Verwaltungsgericht Trier Urteil, 06. Juli 2015 - 6 K 153/15.TR

ECLI: ECLI:DE:VGTRIER:2015:0706.6K153.15.TR.0A
published on 06/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht Trier Urteil, 06. Juli 2015 - 6 K 153/15.TR
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Tenor

Es wird festgestellt, dass die im Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2014 ausgesprochene Untersagung der Verwendung von Fackeln rechtswidrig gewesen ist.

Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der andere Teil zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Verwendung von Fackeln während eines Aufzugs am 19. Dezember 2014.

2

Am 9. Dezember 2014 meldete der Vorsitzende des Klägers bei dem Ordnungsamt der Beklagten einen „Fackelzug gegen Asylbetrug“ für den Abend des 19. Dezember 2014 in Trier-Euren an. Die Anzahl der teilnehmenden Personen wurde mit etwa 40 angegeben. Als verantwortlicher Leiter wurde der Vorsitzende des Klägers benannt. Der Fackelzug sollte am Sportplatz in Euren beginnen und enden. Es war geplant, während des Aufzuges immer wieder Zwischenkundgebungen abzuhalten, unter anderem im Bereich des Kreisverkehrs „Vor Plein“ und am Kriegerdenkmal. Der Kreisverkehr „Vor Plein“ befindet sich etwa 320 m Luftlinie von der General-von-Seidel-Kaserne entfernt (Bl. 12 der Verwaltungsakte), welche als Asylbewerberunterkunft genutzt wird. Zwischen beiden Orten befinden sich Felder und das Gelände ist ebenerdig. Neben einem Lautsprecherwagen, Fahnen, Spruchbändern und Plakaten sollten auch Fackeln zum Einsatz kommen.

3

Im Rahmen eines am 11. Dezember 2014 geführten Kooperationsgespräches wurde der Beginn der Veranstaltung auf 17.00 Uhr festgelegt. Die angemeldete Strecke sollte im Wesentlichen unverändert beibehalten werden. Der Vorsitzende des Klägers legte sich in diesem Rahmen noch nicht auf eine genaue Gesamtzahl der zum Einsatz kommenden Fackeln fest. Als Schwerpunkte, an welchen in jedem Fall beabsichtigt sei Fackeln einzusetzen, wurden von ihm der Kreisel „Vor Plein“ und das Kriegerdenkmal bezeichnet. Mit E-Mail vom 15. Dezember 2014 teilte er mit, dass man die Anzahl der Fackeln auf maximal 20 und die der Fackelträger auf höchstens 10 festlege.

4

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2014 untersagte die Beklagte dem Kläger die Verwendung von Fackeln während des Aufzuges und der einzelnen Kundgebungen. Zur Begründung führte sie aus, dass der Zwischenkundgebungsort am Kreisverkehr „Vor Plein“ als äußerster Punkt des Aufzuges lediglich etwa 300 m Luftlinie von der General-von-Seidel-Kaserne entfernt sei. Mit der Wahl dieses Standortes werde entsprechend dem Motto beabsichtigt, dass die Bewohner der Asylbewerberunterkunft den Schein brennender Fackeln in der Dunkelheit wahrnähmen und dadurch eingeschüchtert und geängstigt würden. Die Beklagte verwies in diesem Zusammenhang auf eine Internetseite des Klägers, in der die Menschen, die in der Asylbewerberunterkunft lebten, als Scheinasylanten, dreiste Sozialtouristen und in manchen Fällen sogar schwerkriminelle Gewaltverbrecher bezeichnet würden. Die menschenverachtende Forderung: „Alle Aufnahmeeinrichtungen sind umgehend zu schließen und Scheinasylanten ohne Verzug auszuweisen!“ sowie die Aussage: „Die unkontrollierte Flut kulturfremder Scheinasylanten, ist grundsätzlich eine Gefahr für die ethno-kulturelle Identität der deutschen Nation, aber zunehmend auch für die innere Sicherheit.“ sollten sowohl auf Seiten der in der Asylbewerberunterkunft untergebrachten Menschen als auch bei den ortsansässigen Bürgerinnen und Bürgern Ängste und Vorbehalte hervorrufen, Vorurteile begründen oder bestärken sowie Fremdenfeindlichkeit rechtfertigen. Der beabsichtigte Einschüchterungseffekt, der durch den Einsatz von Fackeln noch verstärkt werde, stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung des Verbotes an.

