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Die Feststellungsklage hat keinen Erfolg.
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Sie ist bereits unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm das Klettern an den Felsen Aussichtsfels, Bad Men Rock, Dachstein, Dritte Zinne, Eigerturm, Erste Zinne, Fischerfels, Fuchsfels, Hausener Wand, Laucherttal, Löchlesfels, Parkplatzfels, Petersfels, Stuhlfels, Traumfels, Verlobungsfels, Westliche Zinne, Zweite Zinne erlaubt ist, sowie hinsichtlich des Felsen am Schreyfels (rechter Wandteil) auf den Routen oder Felsbereichen Bröselmüller, Bröselmaier, Auf Messers Schneide, Kreinerführe, Pfingstochse, Preussriss, Dezemberstreich, Efeuverschneidung, Direkter Ausstieg, Brot und Speck, Brot und Spiele, Quadrophenia, Igelkante, Holunderkamin, Opakante, hinsichtlich des Felsen am Schaufels auf den Routen oder Felsbereichen Kaiserweg, Schöner Riss (Einstiege über Kaiserweg), Gerader Riss, Normalweg (Ausstieg über Leere Welt oder direkter Ausstieg), Direkter Ausstieg, Leere Welt, Bled gloffa, Trizeps, Direkter Einstieg Trizeps, Godfather of Rock, Chrome Dome, Sese, Cats, Schurer Gedenkweg, Herbstweg, hinsichtlich des Felsen am Blicklefels auf den Routen oder Felsbereichen Blicklekante, Dreierweg, Abendtraum, Kurzschluss, The mad FVOS, Albtraum, Hurenfurche, Gailtalerin, Via Lochus, Walzkante, hinsichtlich des Felsen an der Falkenwand im Felsbereich von Route Bierkante bis Route Rottweiler Weg, hinsichtlich der Rabenwand und der Donaucalanque im Zeitraum vom 16.07. bis zum 30.09. und vom 01.11. bis zum 28.02., hinsichtlich des Felsen Schreyfels bezüglich der Routen Tira Mi Su, Siebenkäs, Weg der Jugend, Verdauungsspaziergang, Dülferverschneidung vom 01.08. bis zum 31.12. und hinsichtlich des Schaufels bezüglich der Route Alter Ebinger Turm Weg vom 16.07. bis zum 30.09. und vom 01.11. bis zum 28.02 erlaubt ist. Denn insoweit hat das Landratsamt S. in seiner Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 das Klettern freigegeben, so dass für die erhobene Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung hierauf hingewiesen wurde, hat er an seinem umfassenden Klageantrag festgehalten.
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Hinsichtlich der übrigen Felsen bzw. nicht freigegebenen Routen oder Felsbereiche ist die Feststellungsklage hingegen zulässig. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm das Klettern an den näher bezeichneten Felsen im Oberen Donautal erlaubt ist. Diese Klage ist auf Feststellung des Bestehens bestimmter Rechte gerichtet und damit ein im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Dieses Rechtsverhältnis verliert seine Eigenschaft nicht dadurch, dass die Klage auf die Nichtigkeit des Verbotes in § 24 a Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft Baden-Württemberg (Naturschutzgesetz -NatSchG) in der Fassung vom 29.03.1995 (GBl. S. 386), zuletzt geändert durch Art. 4 Umweltverträglichkeitsänderungsgesetz vom 19.11.2002 (GBl. S. 428) gestützt ist, das der Kläger für verfassungswidrig hält (vgl. etwa: BVerwG, Urteil vom 09.12.1982 - 5 C 103.81 -, NJW 1983, 2208; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 RdNr. 25 m.w.N.). Denn ungeachtet dieser Begründung zielt die Klage nicht auf die - dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene - Feststellung der Ungültigkeit des § 24 a NatSchG, sondern auf das Bestehen des in Frage stehenden Rechtes zum Klettern an bestimmten Felsen im Donautal.
