 9 BeamtStG keine ausreichende normative Grundlage dar, um aufgrund des mit dem Kläger geführten Vorstellungsgesprächs dessen persönliche Nichteignung festzustellen und ihm aus diesem Grunde die Einstellung in den Vorbereitungsdienst zu versagen. Denn aus verfassungsrechtlicher Sicht reichen das Leistungsprinzip und die sonstigen hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 2, Abs. 5 GG) unter Berücksichtigung der verfassungs- und gesetzmäßigen Aufgaben der Verwaltung zur gebotenen normativen Konkretisierung als Rechtsgrundlage nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.1995 – 2 C 16/94 – juris). Denn auch wenn öffentliche Ämter nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 BV und § 9 BeamtStG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergeben sind, bedürfen Prüfungen, von deren Ergebnis die Bewertung der Eignung des Bewerbers abhängen soll, einer normativen Grundlage (vgl. BayVGH, B.v. 17.6.2010, a.a.O.). Auch in § 9 BeamtStG – und ebenso wenig in Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs. 2 BV – hat der Gesetzgeber nicht die wesentlichen verfahrensmäßigen Gesichtspunkte geregelt, insbesondere nicht, dass von dem erfolgreichen Bestehen einer mündlichen Prüfung zur Feststellung der persönlichen Eignung die Einstellung abhängen soll. Es fehlt den genannten Vorschriften bereits an der notwendigen Bestimmtheit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips.

10. Die Nichteinstellungsentscheidung des Beklagten kann darüber hinaus auch nicht auf Art. 22 Abs. 8 Satz 1 LlbG gestützt werden. Wie bereits ausgeführt, hat sich der Beklagte bereits nach eigenem Bekunden nicht eines gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens nach Art. 22 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative LlbG zur Feststellung der persönlichen Eignung bedient (vgl. Bl. 96, 211 der Akte). Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei dem mit dem Kläger geführten Gespräch nicht um ein strukturiertes Interview gehandelt habe. Auch darüber hinaus ist nichts dafür ersichtlich, dass vorliegend ein gesondertes wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren durchgeführt wurde. Gegen ein solches spricht u.a. die Tatsache, dass in dem vom ... herausgegebenen Leitfaden zum Vorstellungsgespräch unter Ziffer 1.2 ausgeführt wird, dass über die vorgegebenen Inhalte hinaus Raum für individuelle Gestaltung bleibe. Es handelte sich vielmehr um ein „gewöhnliches“ Vorstellungsgespräch, in dem große zeitliche Anteile der Darstellung des Lebenslaufs durch den Kläger gewidmet waren (vgl. Aktenvermerk des Beklagten v. 25.2.2015). Gegen das Vorliegen eines gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens spricht schließlich auch, dass das Vorstellungsgespräch grundsätzlich durch das künftige Ausbildungsfinanzamt geführt wird (vgl. Ziffer 1.1 des Leitfadens zum Vorstellungsgespräch). Dies widerspricht der Regelung des Art. 22 Abs. 8 Satz 2 LlbG, wonach für die Durchführung des Verfahrens die Ernennungsbehörde gemäß Art. 18 Bayer. Beamtengesetz (BayBG) zuständig ist. Ernennungsbehörde wäre im Falle des Klägers jedoch nicht das Finanzamt Bad Kissingen, sondern das ..., vgl. Art. 18 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz BayBG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung über dienstrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (ZustV-FM). Selbst wenn man jedoch das zweite mit dem Kläger geführte Gespräch beim ... zugrunde legt, so hätte dem Kläger gemäß Art. 22 Abs. 8 Satz 7 LlbG eine Wiederholungsmöglichkeit eingeräumt werden müssen. Darauf kommt es jedoch wie ausgeführt nicht an, da der Beklagte Art. 22 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative i.V.m. Abs. 8 LlbG vorliegend nicht zur Anwendung gebracht hat.

11. Ebenso kann Art. 22 Abs. 8 Satz 1 LlbG für die Entscheidung des Beklagten nicht analog herangezogen werden. Denn hierfür fehlt es bereits an der erforderlichen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat vielmehr explizit in Art. 22 Abs. 8 Satz 1 LlbG auf die 2. Alternative des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG verwiesen und die Regelung der Überprüfung der persönlichen Eignung als Gegenstand von Prüfungen nach der 1. Alternative der genannten Vorschrift dem Verordnungsgeber überlassen. Eine Analogie kommt unter diesen Umständen nicht in Betracht.

12. Abschließend ist noch festzustellen, dass der Leitfaden des Landesamtes für Steuern zum Vorstellungsgespräch vom April 2011 sich als reines Verwaltungsinternum jedenfalls nicht als normative Grundlage für die Ablehnung des Klägers eignet (vgl. wiederum BayVGH, B.v. 17.6.2010, a.a.O., Rn. 20).

13. Eine Überprüfung der persönlichen Eignung außerhalb eines gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens oder als Gegenstand von Prüfungen nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 LlbG bzw. außerhalb des an die Stelle der Einstellungsprüfung tretenden besonderen Auswahlverfahrens (Art. 22 Abs. 2 LlbG) erscheint darüber hinaus nicht möglich, da der Gesetzgeber in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG eindeutig geregelt hat, in welchem Rahmen eine Überprüfung der persönlichen Eignung stattfinden kann. Das Gericht ist der Überzeugung, dass es sich hierbei um eine abschließende Regelung handelt; etwas anderes lässt sich weder dem klaren Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung zu der genannten Vorschrift entnehmen (LT-DRS 16/3676, Seite 2). Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift liegt es nahe, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Feststellung der persönlichen Eignung aufgrund der bestehenden Grundrechtsrelevanz und wegen des Charakters als Berufszugangsregelung entweder im Gesetz selbst geregelt wissen wollte (vgl. Art. 22 Abs. 8 LlbG) oder aber durch den Verordnungsgeber (vgl. Art. 22 Abs. 7, Abs. 6 LlbG). Demgegenüber ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber – gerade mit Blick auf die notwendigerweise einzuhaltende Chancengleichheit – eine Überprüfung der persönlichen Eignung frei jeder normativen Grundlage zulassen wollte. Was die 1. Alternative des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG angeht, so ist die Formulierung „Gegenstand von Prüfungen nach Satz 1“ dahingehend auszulegen, dass die Überprüfung der persönlichen Eignung integraler Bestandteil eben jener Prüfungen bzw. des besonderen Auswahlverfahrens sein muss. Gegen ein weiteres „k.o.-Kriterium“ außerhalb des besonderen Auswahlverfahrens spricht schließlich Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LlbG, wonach die Auswahl – allein – nach dem Bedarf und nach dem Gesamtergebnis, das in der Einstellungsprüfung oder in dem besonderen Auswahlverfahren erzielt wurde, vorgenommen wird. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen bleibt es jedoch dabei, dass darüber hinaus derzeit keine normative Grundlage dafür ersichtlich ist, eine als Prüfung gestaltete Feststellung der persönlichen Eignung im Rahmen flächendeckender Vorstellungsgespräche vorzunehmen.

14. Der sonach gegebene Anspruch des Klägers auf Neuverbescheidung scheitert auch nicht an § 14 Satz 2 1. Halbsatz AVfV, wonach ein Auswahlverfahren grundsätzlich nur für das Einstellungsjahr Geltung hat. Vielmehr steht diese Norm der Einstellung des Klägers nicht entgegen, da § 14 Satz 2 2. Halbsatz AVfV ausdrücklich vorsieht, dass von dem Grundsatz der nur einjährigen Geltung des Ergebnisses im Auswahlverfahren mit Zustimmung des Landespersonalausschusses Ausnahmen möglich sind. Da der Kläger die Auswahlprüfung bestanden und ausreichende schulische Leistungen nachgewiesen hat sowie rechtzeitig um gerichtlichen Rechtschutz nachgesucht hat, kann ihm das Verstreichen des Einstellungstermins im Jahrgang 2015 sowie die Besetzung der entsprechenden Stellen nicht entgegengehalten werden. Vielmehr hat der Beklagte, der die Einstellung des Klägers nicht wegen des Ergebnisses des Vorstellungsgespräches hätte ablehnen dürfen, zur Beseitigung der Folgen der insoweit rechtswidrigen Ablehnungsentscheidung von der Ausnahmemöglichkeit des § 14 Satz 2 2. Halbsatz AVfV Gebrauch zu machen (vgl. BayVGH, a.a.O., Rn. 21).

15. Ebenso scheitert der Anspruch des Klägers auf eine erneute Verbescheidung seines Einstellungsbegehrens nicht am Überschreiten der Altersgrenze des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG, wonach in das Beamtenverhältnis nicht berufen werden darf, wer bereits das 45. Lebensjahr vollendet hat. Denn Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG ermöglicht es der Obersten Dienstbehörde, Ausnahmen von der Altersgrenze zuzulassen, für die bei Beamten des Staates das Einvernehmens des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat erforderlich ist. Hierüber hat der Beklagte bislang noch nicht entschieden. Vor diesem Hintergrund ist auch keine Erledigung des klägerischen Begehrens eingetreten.

Nach alledem kann der Kläger verlangen, dass über seine Einstellung in den Vorbereitungsdienst zum nächstmöglichen Termin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden wird.

II.

Dem Kläger steht jedoch der mit seinem Hauptantrag begehrte Anspruch auf Einstellung als Steuersekretäranwärter zum nächstmöglichen Zeitpunkt nicht zu. Der bei Einstellungen in das Beamtenverhältnis zu beachtende Bewerberverfahrensanspruch beschränkt sich in aller Regel auf das formelle subjektive Recht auf eine sachgerechte Auswahl der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung und führt nicht zu einem Anspruch auf Einstellung. Nur dann, wenn das hierbei dem Dienstherrn eröffnete Auswahlermessen ausnahmsweise auf Null reduziert ist, könnte sich der Bewerberverfahrensanspruch zu einem Einstellungsanspruch verdichten. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass angesichts der besonderen Umstände des zu entscheidenden konkreten Falles überhaupt nur eine einzige Entscheidung – nämlich die Einstellung – ermessensfehlerfrei sein könnte (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 17.9.2009 – 3 CE 09.1383 – juris).

1. Diese Voraussetzungen liegen hier bereits deshalb nicht vor, da der Beklagte über das Vorliegen der weiteren beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf bislang keine Entscheidung getroffen hat. Ein Anspruch auf Einstellung in den Vorbereitungsdienst scheitert insbesondere aber auch daran, dass der Kläger zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung das gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG festgelegte Höchstalter für die Berufung in ein Beamtenverhältnis von 45 Jahren bereits überschritten hat (vgl. Eyermann, VwGO, 13. Aufl., § 113 Rn. 45). Eine Entscheidung über eine etwaige Zulassung einer Ausnahme von der Höchstaltersgrenze nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz BayBG ist von den hierzu berufenen Behörden bislang nicht getroffen worden.

2. Ein Einstellungsanspruch ergibt sich auch nicht aufgrund des Art. 25 LlbG, da der Vorbereitungsdienst für einen Einstieg in der zweiten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt Steuer, keine allgemeine Ausbildungsstätte nach Art. 12 Abs. 1 GG darstellt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Nachweis der durch einen Vorbereitungsdienst und eine nachfolgende Prüfung abgeschlossenen Ausbildung auch Voraussetzung für die Aufnahme bestimmter Berufe außerhalb von Beamtenverhältnissen ist (vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Band III Art. 25 LlbG Rn. 3). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da der Vorbereitungsdienst für die zweite Qualifikationsebene allein auf die Bedürfnisse der Bayerischen Finanzverwaltung zugeschnitten ist. Für Berufe außerhalb des öffentlichen Dienstes ist vielmehr eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten zu absolvieren (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2014 – 3 CS 14.1864 – juris; VG Ansbach, B.v. 28.8.2013 – AN 1 E 13.01075 – juris). Ein gebundener Anspruch auf Einstellung in den Vorbereitungsdienst steht dem Kläger nach alledem nicht zu.

III.

Nachdem dem Hilfsantrag des Klägers auf Neuverbescheidung bereits aufgrund Fehlens einer normativen Grundlage für die Nichteinstellung auf Basis eines Vorstellungsgesprächs stattzugeben war, musste den von Klägerseite weiter aufgeworfenen Fragen mangels Entscheidungserheblichkeit nicht mehr nachgegangen werden. Auch über den insoweit nachrangigen Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichteinstellung war nach alledem nicht mehr zu entscheiden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vorliegend war der Kläger mit seinem Neuverbescheidungsantrag erfolgreich, während sein Einstellungsantrag abzuweisen war. Unter Berücksichtigung dessen sowie dem Aspekt, dass der Kläger für eine Einstellung noch die Hürde der Altersbegrenzung des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG überwinden muss, erscheint vorliegend einer Kostenverteilung von zwei Dritteln zu einem Drittel zulasten des Beklagten angemessen (vgl. insoweit auch Eyermann, VwGO, 13. Auflage, § 155 Rn. 3).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Zubehör, das nicht dem Grundstückseigentümer gehört, kann enteignet werden, wenn ein Grundstück zur Entschädigung in Land oder zur Verlegung von Betrieben enteignet wird und der Eigentümer das Zubehör entbehren kann. § 12 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Den Inhabern eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins sind vorzubehalten

1.
bei Einstellungen in den Vorbereitungsdienst bei den Einstellungsbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) mit mehr als 10 000 Einwohnern sowie anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit jeweils mehr als 20 planmäßigen Beamtenstellen oder entsprechenden durch Tarifbeschäftigte zu besetzenden Stellen mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihrer Verbände jede sechste Stelle bei der Einstellung für den einfachen und mittleren Dienst und jede neunte Stelle bei der Einstellung für den gehobenen Dienst,
2.
von den durch Tarifbeschäftigte zu besetzenden freien, frei werdenden und neu geschaffenen Stellen des Bundes, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) mit mehr als 10 000 Einwohnern sowie anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit jeweils mehr als 20 planmäßigen Beamtenstellen oder entsprechenden durch Angestellte zu besetzenden Stellen mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihrer Verbände jeweils jede zehnte Stelle innerhalb der Entgeltgruppen 1 bis 9a oder P 5 bis P 10 und 9b bis 12 oder P 11 bis P 16 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst oder der entsprechenden Vergütungsgruppen anderer Tarifverträge, wenn diese Stellen nicht einem vorübergehenden Bedarf dienen.
Soweit eine Einstellung nicht unmittelbar in ein Beamtenverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 1 vorgesehen, sondern zunächst ein vorgeschaltetes Ausbildungsverhältnis zu durchlaufen ist, sind an Stelle der nach Satz 1 vorzubehaltenden Stellen in entsprechender Anzahl Stellen bei Einstellungen in die vorgeschalteten Ausbildungsverhältnisse vorzubehalten. Wird die Ausbildung für eine Beamtenlaufbahn ausschließlich in einem anderen Ausbildungsverhältnis als dem eines Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst durchgeführt, gilt bei Einstellungen in dieses Ausbildungsverhältnis Satz 1 Nummer 1 entsprechend.

(2) Bei der Einstellung von Tarifbeschäftigten, die bei den Trägern der Sozialversicherung für eine dienstordnungsmäßige Anstellung ausgebildet werden, gilt Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 entsprechend.

(3) Der Stellenvorbehalt des Absatzes 1 gilt nicht

1.
bei Einstellungen in den Polizeivollzugsdienst,
2.
bei Einstellungen in den Schuldienst für eine Verwendung als Lehrer und
3.
für Stellen des Deutschen Roten Kreuzes in Bayern.

(4) Für die Erfassung der Stellen und der Inhaber eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins sind Vormerkstellen beim Bund und bei den Ländern einzurichten. Die Inhaber eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins bewerben sich bei den Vormerkstellen und sind von diesen nach Eignung und Neigung den Einstellungsbehörden zuzuweisen. Sie sind von diesen zum nächstmöglichen Zeitpunkt gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 einzustellen. Das gilt auch, wenn ein Soldat gemäß § 5 Absatz 11 vom militärischen Dienst freigestellt wird; an die Stelle des Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins tritt in diesem Falle bis zu dessen Erteilung eine Bestätigung über den bei Ablauf der festgesetzten Dienstzeit bestehenden Anspruch. Die Feststellungen nach § 9 Absatz 5 trifft das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm bestimmte Stelle im Einvernehmen mit der für die Einstellungsbehörde zuständigen Vormerkstelle.

(1) Soldaten auf Zeit, die im unmittelbaren Anschluss an ihr Wehrdienstverhältnis Beamte werden wollen, erhalten auf Antrag einen Eingliederungsschein für den öffentlichen Dienst, wenn

1.
ihr Dienstverhältnis wegen Ablaufs einer festgesetzten Dienstzeit von zwölf oder mehr Jahren endet oder
2.
ihre Entlassung wegen Dienstunfähigkeit verfügt wird, nachdem
a)
ihre Dienstzeit für einen Zeitraum von zwölf oder mehr Jahren festgesetzt worden ist oder
b)
sie sich zwar für eine Dienstzeit von zwölf oder mehr Jahren verpflichtet haben, ihre Dienstzeit aber im Hinblick auf eine besondere Ausbildung zunächst auf einen kürzeren Zeitraum festgesetzt worden ist
und sie eine Dienstzeit von mindestens vier Jahren abgeleistet haben.

(2) Soldaten auf Zeit, die Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst oder ohne Inanspruchnahme eines Eingliederungsscheins Beamte werden wollen, erhalten auf Antrag einen Zulassungsschein für den öffentlichen Dienst, wenn ihr Dienstverhältnis aus den in Absatz 1 Nummer 1 oder 2 genannten Gründen endet.

(3) Der Eingliederungsschein oder der Zulassungsschein ist bei Ablauf der festgesetzten Dienstzeit oder bei Zustellung der Entlassungsverfügung zu erteilen. Der Zulassungsschein ist auch nach Rückgabe des Eingliederungsscheins auf Antrag, der innerhalb eines Monats nach Unanfechtbarkeit der Feststellung nach Absatz 5 Nummer 2, 3 oder 4 zu stellen ist, zu erteilen; die Erteilung eines Zulassungsscheins ist nicht mehr zulässig, wenn nach § 12 Absatz 4 Satz 1 ein Antrag auf Zahlung der Übergangsbeihilfe gestellt ist. Die Erteilung eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins ist ausgeschlossen, wenn der Soldat rechtskräftig zur Dienstgradherabsetzung verurteilt worden ist.

(4) Die Inhaber eines Eingliederungsscheins, eines Zulassungsscheins oder einer Bestätigung nach § 10 Absatz 4 Satz 4 sind auf die nach § 10 Absatz 1 und 2 vorbehaltenen Stellen als Beamte, dienstordnungsmäßig Angestellte oder Tarifbeschäftigte in das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit zu übernehmen, wenn sie die beamtenrechtlichen, dienstordnungsmäßigen oder tarifvertraglichen Voraussetzungen erfüllen.

(5) Das Recht aus dem Eingliederungsschein einschließlich des Anspruchs nach § 11a erlischt für seinen Inhaber, wenn

1.
er schuldhaft einer Aufforderung zur Mitwirkung im Eingliederungsverfahren nicht Folge geleistet hat,
2.
er eine Einstellung als Beamter nicht mehr oder nicht mehr mit Hilfe des Eingliederungsscheins anstrebt,
3.
seine Einstellung aus beamtenrechtlichen Gründen abgelehnt worden ist,
4.
das mit Hilfe des Eingliederungsscheins begründete Beamtenverhältnis aus einem von ihm zu vertretenden Grund vor der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit geendet hat oder
5.
das mit Hilfe des Eingliederungsscheins begründete Beamtenverhältnis aus disziplinarischen Gründen geendet hat.

(6) Das Recht aus dem Zulassungsschein erlischt für seinen Inhaber nach Ablauf von acht Jahren nach dessen Erteilung oder wenn er auf eigenen Antrag aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, während der Probezeit als dienstordnungsmäßig Angestellter oder als Tarifbeschäftigter oder aus einem Arbeitsverhältnis ohne vorgeschaltete Ausbildung nach Ablauf der Probezeit entlassen wird. Es erlischt ferner, wenn das Beamtenverhältnis aus disziplinarischen Gründen endet oder das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird.

(1) Den Inhabern eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins sind vorzubehalten

1.
bei Einstellungen in den Vorbereitungsdienst bei den Einstellungsbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) mit mehr als 10 000 Einwohnern sowie anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit jeweils mehr als 20 planmäßigen Beamtenstellen oder entsprechenden durch Tarifbeschäftigte zu besetzenden Stellen mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihrer Verbände jede sechste Stelle bei der Einstellung für den einfachen und mittleren Dienst und jede neunte Stelle bei der Einstellung für den gehobenen Dienst,
2.
von den durch Tarifbeschäftigte zu besetzenden freien, frei werdenden und neu geschaffenen Stellen des Bundes, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) mit mehr als 10 000 Einwohnern sowie anderer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit jeweils mehr als 20 planmäßigen Beamtenstellen oder entsprechenden durch Angestellte zu besetzenden Stellen mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihrer Verbände jeweils jede zehnte Stelle innerhalb der Entgeltgruppen 1 bis 9a oder P 5 bis P 10 und 9b bis 12 oder P 11 bis P 16 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst oder der entsprechenden Vergütungsgruppen anderer Tarifverträge, wenn diese Stellen nicht einem vorübergehenden Bedarf dienen.
Soweit eine Einstellung nicht unmittelbar in ein Beamtenverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 1 vorgesehen, sondern zunächst ein vorgeschaltetes Ausbildungsverhältnis zu durchlaufen ist, sind an Stelle der nach Satz 1 vorzubehaltenden Stellen in entsprechender Anzahl Stellen bei Einstellungen in die vorgeschalteten Ausbildungsverhältnisse vorzubehalten. Wird die Ausbildung für eine Beamtenlaufbahn ausschließlich in einem anderen Ausbildungsverhältnis als dem eines Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst durchgeführt, gilt bei Einstellungen in dieses Ausbildungsverhältnis Satz 1 Nummer 1 entsprechend.

(2) Bei der Einstellung von Tarifbeschäftigten, die bei den Trägern der Sozialversicherung für eine dienstordnungsmäßige Anstellung ausgebildet werden, gilt Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2 entsprechend.

(3) Der Stellenvorbehalt des Absatzes 1 gilt nicht

1.
bei Einstellungen in den Polizeivollzugsdienst,
2.
bei Einstellungen in den Schuldienst für eine Verwendung als Lehrer und
3.
für Stellen des Deutschen Roten Kreuzes in Bayern.

