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| Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Durch die ablehnende Einspruchsentscheidung vom 01.06.2015 ist die Klägerin beschwert und möglicherweise in ihren Rechten verletzt. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 31 Abs. 3 KomWG kann der Wahlberechtigte, der Einspruch erhoben hat, ohne Widerspruchsverfahren unmittelbar Verpflichtungsklage erheben. |
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| Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 01.06.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, den Beklagten zu verpflichten, die Wahl des Bürgermeisters der Beigeladenen zu 1 vom 26.04.2015 für ungültig zu erklären (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG kann gegen die Wahl binnen einer Woche nach der öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses von jedem Wahlberechtigten und von jedem Bewerber Einspruch bei der Rechtsaufsichtsbehörde erhoben werden. Nach § 31 Abs. 1 Satz 3 KomWG ist der Einspruch eines Wahlberechtigten und eines Bewerbers, der nicht die Verletzung seiner Rechte geltend macht, nur zulässig, wenn ihm 1 vom Hundert der Wahlberechtigten, mindestens jedoch fünf Wahlberechtigte, bei mehr als 10.000 Wahlberechtigten mindestens 100 Wahlberechtigte beitreten. |
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| Diese Voraussetzungen erfüllt der Einspruch der Klägerin, so dass er zulässig ist. Insbesondere sind dem Einspruch 159 Wahlberechtigte beigetreten, so dass das notwendige Quorum von 58 Unterstützern erreicht ist. |
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| Auf einen Einspruch ist nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 KomWG eine Bürgermeisterwahl u.a. dann für ungültig zu erklären, wenn das Ergebnis der Wahl dadurch beeinflusst werden konnte, dass ein Bewerber oder Dritte eine gegen ein Gesetz verstoßende Wahlbeeinflussung begangen haben. Das gleiche gilt gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG, wenn wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung oder über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unbeachtet geblieben sind. |
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| Es können dabei gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KomWG nur Einspruchsgründe berücksichtigt werden, die binnen der einwöchigen Einspruchsfrist des § 31 Abs. 1 Satz 1 KomWG geltend gemacht worden sind. Der gesetzliche Ausschluss von Einspruchsgründen, die nach Ablauf der Frist zur Wahlanfechtung geltend gemacht werden, gilt auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren (materielle Präklusion), weil es im öffentlichen Interesse liegt, dass die Gültigkeit einer Wahl alsbald geklärt wird. Gegenstand der Klage ist nicht unmittelbar die Gültigkeit der angefochtenen Wahl, sondern der auf den zulässigen Einspruch ergangene Einspruchsbescheid. Folglich ist auch die gerichtliche Prüfung auf die fristgerecht vorgebrachten Einspruchsgründe beschränkt und nicht auf weitere Anfechtungsgründe zu erstrecken (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.12.1991 - 1 S 818/91 -; Urteil vom 27.02.1996 - 1 S 2570/95 -; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2012 - 2 K 2293/11 -; jeweils juris). Der Sachverhalt, aus dem sich ein Wahlfehler ergeben soll, muss hinreichend konkretisiert werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2007 – 1 S 567/07 –, juris, Rn. 39). Das im Wahlprüfungsrecht enthaltene Substantiierungsgebot soll sicherstellen, dass das sich auf der Grundlage der Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses ergebende Ergebnis nicht vorschnell in Frage gestellt wird und dadurch Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit geweckt werden. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, dürfen deshalb als unsubstantiiert zurückgewiesen werden (BVerfG, Beschluss vom 12.12.1991 - 2 BvR 562.91 -, BVerfGE 85, 148; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.1996 – 1 S 2570/95 –, juris, Rn. 46, 47). |