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Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert auch nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO, nach der die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Insbesondere ist die jetzt erhobene Feststellungsklage nicht subsidiär gegenüber der mit Urteil der 9. Kammer des Gerichts vom 05.12.2000 - 9 K 1737/00 -bereits rechtskräftig und abschlägig entschiedenen Klage, mit der der Kläger unter anderem die Verpflichtung des Beklagten auf erneute Entscheidung über freizugebende Felsen und Klettermöglichkeiten begehrt hat. Denn Klageziel einer solchen Verpflichtungsklage konnte lediglich die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 24 a Abs. 4 NatSchG von den Verboten des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24 a Abs. 2 Satz 1 NatSchG sein, während die Erteilung einer solchen Ausnahme gar nicht erforderlich wäre, wenn man mit dem Kläger von der Verfassungswidrigkeit des gesetzlichen Biotopschutzes für die in Rede stehenden Felsen ausgeht.
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Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Gerichts vom 05.12.2000 entgegen. Gemäß § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Mit dem Urteil vom 05.12.2000 wurde allerdings lediglich rechtskräftig entschieden, dass die Klage des Klägers gegen die Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 und auf die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 24 a Abs. 4 NatSchG mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig ist. Diese rechtskräftige Entscheidung steht damit nicht dem mit der Verfassungswidrigkeit der Verbote des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24a Abs. 2 NatSchG begründeten Begehren auf Feststellung, dass das Klettern an den bezeichneten Felsen im Oberen Donautal erlaubt ist, entgegen.
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Schließlich ist die auch für die Feststellungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung erforderliche Klagebefugnis (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 32.94 -, BVerwGE 99, 64, 66 und vom 26.011996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262, 271 jew. m.w.N.) gegeben, da sich der Kläger als Klettersportler jedenfalls auf das in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit berufen kann, das nicht bloß einen begrenzten Bereich der Persönlichkeitsentfaltung, sondern jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf schützt, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.06.1989 - 1 BvR 921/85 -, BVerfGE 80, 137, 152 f. m.w.N.). Damit liegt zugleich auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO vor.
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Die insoweit zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger ist das Klettern an den von der Allgemeinverfügung des Landratsamtes vom 29.10.1996 nicht zum Klettern freigegebenen Felsen, Felsrouten und Felsbereichen im Oberen Donautal nicht erlaubt. Allerdings folgt dies noch nicht aus der Bestandskraft der Allgemeinverfügung. Wie bereits im Urteil der 9. Kammer des Gerichts vom 05.12.2000 ausgeführt, kommt der Allgemeinverfügung im Verhältnis zum Kläger allein begünstigende Wirkung zu, indem dort Klettermöglichkeiten eingeräumt werden, die ansonsten auf Grund des gesetzlichen Biotopschutzes nicht gegeben sind. Das Verbot in § 24 a Abs. 2 NatSchG besteht für die in § 24 a Abs. 1 NatSchG genannten Biotope unmittelbar kraft Gesetzes, es bedarf nicht einer behördlichen Einzelanordnung. Demgemäß ist die Ziffer 3 in der Allgemeinverfügung vom 29.10.1996, nach der alle in dieser „Kletterregelung“ nicht genannten Felsen und Felsgruppen im Oberen Donautal sowie in den Seitentälern des Oberen Donautals Laucherttal und Schmeiental im Landkreis Sigmaringen nach § 24 a NatSchG zum Klettern gesperrt bleiben, lediglich ein Hinweis auf den bestehenden gesetzlichen Biotopschutz und hat keinen - der Bestandskraft fähigen - eigenständigen Regelungsgehalt.