(4) Für die Erfassung der Stellen und der Inhaber eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins sind Vormerkstellen beim Bund und bei den Ländern einzurichten. Die Inhaber eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins bewerben sich bei den Vormerkstellen und sind von diesen nach Eignung und Neigung den Einstellungsbehörden zuzuweisen. Sie sind von diesen zum nächstmöglichen Zeitpunkt gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 einzustellen. Das gilt auch, wenn ein Soldat gemäß § 5 Absatz 11 vom militärischen Dienst freigestellt wird; an die Stelle des Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins tritt in diesem Falle bis zu dessen Erteilung eine Bestätigung über den bei Ablauf der festgesetzten Dienstzeit bestehenden Anspruch. Die Feststellungen nach § 9 Absatz 5 trifft das Bundesministerium der Verteidigung oder die von ihm bestimmte Stelle im Einvernehmen mit der für die Einstellungsbehörde zuständigen Vormerkstelle.

(1) Soldaten auf Zeit mit einer Wehrdienstzeit von mindestens vier Jahren erhalten Übergangsgebührnisse, wenn ihr Dienstverhältnis wegen Ablaufs der festgesetzten Wehrdienstzeit oder wegen Dienstunfähigkeit endet. Dies gilt nicht, wenn im Anschluss an die Beendigung des Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit ein Dienstverhältnis als Berufssoldat begründet wird. Der Anspruch auf Übergangsgebührnisse endet, wenn der frühere Soldat auf Zeit während des Bezugszeitraums erneut in ein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit berufen wird.

(2) Übergangsgebührnisse werden gewährt nach einer Dienstzeit von

1.4 und weniger als
5 Jahren

für 12 Monate,
2.5 und weniger als
6 Jahren

für 18 Monate,
3.6 und weniger als
7 Jahren

für 24 Monate,
4.7 und weniger als
8 Jahren

für 30 Monate,
5.8 und weniger als
9 Jahren

für 36 Monate,
6.9 und weniger als
10 Jahren

für 42 Monate,
7.10 und weniger als
11 Jahren

für 48 Monate,
8.11 und weniger als
12 Jahren

für 54 Monate und
9.12 und mehr Jahrenfür 60 Monate.


Soldaten auf Zeit mit einem Förderungsanspruch nach § 5 Absatz 9 erhalten Übergangsgebührnisse entsprechend der dort festgelegten Dauer der Förderung. Die Bezugszeiträume nach den Sätzen 1 und 2 verkürzen sich um
1.
Zeiten einer Verlängerung nach § 40 Absatz 3 des Soldatengesetzes, in der während einer Beurlaubung ohne Geld- und Sachbezüge Verwendungseinkommen im Sinne des § 53 Absatz 6 erzielt wird,
2.
Zeiten einer Freistellung vom militärischen Dienst nach § 5 Absatz 11.
Die Bezugszeiträume verkürzen sich ferner um den Umfang einer Minderung nach Maßgabe des § 5 Absatz 5 Satz 2, Absatz 6 bis 8 und 10; bei einer Verkürzung nach Absatz 10 verbleibt ein Anspruch auf Übergangsgebührnisse von mindestens sechs Monaten, jedes weitere vollständig abgeleistete Dienstjahr erhöht den Anspruch um einen weiteren Monat.

(3) Die Übergangsgebührnisse betragen 75 Prozent der Dienstbezüge des letzten Monats; war ein Soldat auf Zeit im letzten Monat ohne Dienstbezüge beurlaubt oder teilzeitbeschäftigt, gelten als Dienstbezüge die dem letzten Dienstgrad entsprechenden Dienstbezüge. Bei der Berechnung ist der Familienzuschlag (§ 47 Absatz 1 Satz 1) bis zur Stufe 1 zugrunde zu legen. Die Übergangsgebührnisse erhöhen sich um einen Bildungszuschuss, wenn und solange während des Bezugszeitraums an einer nach § 5 geförderten Maßnahme der schulischen und beruflichen Bildung in Vollzeitform teilgenommen wird; in diesem Fall beträgt der Bildungszuschuss 25 Prozent der Dienstbezüge des letzten Monats. Einkünfte auf Grund einer geförderten Maßnahme der schulischen und beruflichen Bildung werden auf den Bildungszuschuss bis zu dessen Höhe angerechnet.

(4) Wird die Förderungsdauer nach § 5 Absatz 12 zu Gunsten einer Vollzeitausbildung verlängert, sind für die Zeit der Verlängerung gekürzte Übergangsgebührnisse über die in Absatz 2 bestimmten Zeiträume hinaus zu gewähren. Die Höhe der Übergangsgebührnisse begrenzt sich auf die Anwärterbezüge nach § 59 Absatz 2 und § 61 des Bundesbesoldungsgesetzes eines Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes des Bundes unter Berücksichtigung des Familienzuschlages bis zur Stufe 1; ein Einkommen aus der Maßnahme der schulischen und beruflichen Bildung ist anzurechnen. Soldaten auf Zeit mit einer Gesamtdienstzeit von mindestens 20 Jahren werden Übergangsgebührnisse nach § 11 Absatz 3 gewährt.

(5) Übergangsgebührnisse können den Soldaten auf Zeit, die nach einer Dienstzeit von mindestens vier Jahren auf eigenen Antrag nach § 55 Absatz 3 des Soldatengesetzes entlassen worden sind, in den Grenzen der Absätze 2 und 3 in dem zeitlichen und finanziellen Umfang bewilligt werden, wie es übergangsweise zur Sicherung des Lebensunterhalts notwendig ist.

(6) Die Übergangsgebührnisse werden in Monatsbeträgen wie die Dienstbezüge gezahlt. Die Zahlung kann auf Antrag höchstens zweimal für insgesamt längstens 24 Monate aufgeschoben oder unterbrochen werden; dies gilt nicht für Monate, in denen Verwendungseinkommen im Sinne des § 53 Absatz 6 Satz 1 bezogen wird. Soweit es der Eingliederung in das zivile Erwerbsleben dient, kann die für die Zahlung von Übergangsgebührnissen zuständige Stelle in begründeten Einzelfällen, insbesondere zur Schaffung oder Verbesserung einer Existenzgrundlage, die Zahlung für den gesamten Anspruchszeitraum oder für mehrere Monate in einer Summe zulassen; für diesen Zeitraum gilt der Anspruch auf Übergangsgebührnisse mit der Zahlung als abgegolten. Beim Tod des Berechtigten ist der noch nicht ausgezahlte Betrag dem überlebenden Ehegatten oder seinen Abkömmlingen weiterzuzahlen. Sind Anspruchsberechtigte nach Satz 4 nicht vorhanden, sind die Übergangsgebührnisse den Eltern weiterzuzahlen. Sind Personen vorhanden, die Anspruch auf Witwen- oder Waisengeld oder Unterhaltsbeitrag nach § 42a haben, sind die Sätze 4 und 5 nicht anzuwenden.

(7) Übergangsgebührnisse stehen für einen Zeitraum nicht zu, für den Versorgungskrankengeld nach § 16 des Bundesversorgungsgesetzes oder nach Gesetzen, die das Bundesversorgungsgesetz für anwendbar erklären, gewährt wird. Dieser Zeitraum wird in die Zeiträume nach den Absätzen 2 und 4 nicht eingerechnet.

(1) Soldaten auf Zeit mit einer Wehrdienstzeit von mehr als sechs Monaten erhalten eine Übergangsbeihilfe, wenn ihr Dienstverhältnis endet wegen Ablaufs der Zeit, für die sie in dieses berufen sind (§ 54 Absatz 1 des Soldatengesetzes), oder wegen Dienstunfähigkeit. Der Anspruch auf Übergangsbeihilfe entsteht am Tage des Ausscheidens aus dem Dienst; die Übergangsbeihilfe wird in einer Summe gezahlt. § 11 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Die Übergangsbeihilfe beträgt für Soldaten auf Zeit, die nicht Inhaber eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins (§ 9) sind, nach einer Dienstzeit von

1.weniger als
18 Monaten

das 1,5fache,
2.18 Monaten und
weniger als 2 Jahren

das 1,8fache,
3.2 und weniger als
4 Jahren

das 2fache,
4.4 und weniger als
5 Jahren

das 4fache,
5.5 und weniger als
6 Jahren

das 4,5fache,
6.6 und weniger als
7 Jahren

das 5fache,
7.7 und weniger als
8 Jahren

das 5,5fache,
8.8 und weniger als
9 Jahren

das 6fache,
9.9 und weniger als
10 Jahren

das 6,5fache,
10.10 und weniger als
11 Jahren

das 7fache,
11.11 und weniger als
12 Jahren

das 7,5fache,
12.12 und weniger als
13 Jahren

das 8fache,
13.13 und weniger als
14 Jahren

das 8,5fache,
14.14 und weniger als
15 Jahren

das 9fache,
15.15 und weniger als
16 Jahren

das 9,5fache,
16.16 und weniger als
17 Jahren

das 10fache,
17.17 und weniger als
18 Jahren

das 10,5fache,
18.18 und weniger als
19 Jahren

das 11fache,
19.19 und weniger als
20 Jahren

das 11,5fache und
20.20 und mehr Jahrendas 12fache


der Dienstbezüge des letzten Monats. § 11 Absatz 3 Satz 1 Halbsatz 2 gilt entsprechend.

(3) Für Inhaber eines Eingliederungsscheins beträgt die Übergangsbeihilfe 25 Prozent und für Inhaber eines Zulassungsscheins 50 Prozent des nach Absatz 2 zustehenden Betrages. Bei Inhabern eines Eingliederungsscheins steht der Beendigung des Dienstverhältnisses nach Absatz 1 die Beendigung nach § 55 Absatz 1 in Verbindung mit § 46 Absatz 3a Satz 1 des Soldatengesetzes gleich.

(4) Der ehemalige Soldat auf Zeit erhält in den Fällen des § 9 Absatz 5 sowie in den Fällen der Beendigung des Dienstverhältnisses wegen Zeitablaufs nach § 40 Absatz 3 des Soldatengesetzes oder wegen Dienstunfähigkeit nach § 55 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 6 Satz 3 des Soldatengesetzes nach Rückgabe des Eingliederungsscheins Versorgung nach den §§ 5 und 11 sowie Übergangsbeihilfe nach Absatz 2 oder, sofern er nach § 9 Absatz 3 Satz 2 die Erteilung eines Zulassungsscheins beantragt hat, nach Absatz 3; in den Fällen des § 9 Absatz 5 Nummer 2 bis 4 ist die Übergangsbeihilfe nach Absatz 2 jedoch nur auf Antrag zu gewähren. Bemessungsgrundlage sind die Dienstbezüge und die Wehrdienstzeit, die der Berechnung der Übergangsbeihilfe nach Absatz 3 zugrunde gelegen haben. Die bisher gewährten Leistungen (Übergangsbeihilfe nach Absatz 3 und Ausgleichsbezüge) sind anzurechnen.

(5) Inhaber des Zulassungsscheins können innerhalb eines Zeitraums von acht Jahren nach Erteilung des Zulassungsscheins unter dessen Rückgabe die Übergangsbeihilfe nach Absatz 2 wählen, es sei denn, dass das Recht aus dem Zulassungsschein im Sinne des § 9 Absatz 6 erloschen ist. Der nachträgliche Erwerb des Zulassungsscheins gegen Rückzahlung der nach Absatz 2 gewährten Übergangsbeihilfe ist nicht zulässig.

(6) Sind Übergangsgebührnisse nach § 11 Absatz 5 ganz oder zum Teil bewilligt, so wird die Übergangsbeihilfe in dem entsprechenden Umfang gewährt.

(7) Die in § 11 Absatz 6 Satz 4 genannten Hinterbliebenen eines Soldaten auf Zeit, der nach einer Wehrdienstzeit von mehr als sechs Monaten verstorben ist, erhalten die Übergangsbeihilfe, die dem Verstorbenen nach Absatz 2 zugestanden hätte, wenn im Zeitpunkt seines Todes sein Dienstverhältnis unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 geendet hätte; Absatz 5 Satz 1 gilt entsprechend. Sind Anspruchsberechtigte nach Satz 1 nicht vorhanden, ist die Übergangsbeihilfe den Eltern zu gewähren. Sind Personen vorhanden, die Anspruch auf Witwen- oder Waisengeld oder Unterhaltsbeitrag nach § 42a Absatz 4 haben, sind die Sätze 1 und 2 nicht anzuwenden.

(8) Schwebt im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses gegen den Soldaten auf Zeit ein Verfahren, das nach § 54 Absatz 2 Nummer 2 des Soldatengesetzes zum Verlust der Rechtsstellung oder nach § 55 Absatz 1 oder 5 des Soldatengesetzes zur Entlassung führen könnte, so darf die Übergangsbeihilfe erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens und nur gewährt werden, wenn kein Verlust der Versorgungsbezüge eingetreten ist.

(9) § 49 Absatz 2 gilt entsprechend.

(1) Soldaten auf Zeit, die im unmittelbaren Anschluss an ihr Wehrdienstverhältnis Beamte werden wollen, erhalten auf Antrag einen Eingliederungsschein für den öffentlichen Dienst, wenn

1.
ihr Dienstverhältnis wegen Ablaufs einer festgesetzten Dienstzeit von zwölf oder mehr Jahren endet oder
2.
ihre Entlassung wegen Dienstunfähigkeit verfügt wird, nachdem
a)
ihre Dienstzeit für einen Zeitraum von zwölf oder mehr Jahren festgesetzt worden ist oder
b)
sie sich zwar für eine Dienstzeit von zwölf oder mehr Jahren verpflichtet haben, ihre Dienstzeit aber im Hinblick auf eine besondere Ausbildung zunächst auf einen kürzeren Zeitraum festgesetzt worden ist
und sie eine Dienstzeit von mindestens vier Jahren abgeleistet haben.

(2) Soldaten auf Zeit, die Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst oder ohne Inanspruchnahme eines Eingliederungsscheins Beamte werden wollen, erhalten auf Antrag einen Zulassungsschein für den öffentlichen Dienst, wenn ihr Dienstverhältnis aus den in Absatz 1 Nummer 1 oder 2 genannten Gründen endet.

(3) Der Eingliederungsschein oder der Zulassungsschein ist bei Ablauf der festgesetzten Dienstzeit oder bei Zustellung der Entlassungsverfügung zu erteilen. Der Zulassungsschein ist auch nach Rückgabe des Eingliederungsscheins auf Antrag, der innerhalb eines Monats nach Unanfechtbarkeit der Feststellung nach Absatz 5 Nummer 2, 3 oder 4 zu stellen ist, zu erteilen; die Erteilung eines Zulassungsscheins ist nicht mehr zulässig, wenn nach § 12 Absatz 4 Satz 1 ein Antrag auf Zahlung der Übergangsbeihilfe gestellt ist. Die Erteilung eines Eingliederungsscheins oder Zulassungsscheins ist ausgeschlossen, wenn der Soldat rechtskräftig zur Dienstgradherabsetzung verurteilt worden ist.

(4) Die Inhaber eines Eingliederungsscheins, eines Zulassungsscheins oder einer Bestätigung nach § 10 Absatz 4 Satz 4 sind auf die nach § 10 Absatz 1 und 2 vorbehaltenen Stellen als Beamte, dienstordnungsmäßig Angestellte oder Tarifbeschäftigte in das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit zu übernehmen, wenn sie die beamtenrechtlichen, dienstordnungsmäßigen oder tarifvertraglichen Voraussetzungen erfüllen.

(5) Das Recht aus dem Eingliederungsschein einschließlich des Anspruchs nach § 11a erlischt für seinen Inhaber, wenn

1.
er schuldhaft einer Aufforderung zur Mitwirkung im Eingliederungsverfahren nicht Folge geleistet hat,
2.
er eine Einstellung als Beamter nicht mehr oder nicht mehr mit Hilfe des Eingliederungsscheins anstrebt,
3.
seine Einstellung aus beamtenrechtlichen Gründen abgelehnt worden ist,
4.
das mit Hilfe des Eingliederungsscheins begründete Beamtenverhältnis aus einem von ihm zu vertretenden Grund vor der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit geendet hat oder
5.
das mit Hilfe des Eingliederungsscheins begründete Beamtenverhältnis aus disziplinarischen Gründen geendet hat.

(6) Das Recht aus dem Zulassungsschein erlischt für seinen Inhaber nach Ablauf von acht Jahren nach dessen Erteilung oder wenn er auf eigenen Antrag aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, während der Probezeit als dienstordnungsmäßig Angestellter oder als Tarifbeschäftigter oder aus einem Arbeitsverhältnis ohne vorgeschaltete Ausbildung nach Ablauf der Probezeit entlassen wird. Es erlischt ferner, wenn das Beamtenverhältnis aus disziplinarischen Gründen endet oder das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt wird.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 12. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 24.168,84 Euro festgesetzt.

Gründe

A.

1

Der Antragsteller ist Regierungsoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 Landesbesoldungsordnung – LBesO –) und in der Jugendstrafanstalt S. als Justizvollzugsbeamter eingesetzt. Er bewarb sich zusammen mit zwölf weiteren Beamtinnen und Beamten dieses Statusamtes auf die im Justizblatt Nr. 1 vom 16. Januar 2017 bei den Justizvollzugseinrichtungen zum Beförderungstermin am 18. Mai 2017 ausgeschriebenen sieben Beförderungsstellen nach Besoldungsgruppe A 11 LBesO (Regierungsamtfrau bzw. -mann).

2

Die zu diesem Termin zur Verfügung stehenden Beförderungsstellen im Bereich des Justizvollzugs vergab der Antragsgegner ausweislich des Besetzungsvermerks vom 14. März 2017 allein nach den Ergebnissen der über die Bewerber erstellten Regelbeurteilungen. Diese Beurteilungen wurden sämtlich zum Stichtag 1. Juli 2016 und auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt für die Beamten in der Justiz und im Justizvollzug neu in Kraft gesetzten Beurteilungsrichtlinien des Ministeriums der Justiz gefertigt.

3

Der Antragsteller, dem in seiner zu diesem Stichtag erstellten dienstlichen Beurteilung die abschließende Bewertung „A10.8“ („Der Beurteilte entspricht den Anforderungen stets voll und ganz und erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen“) erhalten hatte, wurde nicht ausgewählt, weil die Beigeladene, der gleichfalls die Gesamtnote „A10.8“ zuerkannt worden war, bei einer Auswertung der einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale der Beurteilungen im Wege der sog. Ausschärfung 252 Punkte erreicht hatte, während der Antragsteller hierbei lediglich 247 Punkte aufzuweisen hatte. Die Ausschärfung der Beurteilung erfolgte, indem den durch Ankreuzen im Beurteilungsformular vergebenen Einzelwertungen jeweils Punktwerte von null bis acht Punkten zugeordnet und die so erhaltenen Einzelwerte anschließend addiert wurden. Die höhere Summe entschied dann abschließend über die Vergabe des Beförderungsamtes, ohne dass auf ältere dienstliche Beurteilungen abgestellt oder Hilfskriterien herangezogen wurden.

4

Nachdem dem Antragsteller die Erfolglosigkeit seiner Bewerbung mitgeteilt worden war, stellte er einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Er rügte, die Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen sei fehlerhaft erfolgt, weil das nach den Beurteilungsrichtlinien nur zur Plausibilisierung des Gesamturteils dienende Berechnungssystem für eine anschließende Auswertung der Einzelergebnisse der dienstlichen Beurteilungen in der Justiz und im Justizvollzug nicht vorgesehen sei. Da eine rechtlich zulässige Ausschärfung somit nicht möglich gewesen sei, hätten die älteren dienstlichen Beurteilungen der Bewerber in den Blick genommen werden müssen. Da er in seiner vorletzten Beurteilung ein besseres Ergebnis als die Beigeladene erzielt habe, hätte ihm die Beförderungsstelle vergeben werden müssen. Außerdem habe die Beigeladene ihre Beurteilungsnote unter Verstoß gegen die Maßstabsgerechtigkeit erhalten, weil deren aktuelle Beurteilung im Vergleich zu ihrer früheren einen „außergewöhnlichen Notensprung“ aufweise, der nicht begründet worden sei.

5

Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag des Antragstellers ab. Hiergegen richtet sich seine Beschwerde, zu deren Begründung er seinen erstinstanzlichen Vortrag ergänzt und vertieft.

6

B.

7

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

8

I. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Regierungsamtfrauen und -männer ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 11 Landesbesoldungsordnung – LBesO – zu sichern sucht, zu Recht abgelehnt. Denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. §§ 936, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die von ihm gegen dieses vorinstanzliche Ergebnis dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung seiner Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

9

Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet an keinem Verfahrensfehler und hält auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der in Rede stehenden Stellen den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG –, Art. 19 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – und § 9 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – niedergelegten Grundsatz der Bestenauslese („Leistungsgrundsatz“) nicht zu Lasten des Antragstellers verletzt. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich der Senat inhaltlich anschließt, wird deshalb gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist von daher lediglich ergänzend auszuführen:

10

Nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und § 9 BeamtStG haben Bewerber um eine Beförderungsstelle einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010 – 2 BvR 2435/10 –, NVwZ 2011, 746; BVerwG, Urteil vom 22. November 2012 – 2 VR 5.12 –, BVerwGE 145, 102 [116]; OVG RP, Beschluss vom 29. August 2016 – 2 B 10648/16.OVG –, ZBR 2017, 209). Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung die Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zukommt. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 – 2 BvR 1120/12 –, NVwZ 2013, 573; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 2 VR 4.11 –, NVwZ-RR 2012, 241; OVG RP, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 – 2 B 10611/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 141 und vom 13. August 2015 – 2 B 10664/15.OVG –, AS 44, 30 [32]).

11

Diesen Anforderungen ist der Antragsgegner bei der hier im Streit stehenden Beförderungsentscheidung gerecht geworden. Denn er hat die Auswahl unter den Bewerbern ausschließlich nach den Ergebnissen der über diese Beamten erstellten dienstlichen Beurteilungen vorgenommen. Danach ist die Beigeladene, die ebenso wie der Antragsteller in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung die Gesamtnote „A10.8“ erhalten hatte, nach einer anschließenden Auswertung der Beurteilungsgrundlagen im Wege der sog. Ausschärfung zu Recht für eine Beförderung nach A 11 LBesO ausgewählt worden. Sie hat in der Summe der numerisch zugeordneten Einzelbewertungen insgesamt 252 Punkte erreicht, während der Antragsteller in seiner Beurteilung insofern lediglich 247 Punkte aufweisen kann. Da die Beigeladene somit ein um fünf Punkte besseres Ergebnis bei den einzelnen Bewertungen ihrer im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen erzielt hat, ist ihr bei der Vergabe einer der ausgeschriebenen Beförderungsstellen zu Recht der Vorzug gegenüber dem Antragsteller gegeben worden.