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| Im vorliegenden Fall konnte durch die im Einspruch gerügten Verstöße gegen wesentliche Vorschriften über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG das Wahlergebnis nicht beeinflusst werden. |
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| Soweit die Klägerin die nichtöffentliche Nachprüfung der Wahl durch die Verwaltungsmitarbeiter V., R. und H. rügt, vermag dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn das Wahlergebnis konnte durch diese Nachprüfung nicht im Sinne von § 32 Abs. 1 KomWG beeinflusst werden. Der nach § 32 Abs. 1 KomWG erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen Wahlfehler und Wahlergebnis ist nur gegeben, wenn sich aus dem mit der Wahlanfechtung geltend gemachten und tatsächlich vorliegenden Gesetzesverstoß nicht nur eine theoretische, sondern eine konkrete und nach der Lebenserfahrung nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses ergibt. Entscheidend ist danach nicht die abstrakt vorstellbare Auswirkung, sondern nur der unter den konkreten Verhältnissen mögliche Einfluss des Wahlfehlers (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.1997 - 1 S 1741/96 -, juris, Rn. 29; Quecke/Gackenholz/Bock, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2014, § 32 Rn. 105). Hat bei einer Bürgermeisterwahl einer der Bewerber im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erreicht, liegt ein erheblicher Wahlfehler dann vor, wenn ohne diesen Fehler die konkrete Möglichkeit bestanden hätte, dass dieser Bewerber die absolute Mehrheit nicht erreicht hätte und es also zu einem zweiten Wahlgang gekommen wäre, in dem der im ersten Wahlgang unterlegene Bewerber eine neue - nicht ganz fernliegende - Chance gehabt hätte (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 10.11.2015 – 5 K 1472/15 –, juris). |
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| Ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses liegt im vorliegenden Fall zwar vor. Insbesondere wurde gegen § 11 Abs. 1 KomWG i.V.m. § 43 Abs. 1 KomWO, § 21 KomWG und § 21 Abs. 3 Satz 1 KomWO verstoßen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 KomWG obliegt dem Gemeindewahlausschuss die Leitung der Gemeindewahlen und die Feststellung des Wahlergebnisses. Der Gemeindewahlausschuss hat gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 KomWO die Wahlniederschriften der Wahlvorstände auf Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit zu prüfen und dabei die Feststellungen der Wahlvorstände nachzuprüfen. Ergeben sich aus den Wahlniederschriften oder aus sonstigen Gründen Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Wahlgeschäfts, ist es gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 KomWO Aufgabe des Gemeindewahlausschusses, diese so weit wie möglich aufzuklären. Gemäß § 21 KomWG sind die Wahlhandlung und die Feststellung des Wahlergebnisses öffentlich. Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 KomWO verhandeln und entscheiden die Wahlausschüsse in öffentlicher Sitzung. Die Befugnis zur Feststellung des Wahlergebnisses beinhaltet das Recht des Gemeindewahlausschusses eine Nachzählung der Stimmen anzuordnen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 24.06.1998 - 4 ZB 97.2164 -, juris). |
