Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 18. Okt. 2013 - 7 K 3048/13

published on 18/10/2013 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 18. Okt. 2013 - 7 K 3048/13
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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Der Antragsteller begehrt - sachdienlich gefasst - den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache die Kosten für eine Schulbegleitung durch ... als pädagogische Fachkraft zu übernehmen.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ferner sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind in beiden Fällen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO), dass einerseits ein Anspruch glaubhaft gemacht wird, dessen vorläufiger Sicherung die begehrte Anordnung dienen soll (Anordnungsanspruch) und dass andererseits die Gründe glaubhaft gemacht werden, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen (Anordnungsgrund).
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass beim Antragsteller die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gem. § 35 a Abs. 1 SGB VIII vorliegen. Diese Hilfe umfasst nach § 35 a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII auch die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller deshalb in der Vergangenheit Eingliederungshilfe in Form einer Schulbegleitung. Im Bewilligungsbescheid vom 12.7.2012 übernahm der Antragsgegner für das Schuljahr 2012/2013 die Kosten einer beim SOS-Kinderdorf beschäftigten „Fachkraft analog Erzieher“ im Umfang von 26 Wochenstunden für die Schulbegleitung und zusätzlich 26 Stunden im Monat für die Betreuung am Nachmittag. Die Schulbegleitung wurde im vergangenen Schuljahr wie in den Vorjahren von Frau ... wahrgenommen, deren Arbeit mit einem Stundensatz von 32,-- EUR vergütet wurde. Frau ... ist ausgebildete Grundschullehrerin mit heil- und motopädagogischen Zusatzqualifikationen und verfügt über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Schulbegleitung.
Für das laufende Schuljahr bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 28.6.2013 eine Schulbegleitung durch eine „sonstige Kraft ohne sozialpädagogische Ausbildung (z.B. Bundesfreiwilligendienst, Freiwilliges Soziales Jahr, Studierende, Lehrer/innen)“. Da Frau ... nicht bereit war, die Schulbegleitung zu den Bedingungen einer „sonstigen Kraft“ zu übernehmen, bot der Antragsgegner eine von der ...Gesellschaft gestellte Schulbegleitung an. Im Widerspruchsbescheid vom 26.7.2013 wurde dazu ausgeführt, dieser Träger habe seit etlichen Jahren Erfahrungen mit behinderten Kindern. Speziell für die Schulbegleitung von autistischen Kindern erhielten die Mitarbeiter ein Seminar zur Einführung in die Betreuung, das von dem Diplompädagogen Dr. G. für Absolventen des FSJ, BFD und anderen ungelernten Hilfskräften entwickelt worden sei.
Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Maßnahme der Jugendhilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses. Dieses Ergebnis erhebt nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit, muss jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Dem Träger der Jugendhilfe steht ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Diese Kontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob sachfremde Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.1999 - 5 C 24/98 -, BVerwGE 109, 155 ff.). Ein Anspruch auf eine bestimmte Hilfe besteht im Grundsatz nur dann, wenn sie die einzig notwendige und geeignete Hilfemaßnahme ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 28.4.2009 - 12 CE 09.635 -, juris). Das ist hier- summarisch geprüft - nicht der Fall.
Aus dem Antragsvorbringen ergibt sich nicht, dass die Schulbegleitung für den Antragsteller zwingend durch eine pädagogisch ausgebildete Fachkraft erfolgen muss. Aufgabe des Schulbegleiters ist es, die Dienstleistungen und Maßnahmen zu erbringen, die im Einzelfall erforderlich sind, damit der betreffende Schüler das pädagogische Angebot der Schule wahrnehmen kann. Der Schulbegleiter leistet mithin Assistenzdienste im Sinne begleitender Hilfe durch eine schulfremde Person und hat ausschließlich flankierende, den Unterricht sicherstellende Hilfestellungen zu geben und Tätigkeiten auszuführen (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 22.7.2011 - A 1 SO 4882/09 -, juris). Schulbegleiter haben demgegenüber keine Aufgaben im Bereich der Pädagogik oder Sonderpädagogik, wie in der vom Antragsgegner vorgelegten Stellungnahme des medizinisch-pädagogischen Dienstes des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg vom 15.7.2010 zutreffend dargestellt wird. Denn diese Aufgaben obliegen gem. § 39 Abs. 6 SchulG den Lehrkräften einer Schule, die die unmittelbare pädagogische Verantwortung für die Erziehung und Bildung der Schüler tragen.