12

Die auf der Grundlage dieser Regelbeurteilungen vorgenommene Auswahlentscheidung für die im Justizvollzug im Rahmen der dort praktizierten sog. Topfwirtschaft landesweit vergebenen Beförderungsstellen steht mit den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben in Einklang. Dies gilt sowohl in Bezug auf die vom Antragsteller mit seiner Beschwerde in erster Linie gerügte Vereinbarkeit der neuen Beurteilungsvorschriften mit höherrangigem Recht (1.) als auch hinsichtlich des von ihm außerdem in Zweifel gezogenen Ergebnisses der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen (2.). Da die Beförderungsentscheidungen in zulässiger Weise bereits auf der Grundlage der Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber getroffen werden konnten, bedurfte es keines Rückgriffs auf ältere Beurteilungen oder einer Heranziehung von Hilfskriterien (3.). Weitere Rügen gegen das Auswahlsystem des Antragsgegners hat der Antragsteller in der Beschwerdeinstanz nicht erhoben, so dass es insgesamt bei der Entscheidung der ersten Instanz zu verbleiben hat. Insbesondere verbietet sich eine von Amts wegen gemäß §§ 125, 86 VwGO erfolgende Überprüfung des Ergebnisses der eigenen dienstlichen Beurteilung des Antragstellers (4.).

13

1. Die Verwaltungsvorschrift über die dienstlichen Beurteilungen der Beamtinnen und Beamten in der Justiz und im Justizvollzug vom 2. Juni 2016 (Justizblatt 2016, S. 71; im Folgenden: BeurteilungsVV), die auf den Ermächtigungsgrundlagen von § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Landesbeamtengesetz – LBG – i. V. m § 15 Abs. 1 Satz 2 Laufbahnverordnung – LaufbVO – beruht, gibt den Beurteilern in der Justiz und im Justizvollzug den rechtlichen Rahmen vor, innerhalb dessen sie ihre Bewertung von dienstlicher Eignung, Leistung und Befähigung der ihnen unterstellten Beamten vorzunehmen haben. Danach sind Beamte bis zur Besoldungsgruppe A 16 mit Amtszulage unter Verwendung des hierfür vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten Beurteilungsformulars dienstlich zu beurteilen.

14

Das Beurteilungsformular enthält insgesamt 60 Einzelmerkmale, die von den Beurteilern bei allen Beamten durch Ankreuzen des zutreffenden Feldes auszufüllen sind. Die einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale sind nach den Ausprägungsgraden „herausragend“, „außergewöhnlich“, „besonders stark“, „stark“, „normal“, „hinreichend“, „ansatzweise“, „kaum“ oder „nicht“ zu bewerten (Nr. 6.4 BeurteilungsVV). Die Einzelmerkmale sind dabei verschiedenen Gruppen von Merkmalen zugeordnet, von denen die Gruppe „Sach- und Fachkompetenz“ mit 25 Einzelmerkmalen den größten Anteil stellt. Es folgen „Allgemeine Persönlichkeitsmerkmale und persönliche Kompetenz“ mit 15 Einzelmerkmalen und „Soziale Kompetenz“ mit 10 Einzelmerkmalen. Für Beamte mit ausgeübter Leitungsfunktion ist im Beurteilungsformular zusätzlich die Merkmalgruppe „Führungsverhalten“ mit 10 Einzelmerkmalen auszufüllen.

15

Nachdem der Beurteiler sämtliche Einzelmerkmale angekreuzt hat, ist von ihm eine nach einem Punktsystem von 0 bis 18 Punkten festgelegte Gesamtbeurteilung zu erstellen. Die Punkte der Gesamtbeurteilung sind bis auf die niedrigste Bewertungsstufe (mit null Punkten) in Gruppen zu je drei Punkten zusammengefasst. Diesen Gruppen sind jeweils textliche Umschreibungen zugeordnet, die darstellen, in welchem Umfang der beurteilte Beamte den an ihn in seiner Statusgruppe zu erwartenden Anforderungen entspricht. Die niedrigste Gesamtbeurteilung lautet auf null Punkte („Die oder der Beurteilte erfüllt die Anforderungen in der Regel nicht“), die höchste Gesamtbeurteilung liegt bei 18 Punkten („Die oder der Beurteilte übertrifft die Anforderungen in ganz besonderem Maße und zeigt stets besonders herausragende Leistungen“). Der vergebenen Punktzahl ist schließlich das jeweilige Statusamt voranzustellen. Die durchschnittliche Beurteilung eines Oberinspektors würde so beispielsweise auf „A10.8“ lauten.

16

Die Gesamtbeurteilung hat der Beurteiler nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung in eigener Verantwortung vorzunehmen (vgl. Nr. 6.7 Satz 1 BeurteilungsVV). Die Gesamtwürdigung erfolgt gemäß Nr. 7.1 BeurteilungsVV unabhängig vom Anlass der Beurteilung und hat als Beurteilungsmaßstab den normalen Leistungsstand, der allgemein von Beschäftigten der betreffenden Statusgruppe oder des betreffenden Einstiegsamtes erwartet werden muss, zugrunde zu legen. Der normale Leistungsstand wird nach Nr. 7.1 Satz 3 BeurteilungsVV für jede Statusgruppe mit acht Punkten festgelegt (sog. Ankernote).

17

Für die Umrechnung der nach dem Ankreuzen erzielten Einzelpunkte in einen Punktwert für die Gesamtbeurteilung steht den Beurteilern eine Berechnungsformel als Orientierungshilfe zur Verfügung. Dabei entspricht jeder Ausprägungsgrad einem Punktwert von null bis acht, wobei null dem Ausprägungsgrad „nicht ausgeprägt“ und acht dem Ausprägungsgrad „herausragend ausgeprägt“ entspricht. Die Summe der erreichten Punkte ist sodann ins Verhältnis zu setzen zu der Summe der Punktwerte, die mit den bewerteten Merkmalen höchstens erreicht werden konnte (vgl. Nr. 6.7 Sätze 3 bis 5 BeurteilungsVV). Der sich so ergebende Prozentwert ergibt einen Vomhundertsatz, der als sogenannte Orientierungshilfe für eine Plausibilitätsprüfung dient. Von dieser Orientierungshilfe kann der Beurteiler nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift abweichen. In diesem Fall hat er die Gesamtbeurteilung schriftlich zu begründen (Nr. 6.7 Sätze 6 und 7 BeurteilungsVV).

18

Dieses, auf alle in der Justiz und im Justizvollzug in Rheinland-Pfalz eingesetzte Beamte gleichmäßig anzuwendende, Beurteilungssystem unterliegt weder einfachgesetzlichen noch verfassungsrechtlichen Bedenken. Es stellt im Gegenteil ein für die Beurteilungs- und Beförderungspraxis taugliches Instrument dar, die Leistung der Beamten in diesem Personalbereich vollständig und differenziert zu erfassen und so bei beamtenrechtlichen Auswahlentscheidungen dem Grundsatz der Bestenauslese die ihm zukommende Geltung zu verschaffen.

19

a) Die Feststellung der dienstlichen Eignung, Leistung und Befähigung hat der Antragsgegner in zulässiger Weise mit dienstlichen Beurteilungen vorgenommen, die im Wege des sog. Ankreuzverfahrens erstellt worden sind. Die Abschaffung der bislang bei den Beamten in der Justiz und im Justizvollzug gefertigten Beurteilungen mit Fließtexten und Einführung von Beurteilungen im Ankreuzverfahren ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig. Der Dienstherr ist im Rahmen seines weiten Organisations- und Gestaltungsspielraumes befugt, in seinen Beurteilungsrichtlinien ein Ankreuzverfahren für die Einzelbewertungen ohne zusätzliche individuelle textliche Begründungen vorzusehen, sofern die Bewertungsmerkmale hinreichend differenziert und die Notenstufen textlich definiert sind (vgl. BVerwG Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48, Rn. 11).

20

b) Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners verstößt im Hinblick auf die ihr zugrunde liegenden Beurteilungen auch nicht gegen den vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsatz, wonach sich „ohne entsprechende Rechtsgrundlage“ das Gesamturteil in dienstlichen Beurteilungen der Beamten nicht aus dem arithmetischen Mittel ergeben darf (so etwa Urteil vom 24. November 1994 – 2 C 21.93 –, BVerwGE 97, 128 [132]; Urteil vom 21. März 2007 – 2 C 2.06 –, Buchholz 232.1§ 40 BLV Nr. 27; Beschluss vom 21. März 2012 – 2 B 18.11 –, juris). Das Beurteilungs- und Beförderungssystem des Antragsgegners im Personalbereich der Justiz lässt die Bildung eines arithmetischen Mittels zur Gewinnung der Gesamtbewertung in der jeweiligen dienstlichen Beurteilung nämlich schon nicht zu, sondern verlangt ausdrücklich eine wertende Gesamtbetrachtung durch den Beurteiler. Von den Vorgaben der Richtlinie ist bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber auch nicht abgewichen worden (aa). Auch die nach Vorliegen aller Beurteilungen der Bewerber erfolgte Vergabe einer Rangpunktzahl für die Bildung einer Beförderungsreihung beinhaltet gleichfalls keinen Verstoß gegen das Verbot der „Arithmetisierung“ (bb).

21

aa) Das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehende Verbot, bei der Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung kein Beurteilungsverfahren einzusetzen, das ein Gesamturteil nur aus dem arithmetischen Mittel gewinnt, will verhindern, dass der Beurteiler bei seiner Aufgabe, aus den einzelnen Beurteilungsgrundlagen ein wertendes Gesamturteil zu bilden, durch mathematische Vorgaben behindert wird oder sich dieser Amtspflicht durch schlichtes „Mathematisieren“ entledigt. Da es bei der dienstlichen Beurteilung um die Bewertung individueller Leistungen geht, muss dem Beurteiler nicht nur die Möglichkeit einer eigenständigen Gesamtbetrachtung verbleiben; er muss diese auch bewusst durchführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 –, juris, Rn. 71: „Ein reiner Zahlenschematismus ist zu vermeiden“). Ein solcher Bewertungsmangel haftet den in diesem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren inzident zu überprüfenden Beurteilungen auf der Grundlage der neuen Beurteilungsrichtlinien des Antragsgegners jedoch nicht an.

22

aaa) Klarzustellen ist hierbei zunächst, dass sich diese Rechtsprechung nur auf das Gesamturteil, nicht aber auf die Ermittlung der Benotung mehrerer Hauptmerkmale bezieht, die sich ihrerseits aus mehreren Untermerkmalen zusammensetzen. Bei der Bildung des Gesamturteils muss der Beurteiler aber die unterschiedliche Bedeutung der Einzelmerkmale wertend berücksichtigen, indem er sie gewichtet (BVerwG, Urteil vom 24. November 1994 – 2 C 21.93 –, BVerwGE 97, 128 [131]; Urteil vom 21. März 2007 – 2 C 2.06 –, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 und juris, dort Rn. 14). Es muss also sichergestellt sein, dass ein Beurteiler zum Abschluss des Beurteilungsvorgangs die gezeigte Leistung auf der Grundlage der bewerteten Einzelmerkmale anschließend wertend zusammenfasst und diesen Bewertungsvorgang nicht aufgrund einer bloßen Rechenoperation überspringt oder sich – etwa durch externe Vorgaben – gehindert sieht, die von ihm an sich als richtig erachtete Bewertung zu vergeben, weil eine Rechenoperation ein anderes Ergebnis auswirft. Beurteilungen sind keine „mathematische Wissenschaft“ (BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 134.11 –, juris Rn. 11). Das bedeutet aber selbstverständlich nicht, dass der Beurteiler nach wertender Betrachtung der Hauptmerkmale nicht zu dem Ergebnis kommen dürfte, dass diese gleich zu gewichten sind. Eine derartige Gleichgewichtung ist nämlich nicht nur eine zulässige, sondern bei (wie hier) planvoll ausgesuchten Einzel- und Hauptmerkmalen sogar eine naheliegende Gewichtungsmethode. Das Verbot der arithmetischen Ermittlung des Gesamtergebnisses darf daher nicht als Verbot der wertenden Gleichgewichtung bestimmter Merkmale missverstanden werden.

23

bbb) Diese Vorgaben werden von den vorliegend zur Anwendung gelangten Beurteilungsrichtlinien, die nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 LV) bei allen Beamten in der Justiz und Justizvollzug verbindlich und einheitlich anzuwenden sind, beachtet. Nach Nummer 6.3 BeurteilungsVV soll die Beurteilung zunächst ein differenziertes Leistungsbild des zu beurteilenden Beamten zeichnen und dabei seine Stärken herausarbeiten sowie die Bereiche erkennen lassen, in denen eine Verbesserung erfolgen sollte. Zu diesem Zweck sind von den Beurteilern in dem nach Nr. 6.2 und Nr. 9.1 BeurteilungsVV zu verwendenden Beurteilungsformular gemäß Anlage 1 und 3 die einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale nach verschiedenen Ausprägungsgraden zu bewerten.

24

ccc) Gleiches gilt für die Ermittlung der Gesamtbeurteilung. Hier ist ein Bewertungssystem vorgesehen, in dem die einzelnen Gesamtbewertungen zwischen 0 und 18 Punkten zusammenzufassen sind (Nr. 6.5 BeurteilungsVV). Auch wenn danach bei der Ermittlung der Gesamtnote Zahlenwerte eingesetzt werden, so wird das Beurteilungsergebnis dennoch nicht mathematisch ermittelt. Denn für die letztverbindliche Notenvergabe schreibt Nr. 6.7 Satz 1 BeurteilungsVV vor, dass der Beurteiler die Gesamtbeurteilung „auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung“ vorzunehmen hat. Eine rein rechnerische Ermittlung des Beurteilungsergebnisses im Sinne eines Mittelwertverfahrens ist danach also bereits nach den Vorgaben der Richtlinie nicht zulässig.

25

Im Gegenteil schreibt Nr. 6.5 Satz 2 BeurteilungsVV ausdrücklich vor, dass sich die Gesamtbeurteilung „nachvollziehbar und plausibel“ aus den Einzelbewertungen herleiten lassen müsse. Das anschließend zur Anwendung kommende Punktesystem ist, wie die Richtlinie schon ihrem Wortlaut nach deutlich macht, keine Rechenformel, sondern lediglich eine „Orientierungshilfe“ (vgl. Nr. 6.7 Satz 3 BeurteilungsVV). Sie dient vor allem der Kontrolle, ob die zuvor vergebenen Einzelbewertungen die anschließende Gesamtbewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nachvollziehbar und plausibel tragen. Von dieser Orientierungshilfe kann der Beurteiler sogar in Fällen abweichen (Nr. 6.7 Satz 7 und 8 BeurteilungsVV). Auch dies belegt, dass eine „rein rechnerische Ermittlung“ (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2012 – 2 B 18.11 –, juris Rn. 7) der Gesamtbeurteilung im Personalbereich der Justiz und des Justizvollzugs nicht erfolgt.

26

bb) Des Weiteren verstößt die im Besetzungsvermerk im Wege der „Binnendifferenzierung“ erfolgte Vergabe einer Gesamtpunktzahl an die Bewerber nicht gegen höherrangiges Recht. Bei diesem Umrechnungssystem werden den im Beurteilungsbogen vom Beurteiler angekreuzten einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmalen gemäß Nr. 6.7 BeurteilungsVV zunächst jeweils numerische Werte von null („nicht ausgeprägt“) bis acht („herausragend ausgeprägt“) Punkten zugeordnet und die so gewonnenen Einzelwerte anschließend in einer Summe zusammengefasst, so dass sich anschließend die Platzierung der Beurteilten innerhalb der Beförderungsreihung ermitteln lässt (vgl. im Hinblick auf den Antragsteller und die Beigeladene Bl. 62 und 77 des Besetzungsvorgangs).

27

Auch dies stellt keine unzulässige arithmetische Ermittlung des Beurteilungsergebnisses und der darauf beruhenden Auswahlentscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um eine sowohl verfassungsrechtlich als auch einfachgesetzlich zulässige und in vielen Personalbereichen in Bund und Ländern seit Jahren praktizierte Methode der Auswertung von Beurteilungsergebnissen, die gerade bei Beförderungsterminen mit einer Vielzahl von Bewerbern in mehreren Statusämtern, die in verschiedenen Behörden und dort auf unterschiedlichen Dienstposten eingesetzt sind (sog. Massenbeförderungen) sachgerecht ist, um den mit diesen Verfahren befassten Amtswaltern ein Instrument zur praktikablen und vollständigen Auswertung der Ergebnisse von Einzelmerkmalen im Rahmen der sog. Ausschärfung dienstlicher Beurteilungen an die Hand zu geben. Gegen das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu beachtende Verbot der mathematischen Gewinnung von Beurteilungsergebnissen bzw. Beförderungsentscheidungen verstößt diese Handhabung aus mehreren Gründen nicht.

28

aaa) Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei dem vorstehend dargestellten Umrechnungssystem schon begrifflich nicht um eine „Arithmetisierung“ handelt. Das arithmetische Mittel (auch „Mittelwert“ genannt) ist definiert als ein Durchschnittswert, der aus dem Quotient der Summe einzelner Zahlwerte und ihrer Anzahl berechnet wird. Um den Rangplatz des jeweiligen Bewerbers zu ermitteln, wird bei dem Beförderungssystem des Antragsgegners ein solcher Durchschnittswert jedoch erst gar nicht gebildet. Für die Bestimmung des Beförderungsrangplatzes eines Bewerbers ist dort nicht der Quotient, sondern die Summe der Einzelbewertungen maßgebend.

29

bbb) Hinzu kommt, dass dieses System auch deshalb nicht gegen das Verbot der mathematischen Gewinnung von Gesamtbewertungen dienstlicher Beurteilungen verstößt, weil die Beurteilungsergebnisse aller Bewerber zu dem Zeitpunkt, in dem im Besetzungsbericht des Ministeriums der Justiz vom 14. März 2017 die Zusammenfassung der Einzelaussagen nach dem vorstehend dargestellten Umrechnungssystem erfolgte, bereits feststanden. Von einer arithmetischen „Ermittlung“ der Beurteilungsergebnisse kann unter diesem Gesichtspunkt schon aus Gründen der zeitlichen Abfolge nicht die Rede sein.

30

Außerdem wurde oben unter I. 1. b) aa) bereits festgestellt, dass bereits die Beurteilungsergebnisse der Beamten ohne arithmetische „Berechnung“ erzielt wurden, weil die Richtlinie eine solche Arithmetisierung nicht zulässt. Wenn danach schon bei der Gewinnung der Beurteilungsergebnisse keine „Mathematisierung“ erfolgt, dann muss dies in umso stärkerem Maße für die Ausschärfung der Einzelergebnisse von dienstlichen Beurteilungen gelten.

31

ccc) Mit seinen Ausführungen im Besetzungsbericht, wonach sämtliche Einzelmerkmale gleichrangig nebeneinanderstehen und nicht unterschiedlich gewichtet werden, hat der Antragsgegner die Grenzen des ihm eingeräumten Einschätzungs- und Bewertungsspielraums gleichfalls nicht überschritten. Denn die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 und juris, dort Rn. 36).

32

Bei der Gewichtung bestimmter Einzelmerkmale handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis. Es ist allein Sache des Dienstherrn, bestimmten Merkmalen im Verhältnis zu anderen Merkmalen bei der Feststellung der Bewährung im Hinblick auf Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besonderes Gewicht beizumessen. Erstreckt sich nämlich die dem Dienstherrn eingeräumte Beurteilungsermächtigung u.a. darauf, die zahlreichen Anforderungen festzulegen, denen der Beamte im Rahmen seiner Laufbahn gewachsen sein muss, (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 1998 – 2 C 5.97 –, BVerwGE 106, 263 [268]), so gilt dies in gleicher Weise auch für die Bestimmung der spezifischen Anforderungen, die nach seiner Einschätzung für die Erfüllung der mit den Ämtern der Laufbahn verbundenen Aufgaben von besonderer Bedeutung sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2011 – 1 A 808/09 –, juris Rn. 26).

33

Eingedenk dessen kann es im Rahmen der Bewertung der Einzelmerkmale dienstlicher Beurteilungen nicht richtig sein, eine einheitliche Gewichtung von Einzelmerkmalen von vornherein als sachfremd anzusehen. Sowohl die oberste Dienstbehörde als auch die einzelnen Beurteiler sind vielmehr berechtigt, im Rahmen der Gewichtung einer dienstlichen Beurteilung die vorhandenen Einzelmerkmale auch so zu bewerten, dass diese im Verhältnis zur Gesamtbeurteilung stets gleichwertig sind. Der Dienstherr ist weder aus dem Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG noch aus einfachem Recht verpflichtet, diese Einzelmerkmale unterschiedlich zu bewerten. Wenn der Antragsgegner sich aus nachvollziehbaren Gründen dafür entschieden hat, die Gewichtung der Einzelmerkmale paritätisch vorzunehmen, so unterfällt diese Entscheidung deshalb ebenso seinem Beurteilungsspielraum wie eine – rechtlich ebenso zulässige – unterschiedliche Gewichtung einzelner Leistungs- oder Befähigungsmerkmale.

34

Unabhängig von diesen Erwägungen sind die dienstlichen Beurteilungen im Bereich der Justiz und des Justizvollzugs aber auch dadurch gekennzeichnet, dass sie eine unterschiedliche Zahl von Einzelmerkmalen bei den verschiedenen Leistungsgruppen aufweisen. Allein durch die danach vorliegende unterschiedliche Anzahl von Einzelmerkmalen hat der Antragsgegner als Richtliniengeber in diesem Personalbereich die Wertigkeit der einzelnen Merkmale festgelegt. Indem etwa der Gruppe „Fachkompetenz“ insgesamt zwanzig Einzelmerkmale zugeordnet sind, kann ein Beamter, der im Beurteilungszeitraum in diesem Bereich besonders gute Leistungen erzielt hat, sich gegenüber Konkurrenten, die etwa in der Gruppe „Soziale Kompetenz“ mit lediglich fünf Einzelmerkmalen hohe Einzelnoten erreicht haben, hervorheben. Eine Gleichartigkeit der Gewichtungen der insgesamt fünfzig bzw. (mit Bewertung des Führungsverhaltens) sechzig Einzelmerkmale besteht deshalb nur scheinbar. In Wirklichkeit ist vom Dienstherrn bereits durch die unterschiedliche Anzahl von Einzelmerkmalen in den einzelnen Leistungsgruppen eine differenzierte Gewichtung der verschiedenen Einzelmerkmale vorgenommen worden.