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Das Klettern an den in Rede stehenden Felsen im Oberen Donautal ist als Handlung, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung von Biotopen im Sinne des § 24a Abs. 1 Nr. 4 NatSchG in Verbindung mit Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24a Abs. 1 NatSchG führen kann, nach § 24a Abs. 2 NatSchG verboten. Sowohl vom Wortlaut des § 24a Abs. 2 NatSchG wie auch von dessen Sinn und Zweck fällt das Klettern -entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung - unter den dort genannten Verbotstatbestand. Die 9. Kammer des Gerichts hat hierzu in seinem Urteil vom 05.12.2000 ausgeführt:
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„Die in § 24a Abs. 1 NatSchG aufgeführten Biotope genießen mit dem in Abs. 2 ausgesprochenen Verbot aller Handlungen, die zu ihrer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung führen können, einen unmittelbaren gesetzlichen Schutz, dessen rechtliche Auswirkungen mit denen einer Schutzgebietsverordnung vergleichbar sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.06.1997 - 8 S 2799/96 -, VBlBW 1988, 64 f.; NuR 1998, 146 ff.). Dementsprechend ist auch § 24a Abs. 2 NatSchG als abstrakt-generelle Regelung zu verstehen, die alle Handlungen untersagt, die - gemessen an einem objektiven Maßstab - die Möglichkeit in sich bergen, dass das Biotop zerstört oder nachhaltig beeinträchtigt wird. Zu diesen Handlungen im Rechtssinne gehört auch das Klettern. Denn es steht für die Kammer außer Zweifel, dass durch den zeitweisen engen körperlichen Kontakt zum Felsen, der beim Klettern unvermeidlich ist, die oft nur vergleichsweise oberflächlich haftende Felsvegetation beschädigt oder - jedenfalls teilweise - ganz zerstört werden kann. Nicht ausgeschlossen werden kann danach, dass - abhängig vom Maß der Frequentierung eines bestimmten Felsbiotops durch Kletterer - auch das gesamte Biotop nachhaltig beeinträchtigt oder als Biotop im Ganzen zerstört wird. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass von Verbänden und Interessengemeinschaften von Kletterern das sogenannte „sanfte“, also umweltschonende Klettern propagiert wird und beispielsweise durch die Verwendung von Umlenkhaken das Betreten von Felsköpfen vermieden werden kann. Die Propagierung umweltschonenden Kletterns zeigt jedoch gerade auch, dass es möglich ist, auch auf andere, weniger naturverträgliche Art dem Klettersport nachzugehen, so dass die Einstufung des Kletterns als verbotene Handlung im Sinne von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird. Auch der Hinweis des Klägers darauf, dass eine Kletterroute allenfalls zwei Meter breit ist, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn es gibt bereits jetzt, wie das Gericht den beigezogenen Akten entnimmt, zahlreiche Felsen im Donautal, die auf mehreren, teils parallelen, teils sich kreuzenden Routen bestiegen werden können bzw. - ohne Kletterverbot - bestiegen werden könnten. Im Übrigen lässt sich den bezeichneten Akten und dem Kletterführer von Ralph Stöhr entnehmen, dass zahlreiche Routen erstmals 1975 und später begangen wurden, was von Herter in seinem Gutachten (Die Xerothermvegetation des „Oberen Donautals“ - Untersuchungen zur Vegetation, zu Schädigungen durch Mensch und Wild sowie Schutz- und Erhaltungsvorschläge, ohne Datum) auf eine „etwa im Jahre 1981“ im Donautal einsetzende neue Erschließungswelle zurückgeführt wird. Herter führt im Übrigen in dem insoweit vom Kläger bisher nicht bestrittenen Teil seines Gutachtens (Seite 107) unter anderem auch aus, dass die erste dokumentierte Durchsteigung einer Kletterwand im Donautal im Jahr 1932 stattgefunden habe. In den Folgejahren seien nur wenige neue Routen an anderen Felsen hinzugekommen. Eine erste gemäßigte Welle der Neuerschließungen von Routen sei erst viel später, in der Mitte der 50er Jahre, durch das Donautal gegangen. Weiter legt er dar, das Sportklettern habe durch eine grundlegende Verbesserung der Ausrüstung, des Materials und der Klettertechnik einen neuen Aufschwung erfahren, der auch vor dem Donautal nicht halt mache. Diese Aussage wiederum lässt erkennen, dass der Hinweis des Klägers darauf, es werde schon seit über 80 Jahren ohne gravierende Naturschäden im Donautal geklettert, schon deshalb der Bejahung des Tatbestands in § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG nicht entgegen gehalten werden kann, weil sich die Verhältnisse in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Zunahme der Zahl der Kletterer und auch der Routen entscheidend geändert haben.