5

Mit Schreiben seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 18. Dezember 2014 stellte der Kläger den Antrag, die aufschiebende Wirkung des am selben Tag eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2014 wiederherzustellen. Der Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 19. Dezember 2014 – 1 L 2248/14.TR – mit der Maßgabe abgelehnt, dass dem Kläger gestattet wurde, insgesamt vier Fackeln zu verwenden. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde des Klägers wies das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 7 B 11149/14.OVG – zurück.

6

Am 19. Januar 2015 hat der Kläger Klage erhoben, mit welcher er zunächst die Feststellung begehrt hat, das städtische Verbot von Fackeln und die Begrenzung auf vier Fackeln im gerichtlichen Eilverfahren hätten gegen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 und der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Grundgesetz verstoßen.

7

Der Kläger trägt vor:

8

Die Begrenzung auf vier Fackeln habe die Wahrnehmung der Kundgebung massiv beeinträchtigt und den Sinn des Umzugs konterkariert. Ein Fackelzug mit nur vier Fackeln könne nicht als richtiger Fackelzug gewertet werden, da die Sichtbarkeit gerade in den Abendstunden eingeschränkt gewesen sei. Auf Grund der Wegstrecke und des zeitlichen Rahmens hätten brennende Fackeln ohnehin nicht durchgehend eingesetzt werden können. Eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung habe nicht vorgelegen. Die durch Asylbewerber selbst verursachten Brände in den Asylunterkünften in Trier hätten gezeigt, dass diese eher sorglos mit Feuer umgingen und nicht durch 10 Fackeln, die in einiger Entfernung der Unterkunft gezeigt würden, eingeschüchtert würden. Im Mai 2014 habe sogar eine Veranstaltung direkt vor der Asylbewerberunterkunft stattgefunden, bei welcher die Bewohner sorglos umhergelaufen seien. Auch die aufgeführten Zitate von seiner Facebook-Seite seien nicht geeignet eine „Drohkulisse“ aufzubauen, da sie alle sachlich richtig seien und eine politische Lösung der Probleme bezweckten. Da er auch in Zukunft Fackelzüge in Trier plane, bestehe auch Wiederholungsgefahr und damit ein Feststellungsinteresse.

9

Der Kläger hat seinen Antrag, festzustellen, dass auch die im gerichtlichen Eilverfahren ausgesprochene Begrenzung auf vier Fackeln gegen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und der Meinungsfreiheit verstoßen habe, in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

10

Der Kläger beantragt nunmehr,

11

festzustellen, dass die im Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2014 ausgesprochene Untersagung der Verwendung von Fackeln rechtswidrig gewesen ist.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung verweist sie auf den angegriffenen Bescheid und führt ergänzend aus:

15

Zwar rechtfertige das Mitführen von Fackeln kein generelles Demonstrationsverbot, jedoch sei unter bestimmten Voraussetzungen eine dahingehende Auflage angezeigt, insbesondere wenn das Motto der geplanten Demonstration eine bestimmte Zielrichtung verfolge, die ein partielles Feindbild suggeriere.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsakten und sonstigen Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

17

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer seine Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen.

II.

18

Im Übrigen ist die Klage, über die trotz des in der mündlichen Verhandlung gestellten Ablehnungsgesuchs des Klägers unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterin ... verhandelt und entschieden werden konnte, zulässig und begründet.

19

1. Das gegen die ehrenamtliche Richterin gerichtete Ablehnungsgesuch war gemäß § 54 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. §§ 41 ff. der Zivilprozessordnung - ZPO - abzulehnen, da in ihrer Person keine Ausschließungsgründe nach § 54 Abs. 2 VwGO bzw. § 41 ZPO vorliegen - solche hat der Kläger auch nicht geltend gemacht - und entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht die begründete Besorgnis der Befangenheit besteht.