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| Vorliegend hat der Gemeindewahlausschuss über eine Nachzählung am Morgen des 27.04.2015 zuvor keinen Beschluss gefasst. In dem Hinweis von Herrn H. um 15.30 Uhr am Wahltag auf die Vorprüfung der Wahlunterlagen und dem Schweigen des Gemeindewahlausschusses kann auch kein Auftrag des Gemeindewahlausschusses gesehen werden. Am Wahltag, dem 26.04.2015, traf sich der Gemeindewahlausschuss als Briefwahlvorstand, um die Briefwahlunterlagen auszuzählen, worüber eine Niederschrift als Briefwahlvorstand gefertigt wurde. Eine Sitzung als Gemeindewahlausschuss ist nicht durch ein Protokoll o.ä. belegt. Nach der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1 vom 13.05.2015 hielten sich die Mitglieder des Gemeindewahlausschusses nach der Ermittlung des Briefwahlergebnisses teilweise im Bürgerbüro, teilweise im an das Bürgerbüro angrenzenden Büro von Herrn R. sowie teilweise vor dem Rathaus auf. Es sei seit Jahrzehnten gängige Praxis, die Sitzung des Gemeindewahlausschusses zur Feststellung des amtlichen Wahlergebnisses auf den Folgetag zu terminieren. Aus dieser Stellungnahme lässt sich schließen, dass der Gemeindewahlausschuss am Wahltag keine Beschlüsse hinsichtlich einer Nachzählung in einer Sitzung getroffen hat. Das Schweigen der Mitglieder des Briefwahlvorstandes/Gemeindewahlausschusses auf den Hinweis von Herrn H. hin kann unter diesen Umständen nicht als Willenserklärung („Auftrag“) verstanden werden, so dass die Nachprüfung durch die Verwaltungsmitarbeiter gegen § 11 Abs. 1 KomWG i.V.m. § 43 Abs. 1 KomWO verstieß. Dadurch, dass die Nachprüfung nicht öffentlich erfolgte, liegt ferner ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz, § 21 KomWG und § 21 Abs. 3 Satz 1 KomWO, vor. Denn auch vorbereitende Sitzungen bedürfen der Öffentlichkeit (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 11 Rn. 19). Zudem hätte eine Nachzählung in einer öffentlichen Sitzung erfolgen müssen (vgl. VG Köln, Urteil vom 25.03.2015 - 4 K 7076/14 -, juris). Schließlich spricht Vieles dafür, dass die Nachprüfung gegen das Verwahrungsgebot des § 39 KomWO verstoßen hat. Nach § 39 Abs. 2 KomWO hat der Bürgermeister die vom Wahlvorstand übergebenen Pakete bis zur Vernichtung der Wahlunterlagen zu verwahren. Er hat sicherzustellen, dass die Pakete Unbefugten nicht zugänglich sind. Nach § 39 Abs. 4 KomWO hat der Bürgermeister die Unterlagen auf Anforderung dem Gemeindewahlausschuss sowie der Wahlprüfungsbehörde vorzulegen. Da die Bürgermeisterin hier selbst kandidierte, dürfte entsprechend § 11 Abs. 2 Satz 3 KomWG der Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses bzw. stellvertretende Bürgermeister Herr S. zuständig gewesen sein. Selbst wenn man - wie die Beigeladene zu 1 vorträgt - von einer Delegation an Herrn R. ausgehen sollte, so hätte dieser die Pakete nicht den Herren V. und H. zur Nachzählung zugänglich machen dürfen. |
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| Die verletzten Vorschriften sind wesentlich im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG. Wesentliche Vorschriften sind solche, die entweder die tragenden Grundsätze des Wahlrechts sichern sollen, oder solche, welche die Öffentlichkeit des Verfahrens und korrekte wahlrechtliche Entscheidungen sowie die richtige Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses gewährleisten sollen (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 32 Rn. 97). Die Regelungen der § 21 KomWG, § 21 Abs. 3 KomWO, die die Öffentlichkeit der Ermittlung sowie Feststellung des Ergebnisses der Wahl sichern sollen, sind wesentlich (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 21 Rn. 12, § 32 Rn. 98). Als wesentlich sind auch § 11 Abs. 1 KomWG, § 43 Abs. 1 KomWO anzusehen (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 11 Rn. 14), weil diese die Ordnungsmäßigkeit der Wahl dadurch gewährleisten sollen, dass der Gemeindewahlausschuss selbst die Ermittlung des Wahlergebnisses vornimmt. Die Wesentlichkeit des § 39 Abs. 2 Satz 2 KomWG ergibt sich daraus, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Rechtmäßigkeit der Wahl erheblich erschüttert werden kann, wenn die verschlossenen Wahlpakete Unbefugten zugänglich sind. |