35

Überdies ist es bei den landesweit im Wege der sog. Topfwirtschaft mit „fliegenden“ Stellen ausgeschriebenen Beförderungsstellen auch ohne Weiteres nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner darauf hinweist, dass die Dienstposten in den Justizvollzugseinrichtungen, die sowohl durch Funktionen mit breiter und daher vielschichtiger Aufgabenwahrnehmung als auch, besonders in großen Organisationseinheiten, durch stark spezialisierte Arbeitsbereiche gekennzeichnet seien, sich jeweils erheblich unterschieden und deshalb nicht einzelne, für die Aufgabenerfüllung bedeutsame Leistungsmerkmale gegenüber anderen hervorgehoben werden dürften. Seine dergestalt getroffene und im Besetzungsvermerk auch ausführlich begründete Entscheidung, wegen dieser starken Bandbreite der von den Beamten wahrgenommenen Aufgaben im Justizvollzug auf eine Gewichtung der Einzelmerkmale zu verzichten, ist nicht sachfremd. Sie ist vielmehr nachvollziehbar und – vor allem – von dem gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 LBG i. V. m § 15 Abs. 1 Satz 2 LaufbVO dem Richtliniengeber zustehenden Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum gedeckt.

36

ddd) Ohne Erfolg bleibt der in diesem Zusammenhang vom Antragsteller erhobene Einwand, wonach eine Zusammenfassung der Einzelergebnisse auch deshalb nicht zulässig sei, weil die Berechnungsformel nach Nr. 6.7 BeurteilungsVV bereits bei Ermittlung des Beurteilungsergebnisses herangezogen worden sei. Hierin ist keine gleichsam unzulässige Doppelverwertung der Berechnungsformel zu sehen.

37

Zum einen ist schon nicht ersichtlich, warum die lediglich als Kontrolle der Plausibilität des jeweiligen Beurteilungsergebnisses als „Orientierungshilfe“ erfolgte Umrechnung der Einzelmerkmale in Punktwerte für den anschließend erstellten Besetzungsbericht als „verbraucht“ anzusehen sein sollte. Es liegt – im Gegenteil – sogar nahe, das schon bei der Gewinnung des Gesamtergebnisses verwendete Bezugssystem auch für die bei einem Beurteilungsgleichstand „auf der zweiten Stufe“ erforderlich werdende inhaltliche Erfassung der Einzelmerkmale nutzbar zu machen.

38

Zum zweiten handelt es sich bei der vom Antragsgegner im Besetzungsbericht erfolgten Zusammenfassung der Einzelergebnisse der Sache nach lediglich um ein verwaltungstechnisches Hilfsmittel zur vollständigen Erfassung und Auswertung der Beurteilungsgrundlagen, die bei einem Gleichstand der Ergebnisse der Gesamtbeurteilung nach der Rechtsprechung des Senats gerade dann im Wege der Ausschärfung erforderlich wird (Beschluss vom 10. September 2013 – 2 B 10781/13.OVG –, ZBR 2014, 57). Auf welche Weise der Dienstherr der Bewerber eine solche Zusammenfassung durchführt, unterfällt jedoch wiederum seinem Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum.

39

Sachfremde oder mit allgemeinen Bewertungsgrundsätzen nicht vereinbare Erwägungen haben bei dem vorliegend zu untersuchenden Auswertungssystem erkennbar keine Rolle gespielt. Es ist vielmehr gerade bei jährlich stattfindenden Beförderungsterminen im Bereich der rheinland-pfälzischen Justiz mit den über das gesamte Land verteilten Gerichten, Staatsanwaltschaften sowie Justizvollzugseinrichtungen und der Vielzahl von Bewerbern, die in ihren verschiedenen Statusämtern auf unterschiedlichen Dienstposten eingesetzt sind, sachgerecht, den mit den Beförderungen regelmäßig befassten Entscheidungsträgern – gerade auch zur Gewährleistung gleicher Beurteilungsmaßstäbe und damit zur Vermeidung von Auswahlfehlern – eine solche Auswertungshilfe an die Hand zu geben. Damit wird zugleich ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden und so die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung auch in diesem Bereich gewährleistet.

40

Diesem Gesichtspunkt kommt Verfassungsrang zu (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. November 2014 – 2 C 17.03 –, BVerwGE 122, 237 [239], und vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48 Rn. 15; stRspr). Eine Beeinträchtigung des – gleichfalls verfassungsmäßig nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV gesicherten – Rechts der Beamten auf berufliches Fortkommen ist demgegenüber nicht zu erkennen. Die durch das Umrechnungssystem des Antragsgegners gewährleistete vollständige Erfassung des Leistungs- und Befähigungspotenzials der Bewerber durch diese Form der Ausschärfung mittels Umrechnung von Einzelergebnissen nach vorheriger Zuordnung eines bestimmten Punktwertes dient im Gegenteil dazu, objektive und nicht zuletzt auch für die Betroffenen nachvollziehbare Ergebnisse zu erzielen. Eine andere Handhabung, insbesondere eine separate Gewichtung der bereits vorliegenden und als solche abgeschlossenen dienstlichen Beurteilungen, würde die Anforderungen an die Bewerberauswahl bei Massenbeförderungen derart überspannen, dass der Verwaltungsaufwand, der sich in personalintensiven Bereichen des Antragsgegners (Polizei, Justiz, Bildung) schon jetzt zum Teil als ganzjährige Aufgabe der damit befassten Amtswalter darstellt, in einem ganz erheblichen Umfang erhöhen würde.

41

Hinzu kommt, dass der Dienstherr bei der Ausschärfung von Einzelmerkmalen nicht den engen Bindungen des Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV unterworfen ist, wie sie bei der Bildung des Gesamturteils zu beachten sind. Nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung hat der Dienstherr bei im wesentlichen gleichlautenden Gesamtbeurteilungen von Bewerbern ein weites Ermessen, wie er die Auswahlentscheidung herbeiführt. Dabei hat er zwar (auch) nach der Rechtsprechung des Senats in erster Linie die Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 2 B 10648/14.OVG –, AS 43, 68 [78]). In der Art und Weise, wie er dies bewerkstelligt, unterliegt er jedoch nicht den gleichen strengen Bindungen wie sie etwa bei der Maßgabe gelten, wonach für die Vergabe von Beförderungsämtern zunächst dienstliche Beurteilungen heranzuziehen sind. Auch unter diesem Blickwinkel hat der Antragsgegner bei dem von ihm praktizierten Auswertungssystem den ihm zukommenden Bewertungs- und Gestaltungsspielraum nicht verlassen.

42

eee) Die vom Antragsteller für seine Rechtsauffassung herangezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 23. Januar 2017, – 4 S 2241/16 –, juris) kann diesem Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Der vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsauffassung, nach der sich bei dienstlichen Beurteilungen, bei denen die Bildung eines Gesamturteils vorgesehen ist, mit dem die Einzelwertungen in einer nochmaligen eigenständigen Wertung zusammengefasst werden, sich nicht nur die rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils verbiete, sondern auch der Rückgriff auf das arithmetische Mittel der Einzelbewertungen zur Begründung eines Beurteilungsvorsprungs bei gleichem Gesamturteil, kann nämlich jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.

43

Dem Beschluss lag schon ein sich von dem vorliegenden Beurteilungs- und Beförderungssystem unterscheidender Sachverhalt zugrunde, in dem der Dienstherr im Rahmen der Auswahlentscheidung tatsächlich auf den höheren Wert des arithmetischen Mittels von einzelnen Leistungsbewertungen abstellte. Damit griff er bei gleicher eigenständiger Gesamtbewertung auf rechnerisch ermittelte Durchschnittswerte der Einzelbewertungen zurück, um hieraus – trotz des vorgefundenen Gleichstands – einen Beurteilungsvorsprung herzuleiten und setzte sich so über die Gesamtbewertung und die in dieser enthaltenen Würdigung und Gewichtung hinweg (so VGH BW, Beschluss vom 23. Januar 2017 – 4 S 2241/16 –, juris Rn. 9).

44

Um ein solches Verfahren zur Gewinnung eines Mittelwerts, der für die Festlegung des Beförderungsrangplatzes „errechnet“ wird, handelt es sich bei dem Auswertungssystem im Bereich des Strafvollzuges jedoch nicht. In dem hier zur rechtlichen Überprüfung stehenden System wird vielmehr lediglich die Summe der zuvor gemäß Nr. 6.7 BeurteilungsVV gewichteten Merkmale – ohne Hinzutreten weiterer Rechenschritte – herangezogen, um die Reihung von Bewerbern mit gleichem Gesamtergebnis vornehmen zu können.

45

Hinzu kommt, dass die Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Beamten nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung den vom Dienstherrn berufenen Amtswaltern als ein Akt wertender Erkenntnis vorbehalten bleibt. Deren Wertungen sind deshalb nur daraufhin zu untersuchen, ob die Beurteiler von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich bewegen konnten, verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. September 2007 – 2 BvR 1855/07 –, NVwZ-RR 2008, 433; Kammerbeschluss vom 17. Februar 2017 – 2 BvR 1558/16 –, NVwZ 2017, 1133 [1134]; BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1980 – 2 C 8.78 –, BVerwGE 60, 245 [246]; und vom 28. Januar 2016 – 2 A
1.14 –, NVwZ 2016, 1654). Dass die Bevorzugung eines Mitbewerbers, der bei einer Gesamtbetrachtung seiner Einzelbewertungen besser beurteilt worden ist als sein Mitbewerber, auf sachfremden Erwägungen beruhen könnte, ist aber unter keinem denkbaren Blickwinkel zu erkennen.

46

c) Die Objektivität und sachlich begründete Rechtfertigung der Einzelauswertung zeigt auch der vorliegende Sachverhalt. Während der Beigeladenen in ihrer dienstlichen Beurteilung in mehreren Einzelmerkmalen der zweithöchste Ausprägungsgrad und in noch mehr Einzelmerkmalen der dritthöchste Ausprägungsgrad zuerkannt wurde, finden sich derart hohe Einzelbewertungen bei dem Antragsteller in einem weitaus geringeren Umfang. Der zweithöchste Ausprägungsgrad wurde in seiner Beurteilung sogar überhaupt nicht vergeben. Stattdessen erfolgten die Bewertungen seiner dienstlichen Leistungen in einem weitaus höheren Maße mit lediglich durchschnittlichen oder allenfalls leicht überdurchschnittlichen Bewertungen. Mit dieser, sich bei einer Auswertung der vorliegenden Beurteilungen geradezu aufdrängenden Erkenntnis stimmt die vom Antragsgegner ermittelte Punktzahl in tatsächlicher Hinsicht überein. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers durch die Bevorzugung der Beigeladenen bei der Vergabe einer der Beförderungsstellen für Regierungsamtfrauen und -männer durch das vom Antragsgegner angewandte Beförderungssystem ist nach alledem nicht erkennbar.

47

2. Des Weiteren rechtfertigen die – mit seiner Beschwerde ausdrücklich aufrecht erhaltenen – Rügen des Antragstellers gegen das Ergebnis der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen, mit denen er geltend macht, diese sei unter Verstoß gegen den Grundsatz der Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe beurteilt worden, gleichfalls nicht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte, dass diese Beurteilung in dem zur Überprüfung des Senats gestellten Umfang rechtswidrig und sie deshalb keine taugliche Auswahlgrundlage sein könnte.

48

a) Bei dieser Prüfung ist zunächst von Bedeutung, dass die dem Auswahlverfahren zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen nicht unmittelbar Streitgegenstand des vorliegenden beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahrens sind. Solche Beurteilungen werden in einem Verfahren zur Sicherung eines geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruches des in einer beamtenrechtlichen Konkurrenz unterlegenen Bewerbers gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO vielmehr stets nur inzident, das heißt im Zusammenhang mit der Auswahlentscheidung lediglich „nebenbei anfallend“ überprüft (vgl. OVG RP, Beschluss vom 18. Juli 2012 – 2 B 10606/12.OVG –, ESOVGRP und juris; Beschluss vom 13. August 2015 – 2 B 10664/15.OVG –, AS 44, 30 [34]; Beschluss vom 21. August 2017 – 2 B 11290/17.OVG –, juris). Dementsprechend muss der Dienstherr die in einem Eilverfahren vom Verwaltungsgericht als fehlerhaft angesehene dienstliche Beurteilung des im Konkurrenteneilverfahren beigeladenen Mitbewerbers weder unmittelbar aufheben noch abändern. Sie bleibt vielmehr zunächst so wie sie erstellt worden ist bestehen und ist aus der Personalakte des Betreffenden auch nicht zu entfernen OVG RP, Beschluss vom 21. August 2017, a.a.O.).

49

b) Hinzu kommt, dass nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung dienstliche Beurteilungen auch in einem Hauptsacheverfahren, das auf Aufhebung oder Abänderung der jeweiligen Beurteilung gerichtet ist, wegen des den Beurteilern zukommenden Beurteilungsspielraumes nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die gerichtliche Prüfung hat sich dabei darauf zu beschränken, festzustellen, ob der Beurteiler von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem er sich bewegen konnte, verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. September 2007 – 2 BvR 1855/07 –, NVwZ-RR 2008, 433; Kammerbeschluss vom 17. Februar 2017 – 2 BvR 1558/16 –, NVwZ 2017, 1133 [1134]; BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1980 – 2 C 8.78 –, BVerwGE 60, 245 [246]; und vom 28. Januar 2016 – 2 A 1.14 –, NVwZ 2016, 1654). Daher sind auch in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren nicht sämtliche Rügen, die der in einer Beförderungskonkurrenz unterlegene Beamte gegen seine eigene oder die Beurteilung eines Mitbewerbers erhebt, in vollem Umfang nachzuprüfen.

50

c) Aus diesen Erwägungen folgt, dass es in einem derartigen verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ausschließlich dem Antragsteller obliegt, die von ihm behauptete Fehlerhaftigkeit der für die Auswahlentscheidung maßgeblichen eigenen oder „fremden“ dienstlichen Beurteilung im Einzelnen substantiiert zu belegen. Unterlässt er dies oder erweisen sich seine Einwände schon im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren als nicht durchgreifend, so kann sein Antrag, der auf Verhinderung der Dienstpostenübertragung oder der Aushändigung der Ernennungsurkunde an den Auswahlsieger gerichtet ist, keinen Erfolg haben.

51

aa) Das gilt zunächst, wenn der unterlegene Bewerber um einen Beförderungsdienstposten oder eine höher bewertete Planstelle eine unzureichende oder fehlerhafte Tatsachengrundlage bei seiner eigenen Beurteilung oder derjenigen des Konkurrenten geltend macht. Bei einer solchen Rüge obliegt es ihm, diesen Vortrag mit nachprüfbaren Umständen zu belegen. So wie der Dienstherr bei der Anfechtung einer dienstlichen Beurteilung durch den Beurteilten nachvollziehbar darlegen muss, auf welcher Tatsachengrundlage der Beurteiler seine Bewertung der fachlichen Eignung und Leistung des zu beurteilenden Beamten getroffen hat, so hat derjenige Antragsteller, der die Rüge der fehlerhaften oder unvollständigen Tatsachengrundlage erhebt, hinreichende Anknüpfungstatsachen anzugeben, die dem Verwaltungsgericht die Prüfung erlauben, ob und in welchem Umfang die inzident angefochtene dienstliche Beurteilung des Beigeladenen tatsächlich auf einer tatsächlich oder rechtlich fehlerhaften Grundlage erstellt worden ist.

52

bb) Gleiches gilt aber auch, wenn sich der in einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren unterlegene Antragsteller in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren – wie hier – auf eine angebliche Unterschiedlichkeit in der Anwendung der zu beachtenden Beurteilungsmaßstäbe durch den oder die Beurteiler beruft. Hier hat eine „gestufte“ Überprüfung zu erfolgen.

53

aaa) Bei einer solchen Rüge ist zunächst von der in den Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen Maßstabsbildung auszugehen. Wie bei allen Formalfehlern ist dies vom Verwaltungsgericht als offensichtlich vorliegende Fehlerquelle in vollem Umfang zu untersuchen. Ergibt diese Prüfung, dass die Beurteilungsrichtlinien einen mit den gesetzlichen Vorgaben und den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu vereinbarenden Beurteilungsmaßstab vorgeben, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich auch die Beurteilungspraxis an diesem Maßstab orientiert. Dies folgt aus dem verwaltungsgerichtlich anerkannten Grundsatz, wonach Beurteilungsrichtlinien nicht wie Rechtsnormen auszulegen sind, sondern als Willenserklärung der anordnenden Stelle unter Berücksichtigung der tatsächlichen Handhabung dasjenige Verständnis maßgeblich ist, das auch ihrer tatsächlichen Anwendung zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Februar 1995 – 2 C 19.94 –, ZBR 1995, 240; vom 2. März 1995 – 2 C 17.94 –, ZBR 1995, 238; und vom 10. April 1997
2 C 38.95 –, ZBR 1998, 46; stRspr). Deshalb kann der Dienstherr in seiner Verwaltungspraxis sogar vom eigentlichen Begriffsinhalt der Richtlinien abweichen, sofern diese Praxis einheitlich erfolgt und er zum Ausdruck gebracht hat, dass er die abweichende Handhabung duldet.

54

bbb) Für einen derartigen Anwendungsfehler im Beurteilungsmaßstab reicht jedoch die bloße Behauptung des Antragstellers in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren, bei der Beurteilung eines beigeladenen Mitbewerbers läge eine von den Richtlinien abweichende, zu großzügige Beurteilungspraxis vor, nicht aus, um die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen. In diesem Fall sind vielmehr die Folgen, die einträten, wenn die beantragte Anordnung erginge und sich später die Rechtmäßigkeit der angelegten Beurteilungsmaßstäbe (und damit auch der angegriffenen Beurteilung) herausstellte, denjenigen Folgen gegenüberzustellen, die einträten, wenn die vorläufige Untersagung der Beförderung des Auswahlsiegers abgelehnt würde, sich aber im sich anschließenden Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit der Beurteilungsmaßstäbe und damit auch der angegriffenen Beurteilung herausstellte (vgl. zu diesem Maßstab bei einer Folgenabwägung im Eilverfahren BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. August 2017– 1 BvR 1741/17 –, juris Rn. 13).

55

Die hierbei je nach Ausgang des Hauptsacheverfahrens eintretenden Rechtsfolgen unterscheiden sich erheblich. Stellt sich dort heraus, dass eine der im Konkurrenteneilverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO angegriffenen dienstlichen Beurteilungen rechtswidrig war, so kann der im Eilverfahren unterlegene Antragsteller, von den Fällen der Rechtsschutzvereitelung abgesehen (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 4. November 2010, BVerwGE 138, 102 ff.), wegen der dann regelmäßig ausgehändigten Ernennungsurkunde an den obsiegenden Beigeladenen und des Grundsatzes der Ämterstabilität im öffentlichen Dienst zwar nicht mehr befördert werden. Stattdessen hat er aber – bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen – einen Anspruch auf Gewährung von Schadenersatz wegen unterbliebener Beförderung. Damit sind für ihn sämtliche finanzielle Einbußen bis hin zur versorgungsrechtlichen Berücksichtigung der ihm im Eilverfahren zu Unrecht vorenthaltenen Beförderungsstelle kompensiert.

56

Gänzlich anders stellt sich die Situation dagegen für den in solchen Verfahren regelmäßig beizuladenden Auswahlsieger dar. Wird die von einem unterlegenen Bewerber beantragte einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO erlassen, so kann der Beigeladene während des gesamten Zeitraums nach Erlass dieser Sicherungsanordnung nicht befördert werden. Erweist sich dann aber in einem späteren Hauptsacheverfahren die im Eilverfahren vom Antragsteller (als zu schlecht) in Zweifel gezogene eigene dienstliche Beurteilung oder die (als zu gut) angefochtene fremde Beurteilung des Beigeladenen doch als rechtmäßig, so hat der Beigeladene regelmäßig keine rechtliche Möglichkeit, seinen Vermögensschaden wegen der nicht erfolgten Beförderung im Wege des Schadenersatzes geltend zu machen.

57

Vom Antragsteller kann der Beigeladene regelmäßig keinen Schadenersatz verlangen, weil dieser in der Wahrnehmung berechtigter Interessen handelte. Gegenüber den im Eilverfahren beteiligten Verwaltungsgerichten steht ihm ein Schadenersatzanspruch nicht zu, weil von diesen wegen des sog. Spruchrichterprivilegs (§ 839 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) Schadenersatz nur bei Vorliegen einer Straftat verlangt werden kann. Schließlich kann der Beigeladene auch gegenüber seinem Dienstherrn keinen Schadenersatz durchsetzen. Denn dieser beantragt während des Eilverfahrens regelmäßig, den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Er ist deshalb bei einer dennoch erfolgenden Stattgabe des Eilantrags nicht verantwortlich für den durch die nicht erfolgte Beförderung beim Beigeladenen eingetretenen Vermögensschaden. Für den – sich gegebenenfalls über mehrere Jahre erstreckenden – Zeitraum des Hauptsachverfahrens muss der Beigeladene den dadurch eingetretenen Vermögensschaden kompensationslos hinnehmen. Im Extremfall kann er sogar wegen des sich über die Jahre hinziehenden Rechtsstreits die Versorgungswirksamkeit der ihm nach gewonnenem Hauptsacheverfahren zuerkannten Besoldung aus dem höheren Statusamt (vgl. § 12 Abs. 2 Landesbeamtenversorgungsgesetz Rheinland-Pfalz) verlieren. Möglicherweise kann er sogar wegen Erreichens der Regelaltersgrenze oder zwischenzeitlich eingetretener Dienstunfähigkeit überhaupt nicht mehr befördert werden. Auch diese – erhebliche – Folge wegen einer im Eilverfahren zu Unrecht als rechtswidrig angesehenen Beurteilung geht kompensationslos zu Lasten des Beigeladenen.