20

Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob er tatsächlich parteilich oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist vielmehr, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10 -, BVerfGE 135, 248 [zur entsprechenden Regelung in § 19 BVerfGG]). Anders als der Kläger meint, folgt aus der Tatsache, dass die abgelehnte Richterin als Ratsmitglied an dem Beschluss zum Ausschluss des Vorsitzenden des Klägers aus dem Stadtrat der Beklagten mitgewirkt hat, keine begründete Besorgnis der Voreingenommenheit. Die Entscheidung des Stadtrates hielt nämlich zunächst der Überprüfung durch das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht stand (vgl. VG Trier, Urteil vom 08. Mai 2012 - 1 K 1302/11.TR -, LKRZ 2012, 331; OVG RP, Urteil vom 15. März 2013 - 10 A 10573/12 -, DVBl 2013, 736, LKRZ 2013, 255). Erst das Bundesverwaltungsgericht hat die vorinstanzlichen Urteile abgeändert und die Rechtswidrigkeit des Ausschlusses des Vorsitzenden des Klägers aus dem Stadtrat der Beklagten festgestellt. Dieses Ergebnis hat es mit damit begründet, § 31 Abs. 1 GemO sei aufgrund des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl verfassungskonform auszulegen, auch wenn hierdurch von der Intention des historischen Gesetzgebers abgewichen werde (BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 – 10 C 11/14 –, juris). Das zeigt, dass der Beschluss des Stadtrates nicht als offenkundig rechtswidrig bzw. rechtsmissbräuchlich anzusehen war, sondern auf einer sachlich begründeten, wenn auch letztlich vom Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig erkannten Rechtsauffassung beruhte. Somit begründet die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterin an diesem Beschluss kein begründetes Misstrauen gegen ihre Unvoreingenommenheit im vorliegenden Verfahren.

21

Nach § 54 Abs. 3 VwGO ist die Besorgnis der Befangenheit jedoch stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden. Die abgelehnte ehrenamtliche Richterin gehörte zwar in der Vergangenheit dem Stadtrat der Beklagten an. Das genügt aber nicht für die begründete Besorgnis der Befangenheit nach § 54 Abs. 3 VwGO, da diese Vorschrift ersichtlich darauf abstellt, dass sich aus einer aktuellen Mitgliedschaft in der Vertretung einer Körperschaft ein Loyalitätskonflikt ergeben kann (vergleiche Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: 28. Ergänzungslieferung 2015, § 54 Rn. 31a).

22

2. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO statthaft. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist es geklärt, dass § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO in den Fällen der Erledigung eines Verwaltungsaktes vor Klageerhebung – im vorliegenden Fall bereits am 19. Dezember 2014 mit dem Abschluss des Aufzugs - entsprechende Anwendung findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.06.2008 - 6 C 21/07 -, BVerwGE 131, 216).

23

Der Durchführung des Vorverfahrens bedurfte es nicht mehr, da dieses seine Aufgabe, nämlich insbesondere die Selbstkontrolle der Verwaltung, nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 09. Februar 1967 - I C 49.64 -, BVerwGE 26, 161).

24

Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit entsprechend § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO, weil angesichts seines Vorbringens ein Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - geschützten Versammlungsfreiheit durch die streitige Verfügung nicht von vorneherein ausgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der die Kammer folgt, gebietet das in Art. 19 Abs. 4 gewährleistete Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in Fällen „tiefgreifender“ oder „gewichtiger“ Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensverlauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache kaum erlangen kann. Solche Eingriffe können auch bei Beeinträchtigungen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gegeben sein, gegen die Rechtschutz im Hauptsacheverfahren in dem dafür verfügbaren Zeitraum typischerweise nicht erreichbar ist (BVerfG, Beschluss vom 03. März 2014 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77; BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2014 - 6 C 1/13 -, NVwZ 2014, 883). Danach ist hier ein Feststellungsinteresse zu bejahen, da ein schwerwiegender Grundrechtseingriff in die Versammlungsfreiheit durch die Untersagung des Mitführens von Fackeln nicht auszuschließen ist und das Fackelverbot sich bereits am Tag nach seinem Erlass erledigt hat.

25

Darüber hinaus hat der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse wegen einer bestehenden Wiederholungsgefahr, da er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung die Durchführung weiterer Fackelzüge beabsichtigt und bereits einen weiteren Fackelzug bei der Beklagten angemeldet hat. Dieser könnte angesichts der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsauffassung der Beklagten, die ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung erneut bekräftigt hat, zu denselben Rechtsproblemen und damit zu derselben Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines erneuten Fackelverbotes führen (vergleiche BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2014, a.a.O.).