Ein allgemeines Erfordernis, Schulbegleitungen ausschließlich pädagogisch und psychologisch ausgebildeten Fachkräften zu übertragen, besteht danach nicht (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss vom 27.7.2010 - 2 K 1325/10 -, bestätigt durch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.10.2010 - 12 S 1988/10 -). Auch im Falle des Antragstellers ist nicht glaubhaft gemacht, dass für ihn als Schulbegleiter nur eine einschlägig ausgebildete Fachkraft in Betracht kommt. Anders als die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers meint, trifft die fachärztliche Stellungnahme vom 18.9.2012 keine Aussage zur notwendigen Qualifikation eines Schulbegleiters. In der Stellungnahme wird dem Antragsteller eine Einschränkung der Handlungsfähigkeit in verschiedenen Bereichen bescheinigt. Außerdem wird von motorischen Schwierigkeiten berichtet, die Probleme im Bereich der Schrift und der Heftführung bereiteten, weshalb ein Nachteilsausgleich bei der Benotung befürwortet werde. Auch der Hilfebedarf des Antragstellers, wie er in der Stellungnahme der Schulleitung vom 4.6.2013 beschrieben wird, gebietet es voraussichtlich nicht, dass ausschließlich eine pädagogisch oder psychologisch ausgebildet Fachkraft als Schulbegleiter eingesetzt wird. In der Stellungnahme heißt es, dem Antragsteller falle die Kontaktaufnahme zu Mitschülern und die Kommunikation mit ihnen schwer. Er benötige, etwa bei Gruppenarbeiten, Hilfestellung, um mit den Mitschülern zusammen etwas erarbeiten zu können. Schwierigkeiten bestünden auch bei gestalterischen Aufgaben im Unterricht. Als Aufgabe der Schulbegleitung wird daher die Unterstützung bei der Zusammenarbeit mit anderen Schülern gesehen, wobei es vor allem darum gehe, den Antragsteller zu eigenem Handeln zu motivieren und bei der Kontaktaufnahme zu anderen zu unterstützen. Außerdem könne die Schulbegleitung in schwierigen Situationen eingreifen, indem sie den Antragsteller beruhige, ihm Orientierung gebe, in seinem Handeln unterstütze, zur Eigeninitiative auffordere und ggf. den Lehrer informiere. Eine weitere Aufgabe der Schulbegleitung besteht nach Auffassung der Schulleitung darin, in Gesprächen mit dem Antragsteller Vorkommnisse und Entwicklungen zu reflektieren. Aus dieser Aufgabenbeschreibung lässt sich nicht zwingend ableiten, dass ausschließlich pädagogisch oder psychologisch ausgebildete Fachkräfte eine Schulbegleitung für den Antragsteller wahrnehmen können. Es erscheint vielmehr durchaus möglich, dass auch etwa im Bundesfreiwilligendienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr tätige Personen diese Aufgaben übernehmen, sofern sie - wie hier vorgesehen - durch ein speziell auf die Betreuung autistischer Kinder ausgerichtetes Seminar vorbereitet werden und beim Träger fachkundige Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Der Antragsgegner weist darauf hin, dass es aus seiner Erfahrung gerade bei autistischen Kindern in einer Vielzahl von Fällen gelungen sei, im Freiwilligen Sozialen Jahr Tätige erfolgreich als Schulbegleiter einzusetzen. Es ist nicht erkennbar, weshalb dies beim Antragsteller nicht möglich sein soll.
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Die Kammer verkennt nicht, dass die seither tätige, pädagogisch hoch qualifizierte Schulbegleiterin, die den Antragsteller seit langem erfolgreich betreut, für diese Aufgabe gut geeignet ist. Das bedeutet nach dem Ausgeführten aber nicht, dass für den Antragsteller eine Schulbegleitung durch eine pädagogisch und psychologisch ausgebildete Fachkraft auch erforderlich ist. Dass ein Wechsel in der Schulbegleitung Belastungen für den Antragsteller mit sich bringen kann, zwingt nicht dazu, eine einmal ausgewählte Schulbegleitung ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Kosten auf unabsehbare Zeit weiter einzusetzen. Die Kammer geht davon aus, dass eine fachkundig vorbereitete und angeleitete Schulbegleitung in der Lage ist, den Antragsteller mit der neuen Situation vertraut zu machen und ihn zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu bewegen. Dass der Antragsteller durch einen Austausch der Betreuungsperson vor unüberwindliche Schwierigkeiten gestellt wird, kann nicht angenommen werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 VwGO.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der
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Tenor I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antrags
published on 18/03/2016 00:00

Tenor Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom aa.bb.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom cc.dd.2014 rechtswidrig waren.Der Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.