58

Diese Rechtsfolgenbetrachtung macht deutlich, dass wegen des erheblichen und gegebenenfalls sogar nicht mehr ausgleichsfähigen Vermögensschadens, den ein Beigeladener erleiden würde, wenn dem Eilantrag in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren allein wegen eines angeblichen Beurteilungsfehlers zu Unrecht stattgegeben wird, strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung der von einem Antragsteller geltend gemachten Beurteilungsfehler zu stellen sind (vgl. zum Vorstehenden: OVG RP, Beschlüsse vom 13. August 2015 – 2 B 10664/15.OVG –, AS 44, 30 [37 f.]; und vom 21. August 2017 – 2 B 11290/17.OVG –, juris). Dies macht eine besondere Plausibilitätsprüfung des Vortrags eines um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchenden Antragstellers erforderlich. Die bloße – gleichsam „ins Blaue hinein“ aufgestellte – Behauptung, bei den Beurteilungen eines Mitbewerbers sei von dessen Beurteiler ein großzügigerer und damit gegenüber der eigenen Beurteilung abweichender Beurteilungsmaßstab angelegt worden, genügt hierfür nicht. Der in einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren unterlegene Bewerber hat hierzu vielmehr im Einzelnen und nachprüfbar die Anknüpfungstatsachen anzugeben, aus denen sich ein Anwendungsfehler im Beurteilungsmaßstab ergeben könnte. Ist nach einem derart substantiierten Vortrag die Unterschiedlichkeit der Anwendung der nach den Beurteilungsrichtlinien einzuhaltenden Beurteilungsmaßstäbe zumindest möglich, so muss eine Beförderung des auf solcherart (möglicherweise) unterschiedlich angewandten Beurteilungsmaßstäben beurteilten Mitbewerbers vorläufig unterbleiben (OVG RP, Beschluss vom 21. August 2017, a.a.O.).

59

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Vortrag des Antragstellers im vorliegenden Verfahren nicht geeignet, die Beförderung der Beigeladenen zu verhindern. Hierzu gibt er allein an, bei der Beigeladenen seien die Maßgaben bei der Umrechnung der alten Noten in das neue System abweichend von den „Handreichungen“ des Antragsgegners, die anlässlich mehrerer Beurteilerkonferenzen im Ministerium ausgegeben worden seien, nicht beachtet worden. Bei dieser Argumentation übersieht er, dass weder bei ihm noch im Fall der Beigeladenen eine „Umrechnung“ der alten Beurteilungsnote in eine neue Gesamtbeurteilung (unter Anwendung der neuen Notenskala) vorgenommen worden ist. Ein solches Vorgehen wäre auch bereits nach den eigenen Vorgaben des Antragsgegners unzulässig gewesen. Denn Nr. 11.3 BeurteilungsVV schreibt hierzu ausdrücklich vor, dass die Bezugnahme auf eine alte, nicht nach den Grundsätzen der Verwaltungsvorschrift vom 20. Juni 2016 erteilte Beurteilung nicht zulässig ist. Ein solches Vorgehen ist nach den Erkenntnissen des Senats auch in keinem Fall erfolgt.

60

Unabhängig von diesem formalen Aspekt würde eine „Fortschreibung“ früherer Beurteilungsergebnisse den Vorgaben der Richtlinie, wonach die Beamten – auch zur „Neujustierung“ des unter anderem wegen fehlender Differenzierung der bislang vergebenen Beurteilungsnoten als nicht mehr brauchbar angesehenen früheren Beurteilungssystems – unabhängig von früheren Beurteilungen und nur in Würdigung der im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen beurteilt werden sollen, konterkarieren.

61

Die vom Antragsteller behauptete „Leistungsexplosion“ der Beigeladenen liegt mithin nicht vor. Davon abgesehen existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, ein einmal mit einer bestimmten Beurteilungsnote beurteilter Beamter müsse diese in seiner weiteren dienstlichen Laufbahn beibehalten. Begründet der Beurteiler eines Beamten eine höhere Gesamtnote mit einer im Beurteilungszeitraum gesteigerten Leistung, so ist eine solcherart zustande gekommene bessere Bewertung vielmehr bereits aus sich heraus nachvollziehbar. Derartige Begründungen sind im vorliegenden Fall allerdings zwanglos den Einzelbewertungen der Beigeladenen zu entnehmen, die nicht nur sechsmal besonders starke Ausprägungen, sondern sogar einmal die zweithöchste Bewertungsstufe („außergewöhnlich“) erhalten hat. Inhaltliche Rügen dahingehend, diese Einzelnoten seien zu Unrecht vergeben worden, enthält der Beschwerdevortrag des Antragstellers, dem derartige hohe Bewertungen sowohl in den Einzelmerkmalen als auch in der Gesamtheit der Einzelnoten nicht zuerkannt wurden, nicht.

62

3. Da die Beförderungsentscheidungen aus diesen Gründen bereits mit den Ergebnissen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber getroffen werden konnten, bedurfte es auch nicht, wie der Antragsteller unter Berufung auf seine früheren Beurteilungsergebnisse meint, des Rückgriffs auf ältere Beurteilungen oder der Heranziehung von Hilfskriterien.

63

4. Ob über die vorstehend abgehandelten Rügen des Antragstellers hinaus weitere Zweifel an der Rechtmäßigkeit des neuen Beurteilungssystems im Personalbereich der Beamten in der Justiz und im Justizvollzug bestehen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Antragsteller hat keine weiteren Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des vom Antragsgegner seit dem 1. Juli 2016 angewendeten Beurteilungssystems vorgetragen. Eine Prüfung von mit einer Beschwerde nicht geltend gemachten Bedenken ist dem Senat indes nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO verwehrt. Das Beschwerdegericht ist in seiner Überprüfungskompetenz vielmehr auf die vom Antragsteller vorgetragenen Beschwerdegründe beschränkt. Es ist danach allein seine Sache, sämtliche Gründe darzutun, die gegen die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung sprechen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 19. November 2007 – 13 S 2355/07 –, NVwZ-RR 2008, 581 [582]; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 146 Rn. 43; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 115).

64

Der Beschränkung auf die vorgetragenen Gründe steht auch nicht entgegen, dass nach den vorstehenden Ausführungen ein beamtenrechtliches Konkurrenteneilverfahren die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Die Vorgaben des Gesetzgebers sind vielmehr unmissverständlich („Das Oberverwaltungsgericht prüft nur“). Auch eine Umdeutung im Wege einer – vorliegend ohnehin nicht veranlassten – verfassungskonformen Auslegung darf bei einem derart eindeutigen Wortlaut nicht dazu führen, dass das Gegenteil des vom Gesetzgeber erklärten objektiven Sinngehaltes eintritt.

65

Der Senat hält allerdings für künftige Beurteilungs- und Beförderungsverfahren einen Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erfordernis einer gesonderten Begründung des Gesamturteiles bei Beurteilungen im sog. Ankreuzverfahren für angebracht: Nach der nunmehr in mehreren Entscheidungen bekräftigten Auffassung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf in dienstlichen Beurteilungen das Gesamturteil im Unterschied zu den Einzelbewertungen in der Regel einer gesonderten Begründung, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet wird. Einer Begründung bedürfe es insbesondere dann, wenn die Beurteilungsrichtlinien für die Einzelbewertungen einerseits und für das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Bewertungsskalen vorsehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 –2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48 [61]; Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 2 VR 1.16 –, NVwZ 2017, 475; sowie Urteil vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 –, juris).

66

Das Erfordernis einer Begründung des Gesamturteils kann allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann entfallen, wenn – wie hier – bereits die der dienstlichen Beurteilung zugrunde liegenden Beurteilungsrichtlinien hinreichend deutliche Aussagen zum Gewicht der Einzelbewertungen und zur Herleitung (Bildung) des Gesamturteils aus diesen Einzelbewertungen enthalten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. März 2017– 2 C 51.16 –, juris Rn. 15).

67

Gleichwohl könnte es Anlass geben, bei künftigen Beförderungsentscheidungen die nach den Beurteilungsrichtlinien vorgesehene Begründungspflicht bei einer nach Nr. 6.7 Satz 6 BeurteilungsVV zugelassenen Abweichung des Punktwertes von den in Satz 4 vorgeschlagenen Prozentkorridoren auch für den Fall der Entsprechung des Punktwertes mit dieser Orientierungshilfe zu erstrecken. Dabei muss nicht zwingend eine (vom Richtliniengeber wohl nicht gewollte) umfangreiche textliche Begründung von Beurteilungsgrundlagen erfolgen. Denn auch nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48 Rn. 36 f.). Danach würde hier schon eine kurze Begründung ausreichen. Dieser Verpflichtung zur Abgabe einer „ggf. kurzen“ Begründung (BVerwG, a.a.O.) dürfte schon dann entsprochen worden sein, wenn der Beurteiler bei Fertigstellung der dienstlichen Beurteilung darauf verweist, dass keine Veranlassung besteht, von dem sich aus den im Korridor liegenden Prozentwerten für die Ermittlung der Gesamtbeurteilungsnote nach Nr. 6.5 BeurteilungsVV abzuweisen. Dies hindert ihn freilich nicht, gleichwohl noch eine „ggf. kurze“ zusätzliche Begründung anzufügen. Das von ihm zu verwendende Beurteilungsformular lässt einen solchen Zusatz, auch zur Vermeidung einer „nur formelhaften“ Begründung, zu.

68

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dem mit seinem Rechtsmittel unterlegenen Antragsteller zusätzlich die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn diese hat im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

69

III. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 6 Gerichtskostengesetz – GKG –. Maßgebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 11 LBesO mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts mit einem höheren Endgrundgehalt betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 – 2 VR 5.12 –, S. 15 des Urteilsabdrucks [insofern in BVerwGE 145, 112 ff. nicht abgedruckt]; sowie Beschlüsse vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, BVerwGE 147, 20; und vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, IÖD 2015, 38 und juris, dort Rn. 43 [„in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren“]; OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 – 2 B 11209/13.OVG –, AS 42, 108 [115 ff.]; OVG Nds, Beschlüsse vom 25. August 2014 – 5 ME 116/14 –, NVwZ-RR 2014, 941 und vom 1. Dezember 2016 – 5 ME 153/16 –, IÖD 2017, 26; VGH Mannheim, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 4 S 2078/16 –, IÖD 2017, 14; zur Bedeutung des Streitwertes in Konkurrenteneilverfahren vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, NJW 2016, 309).

70

IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der als Beamter auf Lebenszeit im Dienst des beklagten Landes stehende Kläger begehrt die Feststellung, dass seine Nettobesoldung ab dem 1. Januar 2012 verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist, hilfsweise, dass sie verfassungswidrig festgesetzt wurde.

2

Der 45- jährige ledige Kläger wurde am 18. Mai 2005 zum Vermessungshauptsekretär (Besoldungsgruppe A 8) ernannt. In der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Januar 2013 erhielt er das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 8, Erfahrungsstufe 8, seit dem 1. Februar 2013 das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 8, Erfahrungsstufe 9. Mit Wirkung vom 18. Mai 2014 wurde er zum Vermessungsinspektor ernannt und als solcher in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 eingewiesen. Bis einschließlich Januar 2016 erhielt er das Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 9, Erfahrungsstufe 9, seit Februar 2016 das Grundgehalt der Erfahrungsstufe 10.

3

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 beantragte der Kläger bei der Oberfinanzdirektion ... (Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle), abweichend von dem bisherigen Zahlbetrag amtsangemessene Dienst- / bzw. Versorgungsbezüge für das Jahr 2012 und die Folgejahre festzusetzen und ihm zu gewähren. Zugleich legte er Widerspruch gegen die Höhe der ab 1. Januar 2012 gezahlten Besoldung ein. Zur Begründung führte er aus, seine Besoldung verletze seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz – GG –, da das Niveau seines verfügbaren Einkommens derart gesunken sei, dass ihm die Wahrung eines seines Amtes angemessenen Lebensstandards nicht mehr möglich sei. Dadurch, dass das erste Dienstrechtsänderungsgesetz zur Verbesserung der Haushaltsfinanzierung vom 20. Dezember 2011 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz vom 30. Dezember 2011 – GVBl. –, S. 430 ff.) – DienstRÄndG – für die Jahre 2012 bis 2016 lediglich eine Erhöhung der Grundgehaltssätze um 1,0 v. H. vorsehe, werde die Besoldung überdies von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt.

4

Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid der Oberfinanzdirektion ... vom 15. März 2013, dem Kläger am 19. März 2013 zugestellt, zurück. Der Widerspruch sei unbegründet, da für eine höhere Besoldung keine gesetzliche Grundlage bestehe. Die Festlegung der Besoldung obliege ausschließlich dem Gesetzgeber, welchem bei der konkreten Ausgestaltung der Besoldung ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe. Dabei sei der Gesetzgeber auch zu Kürzungen der Besoldung für die Zukunft befugt, sofern die Untergrenze der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestalimentation nicht unterschritten werde und sachliche Gründe vorlägen. Dies zugrunde gelegt sei die Festsetzung der Anpassung durch das DienstRÄndG auf 1,0 v. H. für die Jahre 2012 bis 2016 verfassungsgemäß. Insbesondere sei unschädlich, dass der Gesetzgeber mit der Festsetzung der Anpassungen das Anliegen verfolge, zur Verbesserung der Haushaltsfinanzierung beizutragen. Zum einen gelte die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach finanzielle Gründe grundsätzlich nicht zur Rechtfertigung eines Eingriffs in das Besoldungssystem ausreichen würden, nicht absolut, sondern ließe im Ausnahmefall eine Rechtfertigung aus finanziellen Erwägungen zu. Zum anderen sei diese Rechtsprechung infolge der Einführung des Verbotes einer Nettoneuverschuldung in Art. 109 Abs. 3 S. 5 GG und Art. 117 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz nicht mehr haltbar. Ebenso sei verfassungsrechtlich unbedenklich, dass sich die Festsetzung der Besoldungsanpassung auf einen Zeitraum von fünf Jahren erstrecke. Da es sich nicht um eine unwiderrufliche Festlegung handele, könne der Gesetzgeber die streitgegenständlichen Regelungen jederzeit ändern, sofern er zu der Einschätzung gelangen sollte, dass diese nicht mehr angemessen seien. Letztlich stehe weder fest, dass die Festschreibung zu einer realen Kürzung führe, noch sei absehbar, dass die Anpassung mit Blick auf die allgemeine Einkommensentwicklung nicht mehr angemessen wäre.

5

Am 19. April 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Richterbesoldung in Rheinland-Pfalz (BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015 – 2 BvL 17/09 –, BVerfGE 139, 64-148, juris) vor, für das Jahr 2014 seien drei der fünf vom Bundesverfassungsgericht auf der ersten Prüfungsstufe aufgestellten Kriterien erfüllt. Insofern spreche eine Vermutung für die Verfassungswidrigkeit der Besoldung. Diese werde im Rahmen der auf der zweiten Prüfungsstufe gebotenen Gesamtabwägung unter Berücksichtigung weiterer alimentationsrelevanter Kriterien erhärtet. Die demnach bestehende Unteralimentation sei auch nicht ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Soweit der Beklagte die Kürzungen mit der grundgesetzlichen Schuldenbremse und deren landesverfassungsrechtlicher Umsetzung begründe, genüge dies nicht zur Rechtfertigung. Des Weiteren habe der Gesetzgeber den relativen Normenbestandsschutz verletzt. Selbst wenn man für die Jahre 2012 und 2013 nicht von einer evidenten Unteralimentation ausginge, sei die Vorfestlegung des Erhöhungswertes für mehrere Jahre schließlich von vornherein verfassungswidrig. Der Hilfsantrag werde für den Fall gestellt, dass sich entgegen der klägerischen Ansicht eine evidente Unteralimentation nicht erweise, denn die streitgegenständlichen Regelungen verstießen bereits deshalb gegen Art. 33 Abs. 5 GG, weil der Gesetzgeber seine prozeduralen Begründungspflichten verletzt habe.

6

Der Kläger beantragt,

7

unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2013 festzustellen, dass seine Nettobesoldung seit dem 1. Januar 2012 verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist,

8

hilfsweise, unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2013 festzustellen, dass seine Besoldung seit dem 1. Januar 2012 verfassungswidrig festgesetzt worden ist.

9

Der Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Er ist der Ansicht, nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien sei die Besoldung des Klägers in den Jahren 2012 bis 2016 verfassungsgemäß. Auf der ersten Prüfungsstufe werde eine Unteralimentation nicht vermutet, da die Mehrheit der Parameter nicht erfüllt sei. Soweit hinsichtlich der ersten drei Parameter zum Teil im Prüfzeitraum von 15 Jahren die vom Bundesverfassungsgericht postulierten Grenzwerte überschritten würden, sei dies unbeachtlich, da die Werte im jeweils zeitversetzten Kontrollzeitraum unter den Grenzwerten lägen. Gleiches gelte, soweit die Grenzwerte zwar im Kontrollzeitraum, nicht jedoch im Prüfzeitraum überschritten seien, denn ein Parameter sei nur dann erfüllt, wenn sowohl im 15- Jahreszeitraum als auch im zeitversetzten Kontrollzeitraum der Grenzwert überschritten werde. Der vierte Parameter sei entsprechend den von ihm vorgelegten Berechnungen durch eine absolute Betrachtung zu ermitteln. Dabei seien die Gehälter der jeweiligen Erfahrungsstufen zu vergleichen. Hierbei ergebe sich, dass die Abstände zwischen den vergleichbaren Besoldungsgruppen nicht um mehr als 10 % abgeschmolzen seien. Da das fünfte Parameter ausweislich der von ihm vorgelegten Tabelle ebenfalls nicht erfüllt sei, sei eine Prüfung der zweiten Stufe nicht erforderlich. Doch selbst wenn man eine solche vornähme, lägen keine Erkenntnisse vor, die zu einer Relativierung des Ergebnisses der ersten Prüfungsstufe führen könnten. Im Übrigen habe der parlamentarische Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zum DienstRÄndG umfassend dargestellt, dass eine ganze Reihe von Sparmaßnahmen zur Einhaltung der Schuldenbremse zeitnah realisiert werde und mit der Finanzplanung 2011 eine konsistente und ausgewogene Konsolidierungsplanung beschlossen und veröffentlicht. Der weitergehende Vorwurf des Klägers, das Land habe seine Gesetzesbegründung nicht an den verfassungsgerichtlichen Vorgaben zur Prozeduralisierung orientiert, verfange nicht, da diese Vorgaben erst seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2015 (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015, a. o. O), d. h. nach dem Inkrafttreten des DienstRÄndG, anzuwenden seien. Schließlich ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Vorfestlegung auf eine Erhöhung der Besoldung von 1,0 v. H. pro Jahr für einen Zeitraum von vier Jahren zwar bedenklich, aber nicht verfassungswidrig sei und dass eine Verletzung des relativen Normenbestandsschutzes nicht vorläge.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze, die Personalakte des Klägers und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, welche zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

13

Mit Beschluss vom 24. Januar 2014 hat die erkennende Kammer das Verfahren ausgesetzt und am 31. Juli 2014 weggelegt, nachdem es nach der Aussetzung innerhalb von sechs Monaten nicht aufgenommen wurde. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Verfahren 2 BvL 19/09 eine Entscheidung getroffen hat (BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O.), haben die Beteiligten das Verfahren am 11. April 2016 wieder aufgenommen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit der Kläger sich gegen die Höhe seiner Besoldung im Zeitraum nach seiner Beförderung, d. h. ab dem 18. Mai 2014, wendet, ist der Hauptantrag bereits unzulässig (I.). Im Übrigen ist der Hauptantrag zwar zulässig, aber unbegründet (II.). Der zulässige Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet (III.).

15

I. Die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungsklage ist nur zulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass seine Besoldung im Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 verfassungswidrig zu niedrig bemessen war, denn für den nachfolgenden Zeitraum hat der Kläger seinen Anspruch auf amtsangemessene Alimentation nicht zeitnah geltend gemacht.

16

Ansprüche auf verfassungsgemäße Alimentation müssen grundsätzlich in dem Jahr geltend gemacht werden, für das eine höhere Alimentation begehrt wird (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 – 2 BvL 1/86 –, BVerfGE 81, 363-387, Rn. 69, juris; Thür OVG, Urteil vom 23. August 2016 – 2 KO 333/14 –, Rn. 30, juris).

17

Das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit der Alimentation folgt aus dem gegenseitigen Treuverhältnis, nach dem Beamte Rücksicht auf berechtigte Belange des Dienstherrn nehmen müssen. Da die Alimentation einen gegenwärtigen Bedarf decken soll, kann der Beamte nicht erwarten, Besoldungsleistungen für zurückliegende Haushaltsjahre zu bekommen, solange er sich mit der gesetzlichen Alimentation zufriedengegeben hat. Die Rügeobliegenheit ist jedoch mit geringen inhaltlichen Anforderungen zu erfüllen, denn sie soll in erster Linie den Dienstherrn auf haushaltsrelevante Mehrbelastungen aufmerksam machen (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2011 – 2 C 40/10 –, Rn. 7, juris; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 2 C 42/08 –, Rn. 13, juris).

18

Dabei wirken Anträge auf amtsangemessene Alimentation grundsätzlich unabhängig von zwischenzeitlichen Jahreswechseln fort, denn die Unterhaltspflicht des Dienstherrn ist im Hinblick auf den Regelfall des Lebenszeitbeamten prinzipiell zeitlich nicht begrenzt und hinsichtlich der laufenden Dienstbezüge nicht auf Jahresintervalle bezogen (ständige Rspr., u. a. OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 – 3 A 155/09 –, Rn. 37, juris; OVG RP, Urteil vom 05. Dezember 2008 – 10 A 10502/08 –, Rn. 32, juris). Dies gilt jedoch nur, soweit der Beamte seinen Antrag nicht auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt hat oder sich die Sach- oder Rechtslage erheblich ändert, sodass Anlass besteht, klarzustellen, dass das Begehren gleichwohl für die Zukunft aufrecht erhalten bleibt (OVG NRW, Urteil vom 24. November 2010 – 3 A 1761/08 –, Rn. 66, juris; vgl. OVG RP, Urteil vom 05. Dezember 2008 – 10 A 10502/08 –, Rn. 32, juris; vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Februar 2007 – 4 S 2289/05 –, Rn. 21, juris).

19

Dies zugrunde gelegt genügt der Antrag des Klägers für die Zeit bis zu seiner Beförderung, d. h. bis einschließlich zum 17. Mai 2014, den Anforderungen an eine zeitnahe Geltendmachung, denn sein Begehren erstreckt sich erkennbar auf die gesamte nachfolgende Zeit, in der die Sach- und Rechtslage im Wesentlichen gleichblieb. Deutlich wird dies an der Formulierung des Antrages, denn dieser erstreckt sich ausdrücklich auch auf die Folgejahre.

20

Anders ist dies hingegen bezüglich der Zeit nach der Beförderung des Klägers, d. h. ab dem 18. Mai 2014 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung, zu bewerten. Hinsichtlich dieses Zeitraums hat der Kläger die Verfassungswidrigkeit seiner Besoldung nicht zeitnah geltend gemacht, denn es handelt sich hier um einen Ausnahmefall, in dem der zuvor gestellte Antrag aus dem Jahr 2012 nicht mehr fortwirkt.