26

3. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2014 war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog).

27

Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung war § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes - VersG -. Hiernach kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

28

a) Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit war nach den Umständen des vorliegenden Falles nicht zu erwarten und wurde von der Beklagten in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens auch nicht zur Begründung ihrer Verfügung herangezogen.

29

b) Gestützt war die Verfügung vielmehr auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Es gibt einerseits Gründe für die Annahme, dass eine solche Gefahr nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bestand. Andererseits sind aber durchaus auch Umstände zu erkennen, die gegen eine solche Annahme sprechen. Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil die ausgesprochene Untersagung der Verwendung von Fackeln während des Aufzugs und während der einzelnen Kundgebungen jedenfalls unverhältnismäßig war.

30

aa) Unter den Begriff der öffentlichen Ordnung wird auch im Versammlungsrecht die Gesamtheit der Regeln gefasst, deren Befolgung durch die jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzungen eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes anzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2014, a.a.O.). Dabei muss sich die Gefährdung grundsätzlich aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung ergeben und darf nicht isoliert aus dem Inhalt der kundgegebenen Äußerungen gefolgert werden. Sie kann insbesondere aufgrund eines aggressiven und provokativen Verhaltens bestehen, welches geeignet ist, einschüchternde Wirkung zu entfalten und ein Klima potenzieller Gewaltbereitschaft zu erzeugen (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2004 - 1 BvQ 19/04 -, BVerfGE 111, 147; BVerfG, Beschluss vom 5. September 2003 – 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90; OVG RP, Beschluss vom 19. Dezember 2014 - 7 B 11149/14.OVG -). Entscheidend ist die Sicht ex ante, wobei bloße Verdachtsmomente und Vermutungen nicht ausreichen, sondern konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte gegeben sein müssen (BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 1 BvR 2794/10 -, NVwZ 2013, 570; OVG RP, Beschluss vom 19. Dezember 2014, a.a.O.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit auch die Entscheidung umfasst, welche Maßnahmen der Veranstalter zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für sein Anliegen einsetzen will, also auch die Wahl der Mittel zur Verstärkung der „Appell- und Signalwirkungen“ einschließt (BVerfG, Beschluss vom 05. September 2003 – 1 BvQ 32/03 -, a.a.O.; Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 16. Auflage, 2011, § 15 Rn. 162).

31

bb) Die Beklagte hat in der angegriffenen Verfügung ebenso wie das Verwaltungsgericht in seinem Eilbeschluss vom 19. Dezember 2014 - 1 L 2248/14.TR - darauf abgestellt, dass die im Internet zuvor veröffentlichen Meinungsäußerungen des Klägers in Verbindung mit dem Einsatz brennender Fackeln sowie weiteren Hilfsmitteln wie Mikrofonen, Fahnen, Transparenten, Spruchbändern und Plakaten auf dem gesamten Aufzug und während der Kundgebungen wegen des Einschüchterungseffektes hinsichtlich der in der Asylbewerberunterkunft untergebrachten Menschen einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle. Das Verwaltungsgericht hat eine solche Gefahr ebenfalls hinsichtlich solcher Asylbewerber angenommen, die sich während des Aufzugs im Stadtteil Euren auf den Straßen aufhielten.