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Der Kläger vermag sich auch nicht erfolgreich darauf zu berufen, Wanderer gefährdeten oder zerstörten in weit größerem Maße geschützte Biotope als Kletterer. Dabei braucht nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob dieser Vorwurf überhaupt zutreffend ist. Denn selbst wenn er zuträfe, änderte dies nichts daran, dass das Klettern - wie bereits dargelegt - eine verbotene Handlung im Sinne von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG darstellt.
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Nach alldem ist das Klettern im hier maßgeblichen Bereich bereits aufgrund von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG verboten, denn dem Kläger steht auch nicht aufgrund einer alten Gestattung im Sinne von § 24a Abs. 3 Nr. 4 NatSchG oder aufgrund der FFH-Richtlinie ein allgemeines Kletterrecht im hier fraglichen Bereich zu“. (wird ausgeführt)
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Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.
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Entgegen der Ansicht des Klägers bestehen keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Biotopschutzes für offene Felsbildungen gemäß § 24 a Abs. 1 Nr. 4 NatSchG in Verbindung mit Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24a NatSchG und dem in § 24a Abs. 2 NatSchG normierten Verbot aller Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung eines solchen besonders geschützten Biotops führen können (vgl. etwa auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1996 - 5 S 1301/95 -, VBlBW 1996, 468; Beschluss vom 11.12.1998 - 5 S 2266/96 -, VBlBW 1999, 180, die den gesetzlichen Biotopschutz in § 24 a NatSchG als verfassungsgemäß zu Grunde legen).
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Dem Vorbringen des Klägers, der gesetzliche Biotopschutz für offene Felsbildungen verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Bestimmtheit von Normen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Schriftsätzlich hat der Kläger zunächst selbst nicht angegeben, in welcher Hinsicht (etwa Bestimmtheit des Schutzgegenstandes, der räumlichen Abgrenzbarkeit oder der untersagten Handlungen) dieser Biotopschutz das Bestimmtheitsverbot verletzen sollte. Die Kammer vermag einen solchen Verstoß nicht festzustellen.
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Das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit von Normen erfordert, dass ein gesetzliches Verbot nach Voraussetzungen und Inhalt so formuliert sein muss, dass die Normbetroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten darauf einstellen können (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1964 - 1 BvL 12/63 -, BVerfGE 17, 306, 314; Beschluss vom 20.04.1982 - 1 BvR 522/78 - BVerfGE 60, 215, 230; Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 578/84 -, BVerfGE 78, 205, 212; Urteil vom 24.09.1991 - 1 BvR 1341/90 -, BVerfGE 84, 133, 149). Diesem Gebot steht der Gebrauch von Generalklauseln und unbestimmten, der Auslegung bedürftigen Rechtsbegriffen nicht entgegen (BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988, a.a.O.). Vielmehr sind diese zulässig, weil sich die Vielfalt der zu regelnden Sachverhalte und Verwaltungsaufgaben nicht immer durch klar umrissene Begriffe festlegen lässt (BVerfG, Beschluss vom 26.09.1978 - 1 BvR 525/77 -, BVerfGE 49, 168, 181; Beschluss vom 08.01.1981 - 2 BvL 3, 9/77 -, BVerfGE 56, 1, 12; Beschluss vom 14.11.1989 - 1 BvL 14/85 -, BVerfGE 81, 70, 88). Eine etwa notwendige Klarstellung ist dann Aufgabe der Rechtsprechung, insbesondere der höheren Gerichte (BVerfG, Urteil vom 04.04.1967 - 1 BvR 126/65 - BVerfGE 21, 245, 261; Beschluss vom 14.11.1989, a.a.O.). Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt dabei von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts und insbesondere auch davon ab, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist und welche Intensität den Auswirkungen der Regelung für den Betroffenen zukommt (BVerfG, Beschluss vom 19.04.1978 - 2 BvL 2/75 -, BVerfGE 48, 210, 222). Erforderlich ist demnach nur dasjenige Maß an Bestimmtheit, welches angesichts der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 26.09.1978, a.a.O.; Beschluss vom 24.11.1981 - 2 BvL 4/80 -, BVerfGE 59, 104, 114; Beschluss vom 18.05.1988, a.a.O.; Urteil vom 24.09.1991, a.a.O.).