21

Die diesem Antrag zugrundeliegende Sach- und Rechtslage hat sich durch die mit der Beförderung einhergehende Änderung des klägerischen Statusamtes wesentlich geändert, denn das Statusamt des Klägers ist Bezugspunkt für die Amtsangemessenheit der Alimentation (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03. April 2017 – 2 B 103/15 –, Rn. 14, juris, m. w. N.).

22

In dieser Situation hätte es dem Kläger aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht oblegen, durch einen neuen Antrag klarzustellen, dass er auch die Besoldung im Zeitraum nach seiner Beförderung für verfassungswidrig hielt und daher sein Begehren für die Folgejahre aufrechterhalten wollte. Dies war ohne eine entsprechende Klarstellung nicht ersichtlich, denn angesichts der mit der Beförderung einhergehenden höheren Besoldung konnte nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass der Kläger nach wie vor mit der Höhe seines Gehaltes nicht zufrieden war. Insbesondere mit Blick auf die bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit der A 9- Besoldung drohenden haushaltsrechtlichen Mehrbelastungen hätte es insofern eines deutlichen Hinweises bedurft. Nachdem der Kläger dies versäumte, kann er nun nicht mehr erwarten, eine höhere Besoldungsleistung zugesprochen zu bekommen.

23

II. Soweit der Hauptantrag zulässig ist, ist er unbegründet, denn die Alimentation des Klägers genügte im Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

24

Der verfassungsrechtliche Maßstab, an dem die Rechtsgrundlagen für die Besoldung des Klägers zu messen ist, ergibt sich aus Art. 33 Abs. 5 GG. Hiernach ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Zu den vom Gesetzgeber wegen ihres grundlegenden und strukturprägenden Charakters nicht nur zu berücksichtigenden, sondern zu beachtenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt das für die Besoldung maßgebliche Alimentationsprinzip. Dieses verpflichtet den Dienstherrn, die Beamten sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (zu Vorstehendem BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015 a. a. O., Rn. 93, m. w. N.).

25

Bei der praktischen Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentierung besitzt der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung; diese ist der Verfassung nicht unmittelbar als fester und exakt bezifferbarer Betrag zu entnehmen (BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O., Rn. 94, m. w. N.).

26

Die vom Gesetzgeber gewählte Lösung hinsichtlich Struktur und Höhe der Alimentation unterliegt zwar der gerichtlichen Kontrolle, allerdings entspricht dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte gerichtliche Überprüfung. Letztlich beschränkt sich diese auf die Frage, ob die Bezüge evident unzureichend sind. Dies muss anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen geprüft werden. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht drei Prüfungsstufen entwickelt (BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O.; BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015 – 2 BvL 19/09 –, BVerfGE 140, 240-316), welche nunmehr in der ständigen obergerichtlichen (u. a. VGH BW, Urteil vom 06. Juni 2016 – 4 S 1094/15 –, juris, Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 23. August 2016 – 2 KO 333/14 –, juris, OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2016 – OVG 4 B 29.12 –, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 25. April 2017 – 5 LC 228/15 –, juris; OVG Lüneburg, Vorlagebeschluss vom 25. April 2017 – 5 LC 75/17 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2017 – 3 A 2494/15 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2017 – 3 A 2495/15 –, juris; ) und fachgerichtlichen Rechtsprechung (u. a. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. März 2016 – 12 K 1012/14 –, juris; VG Bremen, Vorlagebeschluss vom 17. März 2016 – 6 K 280/14 –, juris; VG Münster, Urteil vom 31. März 2016 – 5 K 1171/14 –, juris; VG Köln, Urteil vom 07. November 2016 – 3 K 7154/10 –, juris; VG Gera, Urteil vom 19. April 2017 – 1 K 1433/14 Ge –, juris; VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017 – 3 K 5747/13 –, juris) zur Prüfung der Amtsangemessenheit der Besoldung herangezogen werden.

27

Hiernach sind auf der ersten Prüfungsstufe fünf Parameter in den Blick zu nehmen. Sind mindestens drei dieser fünf Parameter erfüllt, indiziert dies die Verfassungswidrigkeit der Besoldung. Im Einzelnen ist dabei zu ermitteln, ob die Entwicklung der Besoldung in den zurückliegenden 15 Jahren – Prüfzeitraum – sowie gegebenenfalls in einem weiteren, 5 Jahre vorgelagerten 15- Jahreszeitraum – Kontrollzeitraum – mindestens 5 v. H. hinter der Entwicklung der Tarifergebnisse der Angestellten im öffentlichen Dienst (1. Parameter), des Nominallohnindexes (2. Parameter) sowie des Verbraucherpreisindexes (3. Parameter) zurückgeblieben ist. Außerdem ist im Rahmen eines systeminternen Besoldungsvergleichs in den Blick zu nehmen, ob die Abstände zwischen der streitgegenständlichen Besoldungsgruppe und vergleichbaren Besoldungsgruppen in den zurückliegenden 5 Jahren um mindestens 10 v. H. abgeschmolzen sind (4. Parameter). Letztlich ist durch einen Quervergleich der streitgegenständlichen Besoldung mit der Besoldung des Bundes und der anderen Länder zu ermitteln, ob das streitgegenständliche jährliche Bruttoeinkommen um 10 Prozent unter dem Durchschnitt der übrigen Länder bzw. der Besoldung der Bundesbeamten liegt (5. Parameter).

28

Ergibt sich auf der ersten Prüfungsstufe eine Vermutung für die Verfassungswidrigkeit der Besoldung, kann diese durch die Berücksichtigung weiterer alimentationsrelevanter Kriterien im Rahmen einer Gesamtabwägung auf der zweiten Prüfungsstufe widerlegt oder weiter erhärtet werden.

29

Sofern diese Gesamtabwägung zum Ergebnis einer verfassungswidrigen Unteralimentation führt, muss weiter geprüft werden, ob dafür ausnahmsweise eine Rechtfertigung vorliegt (3. Prüfungsstufe). Gegebenenfalls muss eine Kollision mit anderen verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen entsprechend dem Grundsatz der praktischen Konkordanz im Wege der Abwägung zu einem schonenden Ausgleich gebracht werden.

30

Gemessen an diesen Vorgaben wird die Besoldung des Klägers in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 den Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG gerecht. Nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien besteht auf der ersten Prüfungsstufe keine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation (1.), weshalb eine Prüfung der zweiten Prüfungsstufe nicht angezeigt ist (2.). Zudem liegen weder sonstige Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Alimentation vor (3.), noch hat der Gesetzgeber gegen seine prozeduralen Begründungspflichten verstoßen (4.).

31

1. Die Gesamtschau der auf der ersten Prüfungsstufe relevanten Kriterien ergibt keine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation des Klägers, da in den streitgegenständlichen Zeiträumen jeweils weniger als drei der fünf Parameter eine entsprechende Indizwirkung entfalten.

32

Im Prüfzeitraum zum Jahr 2012 ist lediglich der vierte Parameter rechnerisch erfüllt. Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles indiziert dieser Parameter jedoch nicht die Verfassungswidrigkeit der Alimentation des Klägers. Im Kontrollzeitraum zum Jahr 2012 ist keines der ersten drei Parameter erfüllt.

33

Im Prüfzeitraum zum Jahr 2013 indiziert nur der erste Parameter eine Unteralimentation, wogegen der vierte Parameter zwar auch hier rechnerisch erfüllt ist, aber keine Indizwirkung entfaltet. Im entsprechenden Kontrollzeitraum ist lediglich der dritte Parameter erfüllt.

34

Im Kontrollzeitraum zum Gesamtjahr 2014 ist keines der Parameter erfüllt, während die ersten drei Parameter im Prüfzeitraum zum Jahr 2014 die Verfassungswidrigkeit der Besoldung des Klägers indizieren (dem rechnerisch erfüllten vierten Parameter kommt auch hier keine Indizwirkung zu). Gleichwohl ergibt eine Gesamtbetrachtung, dass diese Indizwirkung nicht für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 gilt.

35

In den Jahren 2015 und 2016 entfalten jeweils weniger als drei der fünf Parameter Indizwirkung für die Verfassungswidrigkeit, denn in beiden Jahren sind zwar die Parameter 1., 2. und 4. rechnerisch erfüllt, jedoch kommt dem vierten Parameter abermals keine Indizwirkung zu. In den Kontrollzeiträumen zu den Jahren 2015 und 2016 sind keine der ersten drei Parameter erfüllt.

36

Dieses Ergebnis beruht auf folgenden Annahmen und Berechnungen:

37

a) Die ersten drei Parameter, d. h. die Differenz zwischen der Entwicklung der Tarifeinkommen, des Nominallohnindexes und des Verbraucherpreisindexes (100 + x) einerseits und der Besoldungsentwicklung (100 + y) andererseits, werden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anhand der Formel

38

[(100 + x) – (100 + y)]

39

----------------------------- x 100 ermittelt.

40

(100 + y)

41

(BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O., Rn. 144).

42

Dieser Formel hat die Kammer folgende Werte zugrunde gelegt:

43

Die Gehälter der Besoldungsgruppe A 8 wurden in den nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts maßgeblichen 15- Jahreszeiträumen von 1998 bis 2012 um 20,764 v. H., von 1999 bis 2013 um 20,169 v. H., von 2000 bis 2014 um 17,950 v. H., von 2001 bis 2015 um 20,427 v. H. und von 2002 bis 2016 um 21,019 v. H. erhöht.

44

In dem um fünf Jahre vorgelagerten Kontrollzeitraum zum Jahr 2012 (1993 bis 2007) stiegen die Gehaltssätze um 22,471 v. H., im Kontrollzeitraum zum Jahr 2013 (1994 bis 2008) um 20,509 v. H., im Kontrollzeitraum zum Jahr 2014 (1995 bis 2009) um 21,691 v. H., im Kontrollzeitraum zum Jahr 2015 (1996-2010) um 19,333 v. H. und im Kontrollzeitraum zum Jahr 2016 (1997-2011) um 21,123 v. H..

45

Diese Werte beruhen auf folgenden Gesetzesänderungen:

46

Die Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe A 8 in Rheinland-Pfalz wurden zum 1. Mai 1993 durch Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern – BBVAnpG – 1993 vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I, S. 2139) um 3,0 v.H., zum 1. Oktober 1994 durch Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 BBVAnpG 1994 vom 24. August 1994 (BGBl. I S. 2229) um 2,0 v.H., zum 1. Mai 1995 durch Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 1 BBVAnpG 1995 vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1942) um 3,2 v.H., zum 1. März 1997 durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BBVAnpG 1996/1997 vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 590) um 1,3 v.H., zum 1. Januar 1998 durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BBVAnpG 1998 vom 6. August 1998 (BGBl. I S. 2026) um 1,5 v.H., zum 1. Juni 1999 durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BBVAnpG 1999 vom 19. November 1999 (BGBl. I S. 2198) um 2,9 v.H., durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 BBVAnpG 2000 vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 618) zum 1. Januar 2001 um 1,8 v.H. und zum 1. Januar 2002 um 2,2 v.H. sowie durch Art. 1 bis 3 BBVAnpG 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl. I S. 1798) zum 1. Juli 2003 um 2,4 v.H., sowie zum 1. April 2004 und zum 1. August 2004 jeweils um 1,0 v. H. erhöht.

47

Für das Jahr 2003 wurde die jährliche Sonderzahlung von 86,31 v.H. des für den Monat Dezember maßgebenden Grundbetrags auf 70 v.H. gekürzt (vgl. § 17 Landesbesoldungsgesetz Rheinland-Pfalz – LBesG – vom 14. Juli 1978 (GVBl. 1978, S. 459) in der durch Art. 1 des Zweiten Landesgesetzes zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 20. November 2003 (GVBl. 2003, S. 343) geänderten Fassung. Dies entspricht einer fiktiven Besoldungskürzung für das Jahr 2003 in Höhe von 1,27 v.H. (BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2015, a. a. O., Rn. 182).

48

Für das Jahr 2004 wurde die Sonderzahlung auf 50 v.H. eines Monatsgehaltes gekürzt (vgl. § 11 Nr. 1 LBesG). Dies entspricht einer fiktiven Besoldungskürzung für das Jahr 2004 in Höhe von 1,57 v.H. Ebenfalls im Jahr 2004 wurde das Urlaubsgeld gestrichen (Art. 18 BBVAnpG 2003/2004 i. V. m. § 8 f. des Zweiten Landesgesetzes zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften vom 20. November 2003 (GVBl. 2003, S. 343)) (BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2015, a. a. O., Rn. 183).

49

Mit Wirkung zum 1. Juli 2007 wurden die Grundgehaltssätze um 1,1 v.H. erhöht (durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 a) des Landesbesoldungs- und versorgungsanpassungsgesetzes – LBVAnpG – 2007/2008 vom 21. Dezember 2007 (GVBl. 2007, S. 283)). Zum 1. Juli 2008 wurden die Grundgehaltssätze um 1,35 v. H. erhöht (durch Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 a) LBVAnpG 2007/2008 unter Zugrundelegung einer Steigerung des Verbraucherpreisindexes für Deutschland des Jahres 2007 von 2,2 v. H. (Nr. 2 der Bekanntmachung v. 5. März 2008, GVBl. 2008, S. 68).

50

Zum 1. Januar 2009 wurde die jährliche Sonderzahlung in die Besoldung integriert (durch Art. 1 § 1 des Landesgesetzes zur Integration der jährlichen Sonderzahlung und zur Anpassung der Besoldung und Versorgung 2009/ 2010 vom 7. April 2009 (GVBl. 2009, S. 142)).

51

Zum 1. März 2009 wurden die Grundgehaltssätze um 40 € erhöht und die so erhöhten Grundgehaltssätze um 3,0 v.H. angehoben (durch Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3a) LBVAnpG 2009/2010 vom 7. April 2009 (GVBl. 2009, S. 142)). Zum 1. März 2010 wurden die Grundgehaltssätze durch Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 LBVAnpG 2009/2010 um 1,2 v.H. erhöht. Im Jahr 2011 erhielten Beamte und Richter, die im Anwendungsbereich des Landesbesoldungsgesetzes an mindestens einem Tag im Monat April 2011 Anspruch auf Dienstbezüge hatten, auf der Grundlage des Art. 1 Abs. 1 LBVAnpG 2011 vom 25. August 2011 (GVBl. 2011, S. 303) eine Einmalzahlung in Höhe von 360 €. Mit Wirkung zum 1. April 2011 wurden die Grundgehaltssätze durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 LBVAnpG 2011 um 1,5 v.H. erhöht. Zum 1. Januar 2012, zum 1. Januar 2013 und zum 1. Januar 2014 wurden die Grundgehaltssätze um jeweils 1,0 v. H. erhöht (durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 18 Nrn. 3, 6 und 7 DienstRÄndG (GVBl. 2011, S. 430)). Mit Wirkung zum 1. März 2015 wurden die Grundgehaltssätze durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1. a) LBVAnpG 2015/2016 (GVBl. 2015, S. 201) um 2,1 v. H. erhöht. Zum 1. März 2016 wurden die Grundgehaltssätze durch Art. 2 Abs. 1 Nr. 1. a) LBVAnpG 2015/2016 um 2,3 v. H. erhöht.

52

Die Einmalzahlung im Jahr 2011, die Streichung des Urlaubsgeldes zum Jahr 2004 sowie die Anhebung der Grundgehaltssätze um 40 € zum 1. März 2009 können rechnerisch an dieser Stelle vernachlässigt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015, a. a. O., Rn. 185; vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015, a. a. O., Rn. 124).

53

Demgegenüber stiegen die Einkommen der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst, die bis Oktober 2005 nach dem Bundes- Angestelltentarifvertrag entlohnt wurden und für die seit dem 1. November 2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder gilt, in den Jahren 1998 bis 2012 um 26,648 v. H., in den Jahren 1999 bis 2013 um 28,083 v. H., von 2000 bis 2014 um 27,897 v. H., von 2001 bis 2015 um 28,022 v. H. und von 2002 bis 2016 um 27,897 v. H.. Im Kontrollzeitraum zum Jahr 2012 (1993 bis 2007) stiegen die Einkommen um 25,387 v. H., im Kontrollzeitraum zum Jahr 2013 (1994 bis 2008) um 25,265 v. H., im Kontrollzeitraum zum Jahr 2014 (1995 bis 2009) um 26,493 v. H., im Kontrollzeitraum zum Jahr 2015 (1996 bis 2010) um 24,042 v. H. und im Kontrollzeitraum zum Jahr 2016 (1997 bis 2011) um 25,902 v. H..

54

Diesen Ergebnissen liegen die vom Beklagten vorgelegten Zahlen zugrunde, die denen vom ... veröffentlichten Werten entsprechen (http://www.dbb.de/fileadmin/pdfs/2016/160519_einkommensentwicklung_tarif.pdf).

55

Die Nominallöhne entwickelten sich in den streitgegenständlichen Zeiträumen in Rheinland-Pfalz folgendermaßen: Von 1998 bis 2012 verzeichneten die Nominallöhne einen Anstieg von 20,700 v. H., von 1999 bis 2013 von 23,200 v. H., von 2000 bis 2014 von 26,200 v. H., von 2001 bis 2015 von 28,900 v. H. sowie von 2002 bis 2016 von 29,400 v. H.. In den dazugehörigen Kontrollzeiträumen stiegen die Nominallöhne in den Jahren 1993 bis 2007 um 14,555 v. H. (Kontrollzeitraum zum Jahr 2012), 1994 bis 2008 um 14,890 v. H. (Kontrollzeitraum zum Jahr 2013), 1995 bis 2009 um 14,212 v. H. (Kontrollzeitraum zum Jahr 2014), 1996 bis 2010 um 14,600 v. H. (Kontrollzeitraum zum Jahr 2015) und in den Jahren 1997 bis 2011 um 17,166 v.H. (Kontrollzeitraum zum Jahr 2016).

56

Dies ergibt sich aus der vom Statistischen Landesamt vorgelegten Zeitreihe T 1b zur Entwicklung der Nominallöhne in Rheinland-Pfalz 1993 bis 2016 (Berechnungsstand Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder: November 2016/ Mai 2017), welche bis auf geringe Abweichungen (in den Werten zu den Jahren 1993 und 1995) den vom Beklagten ermittelten Zahlen entspricht. Die Zeitreihe des Statistischen Landesamtes beruht ausweislich der dazugehörigen Erläuterungen ab 2007 auf dem Nominalindex, der auf der Grundlage der jährlichen Verdiensterhebung berechnet wird. Der Index bezieht sich auf die Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen der Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich.

57

Für den Zeitraum vor 2007 liegen keine vergleichbaren Ergebnisse aus der vierteljährlichen Verdiensterhebung vor. Die Nominallohnentwicklung der Jahre 1993 bis 2006 wurde daher anhand der Veränderungsraten der Bruttolöhne und – Gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer errechnet, die aus den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Länder stammen.

58

Der Verbraucherpreisindex in Rheinland-Pfalz stieg in den Jahren 1998 bis 2012 um 23,300 v. H., von 1999 bis 2013 um 23,900 v. H., von 2000 bis 2014 um 24,600 v. H., von 2001 bis 2015 um 23,300 v. H. und von 2002 bis 2016 um 21,600 v. H..

59

Im Kontrollzeitraum von 1993 bis 2007 (Kontrollzeitraum zum Jahr 2012) stieg der Verbraucherpreisindex um 28,087 v. H., von 1994 bis 2008 (Kontrollzeitraum zum Jahr 2013) um 26,727 v. H., von 1995 bis 2009 (Kontrollzeitraum zum Jahr 2014) um 23,100 v. H., von 1996 bis 2010 (Kontrollzeitraum zum Jahr 2015) um 22,400 v. H. und von 1997 bis 2011 (Kontrollzeitraum 2016) um 22,900 v. H..

60

Diese Werte beruhen auf den vom Beklagten vorgelegten unstreitigen Zahlen, welche bezüglich der Jahre 1996 bis 2014 der vom Statistischen Landesamt erstellten Tabelle T2 entsprechen. Für die Jahre vor 1995 wurde für Rheinland-Pfalz kein Verbraucherpreisindex berechnet. Die Werte zu den Jahren 1993 bis 1995 beruhen daher auf einer Rückrechnung des statistischen Bundesamtes anhand der Entwicklung im Bundesgebiet.

61

Wendet man die Formel des Bundesverfassungsgerichts auf die vorstehend aufgeführten Werte an, ergeben sich folgende Entwicklungen:

62

Insgesamt blieb die Besoldung im Jahr 2012 ausgehend von der Basis 100 im Jahr 1998 um 4,87 v. H. hinter der Entwicklung der Tarifeinkommen im öffentlichen Dienst sowie um 2,10 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück. Im Vergleich zur Entwicklung des Nominallohnindexes verzeichnete die Besoldungsentwicklung einen Vorsprung von 0,05 v. H.. Im Kontrollzeitraum (1993- 2007) blieb die Anpassung der Besoldung unter Zugrundelegung einer Basis von 100 im Jahr 1993 um 2,38 v. H. hinter der Entwicklung der Tariflöhne sowie um 4,59 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück. Der Vorsprung gegenüber der Entwicklung des Nominallohnindexes betrug 6,46 v. H..

63

Demgegenüber blieb die Anpassung der Besoldung im Jahr 2013 unter Zugrundelegung einer Basis von 100 im Jahr 1999 um 6,59 v. H. hinter der Entwicklung der Tariflöhne, um 2,52 v. H. hinter der Entwicklung des Nominallohnindexes sowie um 3,10 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück. Im Kontrollzeitraum (1994- 2008) lag die Entwicklung der Besoldung bei einer Basis von 100 im Jahr 1994 um 3,95 v. H. hinter der Entwicklung der Tariflöhne, um 4,66 v. H. über der Entwicklung des Nominallohnindexes sowie um 5,16 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes.

64

Ausgehend von einer Basis von 100 im Jahr 2000 blieb die Besoldung im Jahr 2014 (auf das Gesamtjahr betrachtet) um 8,43 v. H. hinter der Entwicklung der Tariflöhne, um 6,99 v. H. hinter der Entwicklung des Nominallohnindexes sowie um 5,64 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück. Bei einer Basis von 100 im Jahr 1995 blieb die Besoldung im Kontrollzeitraum (1995- 2009) um 3,95 v. H. hinter der Entwicklung der Tariflöhne sowie um 1,16 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück. Im Vergleich zur Entwicklung des Nominallohnindexes verzeichnete die Besoldungsentwicklung einen Vorsprung von 6,15 v. H..