32

Im Rahmen der erforderlichen Gefahrenprognose ist aber ebenfalls zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte für die Annahme vorlagen, der geplante Demonstrationszug werde den Charakter einer militant-einschüchternden Inszenierung annehmen, wie dies etwa bei dem Mitführen von Landknechtstrommeln, Marschtritt und/oder einheitlicher Kleidung der Fall sein kann (vgl. VGH München, Beschluss vom 16.02.1994 - 21 CS 94.461- , BeckRS 1994, 16504). Auch kann Fackeln nicht per se ein aggressiver oder Gewaltbereitschaft suggerierender Symbolgehalt zugeordnet werden, da sie in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart für ganz unterschiedliche politische, religiöse oder andere kultische Anlässe genutzt worden sind und werden (Sächsisches OVG, Urteil vom 04. Juni 2009 - 3 B 59/06 -, juris). Zudem waren Versammlungen des Klägers in dem Gebiet der Beklagten in der Vergangenheit ohnehin nicht durch eine große Anzahl von Teilnehmern gekennzeichnet, was ebenfalls für den Grad der einschüchternden Wirkung von Bedeutung ist. Hinsichtlich der Asylbewerber in der Aufnahmeeinrichtung kommt hinzu, dass der Streckenverlauf des Aufzuges nicht unmittelbar an der Asylbewerberunterkunft vorbeiführen sollte, der Kreisverkehr im Straßenbereich „Vor Plein“, an dem neben dem Kriegerdenkmal in jedem Fall Fackeln entzündet werden sollten, etwa 320 m Luftlinie von der Unterkunft entfernt ist und die Strecke nicht in ihrer Gesamtheit von der Unterkunft aus einsehbar ist. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass die in das Internet eingestellten Meinungsäußerungen des Klägers im Vorfeld der Versammlung durchaus einen einseitigen, provokanten und nahezu hetzerischen Charakter hatten, aber nicht zu Gewalt aufriefen und zudem nicht viel dafür spricht, dass Asylbewerber oder ein erheblicher Teil der Bevölkerung diese Internetseiten überhaupt aufsuchen. Schließlich ist auch in den Blick zu nehmen, dass der Kläger bereits zuvor Versammlungen bzw. Aufzüge unter freiem Himmel unter Mitführung brennender Fackeln abgehalten hat, einmal sogar unmittelbar vor der Asylbewerberunterkunft in Trier-Nord, ohne dass sich die Beklagte veranlasst gesehen hat, ein entsprechendes Verbot auszusprechen. Den diese Versammlungen betreffenden polizeilichen Einsatztagebüchern und Berichte, die von der Kammer beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, lässt sich nicht entnehmen, dass bei diesen Versammlungen eine Atmosphäre herrschte, die zu einer Verängstigung oder Einschüchterung der in der Aufnahmeeinrichtung lebenden Asylbewerber oder Bürger geführt hat. All diese Aspekte sind durchaus geeignet, die Prognose einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Ordnung infrage zu stellen.

33

c) Die generelle Untersagung der Verwendung von Fackeln, zudem während des gesamten Umzuges, hält aber jedenfalls der erforderlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. hierzu z.B. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 -, BVerfGE 69, 315; BVerfG, Beschluss vom 06. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 -, BVerfGE 80, 137) nicht stand.

34

aa) Selbst wenn man aufgrund einer Gesamtwürdigung der unter II.3.b dargelegten Aspekte zu dem Ergebnis gelangen würde, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Auflage habe eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung bestanden, so wäre das Verbot jedweder Verwendung von Fackeln nicht erforderlich gewesen, um eine solche Gefahr zu beseitigen. Vielmehr hätte die insoweit bestehende Gefahr durch eine weniger einschneidende Auflage, nämlich die Begrenzung der Zahl der gleichzeitig brennenden Fackeln, zuverlässig beseitigt werden können. Wie bereits im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2014 (a.a.O.) dargelegt worden ist, hätte das gleichzeitige Abbrennen von bis zu 4 Fackeln jedenfalls nicht mehr den Eindruck eines aggressiven und provokativen Verhalten hervorgerufen, welches geeignet wäre, einschüchternde Wirkung zu entfalten und ein Klima potenzieller Gewaltbereitschaft zu erzeugen. Dies gilt erst recht bei einer noch weiterreichenden zahlenmäßigen Begrenzung der verwendeten Fackeln.

35

bb) Nimmt man hingegen an, selbst bei einer erheblichen Reduzierung der Zahl der verwendeten Fackeln habe gleichwohl eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung bestanden, so hätte eine solche zahlenmäßige Begrenzung - oder das Verbot des Abbrennens der Fackeln in als besonders problematisch erachteten Bereichen wie dem Kreisverkehr „Vor Plein“- jedenfalls eine weitgehende Reduzierung dieser Gefahr zur Folge gehabt, so dass das vollständige Verbot der Verwendung von Fackeln jedenfalls unverhältnismäßig im engeren Sinne wäre. Der mit diesem Verbot verbundene Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit stünde nämlich außer Verhältnis zu dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung der auch bei der zahlenmäßigen Begrenzung der verwendeten Fackeln oder der örtliche Beschränkung ihrer Verwendung noch verbleibenden Gefahr für die öffentliche Ordnung.