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| Jedoch konnte das Ergebnis der Wahl durch die Nachprüfung durch die Verwaltungsmitarbeiter nicht beeinflusst werden. Auch bei einem Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz ist die abstrakte Möglichkeit von Manipulationen nicht ausreichend, um die Wahl für ungültig zu erklären; vielmehr ist zu ermitteln, ob die festgestellten Mängel im konkreten Fall Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben konnten (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.03.2012 - 8 C 7/11 -, juris). Soweit obergerichtliche Rechtsprechung im Einzelfall eine abstrakte Möglichkeit von Manipulationen ausreichen lässt (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.02.2009 - 4 L 364/08 -, juris) oder in jedem Fall die Ungültigkeit der Wahl annimmt (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.12.1990 - 7 A 11827/90 -, juris), folgt das Gericht dem im vorliegenden Fall nicht. Denn vorliegend wurde gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz nicht bei der ersten Ermittlung des Wahlergebnisses in den Wahlvorständen verstoßen, sondern diese hatten bereits ein Ergebnis ermittelt, welches durch die nichtöffentliche Nachprüfung nur überprüft werden sollte. Es lässt sich daher trotz Verstoßes gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz ermitteln, ob im konkreten Fall Auswirkungen auf das Wahlergebnis vorliegen könnten. Der Gemeindewahlausschuss hat das - auch bereits am Wahlabend telefonisch mitgeteilte - Ergebnis in sechs Wahlbezirken und das Briefwahlergebnis unverändert übernommen. Insofern eröffnete die nichtöffentliche Nachprüfung keine Manipulationsmöglichkeiten. Soweit der Gemeindewahlausschuss eine Stimme im Wahlbezirk 507 für gültig erklärt hat, die der Wahlvorstand als ungültig gewertet hatte, war der Gemeindewahlausschuss dazu gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 KomWO befugt. Der Wahlvorstand hat mit Schreiben vom 18.05.2015 bestätigt, dass der Stimmzettel in dieser Form bereits am Wahlabend im Wahllokal vorlag. Insoweit ist nicht ersichtlich, wie eine Manipulation hätte erfolgen können. Zudem ist der Stimmzettel, bei dem die Beigeladene zu 2 angekreuzt und die Berufsbezeichnung des weiteren Bewerbers unterstrichen war, zu Recht als gültig gewertet worden. Denn nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 KomWG sind Stimmen ungültig, wenn die Person des Gewählten auf dem Stimmzettel nicht unzweifelhaft erkennbar ist. Vorliegend ist das Kreuz bei der Beigeladenen zu 2 jedoch eindeutig und somit die gewählte Person unzweifelhaft erkennbar, woran auch die Unterstreichung der Berufsbezeichnung nichts zu ändern vermag. Soweit der Gemeindewahlausschuss eine Stimme, die bei dem weiteren Bewerber einsortiert gewesen sein soll, aber die Kennzeichnung „F. M.“ enthält, als ungültig gewertet hat, belegen zwei Stellungnahmen von Mitgliedern des Wahlvorstandes, dass dieser Stimmzettel am Wahlabend bereits vorhanden war. Die Zahl der gültigen Stimmen und die auf die Bewerber abgegebenen Stimmen konnte durch die nachprüfenden Verwaltungsmitarbeiter allenfalls im Hinblick auf die eine Stimme „F. M.“ verändert werden, weil telefonisch am Wahlabend bereits das Wahlergebnis gemeldet worden war. Selbst wenn man eine theoretisch denkbare Manipulation annehmen sollte, dahingehend, dass die Stimme „F. M.“ sich im Stapel der ungültigen Stimmen befunden hätte, in den Stapel des weiteren Bewerbers verschoben und dafür eine gültige Stimme des weiteren Bewerbers unterschlagen worden wäre, hätte dies das Wahlergebnis nicht verändern können, weil die Beigeladene zu 2 trotzdem mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erreicht hätte (1.729 Stimmen von dann 3.455 gültigen Stimmen). |