65

Bei einer Basis von 100 im Jahr 2001 lag die Entwicklung der Besoldung im Jahr 2015 um 6,31 v. H. hinter der Entwicklung der Tariflöhne, um 7,04 v. H. hinter der Entwicklung des Nominallohnindexes sowie um 2,39 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes. Im dazugehörigen Kontrollzeitraum (1996- 2010) mit einer Basis von 100 im Jahr 1996 blieb die Besoldung um 3,95 v. H. hinter der Entwicklung der Tarifeinkommen im öffentlichen Dienst sowie um 2,57 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück. Gegenüber der Entwicklung des Nominallohnindexes wies sie einen Vorsprung von 3,97 v. H. auf.

66

Im Jahr 2016 blieb die Besoldung schließlich bei einer Basis von 100 im Jahr 2002 um 5,68 v. H. hinter der Entwicklung der Tarifeinkommen im öffentlichen Dienst, um 6,93 v. H. hinter der Entwicklung des Nominallohnindexes sowie um 0,48 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück. Im Kontrollzeitraum (1997- 2011) lag sie bei einer Basis von 100 im Jahr 1997 um 3,95 v. H. hinter der Entwicklung der Tariflöhne, 3,27 v. H. über der Entwicklung des Nominallohnindexes sowie um 1,47 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes.

67

b) Der darüber hinaus auf der ersten Prüfungsstufe zu prüfende 4. Parameter ist in sämtlichen streitgegenständlichen Jahren bei einer rein rechnerischen Betrachtung erfüllt, entfaltet jedoch im vorliegenden Fall keine Indizwirkung.

68

Zieht man das jeweilige Endgrundgehalt als Vergleichsmaßstab heran, ist der Abstand der streitgegenständlichen Besoldungsgruppe A 8 (Endgrundgehalt) zu den vergleichbaren Besoldungsgruppen A 5 und A 6 (jeweils Endgrundgehalt) in den vor den Jahren 2012 bis 2016 liegenden Fünfjahreszeiträumen kontinuierlich um mehr als 10 v. H. abgeschmolzen.

69

Im Vergleich mit den übrigen Besoldungsgruppen A 7, A 13, B 6 und R 1 liegt eine Abschmelzung der Abstände um mehr als 10 v. H. in den zurückliegenden 5-Jahres- Zeiträumen hingegen nicht vor.

70

Dies hat die Kammer gemäß folgender Berechnung ermittelt:

71

Der Abstand der Besoldungsgruppe A 8 zu der jeweiligen Vergleichsgruppe in Prozent (jeweils für das Basis- und das Prüfjahr) berechnet sich gemäß der Formel:

72

Grundgehalt A 8 – Grundgehalt Vergleichsgruppe

73

------------------------------------------------------------------ x 100,

74

Grundgehalt A 8

75

so dass Zahlen mit negativem Vorzeichen zum Ausdruck bringen, dass das Grundgehalt geringer ist als das Gehalt der Vergleichsgruppe.

76

Die prozentuale Veränderung des prozentualen Abstandes im Zeitraum zwischen Basis- und Prüfjahr ist sodann anhand der Formel

77

Abstand Prüfjahr (in Prozent) – Abstand Basisjahr (in Prozent)

78

------------------------------------------------- ---------------------------------- x 100 zu ermitteln.

79

Abstand Basisjahr (in Prozent)

80

Dabei zeigen Zahlen mit negativem Vorzeichen, dass der Abstand sich verringert hat. Würde man die Differenz zwischen Prüf- und Basisjahr nicht zum Basisjahr, sondern zum Prüfjahr in Relation setzen (so VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017 – 3 K 5747/13 –, Rn. 263, juris), käme man zwar zu anderen Werten, in der Sache jedoch zu keiner abweichenden Würdigung, da die 10- Prozent- Grenze auch nach dieser Berechnungsmethode überschritten würde.

81

Demgegenüber ist es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht sachgerecht, die Veränderung der Abstände absolut, d.h. durch Subtraktion des prozentualen Abstandes im Prüfjahr vom prozentualen Abstand im Basisjahr, zu ermitteln (so VG Bremen, Vorlagebeschluss vom 17. März 2015, a. a. O., Rn. 77 f.), denn hierdurch bliebe das proportionale Verhältnis zwischen dem Abstand im Basisjahr und dem im Prüfjahr unberücksichtigt. Dies würde zu sachwidrigen Ergebnissen führen, da hiernach insbesondere geringe Abstände gravierend abgeschmolzen werden könnten, ohne dass die Grenze von zehn Prozent erreicht würde. So könnte beispielsweise ein Abstand von zehn Prozent auf ein Prozent abgeschmolzen werden, ohne dass das vierte Parameter erfüllt wäre. Im Übrigen wäre es systemwidrig, ausschließlich das Abschmelzen der Abstände zwischen den Besoldungsgruppen im Wege einer absoluten Betrachtungsweise zu ermitteln, während sämtliche übrigen Parameter prozentual berechnet und dargestellt werden.

82

Bei der Anwendung der demnach maßgeblichen Formeln hat die Kammer die aus den Besoldungstabellen ersichtlichen Brutto- Endgrundgehälter der jeweiligen Stufe zugrunde gelegt.

83

Entgegen der Ansicht des Klägers war nicht das Grundgehalt seiner konkreten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 8 mit den entsprechenden Erfahrungsstufen der übrigen Besoldungsgruppen zu vergleichen, denn nach Auffassung der Kammer ist ein Vergleich der Endstufen zur Beurteilung des Besoldungsgefüges aussagekräftiger. Nur ein solcher Vergleich berücksichtigt, dass Bezugspunkt der Angemessenheit der Besoldung das jeweilige Statusamt ist, welches nicht durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Erfahrungsstufe, sondern durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe sowie die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet ist (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 – 2 C 1/06 –, Rn. 11, juris). Zudem wird nur auf diese Weise strukturellen Änderungen des Besoldungssystems hinreichend Rechnung getragen. Dies wird hier insbesondere daran deutlich, dass bei einer bloßen Betrachtung der konkreten Erfahrungsstufen die Einführung weiterer Erfahrungsstufen in den unteren Besoldungsgruppen im Jahr 2012 (§ 135 Nr. 10 LBG, GVBl. 2010, S. 348, in der Fassung vom 20. Dezember 2011, GVBl. 2011, 430) beim besoldungsinternen Vergleich unberücksichtigt bliebe, obwohl diese durch die Verringerung des Abstandes der unteren zu den oberen Besoldungsgruppen eine erhebliche Änderung des Besoldungsgefüges zur Folge hatte.

84

Eine Bezugnahme auf die Netto-Grundgehälter war ebenfalls nicht erforderlich, denn hierdurch würde lediglich die Steuerprogression berücksichtigt, welche letztlich nicht signifikant ins Gewicht fällt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017 – 2 BvR 883/14 –, Rn. 80, juris).

85

Hiervon ausgehend hat die Kammer ihrer Berechnung im Einzelnen folgende Werte zugrunde gelegt:

2012   

Basisjahr: Dezember 2007
[GVBl. 2007, S. 292]

Prüfjahr: Dezember 2012
[GVBl. 2011, S. 447 f.]

Grundgehalt A 8, Endstufe

2400,89

2786,15

Grundgehalt A 5, Endstufe

1939,54

2387,45

Grundgehalt A 6, Endstufe

2045,25

2480,10

Grundgehalt A 7, Endstufe

2198,18

2557,46

Grundgehalt A 13, Endstufe

3940,18

4450,63

Grundgehalt B 6

7242,54

8144,97

Grundgehalt R 1, Endstufe

5068,24

5712,59

2013   

Basisjahr: Dezember 2008
[GVBl. 2008, S. 68 f.]

Prüfjahr: Dezember 2013
[GVBl. 2013, S.197 f.]

Grundgehalt A 8, Endstufe

2433,30

2814,01

Grundgehalt A 5, Endstufe

1982,21

2411,32

Grundgehalt A 6, Endstufe

2090,25

2504,90

Grundgehalt A 7, Endstufe

2227,86

2583,03

Grundgehalt A 13, Endstufe

3959,88

4495,14

Grundgehalt B 6

7278,75

8226,42

Grundgehalt R 1, Endstufe

5093,58

5769,72

2014   

Basisjahr: Dezember 2009
[GVBl. 2009, S. 151 f.]

Prüfjahr: Dezember 2014
[GVBl. 2013 S. 391]

Grundgehalt A 8, Endstufe

2669,18

2842,15

Grundgehalt A 5, Endstufe

2185,19

2435,43

Grundgehalt A 6, Endstufe

2301,10

2529,95

Grundgehalt A 7, Endstufe

2448,75

2608,86

Grundgehalt A 13, Endstufe

4289,96

4540,09

Grundgehalt B 6

7850,94

8308,68

Grundgehalt R 1, Endstufe

5506,36

5827,42

2015   

Basisjahr: Dezember 2010
[GVBl. 2009, S. 157 f.]

Prüfjahr: Dezember 2015
[GVBl. 2015, S.204 f.]

Grundgehalt A 8, Endstufe

2701,21

2901,84

Grundgehalt A 5, Endstufe

2211,41

2486,57

Grundgehalt A 6, Endstufe

2328,71

2583,08

Grundgehalt A 7, Endstufe

2478,14

2663,65

Grundgehalt A 13, Endstufe

4341,44

4635,43

Grundgehalt B 6

7945,15

8483,16

Grundgehalt R 1, Endstufe

5572,44

5949,80

2016   

Basisjahr: Dezember 2011
[GVBl. 2011, S. 306 f.]

Prüfjahr: Dezember 2016
[GVBl.2015, S.210 f.]

Grundgehalt A 8, Endstufe

2741,73

2976,84

Grundgehalt A 5, Endstufe

2244,58

2561,57

Grundgehalt A 6, Endstufe

2363,64

2658,08

Grundgehalt A 7, Endstufe

2515,31

2738,65

Grundgehalt A 13, Endstufe

4406,56

4742,04

Grundgehalt B 6

8064,33

8678,27

Grundgehalt R 1, Endstufe

5656,03

6086,65

86

Setzt man diese Werte in die vorstehend genannte Formel ein, ergibt dies folgende Ergebnisse:

Prüfung zum Jahr 2012

Abstand der Gehälter der Besoldungsgruppe A 8 zu denen der Besoldungsgruppe:

Jahr   

A 5     

A 6     

A 7     

A13     

B 6     

R 1     

2007   

19,22 

14,81 

8,44   

-64,11

- 201,66

-111,10

2012   

14,31 

10,98 

8,21   

-59,74

-192,34

-105,04

Veränderung

-25,53

-25,84

-2,78 

-6,82 

-4,62 

-5,46 

Prüfung zum Jahr 2013

Abstand der Gehälter der Besoldungsgruppe A 8 zu denen der Besoldungsgruppe:

Jahr   

A 5     

A 6     

A 7     

A13     

B 6     

R 1     

2008   

18,54 

14,10 

8,44   

-62,74

-199,13

-109,33

2013   

14,31 

10,98 

8,21   

-59,74

-192,34

-105,04

Veränderung

-22,81

-22,08

-2,78 

-4,77 

-3,41 

-3,93 

Prüfung zum Jahr 2014

Abstand der Gehälter der Besoldungsgruppe A 8 zu denen der Besoldungsgruppe:

Jahr   

A 5     

A 6     

A 7     

A13     

B 6     

R 1     

2009   

18,13 

13,79 

8,26   

-60,72

-194,13

-106,29

2014   

14,31 

10,98 

8,21   

-59,74

-192,34

-105,04

Veränderung

-21,08

-20,34

-0,61 

-1,61 

-0,92 

-1,18 

Prüfung zum Jahr 2015

Abstand der Gehälter der Besoldungsgruppe A 8 zu denen der Besoldungsgruppe:

Jahr   

A 5     

A 6     

A7    

A13     

B 6     

R 1     

2010   

18,13 

13,79 

8,26   

-60,72

-194,13

-106,29

2015   

14,31 

10,98 

8,21   

-59,74

-192,34

-105,04

Veränderung

-21,08

-20,34

-0,60 

-1,62 

-0,92 

-1,18 

Prüfung zum Jahr 2016

Abstand der Gehälter der Besoldungsgruppe A 8 zu denen der Besoldungsgruppe:

Jahr   

A 5     

A 6     

A 7     

A13     

B 6     

R 1     

2011   

18,13 

13,79 

8,26   

-60,72

-194,13

-106,29

2016   

13,95 

10,71 

8,00   

-59,30

-191,53

-104,47

Veränderung

-23,07

-22,35

-3,11 

-2,35 

-1,34 

-1,72 

87

Obwohl die Abstände zwischen den Gehältern der Besoldungsgruppen A 8 und A 5 sowie A 6 hiernach um mehr als 10 v. H. abgeschmolzen sind, entfaltet der vierte Parameter im vorliegenden Fall keine Indizwirkung, denn die auf der Veränderung der Abstände beruhenden Schlussfolgerungen des Bundesverfassungsgerichts lassen sich nach Sinn und Zweck auf den vorliegenden Fall nicht übertragen.

88

Ausgangspunkt ist hierbei die im 4. Paramater vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Verknüpfung zwischen dem Alimentationsprinzip und dem Abstandsgebot. Diese beiden im Grundsatz selbstständigen Prinzipien (BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017, a. a. O., Rn. 74; BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2017 – 2 BvL 1/10 –, Rn. 24, juris, m. w. N.) sind dergestalt miteinander verbunden, dass eine verfassungsgemäße Alimentation nicht nur einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen, sondern nach der ständigen Rechtsprechung auch mit Blick auf den Dienstrang und die Wertigkeit des jeweiligen Amtes angemessen sein muss (so auch BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O., Rn. 93 m. w. N.). Ist das Abstandsgebot verletzt, d. h. entspricht die Besoldung nicht mehr der Wertigkeit des betreffenden Amtes im Verhältnis zu den sonstigen Besoldungsgruppen, stellt dies daher ein Indiz dafür dar, dass die Alimentation verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist.

89

Um die hierdurch bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Besoldung erforderlich werdende Prüfung der Einhaltung des Abstandsgebotes zu vereinfachen, stellt das Bundesverfassungsgericht den oben zitierten Grundsatz auf, wonach bei einer Abschmelzung der Abstände zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen infolge „unterschiedlich hoher linearer Anpassungen bei einzelnen Besoldungsgruppen oder zeitlich verzögerter Besoldungsanpassungen“ um mindestens 10 v. H. in den fünf zurückliegenden Jahren in der Regel ein Verstoß gegen das Abstandsgebot zu bejahen ist.

90

Aus diesem Grundsatz folgt nach Auffassung der Kammer jedoch nicht, dass immer dann, wenn rechnerisch eine Abschmelzung von mindestens 10 v. H. im relevanten Zeitraum vorliegt, eine Verletzung des Abstandsgebotes zu bejahen ist. Andernfalls könnten selbst zulässige Abstandsänderungen infolge eines Systemwechsels zu dem Entstehen der Vermutung der Verfassungswidrigkeit der Alimentation beitragen, was erkennbar zu sachwidrigen Ergebnissen führen würde. Im Übrigen lässt auch das Bundesverfassungsgericht Raum für Wertungen, indem es die Parameter lediglich als „Orientierungsrahmen“ bezeichnet und ausdrücklich feststellt, dass bei Überschreitung des Grenzwertes „in der Regel“ ein Verstoß gegen das Abstandsgebot vorliegt (BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015, a. a. O., Rn. 97).

91

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen handelt es sich im vorliegenden Fall um einen Ausnahmefall, in welchem die rechnerische Betrachtung keinen Verstoß gegen das Abstandsgebot indiziert. Dies folgt aus einer Betrachtung der chronologischen Entwicklung der Abstände zwischen den Besoldungsgruppen, denn diese ergibt, dass die Verringerung der Abstände nicht auf einer – wie vom Bundesverfassungsgericht vorausgesetzt – unterschiedlich hohen linearen Anhebung der Besoldung oder zeitlich verzögerten Besoldungsanpassungen beruht, sondern Folge der im Jahr 2012 erfolgten Änderung des Besoldungssystems ist. Neben dem Wegfall der Besoldungsgruppe A 2 führte diese Änderung zu einer Erweiterung der bisherigen Stufen in den unteren Besoldungsgruppen um je 3 (A 3 und A 4), 2 (A 5) und 1 Stufe (A 6) hin zu einheitlichen 10 Stufen. Dies hatte zwingend eine Verringerung des Abstandes zur Folge, da die Besoldung in sämtlichen Besoldungsstufen der Besoldungsgruppe A gleichmäßig linear angehoben wurde. Im Einzelnen stellte sich dies wie folgt dar:

Jahr   

Abstand A 8 zu A 5

Abstand A 8 zu A 6

Abstand A 8 zu A 7

2007   

19,22 

14,81 

8,44   

2008   

18,54 

14,10 

8,44   

2009   

18,31 

13,79 

8,26   

2010   

18,31 

13,79 

8,26   

2011   

18,31 

13,79 

8,26   

2012   

14,31 

10,98 

8,21   

2013   

14,31 

10,98 

8,21   

2014   

14,31 

10,98 

8,21   

2015   

14,31 

10,98 

8,21   

2016   

13,95 

10,71 

8,00   

92

In dieser Konstellation kann der in den Prüfzeiträumen aufgetretenen prozentualen Verringerung der Abstände keine Indizwirkung beigemessen werden, denn sie ist nicht – wie im vom Bundesverfassungsgericht zugrunde gelegten Regelfall – Ausdruck einer dauerhaften Einebnung der Staffelung der Gehälter, sondern Folge einer einmaligen Systemänderung (vgl. ThürOVG, Urteil vom 23. August 2016 – 2 KO 333/14 –, Rn. 97, juris). Gerade der Umstand, dass der Abstand zwischen den Besoldungsgruppen A 8 und A 5 sowie A 8 und A 6 sowohl vor der Änderung im Jahr 2012 als auch in den Folgejahren nahezu konstant blieb, macht deutlich, dass das Besoldungsgefüge grundsätzlich aufrechterhalten wurde. Dies wird zudem dadurch belegt, dass der Abstand zwischen der Besoldungsgruppe A 8 und der unmittelbar darunterliegenden Besoldungsgruppe A 7 nicht um mindestens 10 v. H. abgeschmolzen ist. Überdies haben sich die Abstände in den streitgegenständlichen Jahren von 2012 bis 2016 nur marginal verändert. Auch mit Blick auf die höheren Besoldungsgruppen kam es zu keinen erheblichen Verringerungen der Abstände. Schließlich wird dies auch daran deutlich, dass bei einem Vergleich der Gehälter der Erfahrungsstufe 8 der jeweiligen Besoldungsgruppen der Grenzwert von 10 v. H. nicht überschritten wurde.

93

Diese einmalige Systemänderung entspricht dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, welcher befugt ist, unter grundsätzlicher Wahrung des Ämtergefüges ein bestehendes Besoldungssystem neu zu strukturieren oder die Wertigkeit von Besoldungsgruppen neu zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 1985 – 2 BvR 1148/84 –, Rn. 2, juris). Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht gezwungen, einen einmal bestehenden Abstand zwischen Besoldungsgruppen absolut oder relativ beizubehalten, sondern kann Abstandsänderungen herbeiführen, sofern er von seiner Regelungsbefugnis in dokumentierter Weise Gebrauch macht (vgl. zu Vorstehendem BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2017, a. a. O., Rn. 77).

94

Die Betrachtung des verbleibenden Abstands ergibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum vorliegend überschritten hat. Vielmehr liegt eine dauerhafte Einebnung der Abstände bzw. Abschmelzung der Staffelung bei einem konstant verbleibenden Abstand von über 10 v. H. der Gehälter der Besoldungsgruppe A 8 zu denen der Besoldungsgruppe A 6, sowie von circa 14 v. H. zu denen der Besoldungsgruppe A 5 und 8 v. H. zu denen der Besoldungsgruppe A 7 noch nicht vor. In diesem System verbleibt es dabei, dass mit einem höheren Amt höhere Bezüge einhergehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2017, a. a. O., Rn. 37).

95

Wird nach alledem eine Verletzung des Abstandsgebotes weder indiziert noch sonst erkennbar, kann allein aus der rechnerischen Überschreitung der 10- Prozent- Grenze keine Vermutung für die Verfassungswidrigkeit der Alimentation des Klägers hergeleitet werden.

96

d) Aus dem 5. Parameter ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der Besoldung der Besoldungsgruppe A 8 in Rheinland-Pfalz. Vielmehr ergibt ein Vergleich der Summe der Jahresbruttobesoldung für die streitgegenständlichen Jahre, bestehend aus dem Grundgehalt der Endstufe A 8, Einmalzahlungen und Sonderzahlungen, dass die Besoldung in den Jahren 2012 bis 2014 jeweils entweder geringfügig über dem Durchschnitt der Besoldung der Länder sowie dem Durchschnitt der Länder und des Bundes lag, oder, soweit sie unter dem Durchschnitt lag, jedenfalls nicht mehr als 10 v. H. von diesem abweicht. Um ein möglichst umfassendes Bild zu erlangen, hat die Kammer die rheinland- pfälzische Besoldung nicht nur mit der durchschnittlichen Besoldung in Bund und Ländern verglichen, sondern zusätzlich isoliert einen Vergleich mit der durchschnittlichen Besoldung der anderen Länder sowie der des Bundes vorgenommen.

97

Konkret zieht das Gericht zum Vergleich das jeweilige Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 8 heran, um Ungenauigkeiten zu vermeiden, die sich andernfalls infolge der je nach Land unterschiedlichen Tabellenstruktur hinsichtlich der Erfahrungsstufen ergeben. Ein flächendeckender Vergleich der konkreten Erfahrungsstufen wäre ohnehin nicht möglich, da nicht alle Länder in der Besoldungsgruppe A 8 neun Erfahrungsstufen vorsehen.

98

Die Abweichung zwischen dem Durchschnitt der Besoldung der Besoldungsgruppe A 8 in Rheinland-Pfalz und dem Vergleichsdurchschnitt berechnet sich nach der Formel

99

Durchschnitt Rheinland-Pfalz – Vergleichsdurchschnitt

100

----------------------------------------------------------------------- x 100,

101

Durchschnitt Rheinland-Pfalz

102

so dass Zahlen mit negativem Vorzeichen bedeuten, dass der Durchschnitt in Rheinland-Pfalz unter dem Vergleichsdurchschnitt liegt.