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Gemessen an diesen Anforderungen ist der gesetzliche Biotopschutz für offene Felsbildungen hinsichtlich der Bestimmtheit sowohl des Schutzgegenstandes wie auch der untersagten Handlungen nicht zu beanstanden. Der Schutzgegenstand „offene Felsbildungen“ wird in der Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24 a NatSchG weiter konkretisiert und näher bestimmt. Dort ist ausgeführt: Offene Felsbildungen umfassen innerhalb und außerhalb des Waldes fast vegetationsfreie, oft nur von Moosen und Flechten bewachsene Felsen, spärlich bewachsene Felsköpfe, Felsspalten und Felsbänder mit zum Teil geringen Gehölzanteil sowie Felsüberhänge (Balmen) mit einer speziellen Balmenvegetation. Im Folgenden werden besondere typische Arten der offenen Felsbildungen (von Streifenfarn-Arten bis hin zu Moos- und Flechten-Arten) genannt. Mit dieser Begriffsbestimmung in Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24 a NatSchG hat der Gesetzgeber bereits selbst zu einem Höchstmaß an erforderlicher inhaltlicher Bestimmtheit des Begriffs der offenen Felsbildungen beigetragen.
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Aber auch hinsichtlich der in § 24 a Abs. 2 NatSchG untersagten Handlungen ist -entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht - nichts für eine von Verfassungs wegen zu beanstandende Unklarheit der gesetzlichen Verbote ersichtlich. Nach dieser Vorschrift sind alle Handlungen untersagt, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen können. Eine nähere Umschreibung der verbotenen Handlungen ist angesichts vielfältiger möglicher Eingriffe in Biotope, die einer genaueren Abstraktion nicht zugänglich sind, nicht möglich. Ebenso ist Bezugspunkt für Eingriffe immer das jeweilige Biotop in seiner Zusammensetzung, so dass auch insoweit nicht pauschal Handlungen aufgezählt werden können, vielmehr eine Betrachtung des Einzelfalls notwendig ist (vgl. auch Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2. Aufl., § 30 BNatSchG RdNr. 5). Eine nähere Bestimmung der verbotenen Handlungen bleibt insoweit notwendigerweise den Gerichten bei der Prüfung der ihnen zur Entscheidung unterbreiteten Rechtsstreitigkeiten im Einzelfall überlassen. Insoweit hat sich mittlerweile eine umfangreiche Judikatur zur Frage, welche Eingriffe zur Zerstörung oder relevanten Beeinträchtigung eines Biotops führen können, herausgebildet (vgl. dazu die Nachweise bei Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG, RdNr. 5; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, § 30 BNatSchG RdNr. 27), wobei von einer Zerstörung bei der irreparablen Schädigung eines Bestandes mit der Folge des gänzlichen Verlustes des Biotops, von einer erheblichen Beeinträchtigung bei einer nicht bloß geringfügigen Beeinträchtigung des Biotops, die keinen Dauerschaden erfordert, und von einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Biotops bei einem Dauerschaden gesprochen wird, der in Abgrenzung zur erheblichen Beeinträchtigung auch geringfügige Beeinträchtigungen umfasst, die sich dauerhaft auswirken (vgl. Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5).