36

Bei Einschränkungen der Versammlungsfreiheit ist wegen der grundlegenden Bedeutung der Grundrechte im demokratischen Gemeinwesen die Proportionalität von Eingriffszweck und Eingriffsfolgen besonders sensibel zu betrachten und es hat eine sorgfältige Abwägung zu erfolgen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Versammlungen und Demonstrationen Mittel im politischen Meinungskampf sind, der ein Lebenselement der freiheitlichen und demokratischen Staatsordnung ist.

37

Auch aus diesem Grunde kommt der Versammlungsfreiheit im Rahmen des Abwägungsprozesses erhebliches Gewicht zu. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Versammlungsfreiheit ebenfalls geschützte Art und Weise der Durchführung einer Versammlung einschließlich der zur Meinungskundgabe verwendeten Mittel. Der Kläger hat einen Aufzug unter dem Motto „Fackelzug gegen Asylbetrug“ angemeldet. Diesem Motto ist das Mitführen von Fackeln immanent, weswegen der Kläger auch mehrfach betont hat, dass es ihm gerade auf den Einsatz von Fackeln ankomme. Von daher handelt es sich bei der Untersagung der Verwendung von Fackeln während des gesamten Umzuges durchaus um einen nicht unerheblichen substantiellen Eingriff in das Versammlungsrecht.

38

Hinter diesem schutzwürdigen Interesse des Klägers, seinen Aufzug sowie die Kundgebungen als Fackelzug durchzuführen, müsste das öffentliche Interesse an der Beseitigung einer Gefahr für die öffentliche Ordnung, sofern eine solche auch bei einer Begrenzung der Anzahl der verwendeten Fackeln überhaupt noch bestünde, zurücktreten. Die trotz einer solchen Begrenzung verbleibende einschüchternde Wirkung aufgrund einer Atmosphäre latenter Gewaltbereitschaft wiese jedenfalls eine äußerst geringe Intensität auf. Die Untersagung der Verwendung jeglicher Fackeln, die zudem dem gesamten Aufzug betraf, war somit unverhältnismäßig.

39

Der Klage war daher stattzugeben.

III.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 155 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

42

Die Berufung ist nicht zu zulassen, da Zulassungsgründe nach § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO nicht vorliegen.

43

Beschluss

44

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 45.4 des von Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalogs, NVwZ-Beilage 2013, S. 58).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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Annotations

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen:

1.
in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht;
2.
in Sachen seines Ehegatten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
in Sachen seines Lebenspartners, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war;
4.
in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist;
5.
in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist;
6.
in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt;
7.
in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird;
8.
in Sachen, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Wird ein Richter des Bundesverfassungsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet das Gericht unter Ausschluß des Abgelehnten; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(2) Die Ablehnung ist zu begründen. Der Abgelehnte hat sich dazu zu äußern. Die Ablehnung ist unbeachtlich, wenn sie nicht spätestens zu Beginn der mündlichen Verhandlung erklärt wird.

(3) Erklärt sich ein Richter, der nicht abgelehnt ist, selbst für befangen, so gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Hat das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung oder Selbstablehnung eines Richters für begründet erklärt, wird durch Los ein Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

(1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen gelten §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Von der Ausübung des Amtes als Richter oder ehrenamtlicher Richter ist auch ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

(3) Besorgnis der Befangenheit nach § 42 der Zivilprozeßordnung ist stets dann begründet, wenn der Richter oder ehrenamtliche Richter der Vertretung einer Körperschaft angehört, deren Interessen durch das Verfahren berührt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.

(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn

1.
die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert, und
2.
nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird.
Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin ist ein Ort nach Satz 1 Nr. 1. Seine Abgrenzung ergibt sich aus der Anlage zu diesem Gesetz. Andere Orte nach Satz 1 Nr. 1 und deren Abgrenzung werden durch Landesgesetz bestimmt.

(3) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwidergehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 oder 2 gegeben sind.

(4) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.