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| Ferner hat auch die Rüge der Klägerin, dass die Sitzung des Gemeindewahlausschusses vom 27.04.2015 erst kurzfristig zwölf Minuten vor Sitzungsbeginn ausgehängt wurde, keinen Erfolg. Zwar ist dadurch wohl gegen § 21 Abs. 3 Satz 2 KomWO verstoßen worden. Nach § 21 Abs. 3 Satz 2 KomWO gibt der Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses Zeit, Ort und Gegenstand der Sitzung durch Aushang am oder im Eingang des Sitzungsgebäudes mit dem Hinweis bekannt, dass jedermann Zutritt zu der Sitzung hat. Durch Aushang zwölf Minuten vor Sitzungsbeginn ist fraglich, ob eine rechtzeitige Bekanntgabe vorliegt, weil Zuschauer nur durch Zufall davon erfahren können und nur dann, wenn sie sich schon vor Ort befinden. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, wie das Ergebnis der Wahl durch diesen wahrscheinlichen Verstoß beeinflusst werden konnte, zumal 13 Zuschauer einschließlich der Klägerin in der Sitzung anwesend waren. |
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| Die Rüge der Klägerin, dass für das Verschließen der Umschläge für die Stimmzettel die Wahlvorsteher nur teilweise die dafür vorgesehenen Siegelmarken verwendet hätten, wodurch gegen § 39 Abs. 1 KomWG verstoßen worden sei, ist nach § 31 Abs. 1 Satz 2 KomWG präkludiert. Denn diese Rüge findet im Einspruchsschreiben vom 06.05.2015 keine Erwähnung, sondern wurde erst im Klageverfahren ausgeführt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich dieser Umstand auf das Wahlergebnis auswirken konnte. Dass die Umschläge mit den Stimmzetteln von den Herren V., R. und H. geöffnet wurden, ist unstreitig. Die Kammer brauchte daher auch nicht der Frage nachzugehen, ob die Umschläge am nächsten Tag offen oder verschlossen in den Gemeindewahlausschuss verbracht wurden. |
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| Schließlich bestehen Zweifel, ob die Klägerin mit ihrer Rüge in der Klageschrift, dass die Stimmenanzahl in der Gegenliste und im Wählerverzeichnis in den Wahlbezirken 101 und 103 nicht übereinstimme und somit die Wahlniederschriften unrichtig seien, im Einspruchsverfahren gehört werden kann. Der diesbezügliche Tatsachenvortrag findet sich - zumindest ausdrücklich - nicht in der Einspruchsschrift und wurde nicht innerhalb der einwöchigen Frist vorgebracht. In ihrem Einspruch verweist die Klägerin darauf, dass man davon ausgehen müsse, dass die Auszählung in den Wahllokalen fehlerhaft war, so dass eine öffentliche Nachzählung erforderlich gewesen wäre. Fehlertatbestände müssen zumindest so weit konkretisiert werden, dass sie einer Nachprüfung zugänglich sind (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 31 Rn. 50). Der Einspruchsgrund, die Stimmenauszählung sei fehlerhaft gewesen, ist ohne nähere Darlegung nicht hinreichend konkretisiert. Allerdings dürfen die Anforderungen daran, was ein Einspruchsführer vortragen muss, um eine Überprüfung der Wahl bezogen auf den von ihm beanstandeten Fehler zu erreichen, nicht überspannt werden oder gar Unmögliches gefordert werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.1996 – 1 S 2570/95 –, juris). Vorliegend hatte die Klägerin von den konkreten Unstimmigkeiten bezüglich der Stimmenanzahl und der Wahlniederschriften in den Wahlbezirken 101 und 103 während der Einspruchsfrist noch keine Kenntnis und es ist fraglich, ob von ihr Unmögliches gefordert würde, wenn man eine weitere Konkretisierung der Fehlertatbestände fordern würde. Die Klägerin hat erst am 10.06.2015 um Akteneinsicht nachgesucht, also nach Ablauf der Einspruchsfrist. Allerdings wurde ihr versagt, in die Wahlprüfungsakte, aus der sich die Unregelmäßigkeiten in den Niederschriften der Wahlbezirke 101 und 103 ergeben hätten, Einsicht zu nehmen. |