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So hat auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 07.05.2001 - BvK 1/00 -, NuR 2002, 27, 37) hinsichtlich der dem § 24 a NatSchG entsprechenden Regelung des schleswig-holsteinischen Landesrechts (§ 15a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 Naturschutzgesetz Schleswig-Holstein) ausgeführt, dass diese Normen dem Gebot der Normklarheit entsprechen.
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Soweit das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Vorlagebeschluss vom 15.08.1994 (- 7 A 2883/92 -, NuR 1995, 301, die Vorlage war nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.09.1998 - 1 BvL 21/94 -, NuR 1999, 99 mangels Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Vorschriften über den gesetzlichen Biotopschutz unzulässig und hat in der Literatur Ablehnung gefunden, vgl. etwa: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 30 RdNr. 4; Gellermann, NuR 1995, 227; Louis/Kortebein, NuR 1997, 216; weiterhin wird der durch entsprechende landesrechtliche Regelungen umgesetzte gesetzliche Biotopschutz ausdrücklich für verfassungsgemäß gehalten von: VerfG Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2000 -VfG Bbg 20/00 -, NuR 2001, 146; OVG Niedersachsen, Urteil vom 23.08.1994 - 3 L 3939/93 -, NuR 1995, 470; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.04.1996 - 1 M 75/95 -, NuR 1997, 256 VG Potsdam, Urteil vom 30.01.1997 - 1 K 445/94 -, NVwZ 1998, 1216) der Ansicht war, der im nordrhein-westfälischen Landesrecht normierte gesetzliche Biotopschutz entspreche bereits wegen der genannten Biotoptypen - beispielhaft dargelegt an den Biotoptypen „Feuchtgrünland“ und „Magerwiesen und -weiden“ - nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot, kann die dortige Argumentation auf den in Baden-Württemberg normierten gesetzlichen Biotopschutz wegen der detaillierten Definitionen der besonders geschützten Biotoptypen in der Anlage zu § 24a Abs. 1 NatSchG, die bei der vorgelegten Norm des nordrhein-westfälischen Landesrechts fehlten, nicht übertragen werden (so auch Kratsch, VBlBW 1998, 241, 242; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 15).
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Der Einwand des OVG Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Unbestimmtheit der untersagten Handlungen betraf diejenigen Biotoptypen, die ihre Entstehung und Erhaltung menschlichem Wirken verdanken und die der weiteren, dem jeweiligen Lebensraum angepassten Nutzung bzw. Pflege bedürfen. Für den hier in Rede stehenden Biotopschutz für offene Felsbildungen stellt sich dieses Problem nicht.
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Der Kläger dringt auch nicht mit seiner Ansicht durch, das in § 24a NatSchG normierte Verbot halte sich nicht in dem bundesgesetzlich vorgegebenen Rahmen des § 20c BNatSchG a.F./§ 30 BNatSchG n.F.. Gemäß der bundesrechtlichen Rahmenregelung (vgl. Art. 75 GG) regeln Länder das Verbot von Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der genannten Biotope führen können. Dieser rahmenrechtliche Auftrag wird in § 24a Abs. 2 NatSchG nahezu wörtlich umgesetzt, wenn dort bestimmt wird, dass alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen können, verboten sind. Der Kläger dringt mit seiner in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht nicht durch, der im Landesnaturschutzgesetz verwendete Begriff der „Handlung“ sei weiter als der Begriff der „Maßnahme“ in der bundesrechtlichen Rahmenregelung. Vielmehr ist der Begriff der Maßnahme umfassend und schließt alle denkbaren Handlungen ein, die je nach Beschaffenheit des Biotops geeignet sind, mittelbar oder unmittelbar auf dieses einzuwirken. Gedacht ist in erster Linie an tatsächliche Handlungen in dem betreffenden Gebiet, direkte Einwirkungen, wie etwa Straßenbau, Hausbau, Landwirtschaft, Errichtung und Betrieb industrieller Anlagen; erfasst werden zudem auch Einwirkungen auf solche Gebiete, die von anderen Grundstücken aus als indirekte Einwirkungen vorgenommen werden (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 9; Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5).