103

Grundlage der Vergleichsberechnungen ist die vom Beklagten vorgelegte unstreitige Tabelle zur Jahresbruttobesoldung für die streitgegenständlichen Jahre, bestehend aus dem Grundgehalt der Endstufe der Besoldungsgruppe A 8, inklusive der allgemeinen Zulage, Einmalzahlungen und Sonderzahlungen:

        

Bund   

Baden-Württemberg

Bayern

Berlin

Brandenburg

2012   

34.346,62 €

33.720,38 €

34.163,50 €

30.647,52 €

31.861,56 €

2013   

35.119,54 €

34.235,10 €

35.502,10 €

31.247,72 €

32.377,86 €

2014   

36.205,22 €

35.125,80 €

36.546,42 €

31.988,97 €

33.190,20 €

2015   

37.040,24 €

36.165,90 €

37.184,28 €

32.929,49 €

34.586,63 €

2016   

37.855,10 €

36.972,84 €

38.105,60 €

33.870,80 €

35.275,26 €

        

Bremen

Hamburg

Hessen

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

2012   

32.934,06 €

33.466,80 €

33.211,53 €

33.421,00 €

32.745,48 €

33.505,69 €

2013   

33.705,20 €

34.286,76 €

34.289,55 €

33.904,16 €

33.602,04 €

34.393,62 €

2014   

34.642,40 €

35.229,72 €

35.410,34 €

35.041,90 €

34.173,03 €

35.408,17 €

2015   

35.326,68 €

35.787,52 €

35.636,85 €

35.720,01 €

35.079,07 €

35.810,70 €

2016   

36.137,70 €

36.586,78 €

35.858,55 €

35.984,58 €

35.843,37 €

36.460,44 €

        

Saarland

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Schleswig-Holstein

Thüringen

2012   

32.764,32 €

32.390,76 €

32.673,48 €

33.149,88 €

33.273,51 €

2013   

33.579,72 €

33.106,06 €

33.104,82 €

33.907,86 €

33.684,72 €

2014   

34.239,28 €

33.984,73 €

34.029,06 €

34.624,68 €

34.693,01 €

2015   

34.878,52 €

35.233,76 €

34.943,36 €

35.402,70 €

35.466,48 €

2016   

35.514,18 €

36.933,69 €

35.772,51 €

36.114,28 €

36.190,76 €

104

Hiervon ausgehend ergeben sich bei Anwendung der vorstehend erläuterten Formel im Einzelnen folgende Werte:

        

Rheinland-Pfalz

Durchschnitt Bund und Länder
ohne RLP

Abweichung

2012   

33.654,72 €

33.017,26 €

1,89% 

2013   

33.991,20 €

33.752,93 €

0,70% 

2014   

34.331,16 €

34.658,31 €

-0,95%

2015   

34.989,18 €

35.449,51 €

-1,32%

2016   

35.806,52 €

36.217,28 €

-1,15%

        

Rheinland-Pfalz

Durchschnitt Länder
ohne RLP

Abweichung

2012   

33.654,72 €

32.928,63 €

2,16   

2013   

33.991,20 €

33.661,82 €

0,97   

2014   

34.331,16 €

34.555,18 €

-0,65 

2015   

34.989,18 €

35.343,46 €

-1,01 

2016   

35.806,52 €

36.108,09 €

-0,84 

        

Rheinland-Pfalz

Besoldung Bund

Abweichung

2012   

33.654,72 €

34.346,62 €

-2,06 

2013   

33.991,20 €

35.119,54 €

-3,32 

2014   

34.331,16 €

36.205,22 €

-5,46 

2015   

34.989,18 €

37.040,24 €

-5,86 

2016   

35.806,52 €

37.855,10 €

-5,72 

105

e) Über die vorstehende Prüfung hinaus ist für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 17. Mai 2014 eine Gesamtbetrachtung erforderlich, welche ergibt, dass die Alimentation auch in diesem Zeitraum nicht evident unangemessen war.

106

Die Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung folgt daraus, dass eine exakte Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Januar 2014 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 bezüglich der Parameter 2. und 3. nicht möglich ist, da das Bundesverfassungsgericht seinen diesbezüglichen Berechnungen auf der ersten Prüfungsstufe jeweils Jahreswerte zugrunde legt. Diese sind hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums vom 1. Januar 2014 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 jedoch nicht aussagekräftig, denn hieraus ergibt sich lediglich, dass die Besoldung im Laufe des gesamten Jahres nicht mit der Entwicklung des Nominallohn- und Verbraucherpreisindexes Schritt gehalten hat. Indes lässt sich auf dieser Grundlage nicht ermitteln, ob die Entwicklung der Besoldung bereits in den Monaten Januar bis Mai 2014 um mindestens 5. v. H. hinter der Entwicklung der Parameter 2. und 3. zurückblieb. Lediglich hinsichtlich der Entwicklung der Tarife können diese Werte herangezogen werden, denn die Tariflöhne wurden ebenso wie die Besoldung bereits zum 1. Januar 2014 erhöht (Anlage B zum Änderungstarifvertrag Nr. 7 zum TV- L).

107

Möglich wäre allenfalls ein Vergleich der Besoldungsentwicklung im Jahr 2014 mit den Zahlen zur Entwicklung des zweiten und dritten Parameters im ersten Quartal oder Halbjahr. Auch dies führt jedoch zu keinem sachgerechten Ergebnis, denn die Quartals- oder Halbjahreswerte sind nicht mit den Jahreswerten der vorhergehenden 14 Jahre vergleichbar. Hierdurch bliebe nämlich unberücksichtigt, dass die Entwicklung der Nominallöhne und des Verbraucherpreisindexes infolge saisonaler Besonderheiten nach allgemeiner Lebenserfahrung starken quartalsweisen Schwankungen unterliegt.

108

Die verbleibende denkbare Möglichkeit, aus dem jeweiligen Jahreswert der Parameter eine durchschnittliche monatliche Entwicklung zu berechnen, und auf dieser Grundlage einen Vergleich zum Stand 17. Mai 2014 durchzuführen, ergibt ebenfalls kein aussagekräftiges Bild. Anhand solcher Durchschnittswerte ist es nicht möglich, zu ermitteln, zu welchem konkreten Zeitpunkt die Entwicklung der Besoldung um mindestens 5 v. H. hinter der Entwicklung des zweiten und dritten Parameters zurückblieb.

109

Da mithin eine exakte Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Berechnungsmethoden nicht möglich ist, erachtet die Kammer eine Gesamtbetrachtung der Entwicklung der auf der ersten Stufe zu prüfenden Parameter für erforderlich. Eine solche ist durch die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten konkreten Schwellenwerte nicht ausgeschlossen, denn hierbei handelt es sich wie vorstehend bereits ausgeführt lediglich um einen Orientierungsrahmen (BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O., Rn. 98), nicht jedoch um verbindliche – in jedem Einzelfall zwingend anwendbare – Vorgaben.

110

Die Gesamtbetrachtung ergibt, dass für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 keine verfassungswidrige Unteralimentation indiziert ist, denn außer der Entwicklung des ersten Parameters sprechen sämtliche für diesen Zeitraum möglichen zeitlichen Betrachtungen gegen eine evidente Abkoppelung der Besoldungsentwicklung von der allgemeinen wirtschaftlichen Situation.

111

Maßgeblich ist hierbei, dass die Besoldungsentwicklung bis zum Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums noch mit der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung Schritt gehalten hat (a)), wobei die Differenz zwischen der Entwicklung der Besoldung und der des Nominallohn- und Verbraucherpreisindexes deutlich unter fünf Prozent lag (b)), dass eine Fortschreibung der für das Jahr 2013 ermittelten Werte für das Jahr 2014 keine Verfassungswidrigkeit indiziert (c)) und dass im Kontrollzeitraum zum Jahr 2014 die maßgeblichen Werte nicht überschritten wurden (d))

112

(a) Gegen eine fehlende Anpassung der Besoldung an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung im Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich zum 17. Mai 2014 spricht zunächst der Umstand, dass die Besoldungsentwicklung gemäß den vorstehenden Berechnungen bis zum 31. Dezember 2013 noch mit der Entwicklung der übrigen Parameter Schritt gehalten hat, denn insofern geht die Kammer davon aus, dass die vom Bundesverfassungsgericht normierten Grenzwerte zumindest zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums im Jahr 2014 noch nicht überschritten wurden. Hierfür spricht auch, dass der Nominallohn- und Verbraucherpreisindex nicht punktuell, sondern kontinuierlich ansteigen, denn dadurch ist es ausgeschlossen, dass die vom Bundesverfassungsgericht normierten Grenzwerte unmittelbar zu Beginn des Jahres 2014 überschritten wurden.

113

(b) Darauf, dass die Grenzwerte sodann auch in der Folgezeit bis einschließlich zum 17. Mai 2017 nicht überschritten wurden, deutet hin, dass die Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und der des Nominallohn- sowie Verbraucherpreisindexes im Jahr 2013 mit 2,52 v. H. (Differenz zwischen der Entwicklung der Besoldung und des Nominallohnindexes) bzw. 3,10 v. H. (Differenz zwischen der Entwicklung der Besoldung und des Verbraucherpreisindexes) deutlich unterhalb der 5- Prozent- Grenze lag, denn hierdurch verblieb im Jahr 2014 ein Spielraum von jeweils mehr als 1 v. H., innerhalb dessen die Besoldungsentwicklung zunächst weiter von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abweichen konnte, ohne dass hierdurch die Verfassungswidrigkeit indiziert wäre.

114

(c) Überdies legt eine Fortschreibung der für das Jahr 2013 ermittelten Werte durch Erweiterung des 15- Jahreszeitraums auf die Zeit von 1999 bis 2014 nahe, dass die Höhe der Besoldung zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum des Jahres 2014 verfassungsgemäß war, denn eine solche Betrachtung ergibt – selbst unter Berücksichtigung der über das gesamte Jahr 2014 erfolgten Entwicklung von Nominallohn- und Verbraucherpreisindex –, dass die Differenz zwischen der Besoldungsentwicklung und der Entwicklung dieser Parameter nicht mehr als 5 v. H. betragen hat: Die Besoldung blieb von 1999 bis 2014 lediglich um 4,36 v. H. hinter der Entwicklung des Nominallohnindexes und um 3,19 v. H. hinter der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes zurück, denn sie wurde um 21,37 v. H. angehoben, während der Nominallohnindex um 26,66 v. H. und der Verbraucherpreisindex um 25,24 v. H. stieg.

115

(d) Die Einschätzung, dass die Alimentation im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 17. Mai 2014 noch angemessen war, wird schließlich durch die Entwicklung der streitgegenständlichen Parameter im Kontrollzeitraum zum Jahr 2014 (1995 bis 2009) belegt, denn in diesem Zeitraum blieb die Besoldungsentwicklung jeweils um weniger als 5 v. H. hinter der Entwicklung der Parameter 2. und 3. zurück.

116

Diesem Kontrollzeitraum kommt im Rahmen der Gesamtbetrachtung entscheidendes Gewicht zu, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient er dazu, statistische Ausreißer zu bereinigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015, a. a. O., Rn. 102).

117

Hier liegt mit Blick auf den Prüfzeitraum zum Jahr 2015 nach Ansicht der Kammer ein statistischer Ausreißer vor. Dies wird daran deutlich, dass die Berechnung für den Zeitraum 2000 bis 2014 erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte ergibt, während diese bei einer Fortschreibung der Werte zum Jahr 2013, d.h. im Zeitraum von 1999 bis 2014, gemäß obigen Ausführungen nicht überschritten wurden. Ursache hierfür ist erkennbar nicht die Besoldungsentwicklung im Jahr 2014, sondern vielmehr der Umstand, dass die im Jahr 1999 erfolgte Besoldungserhöhung bei der Berechnung für das Jahr 2014 nicht mehr berücksichtigt wird. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf das Ergebnis der Berechnung, denn im Jahr 1999 wurde die Besoldung deutlich (um 2,9 v. H.) erhöht, während die Parameter 2. und 3. lediglich um 0,4 v. H. erhöht wurden.

118

Ungeachtet der Frage, ob ein Parameter – wie vom Beklagten vorgetragen – grundsätzlich nur dann erfüllt ist, wenn die Grenzwerte sowohl im Prüf- als auch im Kontrollzeitraum erfüllt sind (so VG Köln, Urteil vom 3. Mai 2017, a. a. O., Rn. 188; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. März 2016 – 12 K 1012/14 –, Rn. 452, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 31. Mai 2017 – 1 K 2184/15 –, Rn. 77, juris; ablehnend Stuttmann, NVwZ 2015, 1007; vorsorglich geprüft vom OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2016 – OVG 4 B 35.12 –, Rn. 54, juris,) oder ob dieser Zeitraum nur relevant wird, wenn Anhaltspunkte für statistische Ausreißer vorliegen (OVG Lüneburg, Urteil vom 25. April 2017, a. a. O., Rn. 75; VG Bremen, Vorlagebeschluss vom 17. März 2016, a. a. O., Rn. 43) – wozu die Kammer neigt, weil andernfalls letztlich nicht die Entwicklung der Parameter in den streitgegenständlichen Jahren ausschlaggebend wäre –, spricht der Umstand, dass die Parameter 2. und 3. im Kontrollzeitraum nicht erfüllt sind, während die Ergebnisse zum Prüfzeitraum statistisch verzerrt sind, jedenfalls im Rahmen der hier erforderlichen Gesamtbetrachtung für die Verfassungsmäßigkeit der Alimentation.

119

(e) Eine Gesamtschau dieser Erwägungen ergibt, dass für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis einschließlich zum 17. Mai 2014 die Verfassungswidrigkeit der Besoldung nicht indiziert ist, denn mit Ausnahme des ersten Parameters legen alle hierbei gewonnenen Erkenntnisse – wie vorstehend ausgeführt – nahe, dass die Besoldung in diesem Zeitraum nicht evident unangemessen war. Hingegen sind die Werte zum Prüfzeitraum 2014 – aus denen für das Gesamtjahr 2014 Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der Besoldung folgen – zum einen hinsichtlich der Parameter 2. und 3. im streitgegenständlichen Zeitraum nicht aussagekräftig und zum anderen von einem statistischen Ausreißer beeinflusst. Ausgehend davon, dass die Verfassungswidrigkeit weder für das Vorjahr 2013, noch für die Jahre 2015 und 2016 indiziert wird und im Jahr 2014 letztlich nur das erste Parameter eine negative Indizwirkung entfaltet, lassen die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien in dieser Situation nicht auf eine evidente Unangemessenheit der Besoldung schließen. Allein dies ist jedoch Gegenstand des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsumfangs.

120

2. Nach Ansicht der Kammer ist die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Prüfung hier nach der ersten Prüfungsstufe beendet, da schon nach der ersten Stufe keine Vermutung für eine verfassungswidrige Unteralimentation besteht, welche auf einer zweiten Prüfungsstufe widerlegt oder erhärtet werden könnte (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 25. April 2017, a. a. O., Rn. 417; VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017 – 3 K 5747/13 –, Rn. 401, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. März 2016, a. a. O., Rn. 530; VG Münster, Urteil vom 26. Januar 2016 – 5 K 1609/14 –, Rn. 666, juris; vgl. VGH BW, Urteil vom 06. Juni 2016 – 4 S 1094/15 –, Rn. 81, juris).

121

3. Auch sonstige Anhaltspunkte für eine evidente Verfassungswidrigkeit sind nicht erkennbar.

122

Wenngleich eine Prüfung der zweiten Prüfungsstufe nicht erforderlich ist, müssen sonstige sich aufdrängende Anhaltspunkte für eine evident unangemessene Alimentation gleichwohl in den Blick genommen werden. Ansonsten könnte der Besoldungsgesetzgeber etwa zahlreiche Kürzungen vornehmen, die sich allesamt nicht in erheblicher Weise auf der ersten Prüfstufe auswirken, in ihrer Summe aber gleichwohl zu einer Unteralimentierung führen können (VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017, a. a. O., Rn. 403, juris).

123

Insbesondere die Deckelung der Besoldungsanpassung für einen Zeitraum von fünf Jahren durch das DRÄndG stellt keinen solchen Anhaltspunkt dar. Obwohl diese Regelung im Hinblick auf die aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende Verpflichtung des Besoldungsgesetzgebers, die Alimentation der Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards anzupassen und dabei die Orientierungsfunktion der Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes nicht außer Betracht zu lassen, verfassungsrechtlich bedenklich erscheint, führt dies nicht für sich genommen zur Unteralimentation (vgl. BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O., Rn. 191).

124

Des Weiteren liegen keine Anzeichen dafür vor, dass die Alimentation des Klägers wegen einer Missachtung des erforderlichen Mindestabstandes der unteren Besoldungsgruppen zum Grundsicherungsniveau verfassungswidrig war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 2015, a. a. O.; vgl. VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017, a. a. O., Rn. 364). Ohnehin wirkt sich eine Unteralimentation in den unteren Besoldungsgruppen angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers hinsichtlich der Art, wie bei der Festsetzung der Bezüge den Anforderungen des Gebots des Mindestabstands zum Grundsicherungsniveau Rechnung zu tragen ist, nicht zwingend auf die Besoldung der oberen Gruppen aus (vgl. VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017, a. a. O., Rn. 364; vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. März 2016, a. a. O., Rn. 461; vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2016, a. a. O., Rn. 123).

125

Andere Anhaltspunkte, die nahelegen, dass die Alimentation des Klägers evident unzureichend war, sind hier nicht ersichtlich.

126

4. Schließlich ist auch der relative Normenbestandsschutz, den die Alimentation jenseits der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestalimentation genießt, nicht verletzt.

127

Infolge des relativen Normenbestandsschutzes darf der Gesetzgeber Kürzungen oder andere Einschnitte in die Bezüge nur vornehmen, wenn dies aus sachlichen Gründen, welche auch im Bereich des Systems der Besoldung liegen können, gerechtfertigt ist. Zu solchen systemimmanenten Gründen können finanzielle Erwägungen zwar hinzutreten, das Bemühen, Ausgaben zu sparen, kann aber nicht als ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Besoldung angesehen werden, soweit sie nicht als Teil eines schlüssigen Gesamtkonzepts dem in Art. 109 Abs. 3 GG verankerten Ziel der Haushaltskonsolidierung dient (vgl. BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O., Rn. 128).

128

Hier liegt bereits kein Eingriff in den relativen Normenbestandsschutz vor, weil in den Jahren 2012 bis 2014 keine reale Besoldungsabsenkung vorgenommen wurde, sondern stets zumindest geringfügige Anpassungen nach oben erfolgten (BVerfG, Urteil vom 05. Mai 2015, a. a. O., Rn. 193; vgl. VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017, a. a. O., Rn. 427; vgl. VGH BW, Urteil vom 06. Juni 2016 – 4 S 1094/15 –, Rn. 84, juris).

129

IV. Der Hilfsantrag ist zulässig, aber ebenfalls unbegründet, denn der rheinland- pfälzische Gesetzgeber hat nicht gegen seine prozeduralen Begründungspflichten verstoßen.

130

1. Der Kläger kann sich aufgrund der in der neueren Rechtsprechung erkennbaren Tendenz, die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes bereits wegen eines Verstoßes gegen prozedurale Begründungspflichten zu bejahen (VG Bremen, Vorlagebeschluss vom 17. März 2016, a. a. O., Rn. 89 f.; vgl. BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 –, Rn. 144, juris), auf ein schutzwürdiges Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse berufen.

131

2. Allerdings ist der Hilfsantrag unbegründet, denn entgegen der Ansicht des Klägers genügt die Begründung des DRÄndG (LT-Drucks. 16/281) den prozeduralen Anforderungen.

132

Maßgeblich sind hierbei Sinn und Zweck der prozeduralen Anforderungen: In Form von Begründungs-, Überprüfungs- und Beobachtungspflichten kompensieren diese die Schwierigkeit, das verfassungsrechtlich gebotene Besoldungsniveau anhand materieller Kriterien zu bestimmen und stellen zugleich einen Ausgleich dafür dar, dass die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses einschließlich der Festlegung der Besoldungshöhe der Regelungskompetenz des Gesetzgebers unterliegt. Insofern entfaltet die prozedurale Dimension des Alimentationsprinzips Schutz- und Ausgleichsfunktion (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 – 2 BvL 4/10 –, Rn. 164, juris).

133

Diese Funktionen sind durch die Begründung des 1. DRÄndG gewahrt, denn diese ermöglicht eine hinreichende Kontrolle des gesetzgeberischen Ermessens, da hieraus die aus Sicht des Gesetzgebers für die Anpassung der Besoldung an die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse maßgeblichen Bezugsgrößen deutlich werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber detailliert die Entwicklung der Tarifeinigungen im öffentlichen Dienst (nunmehr 1. Parameter der ersten Prüfungsstufe) in den Blick genommen und die Preisentwicklung der Konsumausgaben der privaten Haushalte (nunmehr 3. Parameter) in seine Überlegungen einbezogen.

134

Zum Zeitpunkt des Erlasses des 1. DienstRÄndG im Jahr 2011 konnte vom Gesetzgeber nicht erwartet werden, darüber hinaus die im Jahr 2015 vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien vertieft darzustellen (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. März 2016, a. a. O., Rn. 537, juris; vgl. VG Köln, Urteil vom 03. Mai 2017, a. a. O., Rn. 432, juris), denn es war nicht möglich, ein solch detailliertes Prüfprogramm zu antizipieren.

135

Die Frage, ob die Verletzung prozeduraler Begründungspflichten für sich genommen zur Verfassungswidrigkeit der Besoldung führen kann, wenn sich auf der ersten Prüfungsstufe keine Anhaltspunkte für eine verfassungswidrige Unteralimentation ergeben (verneinend: VGH BW, Urteil vom 06. Juni 2016 – 4 S 1094/15 –, Rn. 85, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 15. März 2016, a. a. O., Rn. 537; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. September 2015 – 1 K 331/14 –, Rn. 206, juris; bejahend VG Bremen, Vorlagebeschluss vom 17. März 2016, a. a. O., Rn. 89 ff.), bedarf mithin vorliegend keiner Klärung.

136

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

137

VI. Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, denn die vorliegende Rechtsstreitigkeit wirft rechtliche Fragen auf, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich sind und im Sinne der Rechtssicherheit einer Klärung bedürfen (vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 124, Rn. 10 m. w. N.). Dies gilt zunächst hinsichtlich der Frage, ob Beamte nach der Beförderung in eine höhere Besoldungsgruppe verpflichtet sind, einen neuen Antrag auf amtsangemessene Alimentation zu stellen. Darüber hinaus bedarf es einer grundsätzlichen Klärung, wie die Angemessenheit der Besoldung unter Zugrundelegung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien zu beurteilen ist, wenn der streitgegenständliche Zeitraum sich nicht über ein ganzes Jahr erstreckt. Ebenso ist klärungsbedürftig, ob der 4. Parameter anhand einer absoluten oder einer relativen Betrachtungsweise zu ermitteln ist.