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| Im Ergebnis kann offen bleiben, ob die Klägerin mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen präkludiert ist. Denn jedenfalls konnte durch diese Unstimmigkeiten das Wahlergebnis nicht im Sinne von § 32 Abs. 1 KomWG beeinflusst werden. Zwar liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften zur Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses im Sinne von § 32 Abs. 1 Nr. 2 KomWG vor. Im Wahlbezirk 101 hätte der Gemeindewahlausschuss über die Abweichung der Zahl der Stimmzettel und der Kontrollvermerke informiert werden müssen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 KomWG obliegt dem Gemeindewahlausschuss die Leitung der Gemeindewahlen und die Feststellung des Wahlergebnisses. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 KomWO hat der Gemeindewahlausschuss die Wahlniederschriften der Wahlvorstände auf Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit nachzuprüfen. Ergeben sich aus den Wahlniederschriften oder aus sonstigen Gründen Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Wahlgeschäfts, klärt er sie so weit wie möglich auf (§ 43 Abs. 1 Satz 2 KomWO). Nach § 37 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 10 KomWO ist es in der Wahlniederschrift zu vermerken, wenn die Zahl der Stimmzettel und der Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis nicht übereinstimmen. Die Wahlniederschrift des Wahlvorstandes des Wahlbezirks 101 enthält keinen Hinweis, obwohl am Wahlabend die Zahl der Stimmzettel mit 457 und der Stimmabgabevermerke mit (vermeintlich) 456 nicht übereinstimmten. Weil sich der Wahlvorstand am Morgen des 27.04.2015 an die Herren V. und R. wandte, war diesen die Diskrepanz bewusst, so dass sich „aus sonstigen Gründen“ Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Wahlgeschäfts ergaben und diese den Gemeindewahlausschuss in der Sitzung am Nachmittag des 27.04.2015 hätten informieren müssen, auch wenn sich die Diskrepanz durch die Nachzählung der Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis und eine undeutliche Kennzeichnung auf Seite 6 aus ihrer Sicht hatte aufklären lassen. Bei den verletzten Vorschriften handelt es sich um wesentliche Vorschriften im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG (vgl. Quecke/Gackenholz/Bock, a.a.O., § 11 Rn. 14). |
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| Allerdings konnte das Ergebnis der Wahl durch diese Verstöße nicht beeinflusst werden. Das Gericht hat die Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis des Wahlbezirks 101 nachgeprüft. Dieses enthält 457 Stimmabgabevermerke, was mit der Zahl der Stimmzettel übereinstimmt. Die Diskrepanz zwischen am Wahlabend gezählten 456 und vom Gericht festgestellten 457 Stimmabgabevermerken dürfte allerdings auf einer unrichtigen Addition der Stimmabgabevermerke auf S. 31 des Wählerverzeichnisses beruhen, anstatt auf einer undeutlichen Kennzeichnung auf S. 6. Die bloße Tatsache, dass der im Wählerverzeichnis „abgehakte“ Wähler mit der Nr. 254 in der Gegenliste nicht notiert wurde, führt angesichts der Übereinstimmung der Zahl von Stimmabgabevermerken und Stimmzetteln nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Es ist zudem nicht ersichtlich, wie der Fehler – mangelnde Information des Gemeindewahlausschusses und unrichtige Niederschrift – sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben könnte. |