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Aus der in § 24 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NatSchG geregelten Möglichkeit, dass die Naturschutzbehörde Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 2 Satz 1 zulassen kann, wenn keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Biotops und der Lebensstätten gefährdeter Tier- und Pflanzenarten zu erwarten sind, folgt nicht, dass jeder Eingriff, also auch derjenige, der nicht zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen kann, verboten ist. Vielmehr lässt § 24a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NatSchG eine Ausnahme für den Fall zu, dass nach dem für das Verbot nach § 24 a Abs. 2 NatSchG anzuwendenden Möglichkeitsmaßstab eine Handlung zwar zur Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung führen kann, eine solche Beeinträchtigung nach einer Prognoseprüfung aber nicht zu erwarten ist (zur Unterscheidung zwischen Möglichkeits- und Wahrscheinlichkeitsmaßstab vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 18 BNatSchG RdNr. 8).
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Letztlich schränken die Verbote des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24a Abs. 2 NatSchG als formell und materiell verfassungsgemäß gesetztes Recht die in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit - dazu bereits oben - zulässig ein. Insbesondere ist kein Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes gegeben. In der Bundesrepublik Deutschland und im Land Baden-Württemberg ist in den letzten Jahrzehnten die Arten- und Lebensraumvielfalt in großem Maße verringert worden (vgl. Schuhmacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5 ff.). Es ist ein anerkanntes Ziel des Naturschutzes, wildlebenden Pflanzen- und Tierarten in der Kulturlandschaft ausreichenden Lebensraum durch entsprechenden Biotopschutz zu sichern. Für die in § 24 a NatSchG getroffenen Regelungen ist mithin in einem hohen Maße ein Interesse der Allgemeinheit vorhanden, das nicht außer Verhältnis zu den Belangen des Einzelnen steht. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch die Wahl einer anderen (milderen) Regelung den gleichen oder besseren Biotopschutz hätte erreichen können und deshalb mit der getroffenen Regelung gegen das Übermaßverbot verstoßen hat, sind für die Kammer nicht ersichtlich (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23.08.1994, a.a.O.). Schützenswerten Belangen des Grundrechtsinhabers können durch die Anwendung der Ausnahmeregelung in § 24 Abs. 4 NatSchG oder der Befreiungsregelung in § 62 NatSchG, die gegebenenfalls auch verfassungskonform auszulegen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.09.1998, a.a.O.), Rechnung getragen werden.
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Findet der in § 24 a NatSchG normierte gesetzliche Biotopschutz auf die in Rede stehenden Felsen im Oberen Donautal und seinen Seitentälern Anwendung und ist er verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, bleibt die Feststellungsklage ohne Erfolg. Keiner weiteren Erörterung bedarf daher, ob sich ein Verbot des Kletterns zudem aus den Regelungen des V. Abschnitts des Naturschutzgesetzes über das Europäische ökologische Netz „Natura 2000“ ergibt, nachdem das Gebiet des Oberen Donautals zwischenzeitlich in der Kulisse des Natura-2000-Gebietes Nr. 7820-401 „Südwestalb und Oberes Donautal“ (Vogelschutzgebiet) sowie im Natura-2000-Gebiet Nr. 7920-301 „Donau zwischen Sigmaringen und Tuttlingen“ (FFH-Gebiet) liegt.
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