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| Im Wahlbezirk 103 hat der Wahlvorstand gegen § 37 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 38 Abs. 2 Nr. 10 KomWO verstoßen, indem er die Diskrepanz zwischen der Anzahl der Stimmzettel, der Zahl der Stimmabgabevermerke im Wählerverzeichnis und der Zahl in der Gegenliste vermerkten Wähler nicht in die Wahlniederschrift aufnahm und statt dessen zwei Stimmzettel zur Seite legte. Dabei handelt es sich auch um wesentliche Vorschriften im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG. Hingegen hat der Gemeindewahlausschuss in seiner Sitzung am 27.04.2015 nicht gegen § 43 Abs. 1 Satz 2 KomWO verstoßen, weil er von dieser Unstimmigkeit noch nichts wissen konnte. Aus der Niederschrift des Wahlbezirks 103 ergab sich diese Unstimmigkeit nicht. Erst das Landratsamt als Wahlprüfungsbehörde deckte diese Unstimmigkeit auf und der Wahlvorstand nahm mit Erklärung vom 30.04.2015 dazu Stellung. Bei der Sitzung des Gemeindewahlausschusses am 27.04.2015 zur Feststellung des Wahlergebnisses ergaben sich aus der Wahlniederschrift oder aus sonstigen Gründen noch keine Bedenken gegen die Ordnungsmäßigkeit des Wahlgeschäfts. Soweit der Wahlvorstand gegen wesentliche Vorschriften im Sinne des § 32 Abs. 1 KomWG verstoßen hat, konnte das Ergebnis der Wahl durch diesen Verstoß nicht beeinflusst werden. Nach der Erklärung des Wahlvorstandes vom 30.04.2015, die von allen acht Mitgliedern unterschrieben ist, hat es sich um zwei leere, d.h. nicht gekennzeichnete, Stimmzettel gehandelt. Diese ungültigen Stimmzettel konnten das Wahlergebnis nicht beeinflussen. Die Kammer sieht keine Veranlassung, an der Richtigkeit der übereinstimmenden Erklärung des Wahlvorstandes zu zweifeln. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, sei auf folgendes hingewiesen: Selbst wenn man unterstellt, dass es sich entgegen der Erklärung des Wahlvorstandes um zwei gültige Stimmen zugunsten des weiteren Bewerbers gehandelt hätte, hätte dies das Wahlergebnis nicht beeinflussen können. Denn dann hätte die Beigeladene zu 2 mit 1.729 Stimmen immer noch mehr als die Hälfte (1.728) der dann 3.456 gültigen Stimmen erreicht. Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung geäußert hat, dass zwei Wähler jeweils zwei Stimmen für die Beigeladene zu 2 abgegeben haben könnten, wenn ihnen versehentlich zwei Stimmzettel ausgehändigt worden waren, so fehlt dafür jeder konkrete Anhaltspunkt. Der Stimmzettel wurde gefaltet und war einzeln in die Wahlurne einzuwerfen (vgl. § 29 Abs. 4 Satz 2 KomWO). Wenn zwei Stimmzettel ineinander gefaltet eingeworfen worden wären, so wäre dies spätestens bei der Auszählung bemerkt worden. Selbst wenn man dennoch unterstellt, dass zwei Wähler jeweils zwei Stimmen für die Beigeladene zu 2 abgegeben hätten, konnte dies das Wahlergebnis nicht beeinflussen, weil die Beigeladene zu 2 mit dann noch 1.727 (1.729 - 2) Stimmen immer noch mehr als die Hälfte (1.726) der dann 3.452 gültigen Stimmen erreicht hätte. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Zwar hat die Beigeladene zu 1 einen Antrag gestellt und ist damit ein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Nachdem die Beigeladene zu 1 aber gegen wesentliche Vorschriften zur Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses verstoßen hat und damit die Ursache für die Wahlanfechtung gesetzt hat, entspricht es nicht der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 aufzuerlegen (vgl. auch Rechtsgedanke des § 31 Abs. 2 Satz 2 KomWG). Die Beigeladene zu 2 hat keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt, so dass es ebenfalls nicht der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen. |
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| Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor. |
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